TE Vwgh Erkenntnis 1996/4/25 93/06/0188

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Veröffentlicht am 25.04.1996
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L80006 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
BauO Stmk 1968 §3 Abs2;
BauO Stmk 1968 §61 Abs1 litb;
BauO Stmk 1968 §61 Abs2 litb;
BauRallg;
ROG Stmk 1974 §23 Abs5 litc;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde des Dr. J in M, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 12. Juli 1993, Zl. 03-12 Ka 160-93/2, betreffend nachbarrechtliche Einwendungen gegen eine Widmungs- und eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: 1. E Ges.m.b.H., K, und 2. Stadtgemeinde K, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der Stadtgemeinde K Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der Stadtgemeinde K wird abgewiesen.

Begründung

I.

Am 3. August 1990 suchte die E Ges.m.b.H. (in der Folge: mitbeteiligte Partei) um Erteilung der Widmungs- und der Baubewilligung für die Errichtung eines Büro- und Geschäftszentrums auf den Grundstücken 375/1 und 413/4, KG S, an. Zu der für 17. Dezember 1990 anberaumten mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen gemäß § 42 AVG geladen und erhob am 14. Dezember 1990 mittels Telefax Einwendungen gegen das geplante Einkaufszentrum. Diese bezogen sich auf "Lärmerhöhung, Erhöhung von Staub und Abgasen, Erhöhung des Autoverkehrs, Überbelastung der vorhandenen Parkflächen, Geruchsbelästigung, Verminderung der Aussicht, der Grünflächen und der Luftqualität, Verbauung eines ersessenen Wegerechtes und Verminderung des Erholungsraumes". Dazu erklärte der Verhandlungsleiter, daß keine subjektiv-öffentlichen Rechte betroffen seien und die Parteistellung des Beschwerdeführers wegen der Entfernung zum Einkaufszentrum zu prüfen sei. Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Grundstückes .535, KG K, welches ca. 35 m vom verfahrensgegenständlichen Grundstück entfernt ist. Zwischen dem Widmungsgrundstück, das sich nach dem Flächenwidmungsplan der Stadt K im "Kern-, Büro- und Geschäftsgebiet" befindet, und dem Grundstück des Beschwerdeführers liegen die Grundstücke 669/4, 706/2, beide KG K, 375/13, 375/12 und 375/4, alle KG S.

Die mitbeteiligte Partei begehrte mit Schreiben vom 10. Jänner 1991 eine Entscheidung über die Parteistellung des Beschwerdeführers. Zunächst wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde K (vom 25. Jänner 1991) sowie des Gemeinderates als Berufungsbehörde (vom 6. Juni 1991) auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens, das sich mit den Einwendungen des Beschwerdeführers auseinandersetzt und im Ergebnis feststellt, "daß mit Einwirkungen durch das gegenständliche Büro- und Geschäftszentrum auf die Liegenschaft des Beschwerdeführers nicht gerechnet werden kann", ausgesprochen, der Beschwerdeführer sei nicht Nachbar im Sinne des § 61 Steiermärkische Bauordnung und somit nicht Partei gemäß § 8 AVG. Einer vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Vorstellung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 7. Juli 1992 stattgegeben und der Bescheid der Berufungsbehörde aufgehoben. Diese verwies ihrerseits mit Bescheid vom 25. September 1992 die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Erstbehörde zurück und trug dieser auf, das Ermittlungsverfahren durch ein zusätzliches Gutachten zu ergänzen.

Nachdem dem Beschwerdeführer nunmehr mit Bescheid vom 22. Februar 1993 vom Bürgermeister der Stadtgemeinde K nach Einholung eines ergänzenden Gutachtens die Parteistellung zuerkannt und ihm der Widmungsbewilligungsbescheid und der Baubewilligungsbescheid zugestellt worden waren, brachte er am 15. März 1993 Berufung sowohl gegen die der mitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 10. April 1991 erteilte Widmungsbewilligung als auch gegen den Baubewilligungsbescheid vom 30. April 1991 wegen Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens und Rechtswidrigkeit der beiden Bescheide ein. Der Beschwerdeführer wiederholte darin die bereits aus Anlaß der mündlichen Verhandlung im Dezember 1990 erhobenen Einwendungen und bezeichnete die Immissionen als "das durchschnittliche und ortsübliche Maß bei weitem überschreitend". Der Beschwerdeführer rügte, daß aufgrund seiner mehrfach konkretisierten Einwendungen keine ergänzende Sachverhaltsermittlung vorgenommen und auch keine weiteren Sachverständigengutachten eingeholt worden seien. Die bisher vorliegenden Gutachten könnten nicht anerkannt werden, da der Sachverständige unzulässigerweise in die Beweiswürdigung eingegriffen und Rechtsfragen erörtert habe.

Mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde K vom 1. April 1993 wurden beide - wortgleich verfaßten - Berufungen unter Hinweis auf die im Gutachten des Amtssachverständigen vom 2. Mai 1991 sowie 18. Februar 1993 gemachten Ausführungen zu den Einwendungen des Beschwerdeführers abgewiesen. Die Berufungsbehörde wies im Hinblick auf einen entsprechenden Vorwurf in der Berufung darüber hinaus darauf hin, daß der Beschwerdeführer sehr wohl zur Widmungsverhandlung geladen worden sei und anläßlich dieser auch seine Einwendungen mittels Telefax erhoben habe. Er sei mit Zustellung der angefochtenen Bescheide aufgefordert worden, zu den vorliegenden Gutachten Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer habe die gutachterlichen Äußerungen nicht bestritten. Durch die Zustellung der angefochtenen Bescheide sei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch der Mangel einer möglichen Verletzung des Parteiengehörs beseitigt worden. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung und urgierte die Einholung eines lärmtechnischen Gutachtens, da durch das Bauvorhaben eine das ortsübliche Maß überschreitende Lärmerhöhung hervorgerufen werde. Die Unterlassung der Beiziehung eines Amtsarztes und eines weiteren spezifischen Sachverständigen im Hinblick auf die Frage der Lärmerhöhung stelle einen wesentlichen Verfahrensmangel dar. Des weiteren könnten die Gutachten des technischen Amtssachverständigen nicht zu einer erschöpfenden Erörterung der Sach- und Rechtslage beitragen, da die Stellungnahme des Sachverständigen zu allgemein gehalten sei und von falschen Voraussetzungen ausgehe.

Die belangte Behörde wies die Vorstellung des Beschwerdeführers mit dem nunmehr angefochtenen Spruchpunkt I des Bescheides vom 12. Juli 1993 als unbegründet ab (Spruchpunkt II betrifft einen Antrag auf Erlassung eines verwaltungspolizeilichen Auftrags und wird mit der vorliegenden Beschwerde nicht bekämpft). Sie führte zu Spruchpunkt I begründend aus, daß für die Entscheidung über die Einholung eines lärmtechnischen Gutachtens die Lage des Objektes im Zusammenhang mit dem Flächenwidmungsplan relevant sei. Da das beschwerdegegenständliche Büro- und Einkaufszentrum, ebenso wie das Grundstück des Beschwerdeführers, im "Kern-, Büro- und Geschäftsgebiet" gelegen sei und die genannte Kategorie des Flächenwidmungsplanes durch ein im Vergleich zu reinem und allgemeinem Wohngebiet weitaus höheres Maß an zulässigen Immissionen gekennzeichnet sei, könnten durch den bloßen Betrieb während der Büro- und Geschäftszeiten keine das ortsübliche Ausmaß übersteigenden Lärmbelästigungen hervorgerufen werden. Büros und Geschäfte stellten keine emissionsrelevanten Betriebe dar. Die belangte Behörde wies des weiteren in ihrer Entscheidung darauf hin, daß die Behörde den Gang des Ermittlungsverfahrens bestimme und gemäß § 52 AVG die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige nur dann stattzufinden habe, wenn dies erforderlich sei. Die vom Beschwerdeführer als unzureichend gerügten Gutachten seien schlüssig und nachvollziehbar, weshalb die Gemeindebehörden diese im Rahmen der freien Beweiswürdigung ihrer Entscheidung zu Recht zugrunde gelegt hätten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligte Stadtgemeinde, eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, die belangte Behörde sowie die Gemeindeinstanzen hätten den Sachverhalt nicht erschöpfend erhoben. Die einzigen Sachverständigenbeweise seien die beiden Gutachten des Ing. H, denen nach Meinung des Beschwerdeführers nicht entnommen werden könne, auf welcher Grundlage die dort gezogenen gutachterlichen Schlüsse gezogen wurden. Insbesondere hinsichtlich der Klärung der vom Beschwerdeführer mehrfach geltend gemachten Frage der Lärmerhöhung wäre die Durchführung einer Lärmmessung und die Beiziehung eines spezifischen Sachverständigen erforderlich gewesen. Mit den Gutachten seien sämtliche Einwendungen in pauschaler Weise abgetan worden, ohne hinreichende "wirtschaftliche" (möglicherweise gemeint: wissenschaftliche) Erkenntnisse einzuholen, weitere verfahrensspezifische Sachverständige zu befragen bzw. Lärmmessungen vorzunehmen.

Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Die Behörde hat nach § 45 Abs. 2 AVG unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Als Beweismittel kommt nach § 46 AVG alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach der Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Es gilt demnach der Grundsatz der Unbeschränktheit und der Gleichwertigkeit aller Beweismittel. Wie sich aus den §§ 38 und 39 AVG ergibt, bestimmt die Behörde den Gang des Ermittlungsverfahrens und damit auch, ob und welche Beweismittel heranzuziehen sind. Dabei ist der Behörde allerdings nicht freies Ermessen eingeräumt. § 52 AVG bestimmt, daß die Behörde Amtssachverständige beizuziehen hat, wenn die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig wird. Die Behörde hat dieser Anforderung durch die Einholung zweier Amtssachverständigengutachten entsprochen, aus denen sich in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise ergibt, daß mit den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Einwirkungen durch das Büro- und Geschäftszentrum auf die Liegenschaft des Beschwerdeführers nicht gerechnet werden kann. Der Sachverständige hat sich in seinem Gutachten sehr genau mit den Einwendungen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und betreffend die Frage der vom Beschwerdeführer befürchteten Lärmerhöhung ausgeführt, daß es durch das Bauvorhaben zu einer Verringerung des Lärmes käme, da das Bauprojekt eine "Quasilärmschutzwand" gegenüber der nahen verkehrsreichen Südbahn darstelle.

Der Entschluß der Behörde, einem Gutachten zu folgen, bildet einen Akt der freien Beweiswürdigung im Sinne des § 45 Abs. 2 AVG. Dieser unterliegt insoweit der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof, als es sich um die Feststellung handelt, ob der in der Beweiswürdigung gelegene Denkvorgang zu einem den Denkgesetzen entsprechenden Ergebnis geführt hat bzw. ob der Sachverhalt, der in dem Denkvorgang gewürdigt wurde, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1990, Zl. 89/05/0155). Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes hat die belangte Behörde diesen Anforderungen an ein mängelfreies Verfahren entsprochen (was die Frage der Befunderhebung im Falle eines Projekts wie dem vorliegenden anlangt, ist darauf hinzuweisen, daß konkrete Lärmmessungen vor Errichtung der Anlage nur hinsichtlich des Ist-Zustandes möglich sind und die nach der Judikatur erforderliche Prüfung, ob und inwieweit die Summe aus Grundbelastung und der aus dem Projekt hervorgehenden Zusatzbelastungen das Widmungsmaß des zur Bebauung ausersehenen Bauplatzes übersteigt notwendigerweise insoweit einen Prognosecharakter in sich tragen muß, als die Emissionen, die von einem Büro- und Geschäftshaus ausgehen, vorweg nur typusmäßig, wenngleich unter Berücksichtigung der konkreten Ausgestaltung des beantragten Projekts, abgeschätzt werden können).

Soweit der Beschwerdeführer jedoch offensichtlich auch Belästigungen durch den vom geplanten Bauwerk hervorgerufenen Verkehr im Auge hat, ist auf die zutreffenden Ausführungen im Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde zu verweisen, daß diesbezüglich nach der Stmk. BauO 1968 dem Nachbarn kein subjektives Recht zusteht. Es ist daher auch nicht näher auf etwaige diesbezügliche Verfahrensmängel einzugehen. Zudem ist auf § 5 Abs. 3 Stmk. Garagenordnung 1979, die im Beschwerdefall noch anzuwenden ist, hinzuweisen. Darüber hinaus kann - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 29. August 1990, Zl. 90/02/0045) - eine auf einem ausreichenden Befund beruhende schlüssige Begutachtung eines Falles durch einen Amtssachverständigen nur durch ein Gutachten eines anderen Sachverständigen in tauglicher Weise in Diskussion gezogen und allenfalls erschüttert werden. An sich schlüssigen Ausführungen des Amtssachverständigen kann jedenfalls nicht mit Äußerungen, die sich in Behauptungen erschöpfen und nicht auf gleichem fachlichen Niveau bewegen, in wirksamer Weise entgegnet werden. Die Behörde ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht verpflichtet, bei Vorliegen inhaltlich übereinstimmender schlüssiger Amtssachverständigengutachten, denen nicht auf sachverständiger Basis entgegengetreten wird, ergänzende Gutachten einzuholen. Der Beschwerdeführer hätte das vom Sachverständigen erstellte, mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehende Gutachten in seiner Beweiskraft durch ein gleichwertiges Gutachten bekämpfen können (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. März 1994, Zl. 90/07/0018, sowie vom 21. September 1995, Zl. 93/07/0005). Zur vom Beschwerdeführer betreffend die Frage der Geruchsbelästigung geforderten Einholung eines medizinischen Gutachtens ist folgendes festzuhalten: Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, bedarf es zur Beurteilung der Frage, ob eine das ortsübliche Maß übersteigende Belästigung vorliegt, nicht eines medizinischen Sachverständigen, wenn - aufgrund der gegebenen Verfahrenslage gleichsam vorweg, wenn also keine Umstände vorliegen, die auf eine besondere Belästigung hinweisen - von einem ortsüblichen Ausmaß an Immissionen auszugehen ist (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 13. September 1983, Zl. 80/05/0112, vom 5. Februar 1991, Zl. 90/05/0142, und vom 9. Juni 1994, Zl. 92/06/0246).

Der technische Sachverständige hat über das Ausmaß der zu erwartenden Immissionen und ihre Art in schlüssiger Weise Auskunft gegeben, sodaß aufgrund der gegebenen Sach- und Rechtslage keine Veranlassung bestand, vor der behördlichen Entscheidung ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen.

Soweit der Beschwerdeführer der Sache nach eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens darin erblickt, daß er zunächst dem Verfahren nicht beigezogen worden sei, ist einerseits darauf hinzuweisen, daß er zur Verhandlung vom 17. Dezember 1990 geladen (und erst nachfolgend aufgrund des ausdrücklichen Antrages der mitbeteiligten Partei die Gemeindebehörden vorerst davon ausgingen, daß keine Parteistellung gegeben sei), also insoweit nicht übergangen wurde; andererseits ist der Hinweis der belangten Behörde zutreffend, daß dieser Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens durch die Zustellung der beiden Bescheide sowie der den Entscheidungen zugrunde gelegten Gutachten, wodurch der Beschwerdeführer Gelegenheit erhielt, sich dazu zu äußern, saniert wurde.

Insgesamt kann der Verwaltungsgerichtshof eine Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens nicht erkennen, da die Gemeindebehörden und die belangte Behörde den Sachverhalt ausreichend ermittelt und sich dabei auf schlüssige und nachvollziehbare Sachverständigengutachten gestützt haben.

2. Zu der behaupteten Rechtswidrigkeit des Inhaltes des Bescheides führt der Beschwerdeführer aus, daß die von der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht, nach der das beschwerdegegenständliche Einkaufszentrum im Flächenwidmungsplan im "Kern-, Büro- und Geschäftsgebiet" gelegen sei und sich daraus ein höheres Maß an zulässigen Immissionen ergäbe, unrichtig sei. Der Beschwerdeführer meint, es käme lediglich darauf an, in welchem Bereich das Objekt des betroffenen Nachbarn liege. Dazu habe die belangte Behörde keinerlei Feststellungen getroffen. Darüber hinaus rügt der Beschwerdeführer die Ansicht der belangten Behörde, nach der während der Büro- und Geschäftsstunden an sich keine das ortsübliche Maß übersteigenden Lärmbelästigungen hervorgerufen würden. Dem Beschwerdeführer sei dieser Schluß in Ermangelung der Durchführung eines hinreichenden Beweisverfahrens bzw. der Einholung entsprechender Gutachten nicht erklärlich. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde der erhobenen Vorstellung wegen Verletzung der subjektiv-öffentlichen Rechte des Beschwerdeführers stattgeben müssen.

Dazu ist folgendes festzuhalten:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 9. März 1993, Zl. 92/06/0235, zu § 4 Abs. 3 der Steiermärkischen Bauordnung ausgesprochen hat, ist der Maßstab des Zulässigen in Ansehung von Belästigungen im Rahmen des Ortsüblichen das sogenannte Widmungsmaß des zur Bebauung ausersehenen Bauplatzes (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 9. Juni 1994, Zl. 93/06/0174). Die vom Beschwerdeführer vertretene Auffassung, es käme darauf an, in welchem Bereich das Objekt des betroffenen Nachbarn liege, ist somit verfehlt. Die in der Beschwerde enthaltenen Ausführungen zum Fehlen von Feststellungen bezüglich der Widmung des Grundstücks des Beschwerdeführers sind aber - abgesehen davon, daß sie nach dem Vorgesagten rechtlich irrelevant sind - darüber hinaus unrichtig, da die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid festgestellt hat, daß auch das Grundstück des Beschwerdeführers im Kern- Büro- und Geschäftsgebiet liege.

Nach dem genannten hg. Erkenntnis darf die Summe der vorhandenen Grundbelastung und der aus dem Projekt hervorgehenden Zusatzbelastungen das Widmungsmaß nicht überschreiten. Aufgrund der Ausführungen von Ing. H, denen der Beschwerdeführer inhaltlich nicht entgegengetreten ist, ist durch das strittige Bauprojekt keine Erhöhung der Lärmbelastung zu erwarten.

3. Da sich die Beschwerde somit zur Gänze als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die verzeichneten Stempelgebühren, von deren Entrichtung die mitbeteiligte Stadtgemeinde gemäß § 2 Z 2 Gebührengesetz 1957 befreit ist (die Einbringung vom Schriftsätzen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren über Beschwerden gegen Vorstellungsentscheidungen der Gemeindeaufsichtsbehörde fällt in den öffentlich-rechtlichen Wirkungskreis der mitbeteiligten Stadtgemeinde).

Schlagworte

Beweismittel Sachverständigenbeweis Besonderes Fachgebiet Gutachten Beweiswürdigung der Behörde Gutachten Ergänzung Gutachten Parteiengehör Parteieneinwendungen Planung Widmung BauRallg3 Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Sachverständigenbeweis Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Freie Beweiswürdigung Sachverhalt Sachverständiger Gutachten Sachverständiger Entfall der Beiziehung Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Arzt Verfahrensbestimmungen Amtswegigkeit des Verfahrens Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Diverses VwRallg10/1/3 Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1993060188.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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