TE Vwgh Erkenntnis 1996/4/26 96/17/0089

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Veröffentlicht am 26.04.1996
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Index

L10013 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt
Niederösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §73 Abs2;
B-VG Art118;
B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art130 Abs1;
B-VG Art132;
GdO NÖ 1973 §91 Abs3;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/17/0090

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der U in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 6. Februar 1996, Zl. II/1-BE-617-269/5-96, betreffend Abweisung eines Devolutionsantrages und wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit einer Müllgebühr,

Spruch

1. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird, soweit sie die Entscheidungspflicht bezüglich des Antrages vom 8. November 1993 auf Zustellung von Bescheiden betreffend die MÜLLGEBÜHR geltend macht, zurückgewiesen und

2. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Zurückweisung des Devolutionsantrages vom 27. Dezember 1995 hinsichtlich der Zustellung von Bescheiden betreffend die MÜLLGEBÜHR bezieht, als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin bekämpft mit der hinsichtlich der Frage der MÜLLGEBÜHR zu den Zlen. 96/17/0089 und 96/17/0090 protokollierten Beschwerde einerseits den mit der Beschwerde in Kopie vorgelegten Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 6. Februar 1996, Zl. II/1-BE-617-269/5-96, mit welchem ein Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin als unzulässig zurückgewiesen wird, andererseits die Säumnis der Niederösterreichischen Landesregierung mit der Entscheidung über die Anträge der Beschwerdeführerin vom 8. November 1993 auf Zustellung von Bescheiden für die MüllentsorgungsGEBÜHREN für das Haus der Beschwerdeführerin für die Jahre 1992 und 1993 und die Zustellung der Bescheide hinsichtlich der Entfernung einer größeren Restmülltonne (in dieser letzteren Beziehung fällt die Behandlung der Beschwerde in die Zuständigkeit des Senates 07 und wird daher diesbezüglich zur hg. Zahl 96/07/0068 ein eigenes Verfahren geführt).

Aus der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Kopie des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender maßgeblicher Sachverhalt:

Am 8. November 1993 beantragte die Beschwerdeführerin beim Abfallwirtschaftsverband Horn, man möge ihr die Bescheide über die Müllentsorgungsgebühren für ihr Haus für die Jahre 1992 und 1993 zustellen. Darüber hinaus ersuchte sie um die Übermittlung jenes Bescheides, der die "Einziehung der großen 240 l-Restmülltonne spruchgemäß vorgeschrieben" habe.

Nachdem über diesen Antrag nicht entschieden wurde, stellte die Beschwerdeführerin einen Devolutionsantrag an den Vorstand des Abfallwirtschaftsverbandes. Nachdem auch dieser keine Entscheidung traf, stellte die Beschwerdeführerin einen weiteren Devolutionsantrag bei der Bezirkshauptmannschaft Horn. Diese leitete den Antrag mit Schreiben vom 11. Jänner 1996 zuständigkeitshalber an die belangte Behörde weiter.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde "über den von Frau U, in W, eingebrachten Devolutionsantrag vom 27. Dezember 1995 wegen Verletzung der Pflicht des Verbandsvorstandes des Gemeindeabfallwirtschaftsverbandes Horn zur Entscheidung über den Antrag von Frau U vom 8. November 1993" und wies den Antrag gemäß § 91 Abs. 3 NÖ Gemeindeordnung 1973, LGBl. Nr. 1000-8, in Verbindung mit § 31 Abs. 3 NÖ Gemeindeverbandsgesetz, LGBl. Nr. 1600-3, als unzulässig zurück.

Begründend führt die belangte Behörde aus, daß die Beschwerdeführerin geltend mache, daß der Gemeindeabfallwirtschaftsverband Horn über ihren Antrag vom 8. November 1993 nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten entschieden habe. Mit dem Schreiben vom 8. November 1993 habe die Beschwerdeführerin beantragt, man möge ihr Bescheide hinsichtlich der Müllentsorgungsgebühren für die Jahre 1992 und 1993 und bezüglich der Einziehung der großen

240 l-Restmülltonne zustellen. Nach Darstellung der von der Beschwerdeführerin gestellten Devolutionsanträge wird ausgeführt, daß gemäß § 31 Abs. 3 NÖ Gemeindeverbandsgesetz die Bestimmungen des IV. Haupstückes der NÖ Gemeindeordnung 1973 betreffend die Aufsicht über die Gemeinden auf Gemeindeverbände sinngemäß Anwendung fänden; gemäß § 91 Abs. 3 NÖ Gemeindeordnung 1973 sei die Aufsichtsbehörde zur Erlassung von Bescheiden anstelle säumiger Gemeindeorgane nicht berufen. Die Aufsichtsbehörde sei daher ex lege nicht berechtigt, anstelle des Verbandsvorstandes des Gemeindeabfallwirtschaftsverbandes Entscheidungen zu treffen. Der Devolutionsantrag sei daher unzulässig.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu 1. gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. a VwGG und zu 2. gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat erwogen:

1. Zur Säumnisbeschwerde:

Aus der obigen Sachverhaltsdarstellung ergibt sich, daß mit dem angefochtenen Bescheid der Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin vom 27. Dezember 1995 sowohl hinsichtlich des Antrages auf Zustellung der Müllgebührenbescheide als auch hinsichtlich des Antrages auf Zustellung des Bescheides betreffend die Einziehung der großen 240 l-Restmülltonne erledigt wurde.

Aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin ergibt sich somit, daß eine Säumnis der in der Beschwerde auch hinsichtlich der Säumnisbeschwerde als belangte Behörde bezeichneten Niederösterreichischen Landesregierung nicht gegeben ist. Der in Kopie vorgelegte Bescheid weist alle Bescheidmerkmale auf und wurde der Beschwerdeführerin nach ihren Angaben am 8. Februar 1996 zugestellt, sodaß er auch ihr gegenüber erlassen wurde. Er erledigt (durch Zurückweisung) den von der Beschwerdeführerin (auch) bezüglich des die Müllgebühren betreffenden Antrages vom 8. November 1993 eingebrachten Devolutionsantrag. Die belangte Behörde ist daher der ihr aus dem Devolutionsantrag erwachsenden Entscheidungspflicht nachgekommen.

Wenngleich es zutrifft - wie in der Beschwerde ausgeführt wird -, daß seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates Slg. Nr. 9458 A/1977 in derselben Sache sowohl eine Bescheidbeschwerde als auch eine Beschwerde, mit der die Verletzung der Entscheidungspflicht geltend gemacht wird, erhoben werden kann, ergibt sich daraus noch nicht die Zulässigkeit BEIDER Beschwerden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem genannten Erkenntnis eines verstärkten Senats ausgeführt hat, handelt es sich in einem Fall wie dem vorliegenden um die Einbringung je einer Beschwerde nach Art. 131 B-VG und einer Beschwerde nach Art. 132 B-VG. Es sei in einem solchen Fall aber zwingend eine der Beschwerden zurückzuweisen, weil Säumigkeit der belangten Behörde nicht vorliegen kann, wenn eine möglicherweise rechtswidrige Erledigung der belangten Behörde in derselben Sache ergangen ist, und weil ein Bescheid dann nicht vorliegen kann, wenn die Säumigkeit der belangten Behörde gegeben ist.

Soweit in der Beschwerde geltend gemacht wird, daß die belangte Behörde, sollte sie tatsächlich unzuständig sein, den Bescheid (gemeint: den Antrag) an die zuständige Behörde weiterleiten hätte müssen, so ist dazu auf folgendes hinzuweisen:

Durch die Zurückweisung des Devolutionsantrages liegt eine Entscheidung der belangten Behörde vor, sodaß die Erhebung einer Säumnisbeschwerde jedenfalls unzulässig ist. Wie sich im übrigen aus den Ausführungen zur Bescheidbeschwerde unter 2. ergibt, war die Entscheidung der belangten Behörde auch nicht rechtswidrig.

2. Zur Bescheidbeschwerde:

Mit dem Antrag vom 27. Dezember 1995 machte die Beschwerdeführerin die Säumnis des Vorstandes des Gemeindeabfallwirtschaftsverbandes Horn mit der Entscheidung über ihren Antrag vom 8. November 1993 geltend. Der Antrag betraf eine Angelegenheit der Müllgebühren. Die gesetzliche Grundlage für die Einhebung der Abfallwirtschaftsgebühr und Abfallwirtschaftsabgabe durch die Gemeinden in Niederösterreich ergibt sich aus §§ 23 ff Nö Abfallwirtschaftsgesetz, LGBl. 8240-0. Gemäß § 32 dieses Gesetzes sind die in diesem Gesetz geregelten Aufgaben solche des eigenen Wirkungsbereiches. Die Zuständigkeit der Organe des Gemeindeabfallwirtschaftsverbandes Horn ergibt sich aus § 3 der Satzung des Gemeindeabfallwirtschaftsverbandes Horn, LGBl. Nr. 1600/92-1, dem zufolge dem Gemeindeverband aus dem eigenen Wirkungsbereich der verbandsangehörigen Gemeinden die Vollziehung des NÖ Abfallwirtschaftsgesetzes 1992, LGBl. 8240, obliegt. Gemäß § 31 Abs. 3 des NÖ Gemeindeverbandsgesetzes sind die Bestimmungen des IV. Hauptstückes der NÖ Gemeindeordnung 1973, betreffend die Aufsicht über die Gemeinden (mit bestimmten taxativ aufgezählten Ausnahmen), sinngemäß auch auf Gemeindeverbände anzuwenden. Es ist daher das vierte Hauptstück der Gemeindeordnung betreffend die "Aufsicht über die Gemeinden" in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde aus dem Bereich der Landesvollziehung anzuwenden (vgl. § 85 Abs. 2 NÖ Gemeindeordnung LGBl 1000-8).

Die belangte Behörde hat nun zutreffend darauf hingewiesen, daß gemäß § 91 Abs. 3 Nö Gemeindeordnung - verfassungskonformer Weise - die Aufsichtsbehörde nicht zur Erlassung von Bescheiden anstelle säumiger Gemeindeorgane berufen ist (vgl. allgemein Art. 119a B-VG hinsichtlich der Befugnisse der Aufsichtsbehörden und die ständige hg. Rechtsprechung zur Frage, ob die Aufsichtsbehörde sachlich in Betracht kommende Oberbehörde gegenüber den Gemeindebehörden in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches sei, z.B. die Erkenntnisse vom 18. September 1967, Zl. 1304/67, vom 28. September 1993, Zl. 93/12/0118 oder VwSlg. 9590 A/1974).

Ungeachtet der Frage, ob auch bereits die Bezirkshauptmannschaft Horn, bei der der gegenständliche Devolutionsantrag zunächst eingebracht worden war, zur Zurückweisung des Antrages berechtigt bzw. verpflichtet gewesen wäre, liegt somit jedenfalls keine Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung in der Sache auf Grund des vorliegenden Devolutionsantrages vor. Die belangte Behörde war daher jedenfalls zur Zurückweisung dieses Devolutionsantrages berechtigt (zur Frage der Bedeutung des § 73 Abs. 2 AVG und der Nichtgeltung des § 6 AVG vgl. die hg. Erkenntnisse VwSlg. Nr. 7392/A und vom 8. April 1986, Zl. 85/05/0046, und die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, 657 wiedergegebene Judikatur).

Damit ergibt sich, daß die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Zurückweisung des Devolutionsantrages (für das hier vorliegende Verfahren: bezüglich des Antrages auf Zustellung der Gebührenbescheide) nicht rechtswidrig war.

3. Aus diesem Grund war einerseits die Beschwerde hinsichtlich der Geltendmachung der Entscheidungspflicht, soweit sie sich auf die Frage der Müllgebühren bezieht, gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen, andererseits aber die Bescheidbeschwerde, soweit sie die Frage der Müllgebühr betrifft, - da bereits auf Grund der Beschwerde ersichtlich ist, daß keine Rechtsverletzung vorliegt - gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Schlagworte

Anrufung der obersten Behörde Beschwerde Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein Verletzung der Entscheidungspflicht Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - Einstellung Verletzung der Entscheidungspflicht durch Gemeindebehörden und Vorstellungsbehörden

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996170089.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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