TE Lvwg Erkenntnis 2022/4/29 LVwG-S-525/001-2021

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Veröffentlicht am 29.04.2022
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Entscheidungsdatum

29.04.2022

Norm

ASVG §33

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin HR Dr. Grassinger über die Beschwerde des B, ***,***, (im Folgenden: Beschwerdeführerin), gegen den Einstellungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 1. März 2021, ***, mit welchem das Verwaltungsstrafverfahren gegenüber Herrn A, (im Folgenden: Beschuldigter), vertreten durch C, ***, ***, wegen Anlastung von zwei Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), eingestellt wurde, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Beschwerdeverhandlung wie folgt:

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Anstelle der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß Bescheid der Bezirksmannschaft Amstetten vom 1. März 2021, ***, wird der Beschuldigte, Herr A, ***, ***, unter gleichzeitiger Aufhebung des bezeichneten Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Amstetten, wegen zwei Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), wie folgt schuldig gesprochen:

Herr A, ***, ***, hat es als eines der gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) zur Vertretung nach außen berufenen Organe der D GmbH mit dem Sitz in ***, ***, zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Dienstnehmerin, ausgehend vom bezeichneten Firmensitz in ***, *** (Tatort),

1. Herrn E, geboren *** und

2. Herrn F, geboren ***

jeweils vom 12. August 2019 (Arbeitsantritt) bis zumindest am 15. August 2019 (finanzpolizeiliche Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei, Team ***) auf der Baustelle „Neubau Wohnanlage“ in ***, *** GB-NR: ***, Gst.Nr. ***, als Fliesenleger zu einem Lohn von € 28,-- täglich beschäftigt hat, ohne diese Dienstnehmer jeweils als in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person vor dem Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger, im angelasteten Tatzeitraum: der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse, ***, ***, (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse), angemeldet zu haben.

Herr A hat daher entgegen § 33 Abs. 1 und 1a ASVG die Anmeldung dieser Dienstnehmer zur Pflichtversicherung für den oben angeführten Arbeitszeitraum nicht vor dem Arbeitsantritt erstattet.

Herr A hat dadurch

?    zu Spruchpunkt 1.: eine Übertretung des § 111 Abs. 1 Z 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955 idF

BGBl. I Nr. 113/2015 IVm § 33 Abs. 1 und Abs. 1a ASVG, BGBl. Nummer 189/1955 idF BGBl. I Nr. 44/2016 und

?     zu Spruchpunkt 2.: eine Übertretung des § 111 Abs. 1 Z 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955 idF

BGBl. I Nr. 113/2015 IVm § 33 Abs. 1 und Abs. 1a ASVG, BGBl. Nummer 189/1955 idF BGBl. I Nr. 44/2016,

begangen.

Es wird daher über Herrn A gemäß § 111 Abs. 2 iVm Abs. 1 Z 1 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idF BGBl. I Nr. 113/2015 iVm § 20 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991), BGBl. Nr. 52/1991,

?    zu Spruchpunkt 1.: eine Geldstrafe in der Höhe von € 365,-- verhängt und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 56 Stunden angedroht und

?     zu Spruchpunkt 2. eine Geldstrafe in der Höhe von € 365,-- verhängt und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 56 Stunden angedroht.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Rechtsgrundlage:

§ 50 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)

§ 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) iVm

Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 01.03.2021, ***, wurde das gegen den Beschuldigten zum Strafantrag des Finanzamtes *** vom 27.08.2019, FA-GZ: ***, eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren wegen zwei angelasteter Übertretungen des § 111 Abs. 1 Z 1 iVm § 33 Abs. 1 und Abs. 1a ASVG gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG 1991 eingestellt.

Das B hat gegen diesen Einstellungsbescheid der Behörde fristgerecht Beschwerde erhoben, auf das Überwiegen der Merkmale einer unselbstständigen Ausübung der Tätigkeit der spruchgegenständlichen Personen hingewiesen, auf die bisher im Verwaltungsstrafverfahren vor der Behörde ergangenen Stellungnahmen der Beschwerdeführerin verwiesen und eingewendet, dass durch die Behörde nicht berücksichtigt worden sei, dass bereits im Verfahren der ÖGK NÖ ein Verfahren zum sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis der spruchgegenständlichen Personen durchgeführt worden sei, in welchem die in diesem Verfahren erlassene Beschwerdevorentscheidung der Kasse vom 19.12.2019 durch das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 27.08.2020, GZ: ***, bestätigt und die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde.

Weiters verwies die Beschwerdeführerin darauf, dass die außerordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 09.12.2020, ***, zurückgewiesen wurde.

Somit sei auch letztendlich durch Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes ein sozialversicherungspflichtiges Dienstverhältnis erkannt und durch den Beschuldigten am 01.02.2021 eine entsprechende Meldung (laut Beilage: ELDA-Protokoll) bei der ÖGK erstattet worden.

Am 01.02.2021 seien somit die An- und Abmeldungen sowie die monatlichen Beitragsgrundlagennachweise für die spruchgegenständlichen Personen mittels ELDA erstattet worden.

Die Beschwerdeführerin beantragte, der Beschwerde Folge zu geben, den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten zur Einstellung des Verfahrens aufzuheben und eine Bestrafung wegen der Übertretungen des ASVG, wie von der Finanzpolizei mit Strafantrag vom 27.08.2019 beantragt, gegenüber dem Beschuldigten auszusprechen.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat hierzu Entsprechung des § 44 Abs. 1 VwGVG eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt, in welcher anhand des Aktes der Behörde, ***, auf dessen Verlesung die anwesenden Parteienvertreter verzichteten, weiters auf Grund der im Beitragszuschlagsverfahren betreffend die spruchgegenständlichen Personen ergangenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes und des Verwaltungsgerichtshofes gemäß obiger Bezeichnungen, welche den Parteien des Verfahrens im Beitragszuschlagsverfahren jeweils zugestellt wurden und diesen somit bekannt sind, Beweis erhoben wurde.

Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahren war von folgendem, als feststehend anzusehenden Sachverhalt auszugehen:

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.08.2020, GZ: ***, wurde zum identischen Sachverhalt, wie er gegenständlich der rechtlichen Beurteilung zu Grunde zu legen ist, dem vom Beschuldigten nach außen zu vertretenden Unternehmen seitens der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse nach § 113 Abs. 1 iVm Abs. 2 ASVG ein Beitragszuschlag in der Höhe von € 1.400,-- in Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Personen vorgeschrieben, da die Anmeldungen für diese zur Pflichtversicherung als Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 1 Z1 iVm Abs. 2 ASVG vor dem Arbeitsantritt nicht erstattet wurden.

Die dagegen erhobene außerordentliche Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 09.12.2020, ***, zurückgewiesen.

In den Randziffern 5 bis 10 dieses Beschlusses wurde vom Verwaltungsgerichtshof zum auch verfahrensgegenständlich identischen Sachverhalt Folgendes ausgeführt:

„5 Begründend führte das BVwG zusammengefasst aus, die revisionswerbende Partei habe es unterlassen, zwei am 15. August 2019 auf einer von ihr betriebenen Baustelle bei der Verlegung von Fliesen betretene Dienstnehmer vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger zur Pflichtversicherung anzumelden. Die beiden Fliesenleger seien bei ihrer Tätigkeit auf der Baustelle den Kontrollen und Weisungen des Vorarbeiters (Poliers) der revisionswerbenden Partei unterlegen. Sie hätten bloß ihre Arbeitskraft zur Verfügung gestellt. Ein individualisiertes und konkretisiertes Werk sei von ihnen nicht geschuldet gewesen. Letztlich habe es sich um einfache manuelle Tätigkeiten gehandelt, die von den Fliesenlegern in Eingliederung in den Betrieb der revisionswerbenden Partei erbracht worden seien.

6 Die Revision wendet sich unter dem Gesichtspunkt ihrer Zulässigkeit gegen das Vorliegen von Beschäftigungsverhältnissen nach § 4 Abs. 2 ASVG und bringt vor, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob „bei Fliesenlegerarbeiten ein Dienstverhältnis oder ein Werkvertrag“ vorliege.

7 Entgegen diesem Vorbringen besteht eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Abgrenzung zwischen Dienstvertrag und Werkvertrag. Danach kommt es zur Unterscheidung entscheidend darauf an, ob sich jemand auf gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen (den Dienstgeber) verpflichtet. In diesem Fall liegt ein Dienstvertrag vor. Wird die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernommen, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handelt, liegt ein Werkvertrag vor. Dagegen kommt es beim Dienstvertrag primär auf die rechtlich begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers, also auf die Bereitschaft des Dienstnehmers zur Erbringung von Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit, an. Der Werkvertrag begründet in der Regel ein Zielschuldverhältnis. Die Verpflichtung besteht darin, die genau umrissene Leistung - in der Regel bis zu einem bestimmten Termin - zu erbringen. Mit der Erbringung der Leistung endet das Vertragsverhältnis. Das Interesse des Bestellers und die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind lediglich auf das Endprodukt als solches gerichtet (vgl. etwa VwGH 29.1.2020, Ra 2018/08/0028, mwN). Von dieser Rechtsprechung ist das BVwG im vorliegenden Fall ausgegangen. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen, denen die Revision nicht konkret entgegen tritt, ist seine Beurteilung, dass Dienstverträge vorgelegen seien, nicht zu beanstanden.

8 Die Entscheidung über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG ist das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Gesamtabwägung der maßgeblich für bzw. gegen das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sprechenden Umstände und Merkmale. Wurde diese auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen, so ist eine solche einzelfallbezogene Beurteilung im Allgemeinen nicht revisibel. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht diese Gesamtabwägung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa VwGH 9.9.2020, Ra 2020/08/0075).

9 Es entspricht weiters der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, bei einer Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers - in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte - das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden kann. Spricht die Vermutung in diesem Sinn für ein Dienstverhältnis, dann muss die bestreitende Partei ein ausreichend substanziiertes Vorbringen erstatten, aus dem man anderes ableiten könnte (vgl. VwGH 24.7.2018, Ra 2017/08/0045, mwN). Das BVwG ist im vorliegenden Fall im Sinn dieser Rechtsprechung davon ausgegangen, dass das Vorliegen von Beschäftigungsverhältnissen nach § 4 Abs. 2 ASVG zu bejahen sei. Eine Unvertretbarkeit dieser Beurteilung vermag die Revision nicht aufzuzeigen.

10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.“

Der Beschuldigte ist einer der beiden handelsrechtlichen Geschäftsführer der D GmbH mit dem Sitz in ***, *** (Bezirk ***).

Am 15.08.2019, um 15:25 Uhr, führten Organe der Finanzpolizei eine Kontrolle auf einer Baustelle durch und trafen dabei die spruchgegenständlichen Personen beim Verlegen von Fliesen an.

Die spruchgegenständlichen Personen verfügten seit 15.05.2019 jeweils über eine Gewerbeberechtigung für das freie Gewerbe „Hausbetreuung bestehend in der Durchführung einer einfachen Reinigungstätigkeit einschließlich objektbezogener einfacher Wartungstätigkeiten“.

Die spruchgegenständlichen Personen waren im verfahrensgegenständlichen Zeitraum ausschließlich für das vom Beschuldigten nach außen zu vertretende Unternehmen tätig. Die Pläne und Materialien wurden von dem vom Beschuldigten nach außen zu vertretenden Unternehmen beigestellt bzw. geliefert.

Am 01.08.2019 war vom Unternehmen mit der jeweilig spruchgegenständlichen Person ein mit „Werkvertrag“ bezeichneter Vertrag abgeschlossen worden. Vertragsgegenstand waren Fliesenlege-, Abdichtungs-, Silikon- und Regiearbeiten sowie Sonstiges.

Werkzeug, Arbeitskleidung, Unterkunft und Verpflegung wurden von den spruchgegenständlichen Personen jeweils selbst bezahlt. Sie verfügten in Österreich nicht über eine Betriebsstätte und arbeiteten durchschnittlich sechs bis acht Stunden pro Tag zu einem Stundenlohn in der Höhe von € 28,--. Die Verrechnung erfolgte nach Beendigung des Auftrages nach Stunden.

Für den Zeitraum vom 08.08.2019 bis 19.08.2019 stellten die spruchgegenständlichen Personen jeweils eine Teilrechnung in der Höhe von € 2.500,-- und für den Zeitraum vom 20.08.2019 bis 10.09.2019 jeweils eine Teilrechnung in der Höhe von € 2.000,-- an das vom Beschuldigten zu vertretende Unternehmen aus.

Die spruchgegenständlichen Personen unterlagen Kontrollbefugnissen des vom Beschuldigten nach außen zu vertretenden Unternehmens bzw. dessen Angestellter. Die spruchgegenständlichen Personen haben sich nicht vertreten lassen bzw. wurde eine Vertretungsbefugnis nicht vereinbart. Andere Einkünfte als jene aus der Tätigkeit für das vom Beschuldigten nach außen zu vertretende Unternehmen bezogen die spruchgegenständlichen Personen nicht.

Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergab sich aus dem Akt der Behörde, den von den spruchgegenständlichen Personen am 15.08.2019 ausgefüllten Fragebögen der Finanzpolizei (in ungarischer Sprache) sowie aus der Fragebogenbeantwortung in ungarischer Sprache, welche die Finanzbehörde übersetzen hat lassen.

Gemäß den von den spruchgegenständlichen Personen ausgefüllten Fragebögen gaben diese übereinstimmend an, dass sie ausschließlich für das vom Beschuldigten nach außen zu vertretende Unternehmen tätig waren.

Gemäß den Bezug haben, vom Unternehmen vorgelegten Verträgen mit einem anderen Auftraggeber wurden die diesbezüglichen Arbeiten in einem Leistungszeitraum von August bis Oktober 2019 ausgeführt, weshalb davon auszugehen war, dass die spruchgegenständlichen Personen im Bezug habenden, verfahrensgegenständlichen Zeitraum lediglich für das vom Beschuldigten nach außen zu vertretende Unternehmen tätig wurden.

Ein Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der von den spruchgegenständlichen Personen ausgefüllten Fragebögen bestand nicht.

Aus den Angaben der spruchgegenständlichen Personen im Fragebogen ergaben sich die Feststellungen zu den Betriebsmitteln bzw. den Arbeitsmitteln und wurde auch in den Verträgen vom 01.08.2019 festgehalten, dass das Material von dem vom Beschuldigten nach außen zu vertretenden Unternehmen bereitgestellt wurde.

Die Verrechnung der Arbeitsleistungen nach Stunden ergab sich aus den Antworten der spruchgegenständlichen Personen zu den diesbezüglichen Fragen im Fragebogen. Dass die spruchgegenständlichen Personen der Kontrolle durch das vom Beschuldigten nach außen zu vertretende Unternehmen unterlagen, ergab sich ebenfalls aus den Bezug habenden Antworten zum Fragebogen.

In rechtlicher Hinsicht wurde hierüber erwogen:

§ 33 Abs. 1 und 1a ASVG:

(1) Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

(1a) Der Dienstgeber hat die Anmeldeverpflichtung so zu erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben-Anmeldung) und

2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

Gemäß § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder nach § 42 Abs. 1 auskunftspflichtige Person oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

Gemäß § 111 Abs. 2 ASVG ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar – mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2 180 €, im Wiederholungsfall von 2 180 € bis zu 5 000 €,

– bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

Gemäß § 539a Abs. 1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z.B. Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

Bei der Prüfung der Versicherungspflicht nach § 4 ASVG ist die vertragliche Gestaltung der Beschäftigung in die Beurteilung des Gesamtbildes derselben einzubeziehen, wobei entscheidend bleibt, ob bei der tatsächlichen (und nicht bloß bei der vereinbarten) Beschäftigung im Rahmen der Beurteilung des Gesamtbildes derselben die Kriterien persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit überwiegen (vgl. VwGH 2007/08/0179 mit Hinweis auf 88/08/0269).

Wird jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen, das heißt arbeitend, unter solchen Umständen angetroffen, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern nicht atypische Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Spricht also die Vermutung für ein Dienstverhältnis, dann muss die dies bestreitende Partei ein ausreichend substantiiertes Vorbringen erstatten, aus dem man anderes ableiten könnte (vgl. VwGH vom 16.11.2011, Zl. 2008/08/0262, vom 19.12.2012,

Zl. 2012/08/0165 und vom 15.05.2013, Zl. 2011/08/0130 u.a.).

Bei einer Verwendung für Hilfsleistungen, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und ihre Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum erlauben (wie gegenständlich: Fliesenlege-, Abdichtungs-, Silikon- und Regiearbeiten) und welche typischerweise den Inhalt eines Dienstverhältnisses bilden, kann in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte vom Vorliegen einer der Meldepflicht nach dem ASVG unterworfenen Beschäftigung ausgegangen werden.

Gemäß der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. VwGH 21.09.2015, Ra 2015/08/0045) kommt es für die Abgrenzung des Dienstvertrages vom freien Dienstvertrag bzw. vom Werkvertrag darauf an, ob sich jemand auf gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen Anderen (den Dienstgeber) verpflichtet (Dienstvertrag) oder ob er die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt (Werkvertrag).

Bei einem Werkvertrag handelt es sich um die Erbringung einer in einem Vertrag individualisierten und konkretisierten Leistung, die eine in sich geschlossene Einheit darstellen muss, während es im Dienstvertrag primär auf die rechtlich begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers, also seine Bereitschaft zur Dienstleistung für eine bestimmte Zeit, ankommt (vgl. VwGH 25.06.2018, Ra 2017/08/0079).

In dem verfahrensgegenständlich zur beabsichtigten Untermauerung eines Werkvertragsverhältnisses vorgelegten Vertrag vom 01.08.2019 wurde der Vertragsgegenstand mit „Fliesenlegearbeiten, Abdichtungsarbeiten, Silikonarbeiten, Regiearbeiten und Sonstiges“ definiert, wozu festzustellen war, dass bereits mit der Bezeichnung und Festlegung dieses „Leistungsgegenstandes“ eine Bewertung der Tätigkeiten der spruchgegenständlichen Personen als Leistungen aus einem Dienstvertrag vorzunehmen war und nicht von der Beschreibung eines in sich abgeschlossenen Werkes.

Die Verwendung des von dem vom Beschuldigten nach außen zu vertretenden Unternehmens beigestellten Materials (auch wenn Arbeitskleidung und Kleinwerkzeug von den spruchgegenständlichen Personen beigestellt wurden), war als weiteres Indiz für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses anzusehen.

Die spruchgegenständlichen Personen schuldeten nach dem Gesamtergebnis der Auswertung der vorliegenden Beweise nicht die Errichtung eines individualisierten und konkretisierten Werkes, sondern die Zurverfügungstellung ihrer Arbeitskraft, und waren dabei der Kontrolle des vom Beschuldigten nach außen zu vertretenden Unternehmens unterworfen.

Die im vorliegenden Fall vorhandenen Gewerbeberechtigungen umfassten nicht die Tätigkeiten des Fliesenlegens und waren im Hinblick auf das erzielte Beweisergebnis nicht als Hinweis auf das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit der spruchgegenständlichen Personen, welche im Übrigen in der Ausführung einfacher manueller Tätigkeiten und Hilfsarbeiten bestand, zu werten.

Die spruchgegenständlichen Personen verwirklichten durch ihre einfachen Fliesenlegearbeiten den Unternehmenszweck des vom Beschuldigten nach außen zu vertretenden Unternehmens im Geschäftszweig Platten- und Fliesenlegegewerbe.

Die spruchgegenständlichen Personen traten am Markt nicht als selbstständige Unternehmer auf. Sie disponierten im Grunde nur über ihre eigene Arbeitskraft und haben sich nicht vertreten lassen. Eine jederzeitige generelle Vertretungsbefugnis der spruchgegenständlichen Personen wurde weder vereinbart noch ausgeübt. Darüber hinaus verfügten die spruchgegenständlichen Personen nicht über eigene Mitarbeiter, die sie gegebenenfalls vertreten hätten können.

Die persönliche Abhängigkeit der spruchgegenständlichen Personen war auf Grund der Kontrollmöglichkeit und Kontrollausübung in Bezug auf die Leistungserbringung und der persönlichen Weisungen durch das vom Beschuldigten nach außen zu vertretende Unternehmen als gegeben anzusehen, wie im Zusammenhang mit einfachen Fliesenlegearbeiten und Hilfstätigkeiten ein ausdrückliches Erteilen von persönlichen Weisungen in engem Konnex mit der Arbeitsausführung auf Grund der Einfachheit der zu verrichtenden Tätigkeiten überdies nicht üblich ist und in diesem Zusammenhang von der Ausübung „einer stillen Autorität“ des vom Beschuldigten nach außen zu vertretenden Unternehmens gegenüber den spruchgegenständlichen Dienstnehmern auszugehen war.

Da die spruchgegenständlichen Personen manuelle (Hilfs-)Tätigkeiten verrichteten, war davon auszugehen, dass sie keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum hatten, zumal die zu bearbeitenden Flächen gemäß Plan von dem vom Beschuldigten nach außen zu vertretenden Unternehmen vorgegeben waren und auf Grund des erzielten Beweisergebnisses darüber hinaus seitens des vom Beschuldigten nach außen zu vertretenden Unternehmens gegenüber den spruchgegenständlichen Personen Kontrollbefugnisse durch Überprüfung des Arbeitsfortschrittes im Abstand von ein bis zwei Tagen bestanden. Auch im zu Grunde liegenden, als Vertragsbasis eingewendeten „Werkvertrag“ vom 01.08.2019 war festgehalten worden, dass sämtliche Leistungen, die von den spruchgegenständlichen Personen ausgeführt wurden, vor deren Erbringung mit dem vom Beschuldigten nach außen zu vertretenden Unternehmen abgestimmt werden mussten.

Die spruchgegenständlichen Personen erhielten für ihre einfachen Fliesenlege- und Hilfsarbeiten ein nach Stunden bestimmtes Entgelt.

Im Hinblick auf den oben wiedergegebenen Sachverhalt war daher davon auszugehen, dass die spruchgegenständlichen Personen sich in einem persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zu dem vom Beschuldigten nach außen zu vertretenden Unternehmen befanden und dass diese, da ein Überwiegen der Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG als gegeben anzusehen war, als Dienstnehmer des vom Beschuldigten nach außen zu vertretenden Unternehmens gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG zu qualifizieren waren.

Das vom Beschuldigten nach außen zu vertretende Unternehmen wäre daher gemäß § 33 Abs. 1 ASVG verpflichtet gewesen, diese Dienstnehmer als in der Krankenversicherung pflichtversicherte (vollversicherte) Personen vor dem Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.

Der Beschuldigte hat somit als eines der nach außen zur Vertretung berufenen strafrechtlich verantwortlichen Organe (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der D GmbH mit dem Sitz in ***, ***, zu verantworten, dass die spruchgegenständlichen Personen vor dem Arbeitsantritt nicht als in der Krankenversicherung vollversicherte pflichtversicherte Personen beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet wurden.

Der Beschuldigte hat das Bestehen eines Kontrollsystems, das Vorfälle, wie die gegenständlichen zu verhindern vermocht hätte, nicht dargelegt bzw. nicht glaubhaft gemacht.

Vom Vorliegen von Schuldausschließungsgründen war nicht auszugehen.

Das erkennende Verwaltungsgericht hatte daher unter Berücksichtigung der oben wiedergegebenen Sach- und Rechtslage festzustellen, dass, dies entgegen den Ausführungen in dem in Beschwerde gezogenen Bescheid der Behörde, der Beschuldigte in Bezug auf beide Dienstnehmer jeweils eine Übertretung des § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG iVm § 33 Abs. 1 und 1a ASVG in objektiver und subjektiver Hinsicht zu verantworten hat.

Es war daher über den Beschuldigten gemäß § 111 Abs. 2 iVm Abs. 1 Z 1 ASVG je Spruchpunkt die spruchgemäß festgesetzte Geldstrafe zu verhängen und die angeführte Ersatzfreiheitsstrafe anzudrohen.

Zum jeweils verhängten Strafausmaß wird auf die untenstehenden Ausführungen verwiesen.

Zur Tatzeitanlastung wird festgestellt, dass die Anlastung des (jedenfalls als erwiesen anzusehenden) Beschäftigungsverhältnisses mit dem Zeitraum vom 12.08.2019 bis zum Zeitpunkt der finanzpolizeilichen Kontrolle am 15.08.2019 gemäß der von der Behörde im Verfahren ergangen Aufforderung zur Rechtfertigung vom 12.08.2019, Zl. AMS2-V-19 81231/5, sich hinsichtlich des Beginnes (an dieser Baustelle) im Auftrag des vom Beschuldigten nach außen zu vertretenden Unternehmens aus dem jeweiligen, von der spruchgegenständlichen Person befüllten Personenblatt ergab.

Der festgelegte Endzeitpunkt des mit der behördlichen Aufforderung zur Rechtfertigung vom 12.08.2019 einer Verfolgung innerhalb der einjährigen Frist für die Verfolgungsverjährung mit dem Datum der Kontrolle zu Grunde gelegten Tatzeitraumes war auf Grund des bereits im Verfahren vor der Behörde erzielten Beweisergebnisses jedenfalls als im tatsächlichen Beschäftigungszeitraum liegend anzusehen, unabhängig von allfälligen faktischen Ausdehnungen des Beschäftigungszeitraumes.

Unbeschadet des Umstandes somit, dass anlässlich der rückwirkenden Anmeldung der spruchgegenständlichen Personen beim zuständigen Sozialversicherungsträger (am 01.02.2021) als Beginn des Tätigkeits- und Versicherungszeitraumes der 08.08.2019 angeführt wurde und sich weiters aus dem Inhalt der Anzeige und der Beantwortung zur Frage 3 laut Fragebogen darüber hinaus ein Arbeitsbeginn mit „15.05.2019“ ergab, war festzustellen, dass ein Tätigkeitszeitraum der spruchgegenständlichen Personen vom 12.08.2019 bis 15.08.2019 jedenfalls als feststehend anzusehen war.

Bei Unterlassungsdelikten (wie gegenständlich: der Nichtmeldung beim zuständigen Sozialversicherungsträger vor Arbeitsantritt) beginnt die Verjährungsfrist mit dem Zeitpunkt, in dem die gebotene, jedoch bis dahin unterlassene Handlung gesetzt worden oder die Verpflichtung zur Vornahme der Handlung weggefallen ist (vgl. VwGH 20.05.2010, Zl. 2008/07/0083).

Ein Unterlassungsdelikt, wie etwa die Unterlassung der Anmeldung vor Arbeitsantritt, ist rechtlich vollendet, sobald die Frist zur Vornahme der gebotenen Handlung (Anmeldung) abgelaufen ist (also mit der Arbeitsaufnahme des Dienstnehmers). Damit entfällt aber nicht die Handlungspflicht im Hinblick auf die weiterhin gebotene Anmeldung des Dienstnehmers (vgl. VwGH vom 06.06.2012, Zl. 2011/08/0368).

Für eine Meldepflichtverletzung nach § 33 ASVG ist eine Tatumschreibung beispielhaft mit den Worten „seit ca. einer Woche (40-50 Stunden) bis zum 07.03.2008“ (vgl. VwGH 06.06.2012, 2011/08/0368) ausreichend, weil deren Strafbarkeit erst mit der Aufnahme der Beschäftigung beginnt und die Meldepflicht dann während des aufrechten Beschäftigungsverhältnisses weiterbesteht.

Eine Doppelbestrafung wegen desselben Delikts ist auch dann ausgeschlossen, wenn der Zeitpunkt der Meldepflichtverletzungen nicht datumsmäßig präzise angegeben wird, solange das Beschäftigungsverhältnis, auf das sich die Pflichtverletzung bezieht, eindeutig bestimmt wird; eine nochmalige Bestrafung wegen der unterlassenen Meldung ist dann in einer Konstellation, wie (auch) der vorliegenden, nicht möglich.

Da somit der Zeitraum des Beschäftigungsverhältnisses, auf das sich die Bezug habende Pflichtverletzung bezog, eindeutig innerhalb der Frist für die Verfolgungsverjährung bestimmt wurde und da weiters die Meldepflicht während des aufrechten Beschäftigungsverhältnisses weiter bestand, war der - tatsächliche - Zeitpunkt der Meldepflichtverletzungen nicht datumsmäßig präzise anzugeben, sondern genügte vielmehr die Angabe eines klar umschriebenen Beschäftigungsverhältnisses nach der (jedenfalls gegebenen) Zeitdauer.

Es lag somit nicht ein innerhalb der Frist für die einjährige Verfolgungsverjährung festzustellender Anlastungsmangel vor, weshalb das erkennende Verwaltungsgericht, nach vorheriger rechtlicher Überprüfung, im Zuge der Stattgabe der gegenständlichen Beschwerde des B die verfügte Bestrafung mit dem bezeichneten Ausspruch in dieser Entscheidung vorzunehmen hatte.

Ein Kostenbeitrag war, da die Beschwerde von der weiteren Partei im Verfahren erhoben wurde, somit ein Straferkenntnis nicht zu bestätigen war (§ 52 VwGVG), dem Beschuldigten nicht vorzuschreiben.

Eine Verkündung der Beschwerdeentscheidung mit wesentlicher Begründung nach der Verhandlung gemäß § 29 VwGVG erfolgte nicht, da der Entscheidung eine umfangreiche Beweiswürdigung und komplexe rechtliche Ausführungen zu Grunde zu legen waren und da die Parteien des Verfahrens auf die Verkündung verzichteten.

Zur Strafhöhe wurde erwogen:

Gemäß § 19 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013 sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der gesetzliche Strafrahmen nach § 111 Abs. 2 ASVG wurde bereits oben wiedergegeben.

Verfahrensgegenständlich ist, da der Beschuldigte (auch) im angelasteten Tatzeitraum unbescholten war, von der Anwendung des ersten strafsatzbestimmenden Falles dieser Bestimmung (€ 730,-- bis zu € 2.180,--) und einer Ersatzfreiheitsstrafe von bis zu zwei Wochen auszugehen.

Als mildernd war die Unbescholtenheit des Beschuldigten zu werten.

Als weiterer Milderungsgrund war die seit der Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens vom Beschuldigten nicht zu vertretende lange Verfahrensdauer zu werten.

Gemäß § 20 VStG 1991 kann, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist, die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.

Da verfahrensgegenständlich im Hinblick auf das Vorliegen des Milderungsgrundes der Unbescholtenheit und der langen Verfahrensdauer vom Vorliegen von zwei Milderungsgründen auszugehen war, welchen ein Erschwerungsgrund nicht gegenüberstand, war vom Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung des außerordentlichen Strafmilderungsrechtes gemäß § 20 VStG 1991 auszugehen.

Dem Beschuldigten ist fahrlässiges Verhalten anzulasten. Als außen vertretungsbefugtem Organ einer juristischen Gesellschaft sind ihm die Kenntnis der einschlägigen Bestimmungen des ASVG sowie ein entsprechend normkonformes Verhalten bzw. bei Unklarheiten die Einholung von Erkundigungen bei den hierfür zuständigen Stellen zuzumuten.

Das erkennende Gericht hatte daher zu Spruchpunkte 1. und 2. eine Strafe in Anwendung des § 20 VStG 1991 in Verbindung mit der zitierten Strafnorm auszusprechen.

Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass die verhängten Geldstrafen und die angedrohten Ersatzfreiheitsstrafen geeignet sind, dem Beschwerdeführer den Unrechtsgehalt der Taten, der in einer Unterwanderung des österreichischen Arbeitsmarktes bestand, vor Augen zu führen, ihn in Hinkunft von der Begehung gleichartiger strafbarer Handlungen abzuhalten, zu einer sorgfältigen Beachtung der einschlägigen gesetzlichen Normierungen anzuleiten und (gerade noch) generalpräventive Wirkung zu erzeugen.

Eine Anwendung des § 111 Abs. 2, letzter Satz, ASVG hatte nicht zu erfolgen, da die Folgen der Taten nicht als unbedeutend anzusehen waren.

Durch die Nichtanmeldung der Beschäftigten vor deren Arbeitsaufnahme wurde überdies eine Beeinträchtigung der Schutzrechte dieser Dienstnehmer vom Beschuldigten herbeigeführt.

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 Verwaltungsstrafgesetz idF BGBl. I Nr. 33/2013 hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Ziffer 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Da die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes gegenständlich nicht gering war und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Taten und das Verschulden des Beschuldigten nicht gering waren, kam eine Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 bzw. die Erteilung einer Ermahnung nicht in Betracht.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Sozialversicherungsrecht; Verwaltungsstrafe; Dienstnehmer; Meldepflicht; Tatumschreibung; Tatzeit;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.S.525.001.2021

Zuletzt aktualisiert am

03.06.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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