TE Vwgh Erkenntnis 1996/4/26 94/17/0378

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Veröffentlicht am 26.04.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
BAO §289 Abs1;
VwGG §42 Abs2 lita;
VwGG §42 Abs2 Z1 impl;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der U in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 28. Juni 1994, Zl. II/1-BE-617-269/2-94, betreffend Abfallgebühren (mitbeteiligte Partei: Gemeindeabfallwirtschaftsverband Horn, vertreten durch den Obmann), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit Schreiben vom 21. Oktober 1993 wurde der Beschwerdeführerin eine Gebührenvorschreibung für das VIERTE QUARTAL 1993 für Abfallwirtschaftsgebühr und Abfallwirtschaftsabgabe vom Obmann des Gemeindeabfallwirtschaftsverbandes Horn übermittelt. Auf Grund eines als Berufung gewerteten dagegen erhobenen Einspruches der Beschwerdeführerin erging eine Berufungsvorentscheidung des Obmannes des Gemeindeabfallwirtschaftsverbandes Horn vom 18. November 1993, mit welcher der Berufung "nicht stattgegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt" wurde. Begründet wurde diese Entscheidung damit, daß gegen eine Gebührenvorschreibung oder eine Mahnung eine Berufung nicht zulässig sei. Eine Berufung könnte nur gegen einen Bescheid eingebracht werden; da dies nicht der Fall sei, seien die "Einsprüche" ZURÜCKZUWEISEN. Gegen diese Entscheidung brachte die Beschwerdeführerin neuerlich einen Einspruch ein, welcher als Vorlageantrag gewertet wurde. Auf Grund dieses Vorlageantrages erging die Berufungsentscheidung des Vorstandes des Gemeindeabfallwirtschaftsverbandes Horn vom 8. März 1994, mit welchem die Berufung abgewiesen wurde. Da die Gebührenvorschreibung eine formlose Lastschriftanzeige darstelle, sei die Berufung mit dem Bescheid vom 18. November 1993 zutreffend als unzulässig zurückgewiesen worden. Da somit der als Berufungsvorentscheidung bezeichnete Bescheid rechtmäßig sei, sei die Berufung vom 27. Dezember 1993 als unbegründet abzuweisen gewesen.

2. Mit Schreiben vom 20. Jänner 1994 wurde der Beschwerdeführerin vom Obmann des Gemeindeverbandes Horn für das ERSTE QUARTAL 1994 eine Abfallwirtschaftsgebühr und Abfallwirtschaftsabgabe in der Höhe von S 4.080,43 vorgeschrieben. Mit Schreiben vom 22. Februar 1994 erhob die Beschwerdeführerin Einspruch gegen diese Vorschreibung. Über diesen als Berufung gewerteten Einspruch erging die Entscheidung des Obmannes des Gemeindewirtschaftsverbandes Horn vom 8. März 1994. Mit diesem Bescheid wurde die Berufung dem Spruch zufolge "abgewiesen", in der Begründung wird jedoch ausgeführt, daß gemäß § 203 Abs. 1 lit. a NÖ Abgabenordnung 1977 der Bürgermeister als Abgabenbehörde über UNZULÄSSIGE BERUFUNGEN zu entscheiden habe. Der Obmann des Gemeindeabfallwirtschaftsverbandes Horn entspreche nach dem Niederösterreichischen Gemeindeverbandsgesetz dem Bürgermeister. Da die Gebührenvorschreibung in Form einer Lastschriftanzeige erfolgt sei, sei eine Berufung dagegen nicht zulässig.

3. Gegen die unter 1. und 2. genannten Bescheide vom 8. März 1994 DES VORSTANDES des Gemeindeabfallwirtschaftsverbandes Horn (betreffend die Gebührenvorschreibung für das dritte Quartal 1993) UND DES OBMANNES des Gemeindeabfallwirtschaftsverbandes Horn (betreffend die Gebührenvorschreibung für das erste Quartal 1994) erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung in Spruchpunkt 1. hinsichtlich der Entscheidung für das erste Quartal 1994 abgewiesen und unter Spruchpunkt 2. hinsichtlich der Entscheidung betreffend das vierte Quartal 1993 zurückgewiesen. Begründend führt die belangte Behörde aus, daß gegen Entscheidungen des Obmannes eines Gemeindeverbandes als erste Instanz der Rechtszug an den Vorstand des Gemeindeverbandes als zweite Instanz (§ 9 Abs. 5 Z. 3 NÖ Gemeindeverbandgesetz) offen stehe. Ungeachtet der Rechtsmittelbelehrung im Bescheid des Obmannes des Gemeindeverbandes sei daher diesbezüglich der gemeindeverbandsinterne Instanzenzug noch nicht ausgeschöpft. Daraus folge, daß die Vorstellung als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei. Im übrigen wird ausgeführt, daß die Gebührenvorschreibungen in beiden Verfahren formlose Schreiben darstellten und keine Bescheide. Rechtsmittel gegen Erledigungen, die nicht in Bescheidform ergangen seien, seien unzulässig und daher zurückzuweisen. Hinsichtlich des Spruchpunktes 2 (Bescheid des Vorstandes des Gemeindeabfallwirtschaftsverbandes Horn) wird ausgeführt, daß der Vorstand die Unzulässigkeit der Berufung vom 27. Dezember 1993 wegen Fehlens eines anfechtbaren Bescheides der ersten Instanz erkannt habe und daher diese Berufung zurückweisen habe wollen. Im Ergebnis erwiesen sich somit beide angefochtenen Bescheide vom 8. März 1994 als rechtsrichtig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der nach Darstellung jenes Sachverhaltes, der Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides zugrundeliegt (Ausführungen zum zweiten Verfahren fehlen, es wird aber der angefochtene Bescheid nicht eingeschränkt, sondern zur Gänze bekämpft) der Antrag gestellt wird, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. In der Begründung der Beschwerde wird ausgeführt, daß die Berufungsentscheidungen "des Gemeindeabfallwirtschaftsverbandes Horn" jeweils vom 8. März 1994 Bescheidcharakter hätten. Mit diesen Bescheiden hätten die Gebührenvorschreibungen vom 28. Oktober 1993 und 31. Jänner 1994 Bescheidcharakter erlangt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Zu Spruchpunkt 1:

Unter Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides wird die Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Obmannes des Gemeindeverbandes Horn vom 8. März 1994 betreffend die Gebührenvorschreibung für das erste Quartal 1994 abgewiesen. Wie sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides jedoch ergibt, wollte die belangte Behörde die Vorstellung gegen den Bescheid des Obmannes des Gemeindeabfallwirtschaftsverbandes Horn als unzulässig zurückweisen, da der Instanzenzug noch nicht erschöpft sei.

Entsprechend der hg. Judikatur schadet die Wortwahl im Spruch eines Bescheides (Abweisung statt Zurückweisung) dann nicht, wenn sich der Fehler als ein Vergreifen im Ausdruck darstellt (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 560/207 bis 210, wiedergegebene Rechtsprechnung). Ein solches Vergreifen im Ausdruck ist im Hinblick auf die Begründung des angefochtenen Bescheides im Beschwerdefall gegeben (vgl. für den Fall der Abweisung an Stelle einer Zurückweisung auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. Juni 1994, B 1219/93,

B 1698/93 und B 397/94). Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde hat die dem Verfahren zugrundeliegende Gebührenvorschreibung vom 31. Jänner 1994 auch durch die Zurückweisung der Berufung gegen diese Vorschreibung durch den Obmann des Gemeindeverbandes nicht Bescheidcharakter erlangt, erfolgte doch die Zurückweisung der Berufung gerade mit der Begründung, daß KEIN BESCHEID vorliege. Im Hinblick auf ein entsprechendes Beschwerdevorbringen ist auch darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde den Bescheidcharakter der Entscheidung des Obmannes des Gemeindeabfallwirtschaftsverbandes Horn keineswegs bezweifelt hat. Die Zurückweisung der Vorstellung gegen den Bescheid des Obmannes des Gemeindeverbandes erfolgte nicht wegen des Mangels des Bescheidcharakters, sondern wegen der Nichterschöpfung des Instanzenzuges innerhalb des Gemeindeverbandes. Zu den Ausführungen in der Beschwerde betreffend die Exekutionsführung aufgrund eines Rückstandsausweises ist der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, daß der Titel für eine solche Exekution der Rückstandsausweis ist (und nicht die Gebührenvorschreibung, die im gegenständlichen Verwaltungsverfahren in Rede stand). Die Gebührenvorschreibung, gegen die sich die Beschwerdeführerin wendete, entfaltet auch keine Rechtskraft für den von ihr genannten Rückstandsausweis. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen ist daher nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

2. Zu Spruchpunkt 2:

Mit Spruchpunkt 2 wird die Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Vorstandes des Gemeindeverbandes Horn vom 8. März 1994 in der Angelegenheit der Gebührenvorschreibung vom 28. Oktober 1993 "zurückgewiesen". Wie sich aus der Sachverhaltsdarstellung und den Ausführungen unter 1. ergibt, unterlief der belangten Behörde bei Abfassung des Spruches insofern ein Irrtum, als sie die Vorstellung gegen den Bescheid des Obmannes des Gemeindeverbandes eigentlich zurückweisen wollte, die Vorstellung gegen den Bescheid des Vorstandes des Gemeindeverbandes jedoch abweisen wollte. Die entsprechenden Begriffe wurden jedoch bei Abfassung des Spruches vertauscht, sodaß unter Spruchpunkt 1 die Vorstellung abgewiesen, unter Spruchpunkt 2 die Vorstellung zurückgewiesen wurde. Es liegt somit im Zusammenhalt mit der Begründung des angefochtenen Bescheides auch hinsichtlich des Spruchpunktes 2 ein Vergreifen im Ausdruck vor. Aus der Begründung des Bescheides ist ersichtlich, daß die belangte Behörde die Vorstellung gegen den Bescheid des Vorstandes des Gemeindeverbandes abweisen wollte.

Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, daß die Zusammenfassung der Entscheidungen über die beiden Vorstellungen den angefochtenen Bescheid rechtswidrig mache, ist auf die ständige hg. Judikatur zu verweisen, derzufolge die Ausfertigung verschiedener Bescheid in ein und demselben Schriftstück zulässig ist (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 12. Mai 1982, Zlen. 81/03/0243, 0244 oder vom 24. Jänner 1990, Zlen. 89/02/0141, 0142).

3. Da somit die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994170378.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

25.11.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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