TE Vwgh Erkenntnis 1996/4/25 92/06/0133

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Veröffentlicht am 25.04.1996
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Index

L37158 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Vorarlberg;
L81708 Baulärm Vorarlberg;
L82000 Bauordnung;
L82008 Bauordnung Vorarlberg;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
BauG Vlbg 1972 §23 Abs1 litb;
BauG Vlbg 1972 §23 Abs4 lita;
BauG Vlbg 1972 §23 Abs4 litb;
BauG Vlbg 1972 §35 Abs1;
BauG Vlbg 1972 §35 Abs2;
BauG Vlbg 1972 §35;
BauG Vlbg 1972 §39 Abs1 lita;
BauG Vlbg 1972 §39 Abs1 litb;
BauG Vlbg 1972 §40 Abs1;
BauG Vlbg 1972 §40 Abs2;
BauG Vlbg 1972 §41 Abs1;
BauG Vlbg 1972 §41 Abs2;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer, den Vizepräsidenten

Dr. Pesendorfer und Hofrat Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde der E in Z, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 20. Mai 1992, Zl. VIIa-410.382, betreffend Baueinstellung und Androhung der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes,

Spruch

1. zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

2. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Androhung der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes richtet, als unzulässig zurückgewiesen.

Das Land Vorarlberg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B. vom 5. November 1991 wurde im Spruchpunkt I. gemäß § 40 Abs. 1 des Vorarlberger Baugesetzes "DIE EINSTELLUNG DER BAUARBEITEN hinsichtlich des geplanten Balkones an der Nordseite des Hotels M. in Z. verfügt"; im Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde gemäß § 41 Abs. 1 des Vorarlberger Baugesetzes die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes angedroht. Begründet wurde dieser Bescheid - soweit dies für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Bedeutung ist - im wesentlichen damit, daß die Behörde gemäß § 40 Abs. 1 des Vorarlberger Baugesetzes dann, wenn eine Überprüfung einen Grund zur Beanstandung nach § 39 Abs. 1 lit. a des Vorarlberger Baugesetzes ergebe, gegenüber den Bausausführenden oder seinem Auftraggeber die Einstellung der Arbeiten zu verfügen habe. Im vorliegenden Fall habe seitens der Bezirkshauptmannschaft B. festgestellt werden müssen, daß zusätzlich zu den bereits bekannten Planabweichungen nunmehr auch die Fassadengestaltung abweichend von den (mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B. vom 8. September 1987) genehmigten Plänen ausgeführt werde, obwohl hiefür noch keine Genehmigung vorliege.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung und begründete sie im wesentlichen damit, es handle sich bei der Fassadengestaltung an der Nordseite des Hotels lediglich um eine geringfügige Abweichung, weshalb die Baueinstellung nicht gerechtfertigt sei. Die Berufung richte sich auch gegen die Androhung der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes; darüber hinaus dürfe eine derartige Androhung erst nach rechtskräftiger Einstellung des Bauvorhabens erlassen werden. Schließlich werde vorgebracht, die Änderung an der Fassadengestaltung würde sich in das bestehende Landschaftsbild einfügen und lediglich der optischen Abrundung des Gesamtkomplexes dienen.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. Mai 1992 hat die belangte Behörde der Berufung keine Folge gegeben und den bekämpften Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B. bestätigt. Sie begründete ihren Bescheid - soweit dies für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Bedeutung ist - im wesentlichen damit, daß gemäß § 23 Abs. 1 lit. a Vorarlberger Baugesetz die Errichtung von Gebäuden oder Gebäudeteilen einer Baubewilligung bedürfe. Werde ein Vorhaben nach § 23 leg.cit. ohne Baubewilligung ausgeführt, so habe die Behörde gemäß § 40 Abs. 1 leg.cit. gegenüber dem Bauausführenden die Einstellung der Arbeiten zu verfügen. Wenn die Einstellung der Bauarbeiten verfügt worden sei, sei gemäß § 41 Abs. 1 leg.cit. die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes anzudrohen. Die Bezirkshauptmannschaft B. habe mit Bescheid vom 23. Oktober 1991 auf Grund nicht bewilligter Planabweichungen die Einstellung verschiedener Bauarbeiten beim "Hotel M."

verfügt. Anläßlich einer weiteren Überprüfung sei festgestellt worden, daß zusätzlich zu den bereits bekannten Planabweichungen ohne Vorliegen einer entsprechenden Bewilligung nunmehr auch die Fassadengestaltung deutlich abweichend von den genehmigten Plänen ausgeführt werde. Insbesondere sei beabsichtigt, an der Nordseite im Bereich des Dachgeschoßes einen Balkon zu errichten. Im Verfahren betreffend die nachträgliche Bewilligung der durchgeführten Planabweichungen habe die Erstbehörde ein ergänzendes Gutachten des Amtssachverständigen für Raumplanung und Baugestaltung eingeholt, welches auch im gegenständlichen Verfahren Berücksichtigung finde. In diesem Gutachten vom 13. Mai 1992 führe der Sachverständige zur Fassadengestaltung bzw. Balkonausbildung folgendes aus:

"Entgegen der seinerzeitig bewilligten Planung wurde in den einzelnen Fassaden der Holzanteil wesentlich erhöht. Das Wechselspiel zwischen Mauerbereich und Holzanteil wie in den bewilligten Plänen ist dadurch verlorengegangen, sodaß gesamthaft eine spannungslosere Ansicht in allen vier Seiten erreicht wurde. Die Holzverkleidung wurde teils unfachmännisch selbst bei auskragenden Mauerteilen als Rundumverschalung angebracht. Dies widerspricht nach Auffassung des Unterzeichneten einem fachgerechten Umgang mit dem Material Holz. Die Balkone wurden teilweise als Mauerteil mit verholzten V-Einschnitten ausgeführt. Dieses ausgesprochen modische Element führt gesamthaft zu gestalterischen Zwängen, die aufgrund der starken Wirksamkeit und Ausbildung das Ortsbild sehr negativ beeinträchtigen. Eine derartige Formensprache führt zu einer zusätzlichen nicht vertretbaren Beunruhigung des Orts- und Landschaftsbildes im gegenständlichen Bereich. Diese Gestaltung bewirkt ein ortsbildlich eher negatives Absetzen des Gebäudes in bezug auf die umgebende Bebauung. Darüber hinaus wurde der Lüftungsschacht ohne Bezug zur Fassade an der Außenwand situiert. Gleichzeitig bewirkt die verwendete Holzfarbe (zu dunkel) ein zu starkes und daher negatives Absetzen des Hauses M. gegenüber der umgebenden Bebauung."

Da es sich hiebei um wesentliche Änderungen im Sinne des § 23 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Abs. 4 des Vorarlberger Baugesetzes handle, bedürfe das Vorhaben einer entsprechenden baubehördlichen Bewilligung. Mangels Vorliegens dieser Bewilligung sei die Erstbehörde verpflichtet gewesen, die Einstellung der Bauarbeiten zu verfügen sowie die Verfügung der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes anzudrohen. Die Androhung im Sinne des § 41 Abs. 1 des Vorarlberger Baugesetzes setze dabei keineswegs die Rechtskraft des Baueinstellungsbescheides voraus. Zur Androhung selbst sei festzuhalten, daß damit selbstverständlich ein als Bescheid zu qualifizierender Ausspruch der Behörde nicht vorliege. Es handle sich hiebei lediglich um eine Mitteilung, die der Partei die Einleitung des Baubewilligungs- bzw. Abtragungsverfahrens zu erkennen gebe. Der Umstand, daß die Androhung im Spruch des baupolizeilichen Auftrages ausgesprochen worden sei, vermöge den Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit zu belasten.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem

"SUBJEKTIVEN RECHT AUF ERRICHTUNG des geplanten Balkones an der Nordseite des Hotels "M." in Z. beeinträchtigt."

Die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Im Beschwerdefall maßgeblich ist § 23 Abs. 1 lit. a und b des Vorarlberger Baugesetzes, LGBl. Nr. 39/1972, in der Fassung der Novellen LGBl. Nr. 33/1976, 34/1981, 2/1982 und 47/1983, wonach einer Baubewilligung bedürfen "a) die Errichtung von Gebäuden oder Gebäudeteilen; b) die Änderung von Gebäuden, sofern es sich um Zu- oder Umbauten oder sonstige wesentliche Änderungen handelt;" nach § 23 Abs. 4 leg.cit. gelten u.a. als wesentliche Änderungen "- abgesehen von Zu- oder Umbauten - Änderungen, a) die am ganzen Bauwerk oder an seinen Hauptbestandteilen vorgenommen werden oder wodurch das Aussehen eines Gebäudes geändert wird; b) durch die Interessen der Sicherheit oder der Gesundheit oder die Rechte der Nachbarn beeinträchtigt werden können".

Weiters sind im Beschwerdefall § 35, § 39, § 40 und § 41 Vorarlberger Baugesetz anzuwenden; diese Bestimmungen haben folgenden Wortlaut:

"§ 35

Planabweichungen

(1) Vom bewilligten Plan darf ohne Bewilligung der Behörde nur abgegangen werden, wenn die Abweichung Änderungen betrifft, die nicht gemäß § 23 Abs. 1 bewilligungspflichtig sind. Der Behörde sind solche Planabweichungen jedoch spätestens mit der Meldung über die Fertigstellung (§ 44 Abs. 1) unter Vorlage berichtigter oder neuer Pläne anzuzeigen.

(2) Andere als im Abs. 1 genannte Planabweichungen

bedürfen vor ihrer Ausführung der Bewilligung der Behörde. Die Vorschriften der §§ 25 bis 27 und 30 bis 32 gelten sinngemäß.

...

§ 39

Überwachung während der Bauausführung

(1) Die Behörde ist berechtigt, jederzeit zu

überprüfen, ob

a)

Vorhaben nach § 23 nicht ohne Baubewilligung und Vorhaben nach § 24 nicht vor Wirksamkeit der Anzeige ausgeführt werden;

b)

Vorhaben nach § 23 nicht abweichend von der Baubewilligung und den ihr zugrundeliegenden Plänen, Berechnungen und Beschreibungen und Vorhaben nach § 24 nicht abweichend von der Anzeige ausgeführt werden;

c)

die verwendeten Baustoffe, Bauteile oder Bauweisen den Anforderungen des § 20 entsprechen.

(2) Die Behörde kann sich in der Baubewilligung die Vornahme bestimmter Überprüfungen während der Bauausführung, insbesondere eine Rohbaubeschau - gewöhnlich nach Herstellung der Dacheindeckung - vorbehalten. In einem solchen Falle ist die Behörde so rechtzeitig zu verständigen, daß sie die vorbehaltene Überprüfung durchführen kann. Die Behörde hat eine solche Überprüfung innert einer Woche nach der Verständigung durchzuführen, widrigenfalls die weitere Bauausführung nicht mehr behindert ist.

(3) Den Organen der Behörde sind zur Durchführung von

Überprüfungen nach Abs. 1 und 2 der Zutritt zur Baustelle zu gewähren und alle verlangten Auskünfte zu geben.

§ 40

Baueinstellung und Mängelbehebung

(1) Ergibt eine Überprüfung einen Grund zur Beanstandung nach § 39 Abs. 1 lit. a, so hat die Behörde gegenüber dem Bauausführenden oder seinem Auftraggeber die Einstellung der Arbeiten zu verfügen.

(2) Ergibt die Überprüfung einen Grund zur Beanstandung nach § 39 Abs. 1 lit. b oder c, so hat die Behörde die Behebung des Mangels zu verfügen und hiefür eine angemessene Frist festzusetzen. Wird dieser Verfügung nicht entsprochen, so ist nach Abs. 1 vorzugehen.

(3) Von der Einstellungsverfügung werden die zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes notwendigen Arbeiten nicht betroffen. Die Einstellungsverfügung ist aufzuheben, sobald der Grund für ihre Erlassung weggefallen ist.

(4) Wenn es die Sicherheit oder Gesundheit von

Menschen erfordert, hat die Behörde die zur Abwehr oder Beseitigung der Gefahren notwendigen Maßnahmen zu treffen.

§ 41

Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes

(1) Die Behörde hat dem Auftraggeber die Verfügung der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes anzudrohen, wenn die Arbeiten gemäß § 40 Abs. 1 oder 2 eingestellt wurden.

(2) Wird innert eines Monats nach Zustellung der Androhung bei der Behörde die Anzeige eingebracht oder der Antrag auf Erteilung oder Abänderung der Baubewilligung gestellt, so hat die Behörde das entsprechende Verfahren einzuleiten.

(3) Wird von der Möglichkeit des Abs. 2 kein Gebrauch

gemacht, erfolgt auf Grund der Anzeige die Untersagung oder wird die Baubewilligung versagt, so hat die Behörde die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes binnen einer angemessen festzusetzenden Frist zu verfügen.

(4) Wenn Baustoffe, Bauteile oder Bauweisen verwendet

werden, die den Anforderungen des § 20 nicht entsprechen, hat die Behörde die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes binnen einer angemessen festzusetzenden Frist zu verfügen."

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 25. Jänner 1996, Zl. 92/06/0028, zum Ausdruck gebracht hat, kommt eine Baueinstellung bei bewilligungspflichtigen Planabweichungen gemäß § 39 Abs. 1 lit. b leg.cit. auf Grund des § 40 Abs. 2 leg.cit. erst dann in Betracht, wenn der Verfügung zur Behebung eines solchen Mangels (das ist u.a. eine Abweichung von der Baubewilligung) innerhalb einer bestimmten Frist nicht entsprochen worden ist. Als bewilligungspflichtige Planabweichungen sind solche Baumaßnahmen anzusehen, die mit einer bewilligten Maßnahme eine Einheit bilden bzw. darauf bezogen sind; sonstige Baumaßnahmen, die in keinem sachlichen Zusammenhang mit einer Baubewilligung stehen, sind hingegen Vorhaben, die ohne Baubewilligung ausgeführt werden; diese sind von § 40 Abs. 1 in Verbindung mit § 39 Abs. 1 lit. a leg.cit. erfaßt und haben mit bewilligungspflichtigen Planabweichungen nur die Bewilligungspflicht gemeinsam; eine Abgrenzung ist vor allem deshalb erforderlich, weil bei Beanstandungen, die sich auf § 39 Abs. 1 lit. b leg.cit. und damit auf bewilligungspflichtige Planabweichungen im Sinne des § 35 leg.cit. beziehen, zunächst die Mängelbehebung zu verfügen ist, während bei Maßnahmen, die ohne jegliche Baubewilligung ausgeführt werden, sofort die Baueinstellung verfügt werden muß (vgl. dazu neuerlich insgesamt das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1996).

2. Die Beschwerdeführerin vertritt zunächst im wesentlichen die Auffassung, daß die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides auch ein ergänzendes Gutachten des Amtssachverständigen für Raumplanung und Baugestaltung vom 13. Mai 1992 heranziehe, obwohl dieses Gutachten im erstinstanzlichen Verfahren noch nicht vorgelegt worden sei und der Beschwerdeführerin in keiner Phase des gegenständlichen Verfahrens die Möglichkeit eingeräumt worden sei, zu diesem Gutachten Stellung zu nehmen.

Zu diesem Beschwerdevorbringen ist festzustellen, daß von der belangten Behörde dadurch, daß sie im Spruch des angefochtenen Bescheides den von der Beschwerdeführerin mit Berufung bekämpften Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B. vom 5. November 1991 bestätigt hat, die Baueinstellung (ebenfalls) ausdrücklich nur auf den (zusätzlichen) "Balkon an der Nordseite des Hotels" bezogen worden ist. Die Baueinstellung betrifft demnach normativ gesehen nicht auch die (allerdings in der Begründung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft B. vom 5. November 1991 erwähnte) "Fassadengestaltung auf der Nordseite des Hotels". Vor diesem Hintergrund sind jene Teile der Begründung des angefochtenen Bescheides, die sich lediglich mit der Fassadengestaltung an der Nordseite des Hotels beschäftigen, im Beschwerdefall ohne Bedeutung. Dies gilt auch für den in der Begründung des angefochtenen Bescheides wiedergegebenen Teil des Gutachtens des Amtssachverständigen für Raumplanung und Baugestaltung vom 13. Mai 1992, weil er sich ebenfalls nur auf die im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht erfaßte Fassadengestaltung und die dem Grunde nach schon vorgesehen gewesenen Balkone bezieht.

Aus dieser Sicht kann demnach dem angefochtenen Bescheid Rechtswidrigkeit nicht angelastet werden.

3. Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, es sei richtig, daß der geplante Balkon an der Nordseite bzw. Nordostseite des Hotels von der ursprünglichen Baubewilligung abweiche. Die konkrete Planabweichung sei jedoch derart gering, daß es sich hiebei weder um "Zu- oder Umbauten oder sonstige wesentliche Änderungen" im Sinne des § 23 Vorarlberger Baugesetz handle. Durch diese Änderungen würden weder Interessen der Sicherheit oder Gesundheit noch Rechte der Nachbarn beeinträchtigt. Auch handle es sich keineswegs um solche Änderungen, wodurch das Aussehen des Gebäudes wesentlich geändert werde. Darüber hinaus habe sich der Balkon an der Nordseite des Hotels zum Zeitpunkt der verfügten Baueinstellung ohnehin noch im Planungsstadium befunden. Die Behörde habe daher entgegen der Bestimmung des § 40 Vorarlberger Baugesetz die Baueinstellung zu Unrecht verfügt.

Mit diesem Beschwerdevorbringen ist die Beschwerdeführerin

-

ungeachtet der Fragestellung, ob sich der Balkon im Zeitpunkt der verfügten Baueinstellung noch im Planungsstadium befunden hat oder nicht - im Ergebnis jedenfalls im Recht. Zwar ist an der Bewilligungspflicht des Balkons gemäß § 23 Abs. 1 lit. b leg.cit. in Verbindung mit § 23 Abs. 4 lit. a und b leg.cit. nicht zu zweifeln, weil die Errichtung eines Balkons offensichtlich das Aussehen des Gebäudes im Sinne des § 23 Abs. 4 lit. a leg.cit. ändert bzw. offensichtlich auch unter dem Gesichtspunkt bewilligungspflichtig ist, daß ein zusätzlicher Balkon Interessen der Sicherheit im Sinne des § 23 Abs. 4 lit. b leg.cit. beeinträchtigen kann, sodaß dabei jedenfalls eine sonstige wesentliche Änderung im Sinne des § 23 Abs. 1 lit. b leg.cit. vorliegt. Weiters handelt es sich bei diesem zusätzlichen Balkon um eine bewilligungspflichtige Planabweichung nach § 39 Abs. 1 lit. b leg.cit., die mit dem Baubewilligungsbescheid vom 8. September 1987 deshalb in einem inneren Zusammenhang steht, weil nach den im Verwaltungsakt befindlichen Plänen der Bereich, wo der zusätzliche Balkon errichtet werden soll, von der Baubewilligung vom 8. September 1987 erfaßt war und in einem funktionellen Zusammenhang mit den bewilligten Zu- und Umbauten an der Nordseite des bestehenden Gebäudes stand (vgl. dazu neuerlich das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1996).

Im Falle von nach § 23 Abs. 1 lit. b des Vorarlberger Baugesetzes bewilligungspflichtigen Planabweichungen ist aber

-

und hier entgegen der Auffassung der belangten Behörde, die im Beschwerdefall § 40 Abs. 1 leg.cit. für anwendbar hält - gemäß § 40 Abs. 2 leg.cit. in Verbindung mit § 39 Abs. 1 lit. b leg.cit. zunächst die "Behebung des Mangels zu verfügen und hiefür eine angemessene Frist festzusetzen". Erst wenn "dieser Verfügung nicht entsprochen (wird), ist nach Abs. 1 vorzugehen", also die Baueinstellung zu verfügen. Die Behörde erster Instanz hat demgegenüber - offenbar davon ausgehend, es handle sich um keine bewilligungspflichtigen Planabweichungen gemäß § 39 Abs. 1 lit. b leg.cit, sondern um bewilligungslose Vorhaben nach § 39 Abs. 1 lit. a leg.cit. (Bauen ohne Baubewilligung) -, gestützt auf § 40 Abs. 1 leg.cit., sofort die Einstellung der Arbeiten verfügt; die belangte Behörde hätte daher den Bescheid erster Instanz schon deshalb ersatzlos zu beheben gehabt, weil im Beschwerdefall eine sofortige Baueinstellung nach § 40 Abs. 2 leg.cit. rechtswidrig ist.

Aus diesem Grund erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

4. Schließlich bringt die Beschwerdeführerin vor, die (erstinstanzliche) Behörde ordne im Spruch II. bescheidmäßig die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes an, obwohl eine derartige Androhung keinen Bescheid darstelle bzw. nicht in Bescheidform zu erfolgen habe. Die Auffassung der belangten Behörde sei nicht nachvollziehbar, weshalb die unter Punkt II. des Spruches normierte Androhung "selbstverständlich" nicht als Bescheid zu qualifizieren sei und es sich hiebei lediglich um eine Mitteilung handle. Im Hinblick darauf, daß die Androhung unter Punkt II. unmißverständlich im Spruch bescheidmäßig erfolgt sei, sei für die Beschwerdeführerin keineswegs erkennbar gewesen, daß Punkt II. im Gegensatz zum Punkt I. nicht ein Bescheid, sondern lediglich eine Mitteilung darstellen sollte. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde sei der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B. vom 5. November 1991 daher sehr wohl mit Rechtswidrigkeit belastet, da entgegen § 41 Vorarlberger Baugesetz die Androhung der Wiederherstellung in Bescheidform ausgesprochen worden sei. Darüber hinaus könne nach Ansicht der Beschwerdeführerin eine derartige Androhung im Zusammenhang mit einer erfolgten Baueinstellung erst dann erfolgen, wenn über diese rechtskräftig entschieden worden sei. Die belangte Behörde hätte deshalb den erstinstanzlichen Bescheid aufheben müssen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem bereits mehrfach zitierten Erkenntnis vom 25. Jänner 1996 zum vergleichbaren Beschwerdevorbringen derselben Beschwerdeführerin festgestellt hat, kann die Frage, ob eine Androhung gemäß § 41 Abs. 1 Vorarlberger Baugesetz in Bescheidform nicht als Bescheid zu qualifizieren wäre, dahingestellt bleiben, da die Beschwerdeführerin durch einen solchen in erster Instanz erfolgten bescheidmäßigen Abspruch betreffend die bloße Androhung einer Rechtsfolge mangels einer unmittelbaren normativen Wirkung eines solchen Ausspruches (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 9. Februar 1970, Zl. 1808/86) jedenfalls in keinen Rechten verletzt sein kann. Auch der in Beschwerde gezogene Bescheid, der in dieser Hinsicht ausschließlich die Aufrechterhaltung der erstinstanzlichen Erledigung zum Inhalt hat, ist daher nicht geeignet, in die Rechtssphäre der Beschwerdeführerin einzugreifen. Der Beschwerdeführerin kommt daher mangels Rechtsverletzungsmöglichkeit diesebezüglich keine Beschwerdelegitimation zu, sodaß die Beschwerde insoweit, als sie die "bescheidförmige" Androhung der Verfügung der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes gemäß § 41 Abs. 1 leg.cit. bekämpft, gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen ist. Es braucht daher auf das diesbezügliche weitere Beschwerdevorbringen nicht näher eingegangen zu werden.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Androhungen Aufforderung Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete Baurecht Planungswesen Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidbegriff Allgemein Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Besondere Rechtsgebiete Gemeinderecht und Baurecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1992060133.X00

Im RIS seit

13.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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