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L37066 Kurzparkzonenabgabe Parkabgabe Parkgebühren Steiermark;Norm
AVG §67d impl;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 16. September 1994, Zl. UVS 30.15-136/94-3, betreffend Übertretung nach dem Steiermärkischen Parkgebührengesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Strafverfügung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe ein näher bezeichnetes Kraftfahrzeug in einem näher bezeichneten Zeitraum in Graz, Marburger Kai, gegenüber Nr. 49, ohne Verwendung eines richtig entwerteten Parkscheines in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone geparkt. Er habe hiedurch § 2 des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes 1979, LGBl. Nr. 21/1979, in Verbindung mit den §§ 2 und 4 der Grazer Parkgebührenverordnung 1979 begangen. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe von S 600,-- verhängt.
Der Beschwerdeführer erhob Einspruch und brachte im erstinstanzlichen Strafverfahren vor, der Abstellplatz seines Fahrzeuges gegenüber dem Hause Nr. 49 des Marburger Kais sei nicht in einer gehörig kundgemachten Kurzparkzone gelegen. Wenn man von der Radetzkystraße kommend von dieser nach rechts in den Marburger Kai einbiege, finde sich dort kein Vorschriftszeichen nach § 52 Z. 13 lit. d StVO. Ein solches Vorschriftszeichen befinde sich auch nicht in einem erkennbaren örtlichen Nahebereich.
Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 26. Mai 1994 wurde der Beschwerdeführer der in der Strafverfügung umschriebenen Tat für schuldig erkannt und über ihn hiefür eine Geldstrafe von S 400,-- verhängt. Dem Argument des Beschwerdeführers, er habe sein Fahrzeug nicht in einer gehörig kundgemachten gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, entgegnete die erstinstanzliche Behörde, daß der vom Beschwerdeführer verwendete Parkplatz in einer flächendeckenden gebührenpflichtigen Kurzparkzone liege, die ordnungsgemäß verordnet und im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz sowie an den Ein- und Ausfahrtsstraßen durch Vorschriftszeichen nach § 52 Z. 13 lit. d und e StVO kundgemacht worden sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung "unter Geltendmachung des Berufungsgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung sowie der mangelhaften Tatsachenfeststellung". In dieser Berufung verwies er zunächst auf sein bereits oben wiedergegebenes Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren und führte weiters aus, es wäre der erstinstanzlichen Behörde oblegen, in ihrem Straferkenntnis festzustellen, wo sich die "von der Behörde behaupteten" Vorschriftszeichen an den "Ein- und Ausfahrtsstraßen" befunden haben sollen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Berufung des Beschwerdeführers dem Grunde nach ab, gab ihr jedoch hinsichtlich der Höhe der verhängten Strafe dahingehend Folge, daß diese nunmehr mit S 100,-- festgesetzt wurde. Begründend führte die belangte Behörde aus, zum Tatzeitpunkt sei am Tatort die Kurzparkzonenverordnung des Grazer Stadtsenates vom 27. November 1991, A 10/1-2177/12-1991, in Geltung gestanden. Mit dieser Verordnung seien weite Bereiche der Grazer Innenstadt, wie dem angeschlossenen Lageplan, welcher einen Bestandteil dieser Verordnung bilde, entnommen werden könne, flächendeckend zur Kurzparkzone erklärt worden. Die Kundmachung dieser Verordnung sei am 27. November 1991, 08.00 Uhr, durch Aufstellung der entsprechenden Straßenverkehrszeichen an den Einfahrtsstraßen in diese Zone erfolgt. Der Tatort Marburger Kai Nr. 49 befinde sich inmitten dieser flächendeckenden Kurzparkzone, weshalb sich auch in unmittelbarer Nähe des Tatortes keine Hinweiszeichen gemäß § 52 Z. 13 lit. d und e StVO befänden. Der Berufungswerber habe jedoch, um überhaupt zum Tatort zu gelangen - gleichgültig, welche Zufahrt er gewählt habe -, jedenfalls eines der Hinweiszeichen an den Einfahrtsstraßen passiert haben müssen. Von der Durchführung einer Verhandlung sei gemäß § 51e Abs. 2 erster Fall VStG Abstand genommen worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, welche Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unter dem Gesichtspunkt der Mangelhaftigkeit des Verfahrens rügt der Beschwerdeführer, daß es die belangte Behörde unterlassen habe, eine mündliche Verhandlung über seine Berufung abzuhalten. Die Begründung des angefochtenen Bescheides zeige nicht auf, aufgrund welcher Erhebungen die belangte Behörde zum Ergebnis gelangt sei, die Verordnung sei am 27. November 1991, um 08.00 Uhr, kundmacht worden. Ein Vorhalt entsprechender Verfahrensergebnisse sei nicht erfolgt. Hätte die Behörde die gebotenen Verfahrensvorschriften beachtet, so wäre der Beschwerdeführer in die Lage versetzt worden, den Nachweis zu führen, daß auf der von ihm benützten Route eine gebührenpflichtige Kurzparkzone kundmachende Straßenverkehrszeichen nicht vorhanden gewesen seien.
§ 51e VStG in seiner im Hinblick auf die Zustellung des angefochtenen Bescheides am 11. Oktober 1994 gemäß § 66b Abs. 4 VStG hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 620/1995, lautet auszugsweise:
"(1) Wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist oder nicht bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, dann ist eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen. Zu dieser sind die Parteien und die anderen zu hörenden Personen, insbesondere Zeugen und Sachverständige, zu laden.
(2) Wenn in der Berufung ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet, dann ist eine Verhandlung nur dann anzuberaumen, wenn dies in der Berufung ausdrücklich verlangt wurde.
(3) Von der Verhandlung kann abgesehen werden, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der Verhandlung erfolgen.
(4) ..."
Die belangte Behörde hat von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 51e Abs. 2 erster Fall VStG Abstand genommen, ohne daß die Voraussetzungen dieser Bestimmung vorlagen. Der Beschwerdeführer hat im erstinstanzlichen Verfahren nicht bloß bestritten, daß sich im Nahebereich der von ihm gewählten Abbiegestelle in den Marburger Kai ein Vorschriftszeichen nach § 52 Z. 13 lit. d oder e StVO befunden hat, sondern die ordnungsgemäße Kundmachung der Kurzparkzone schlechthin. Mit den Berufungsausführungen, wonach es der erstinstanzlichen Behörde oblegen wäre, in ihrem Straferkenntnis festzustellen, wo sich "die von der Behörde behaupteten" Vorschriftszeichen an den "Ein- und Ausfahrtsstraßen" befunden haben, hat der Beschwerdeführer unzweifelhaft zu erkennen gegeben, daß er diese Bestreitung auch im Berufungsverfahren aufrecht erhält.
Kurzparkzonen im Sinne des § 25 StVO sind durch die in § 52 Z. 13 lit. d und e StVO genannten Verkehrszeichen (Kurzparkzone, Ende der Kurzparkzone) zu kennzeichnen. Eine Kurzparkzone ist gesetzmäßig gekennzeichnet, wenn an allen für die Ein- und Ausfahrt in Frage kommenden Stellen Vorschriftszeichen nach § 52 Z. 13 lit. d als Anzeige des Anfangs bzw. nach § 52 Z. 13 lit. e als Anzeige des Endes aufgestellt sind. Ist diese Kennzeichnung erfolgt, so sind von der Kurzparkzone alle Straßen in dem von diesen Vorschriftszeichen umgrenzten Gebiet erfaßt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1994, Zl. 94/17/0006, u.a.). Die Beurteilung der Rechtsfrage, ob die in Rede stehende gebührenpflichtige Kurzparkzone ordnungsgemäß kundgemacht wurde, setzte daher denknotwendig die Klärung der - keinesfalls unstrittigen - Tatfrage voraus, ob an allen für die Ein- und Ausfahrt in Frage kommenden Stellen, insbesondere auch dort, wo der Beschwerdeführer in die Kurzparkzone eingefahren ist, entsprechende Vorschriftszeichen aufgestellt waren.
Im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer in seiner auch gegen die Verhängung der Strafe dem Grunde nach erhobenen Berufung weder ausdrücklich noch inhaltlich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptete, hat die belangte Behörde dadurch rechtswidrig gehandelt, daß sie ohne gesetzlichen Grund von der Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung absah. Für den Fall gesetzmäßigen Vorgehens hätte sie im Hinblick auf den Unmittelbarkeitsgrundsatz des § 51i VStG bei ihrer Entscheidung nur auf das Rücksicht nehmen dürfen, was in der Verhandlung vorgekommen ist.
Der Verstoß gegen die verfahrensrechtliche Bestimmung des § 51i VStG stellt jedenfalls einen Verfahrensmangel dar, der, wie andere Verfahrensfehler auch, dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führt, wenn die belangte Behörde bei Einhaltung derselben zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (§ 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG).
Der Beschwerdeführer hat nun dem von der Rechtsprechung in diesem Zusammenhang aufgestellten Erfordernis, in der Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde die Relevanz des Verfahrensmangels darzutun, entsprochen, indem er darlegte, er - ein in Linz ansäßiger Rechtsanwalt - hätte im Zuge einer durchgeführten Rekonstruktion der von ihm benützten Route für die Einfahrt in die Grazer Innenstadt bewiesen, daß er eine gebührenpflichtige Kurzparkzone kennzeichnende Verkehrszeichen dabei nicht passiert habe.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet und war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Verfahrensbestimmungen Berufungsbehörde"zu einem anderen Bescheid"European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1994170404.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
10.05.2011