Index
L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag SteiermarkNorm
AVG §8Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache 1. der F GmbH in G, 2. der J K in G, 3. der M G, 4. des Mag. P G, 5. der H M, 6. des F M, 7. der C O, 8. des Mag. J O, 9. der Dr. N P, 10. des Dr. R M, 11. des Dr. W M, 12. des Ing. A O, 13. der B R, 14. des K R, 15. der Mag. E M, 16. des Dr. D H, 17. des DI S W und 18. der Mag. E B, die dritt- bis achtzehntrevisionswerbenden Parteien in Graz und alle revisionswerbenden Parteien vertreten durch Dr. Gerhard Richter und Dr. Rudolf Zahlbruckner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Bürgergasse 13, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 5. Mai 2022, LVwG 50.37-2274/2020-60, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz; mitbeteiligte Partei: K GmbH in Graz, vertreten durch Dr. Gerhard Hackenberger und Mag. Jürgen Greilberger, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 27/IV; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark (LVwG) wurde die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt G. vom 12. August 2020, mit welchem der mitbeteiligten Partei die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines näher beschriebenen Wohngebäudes mit 15 Wohneinheiten samt Tiefgarage und überdachtem Müllplatz auf näher bezeichneten Grundstücken der Stadt G. erteilt worden war, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Bewilligung unter Zugrundelegung näher bezeichneter, im Beschwerdeverfahren vorgelegter ergänzender Projektunterlagen erteilt werde (I.). Gleichzeitig wurden der mitbeteiligten Partei Kostenbeiträge auferlegt (II. und III.) und sprach das LVwG aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei (IV.).
5 In der Zulässigkeitsbegründung der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision rügen die revisionswerbenden Parteien auf das Wesentliche zusammengefasst mit näherer Begründung, es liege ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu vor, „dass die Projektsunterlagen [...] in ausreichender Form und dergestalt vorliegen müssen, die eine verlässliche Beurteilung (insbesondere auch) der subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte ermöglicht“, sowie dazu, „dass bei Vorliegen entsprechender besonderer Umstände bzw. Verhältnisse die Prüfung und Beurteilung von Emissionen und Immissionen (insbesondere hinsichtlich von subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten) zu erfolgen hat, selbst wenn das Bauvorhaben mit seinen Inhalten und Verwendungszwecken den in raumordnungsrechtlichen Vorschriften festgelegten Bauland- bzw. Nutzungskategorien entspricht“. Außerdem sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu abgewichen worden, „wonach Auflagen eines (Bau-)Bescheides nur dann zulässig sind, und ihre ‚Aufgabe‘ erfüllen, wenn sie konkret und einer Vollstreckung zugänglich sind“. Schließlich fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob die Übereinstimmung eines Bauvorhabens mit dem „Räumlichen Leitbild“ als subjektiv-öffentliches Nachbarrecht gemäß § 26 Abs.1 Z 1 Steiermärkisches Baugesetz (Stmk. BauG) geltend gemacht werden könne, „wenn und insoweit die dortigen Festlegungen (auch) mit Immissionsschutz verbunden“ seien.
6 Die Revision ist unzulässig.
7 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision führen hätten können, aufzugreifen (vgl. für viele etwa VwGH 23.5.2022, Ra 2021/06/0223, oder auch 24.5.2022, Ra 2021/03/0167 ua., jeweils mwN).
8 In den demnach zur Zulässigkeit der Revision allein maßgeblichen Revisionszulässigkeitsgründen ist dabei konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber im Fall der Behauptung einer Abweichung von der Rechtsprechung konkret darzulegen, dass der der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist (vgl. etwa VwGH 24.6.2022, Ra 2019/06/0165, mwN). Schon diesem Erfordernis entspricht die vorliegende Revision, soweit in deren Zulässigkeitsbegründung ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend gemacht wird, nicht. Die revisionswerbenden Parteien legen in diesem Zusammenhang auch nicht dar, welche konkrete über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, von der die Entscheidung über die vorliegende Revision abhängt, vom Verwaltungsgerichtshof beantwortet werden sollte.
9 Im Übrigen hat der Nachbar nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Planunterlagen im Bauverfahren nur ein Recht darauf, dass diese ausreichen, um ihm die Möglichkeit zu geben, zu erkennen, inwieweit durch das Bauvorhaben in seine Rechte eingegriffen werden könnte (vgl. etwa VwGH 22.1.2019, Ra 2018/05/0287, mwN). Mit dem unkonkreten Zulässigkeitsvorbringen, die vorgenommenen Projektänderungen seien „in wesentlichen Teilbereichen unklar, indifferent und unexakt“, und es ginge um eine „Spezifizierung einer ‚vollständigen Umschließung‘ eines Gebäudes, weiters einer massiven Veränderung der Materialien, Qualität und Ausgestaltung von Fassaden u.a.m.“ zeigen die revisionswerbenden Parteien nicht auf, dass und inwiefern sie, auch unter Einbeziehung der im Beschwerdeverfahren abgeänderten Projektunterlagen, daran gehindert gewesen wären, zu erkennen, inwieweit durch das Bauvorhaben in ihre - umfangreich geltend gemachten - Nachbarrechte nach dem Stmk. BauG eingegriffen werden könnte.
10 Weiters sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die von einer zulässigen Wohnnutzung typischerweise ausgehenden Immissionen vom Nachbarn hinzunehmen (vgl. z.B. VwGH 5.11.2019, Ra 2017/06/0186, mwN); fallbezogen hat das LVwG nach Einholung eines ergänzenden schalltechnischen Amtssachverständigengutachtens im angefochtenen Erkenntnis festgestellt, dass im Hinblick auf das vorliegende Projekt diesbezüglich außergewöhnliche oder besondere Verhältnisse nicht vorliegen und die Immissionen des gegenständlichen Projektes weder die Ist-Situation übersteigen noch dadurch das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigungen verursacht werden. Insofern entfernt sich die Zulässigkeitsbegründung der Revision vom festgestellten Sachverhalt und bleibt eine nachvollziehbare Begründung dafür, aus welchen Gründen im vorliegenden Fall die behaupteten „besonderen Umstände bzw. Verhältnisse“ hinsichtlich zu erwartender Lärmimmissionen vorliegen sollten, schuldig. In Bezug auf das - ebenfalls unkonkrete - Zulässigkeitsvorbringen betreffend behauptete „Lichtimmissionen und Blendwirkungen“ und eine in diesem Zusammenhang ins Treffen geführte Unkonkretheit einer der mitbeteiligten Partei erteilten Auflage genügt es schon, darauf hinzuweisen, dass ein Nachbarrecht hinsichtlich Lichtimmissionen oder Blendwirkungen weder vom taxativen (vgl. dazu etwa VwGH 19.5.2022, Ra 2020/06/0159, mwN) Katalog der subjektiv-öffentlichen Rechte des § 26 Abs. 1 Stmk. BauG umfasst ist, noch in der Revision dazu ein tauglicher Revisionspunkt geltend gemacht wird (vgl. dazu, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur aufgezeigt werden kann, wenn ein Konnex eines tauglichen Revisionspunktes mit der diesbezüglichen Zulässigkeitsbegründung vorliegt, etwa VwGH 4.5.2022, Ra 2022/06/0054, mwN).
11 Wenn die revisionswerbenden Parteien zur Zulässigkeit der Revision schließlich vorbringen, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob die Übereinstimmung eines Bauvorhabens mit dem „Räumlichen Leitbild“ als subjektiv-öffentliches Nachbarrecht gemäß § 26 Abs.1 Z 1 Stmk. BauG geltend gemacht werden könne, „wenn und insoweit die dortigen Festlegungen (auch) mit Immissionsschutz verbunden“ seien und dazu näher bezeichnete Festlegungen des Räumlichen Leitbildes 1.0 der Stadt G. ins Treffen führen, so wird bis auf die diesbezügliche Behauptung nicht dargelegt und ist dem Verwaltungsgerichtshof auch nicht ersichtlich, inwiefern mit den angesprochenen Festlegungen ein Immissionsschutz für Nachbarn eines Bauvorhabens verbunden sein sollte. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach festgehalten, dass der Katalog der subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte in § 26 Abs. 1 Stmk. BauG taxativ ist (vgl. dazu erneut etwa VwGH 19.5.2022, Ra 2020/06/0159, oder auch 30.5.2022, Ra 2021/06/0152, jeweils mwN); ein Nachbarrecht auf Übereinstimmung eines Vorhabens mit dem Räumlichen Leitbild (als Teil des örtlichen Entwicklungskonzeptes, vgl. § 22 Abs. 7 Steiermärkisches Raumordnungsgesetz 2010) steht den Nachbarn nach § 26 Abs. 1 Stmk. BauG nicht zu (vgl. wiederum VwGH 19.5.2022, Ra 2020/06/0159, 6.10.2011, 2011/06/0003, oder auch 18.5.2010, 2008/06/0234). Das behauptete Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt somit nicht vor.
12 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 29. August 2022
Schlagworte
Baurecht Nachbar Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022060171.L00Im RIS seit
19.09.2022Zuletzt aktualisiert am
20.09.2022