RS Vwgh 2022/6/29 Ra 2020/15/0015

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Veröffentlicht am 29.06.2022
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
23/01 Insolvenzordnung
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag

Norm

ABGB §1439
EStG 1988 §108c
IO §149 Abs1
IO §156 Abs4
IO §19
VwRallg

Rechtssatz

Zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung standen sich ein aufrechenbarer Prämienbetrag und eine angemeldete Forderung auf Umsatzsteuer in zumindest gleicher Höhe gegenüber. Die Aufrechnung selbst ist nach der rechtskräftigen Bestätigung des Sanierungsplans erfolgt, weshalb sich die Frage des Umfangs der Aufrechnungsbefugnis nach rechtskräftig bestätigtem Sanierungsplan stellt. Schon vor Ergehen des Urteils eines verstärkten Senates des OGH vom 1. Dezember 2015, 6 Ob 179/14p, sprachen sich weite Teile der Lehre für eine Beschränkung der Aufrechnung auf die Quote aus (vgl. Buchegger, Ausgleichserfüllung [1988] 79 f; Rummel in Rummel ABGB² § 1439 Rz 11; Heidinger in Schwimann ABGB³ § 1439 Rz 16; Lovrek in Konecny/Schubert § 156 KO Rz 59, Nummer-Krautgasser, Aufrechnung und Zwangsausgleich ZIK 2009/7, 4; dieselbe in Aufrechnung in der Insolvenz: Grundlagen und aktuelle Rechtsfragen in Jahrbuch Insolvenz? und Sanierungsrecht 2014, 163 [183 ff]; Konecny, EvBl 2009/46; Holly in Klete?ka/Schauer, ABGB?ON 1.01 § 1439 Rz 16/6; Mohr, Sanierungsplan und Sanierungsverfahren nach dem Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2010 Rz 250; Fichtinger, Die gesetzliche Aufrechnung im Insolvenzverfahren [2015] 335 ff). Dieser Auffassung schließt sich der VwGH an, zumal sich aus § 19 IO eine volle Aufrechnungsbefugnis nicht ableiten lässt, die Sicherungsfunktion der Aufrechnung keine andere Beurteilung zulässt und eine analoge Anwendung des § 149 Abs. 1 IO auf den aufrechnungsberechtigten Insolvenzgläubiger nicht in Betracht kommt (vgl. mit jeweils ausführlicher Begründung OGH 1.12.2015, 6 Ob 179/14p). Eine über die Quote hinausgehende Aufrechnung kommt nur in Betracht, wenn der Gläubiger unverschuldet aufgrund eines Verschuldens des Insolvenzschuldners - wenn auch in Form leichter Fahrlässigkeit - an einer Aufrechnungserklärung vor rechtskräftiger Sanierungsplanbestätigung gehindert worden ist, zumal für diesen Fall § 156 Abs. 4 IO (analog) zur Anwendung kommt (vgl. Fichtinger, Insolvenzaufrechnung 402; Lovrek in Konecny/Schubert § 156 KO Rz 59 und ein weiteres Mal OGH 1.12.2015, 6 Ob 179/14p).

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020150015.L02

Im RIS seit

19.09.2022

Zuletzt aktualisiert am

19.09.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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