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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Rutter, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Dezember 1994, Zl. 106.420/2-III/11/94, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 19. Dezember 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz - AufG i.V.m. § 10 Abs. 1 Z. 4 Fremdengesetz - FrG abgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei (wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden) nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB rechtskräftig gerichtlich (zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten) verurteilt worden. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers gefährde daher jedenfalls die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit, wobei es weder auf das Strafausmaß, noch auf die Motive der Straftat ankomme. Für diese Beurteilung sei vielmehr lediglich das Faktum der rechtskräftigen Bestrafung relevant, weil jegliche inhaltliche Überprüfung des Gerichtsurteiles einer nachträglichen Kontrolle eines Gerichtes durch eine Verwaltungsbehörde gleichkäme. Die öffentlichen Interessen überwögen daher die privaten Interessen des Beschwerdeführers.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, ihrem Gehalt nach inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn "in seinem gesamten Umfang" aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf Fremden eine Bewilligung nicht erteilt werden, wenn (u.a.) ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt.
Zufolge des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.
2. In der Beschwerde bleibt die oben I.1. genannte rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers unbestritten.
Die Beschwerde wirft der belangten Behörde jedoch zu Recht vor, keine Feststellungen über das dieser Verurteilung zugrunde liegende strafbare Verhalten des Beschwerdeführers getroffen zu haben.
Zur Verwirklichung des genannten Sichtvermerksversagungsgrundes ist nämlich nicht das Vorliegen einer rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung (oder einer rechtskräftigen verwaltungsbehördlichen Bestrafung) maßgeblich, sondern das einer solchen Verurteilung (Bestrafung) zugrunde liegende Fehlverhalten des Fremden in seiner Gesamtheit (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1995, Zl. 95/18/0398). Dies verkannte die belangte Behörde, indem sie ausführte, es komme lediglich auf das Faktum der gerichtlichen Verurteilung (und nicht auf die zugrunde liegende Straftat) an. Die ausschließlich aus dem Blickwinkel des Aufenthaltsrechtes vorzunehmende eigenständige Beurteilung des strafbaren Verhaltens durch die für den Vollzug des Aufenthaltsgesetzes zuständige Behörde kommt - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - nicht einer Kontrolle des Gerichtes durch die Verwaltungsbehörde gleich, weil die "Sache", über die einerseits das Strafgericht und andererseits die für den Vollzug des Aufenthaltsgesetzes zuständige Behörde zu befinden hat, eine gänzlich verschiedene ist und überdies die Behörde insoweit an das rechtskräftige Urteil gebunden ist, als dadurch feststeht, daß der Fremde die Straftat, derentwegen er verurteilt wurde, tatsächlich begangen hat.
3. Damit, daß die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage die Ansicht vertrat, Feststellungen über die vom Beschwerdeführer begangenen strafbaren Handlungen seien nicht erforderlich, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
4. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung an Stempelgebühren lediglich S 270,-- (zwei Beschwerdeausfertigungen S 240,--, eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides S 30,--) zu entrichten waren.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995180304.X00Im RIS seit
11.07.2001