Index
10 VerfassungsrechtNorm
ZPO §65 Abs1Leitsatz
Zurückweisung einer Beschwerde als verspätet; keine Unterbrechung der Beschwerdefrist durch einen an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Antrag auf Bewilligung der VerfahrenshilfeSpruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten, wird abgewiesen.
Begründung
Begründung:
1.1. Mit einem - im Instanzenzug ergangenen - Bescheid vom 27. November 1992 wies die Burgenländische Landesregierung einen Antrag der beschwerdeführenden KUGA - Kulturvereinigung "Kulturna zadruga" zurück, die Anbringung von Zusatztafeln in kroatischer Sprache unter den Ortstafeln der Gemeinde Großwarasdorf zu bewilligen. Dieser Bescheid wurde der Antragstellerin am 16. Dezember 1992 zugestellt.
1.2. Mit einer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Eingabe vom 27. Jänner 1993 (dort eingelangt am 29. Jänner 1993) beantragte die beschwerdeführende Partei die Bewilligung der Verfahrenshilfe, um eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den genannten Bescheid erheben zu können. Der Verwaltungsgerichtshof gewährte mit Beschluß vom 10. Februar 1993 die Verfahrenshilfe. Der Bescheid, mit dem die Rechtsanwaltskammer Burgenland einen Vertreter zur Verfahrenshilfe bestellte, wurde dem bestellten Rechtsanwalt vom Verwaltungsgerichtshof am 12. März 1993 zugestellt. Am 30. März 1993 langte beim Verwaltungsgerichtshof ein Bescheid der Rechtsanwaltskammer Burgenland ein, mit dem anstatt des bestellten ein anderer Rechtsanwalt zur Verfahrenshilfe bestellt wurde (Umbestellung). Auch diesem Rechtsanwalt wurde der Umbestellungsbescheid - nach den Angaben der beschwerdeführenden Partei - am 30. März 1993 zugestellt.
1.3. Mit einem am 11. Mai 1993 (in Ungarn) zur Post gegebenen Schriftsatz, der beim Verfassungsgerichtshof am 14. Mai 1993 einlangte, erhob die KUGA nunmehr Beschwerde gemäß Art144 Abs1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof, in der sie behauptete, der Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 27. November 1992 verletze sie im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht nach Art7 Z3 des Staatsvertrages von Wien. Sie begehrte die kostenpflichtige Aufhebung dieses Bescheides und beantragte hilfsweise, die Beschwerde gemäß Art144 Abs3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten. Die verfassungsrechtlichen Bedenken hätten sich erst nach Umbestellung des Verfahrenshelfers ergeben, daher werde "ungeachtet der Bestellung des Verfahrenshelfers zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde die Verletzung des Verfassungsrechtes aufgegriffen".
2. Die Beschwerde ist nicht zulässig.
2.1. Gemäß §82 Abs1 VerfGG 1953 beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof sechs Wochen ab der Zustellung des letztinstanzlichen Bescheides. Der angefochtene Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei - nach den Angaben im Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe, in den der Verfassungsgerichtshof Einsicht genommen hat - am 16. Dezember 1992 zugestellt. Die sechswöchige Frist endete daher am 27. Jänner 1993. Sie wäre gemäß §464 Abs3, §505 Abs2 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG 1953 unterbrochen worden, wenn die beschwerdeführende Partei an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt hätte, ihr die Verfahrenshilfe - zur Erhebung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde - zu bewilligen. Anstattdessen stellte sie einen Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, ihr die Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde zu bewilligen.
Dadurch wurde die Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof aber nicht unterbrochen, weil der Antrag nur auf eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gerichtet war (vgl. §64 Abs1 Einleitungssatz ZPO: "für einen bestimmten Rechtsstreit") und weil die Verfahrenshilfe gemäß §65 Abs1 erster Satz ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG 1953 beim Prozeßgericht erster Instanz - hier also beim Verfassungsgerichtshof - zu beantragen ist. Auf die Regelung in §65 Abs1 zweiter Satz ZPO, wonach der Verfahrenshilfeantrag auch beim Bezirksgericht des Aufenthaltes der beschwerdeführenden Partei zu Protokoll erklärt werden kann, braucht hier schon deshalb nicht eingegangen zu werden, weil der Antrag nicht beim entsprechenden Bezirksgericht eingebracht wurde.
2.2. Die Beschwerde war daher als verspätet zurückzuweisen (vgl. VfGH 12.10.1992 B1002/92 und weiters zum Ganzen VwSlg. 13.162 A/1990).
2.3. Der Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten, war abzuweisen, weil Art144 Abs3 B-VG (§87 Abs3 VerfGG 1953) eine Abtretung einer Beschwerde nur für den Fall vorsieht, daß sie abgewiesen oder ihre Behandlung abgelehnt wird, nicht aber für den Fall ihrer Zurückweisung.
2.4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 litb VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Fristen, VfGH / VerfahrenshilfeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1994:B932.1993Dokumentnummer
JFT_10059387_93B00932_00