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L37019 Getränkeabgabe Speiseeissteuer Wien;Norm
GetränkesteuerG Wr 1971 §10 Abs1 idF 1990/044;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 12. Februar 1992, Zl. MD-VfR - N 1/92/Str, betreffend Übertretung nach dem Wiener Getränkesteuergesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Magistrat der Bundeshauptstadt Wien hat den Beschwerdeführer mit Straferkenntnis vom 3. Oktober 1991 schuldig erkannt, er habe es "als Geschäftsführer der K-GmbH. bis zum 9. Oktober 1990 unterlassen, die Getränkesteuer für die Zeit vom 1. Jänner 1988 bis 30. Juni 1990 (BE) für den Betrieb in Wien im Betrag von S 4.892,-- einzubekennen und zu entrichten und dadurch die Getränkesteuer in der Zeit vom 28. August 1990 bis 9. Oktober 1990 mit dem Betrag von S 4.892,-- verkürzt". Er habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: "§ 10 Abs. 1 Getränkesteuergesetz für Wien 1971, § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG". Über ihn wurde eine Geldstrafe von S 2.400,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 58 Stunden) verhängt.
Zur Begründung wurde ausgeführt, der Sachverhalt der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat sei durch die Kontoführung und die anerkannte Revision vom 9. Oktober 1990 unbedenklich erwiesen. In seiner Rechtfertigung vom 27. November 1990 habe der Beschwerdeführer sinngemäß angegeben, daß er zwar Geschäftsführer der gegenständlichen Ges.m.b.H. wäre, die Steuergebarung jedoch alleinige Angelegenheit des gemeinsam mit dem Beschwerdeführer vertretenden Geschäftsführers Ing. W gewesen wäre. Dem werde entgegengehalten, daß Ing. W mit Gesellschafterbeschluß vom 16. August 1990 als Geschäftsführer abberufen worden sei und der Beschwerdeführer somit als alleiniger vertretungs- und zeichnungsberechtigter Geschäftsführer, bis zu seiner Abberufung per 1. Jänner 1991, verantwortlich gewesen sei. Den aus dieser Sachlage nunmehr dem Beschwerdeführer obliegenden Pflichten, für die ordnungsgemäße Entrichtung und Erklärung der Getränkesteuer Sorge zu tragen, sei der Beschwerdeführer insofern nachgekommen, als die Rumpfjahreserklärung 1990 per 13. September 1990 gelegt worden sei, welche sich jedoch bei der Revision vom 9. Oktober 1990 als unrichtig erwiesen habe. Die Unrichtigkeit dieser Erklärung hätte dem Beschwerdeführer bei sorgfältiger Durchsicht der Betriebsunterlagen, insbesondere bei einem Vergleich zu den für die Jahre 1988 und 1989 abgegebenen Erklärungen auf jeden Fall auffallen müssen und stehe daher fest, daß der Beschwerdeführer für die Zeit vom 28. August 1990 bis 9. Oktober 1990 der Verpflichtung, als alleiniger Geschäftsführer der Steuerpflichtigen für die ordnungsgemäße Abrechnung und Zahlung der Getränkesteuer gemäß § 7 Abs. 1 des Getränkesteuergesetzes zu sorgen, nicht nachgekommen sei und damit zumindest fahrlässig gehandelt habe.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er (zusammengefaßt) geltend macht, er habe alle ihn persönlich treffenden Pflichten erfüllt und könne von einer auch noch so geringen Fahlässigkeit keine Rede sein.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, daß im Spruch vor dem Wort "Geschäftsführer" das Wort "handelsrechtlicher" einzufügen ist.
In der Begründung dieses Bescheides vertritt die belangte Behörde die Auffassung, es stehe zweifelsfrei fest, daß der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Ges.m.b.H. die Verpflichtung gehabt habe, die Getränkesteuer in voller Höhe abzurechnen und für die Entrichtung zu sorgen. Weiters ergebe sich aus der Aktenlage kein Hinweis, daß es ihm subjektiv nicht möglich gewesen wäre, dieser Verpflichtung nachzukommen, oder daß ihm die Anwendung der notwendigen Sorgfalt auf Grund der konkret gegebenen Umstände nicht zumutbar gewesen wäre. Es sei festzuhalten, daß der zweite Geschäftsführer bereits mit 16. August 1990 abberufen worden sei, somit ihm die Verkürzung für den Tatzeitraum nicht zugerechnet werden könne und die - allerdings unrichtige - Abgabenerklärung vom 13. September 1990 stamme. Die Beauftragung eines Steuerberaters könne den Beschwerdeführer ebenfalls nicht entlasten, weil dieser die Abrechnung auf Grund der Losungsaufzeichnungen der Gesellschaft gelegt habe. Wie die Steuerprüfung ergeben habe, seien die Losungsaufzeichnungen materiell unrichtig gewesen, wobei die festgestellte Differenz ca. 32 % erreiche. Diese Differenz hätte dem Beschwerdeführer auffallen müssen, zumal sie von den bisher gemachten Getränkeumsätzen erheblich abgewichen sei und die Trennung vom Geschäftspartner, der gleichzeitig auch Geschäftsführer gewesen sei, nicht konfliktfrei verlaufen sei und es in dieser Situation naheliegend sei, dessen gesamte Gestion zu überprüfen.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 1 des Getränkesteuergesetzes für Wien 1971 (im folgenden: GetrStG), LGBl. Nr. 2 i.d.F. LGBl. Nr. 13/1981, hat der Steuerpflichtige bis zum 10. Tag eines jenes Monats die Steuer für die im Vormonat abgegebenen Getränke zu entrichten und bis zum 10. Feber jedes Jahres für die im Vorjahr entstandene Steuerschuld beim Magistrat eine Steuererklärung einzureichen. Nach Beendigung der Betriebsführung hat der Steuerpflichtige für die Steuerschuld, für die eine Erklärung noch nicht einzureichen war (Rumpfjahr), bis zum zehnten Tag des auf den letzten Betriebsmonat folgenden zweitnächsten Kalendermonats eine Steuererklärung einzureichen.
Gemäß § 10 Abs. 1 erster und zweiter Satz GetrStG (in der Fassung LGBl. Nr. 44/1990 - auf diese Fassung hat sich die belangte Behörde erkennbar gestützt) sind Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Steuer mit einem Betrag von höchstens S 300.000,-- verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafe bis S 600.000,-- zu bestrafen. Im Falle der Uneinbringlichkeit tritt an die Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 15. September 1995, Zl. 93/17/0250, dargelegt hat, ist dieser Straftatbestand dem Tatbild nach ein Erfolgsdelikt. Das Tatbild ist dabei auf die Herbeiführung eines Erfolges, der Verkürzung der Abgabe entweder durch ein aktives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen (unechtes Unterlassungsdelikt) abgestellt. Eine Verkürzung liegt in solchen Fällen bereits dann vor, wenn die Abgabe nicht zu den vorgesehenen Terminen - die sich nach § 7 Abs. 1 erster Satz GetrStG ergeben (der 10. Tag eines jeden Monats für den Vormonat) - entrichtet wird. Mit der Verkürzung ist auch, wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis weiters ausgeführt hat, der Erfolg eingetreten, das Delikt ist nicht nur vollendet sondern auch beendet. Spätere, nach Ablauf des vorgesehenen Termins vorgenommene Handlungen oder weiter andauernde Unterlassungen vermögen an der bereits eingetretenen Verkürzung nichts zu ändern. Ein solches Verhalten nach diesem Zeitpunkt ist auch nicht vom Tatbild erfaßt. Vielmehr sind nur die Handlungen und Unterlassungen vom Tatbild erfaßt, die in einem Kausalzusammenhang mit der Verkürzung stehen (arg.: Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Steuer ... verkürzt wird). Dies kann bei einem Verhalten nach bereits eingetretenem Erfolg nicht mehr der Fall sein.
Derart ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht, wenn er rügt, der angefochtene Bescheid enthalte in seinem Spruch einen unüberbrückbaren Widerspruch in sich selbst, wenn die Steuerverkürzung in der Zeit vom 28. August 1990 (dies sei ein im ganzen Verfahren nirgends ersichtlicher willkürlich gesetzter Tag) bis zum 9. Oktober 1990 (dem Tag der Steuerprüfung) dadurch begangen worden sein solle, daß es der Beschwerdeführer unterlassen habe, die gegenständlichen S 4.892,-- Getränkesteuer für die Zeit vom 1. Jänner 1988 bis 30. Juni 1990 einzubekennen.
Auch für den Fall einer Scheinkonkurrenz in Form eines fortgesetzten Deliktes, worauf sich die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift beruft, ändert sich nämlich nichts daran, daß bereits - nach dem oben Gesagten - mit 10. Juli 1990 das Delikt geendet hat. Geht doch die Behörde selbst davon aus, daß "die Getränkesteuer für die Zeit vom 1. Jänner 1988 bis 30. Juni 1990 (BE)" einzubekennen und zu entrichten gewesen wäre. Nach der "BE" (gemeint offenbar: Betriebseinstellung) im Fortsetzungszusammenhang stehende Einzelhandlungen wurden auch nicht festgestellt. Außerdem wurde dem Beschwerdeführer fahrlässige Abgabenverkürzung angelastet, was ein fortgesetztes Delikt ausschließt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. September 1992, Zl. 91/13/0021, VwSlg. Nr. 6706F/1992).
Ebenso wie die Einreichung bzw. Nichteinreichung der Jahreserklärung keine Handlung bzw. Unterlassung ist, wodurch die (bereits verkürzten) Abgaben (neuerlich) verkürzt werden könnten (vgl. nochmals das vorzitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1995), ist auch eine (allenfalls unrichtige) "Rumpfjahreserklärung" nicht dem Verkürzungstatbestand des § 10 Abs. 1 GetrStG i.d.F. LGBl. Nr. 44/1990 zu subsumieren. Dies hat die belangte Behörde verkannt. Wenn übrigens in diesem Zusammenhang hinsichtlich des 28. August 1990 in der Beschwerde von einem willkürlich gesetzten Tag die Rede ist, so ist darauf zu verweisen, daß mit diesem Tag § 10 Abs. 1 GetrStG in der Fassung LGBl. Nr. 44/1990 erst in Kraft getreten ist.
Der Beschwerdeführer wurde insbesondere auch deshalb in seinen Rechten verletzt, weil die unrichtige Annahme der Dauer der Verkürzung für die Erfüllung der subjektiven Tatseite entscheidend ist. Die diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde (ebenso wie der Behörde erster Instanz) gehen nämlich ins Leere, weil sie sich auf einen Zeitraum nach dem Ausscheiden des zweiten Geschäftsführers (also jedenfalls einen Zeitraum nach dem 10. Juli 1990) beziehen.
Aus den angeführten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand sowie den für Verhandlungsaufwand geltend gemachten Betrag.
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff UnterlassungsdeliktEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1992170080.X00Im RIS seit
20.11.2000