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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §1 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Rutter, über die Beschwerde des D, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 29. Jänner 1996, Zl. SD 1345/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 29. Jänner 1996 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Jugoslawischen Förderation (laut Beschwerde: ein kroatischer Staatsbürger), gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer, der sich seit 10. April 1990 im Bundesgebiet befinde, sei zuletzt im Besitz eines bis 31. März 1991 gültigen Sichtvermerkes gewesen. Seit diesem Zeitpunkt verfüge der Beschwerdeführer über keine Aufenthaltsberechtigung, zumal der von ihm am 9. August 1993 gestellte Antrag nach dem Aufenthaltsgesetz rechtskräftig abgewiesen worden sei. Der Hinweis des Beschwerdeführers, er habe sich nicht durchgehend im Bundesgebiet aufgehalten, sondern sei immer wieder ausgereist und wieder nach Österreich eingereist, vermöge - abgesehen davon, daß er diesbezüglich jeglichen Beweis schuldig geblieben sei - an seinem unrechtmäßigen Aufenthalt nichts zu ändern. Selbst wenn man davon ausgehe, daß der Beschwerdeführer, wie er angebe, zuletzt im März 1995 sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet eingereist sei, wäre er verpflichtet gewesen, Österreich nach spätestens drei Monaten zu verlassen. Jedenfalls sei für die belangte Behörde nicht erkennbar, auf welche Grundlage der Beschwerdeführer die Rechtmäßigkeit seines Aufenthaltes stützen könnte. Die Erstbehörde habe daher zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 FrG angenommen.
Was die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG betreffe, so sei zunächst festzuhalten, daß sich der Beschwerdeführer nur kurze Zeit rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe, sodaß er sich nicht mit Erfolg auf einen mit dieser Maßnahme verbundenen Eingriff in sein Privatleben berufen könne. Da er jedoch - nach der Aktenlage - mit seinem Bruder in einem gemeinsamen Haushalt lebe, liege ein Eingriff in sein Familienleben vor. Dessen ungeachtet sei aber die Ausweisung zum Schutz der öffentlichen Ordnung, im besonderen auf dem Gebiet des Fremdenwesens, dringend geboten. Der unrechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers, vor allem aber auch das weitere Verbleiben im Bundesgebiet nach und trotz einer Bestrafung wegen unerlaubten Aufenthaltes und trotz der Abweisung seines Antrages nach dem Aufenthaltsgesetz, gefährdeten die öffentliche Ordnung in hohem Maß.
Hinzu komme, daß dem Beschwerdeführer - mangels Erfüllung der im § 6 Abs. 2 erster Satz AufG normierten Voraussetzung, daß ein Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach diesem Gesetz vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen sei - auch nicht die erforderliche Aufenthaltsbewilligung erteilt werden dürfe. Bei Abstandnahme von der Ausweisung könnte sich der Beschwerdeführer unter Umgehung der genannten, ein wesentliches Element der mit dem Aufenthaltsgesetz getroffenen Regelung darstellenden Bestimmung den tatsächlichen, jedoch nicht rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens zuwiderlaufen würde.
Somit erweise sich die Ausweisung des Beschwerdeführers auch nach § 19 FrG als zulässig.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Im Beschwerdefall steht außer Streit, daß der Beschwerdeführer einen Sichtvermerk mit Gültigkeitsdauer (lediglich) bis 31. März 1991 hatte; des weiteren, daß er in der Folge keine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erlangte und auch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides über keine derarige Bewilligung verfügte. Von daher gesehen stößt die Ansicht der belangten Behörde, daß - vorbehaltlich der Beurteilung der Zulässigkeit gemäß § 19 FrG - die Ausweisung des Beschwerdeführers nach § 17 Abs. 1 leg. cit. auszusprechen gewesen sei, auf keinen Einwand.
2. Die dagegen von der Beschwerde ins Treffen geführten Argumente vermögen an diesem Ergebnis nichts zu ändern: Der Umstand, daß sich der Beschwerdeführer seiner Behauptung zufolge zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides nicht im Bundesgebiet aufgehalten hat, ist nicht zielführend, weil für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des bekämpften Bescheides auch in bezug auf das Vorliegen der Voraussetzung des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG die Sach- und Rechtslage im Zeiptunkt von dessen Erlassung maßgeblich ist. Daß sich aber der Beschwerdeführer zu DIESEM Zeitpunkt nicht unerlaubt in Österreich aufgehalten habe, wird von ihm nicht behauptet. Sollte indes das Beschwerdevorbringen: "Was eine nunmehr stattgefundene Einreise in das Bundesgebiet Österreich gemäß den pilatarallen Bestimmungen zwischen Österreich und Kroatien anlangt, so ist festzuhalten, daß 1996 einer Einreise auf legalem Wege nichts entgegenzusetzen ist." dahin zu verstehen sein, daß er sich im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Entscheidung (am 23. Februar 1996) rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe, so wäre dem entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer - seine eigenen Ausführungen in der Beschwerde zugrunde gelegt - die Voraussetzung des § 1 Abs. 1 AufG (Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes in Österreich) erfüllt und demnach einer "besonderen Bewilligung" nach diesem Gesetz bedurft hätte, um seinen Aufenthalt im Bundesgebiet zu einem rechtmäßigen zu machen; eine Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes hätte diesfalls nicht auf das - von der Beschwerde offenbar angesprochene - Abkommen zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Republik Kroatien über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl. Nr. 487/1995 (Art. 1 iVm Art. 3), gestützt werden können (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 10. Februar 1994, Zl. 93/18/0626). Letzteres gilt im übrigen auch in Ansehung der Aufenthalte des Beschwerdeführers im Bundesgebiet im Jahr 1995 im Anschluß an (behauptete) mehrfache Ausreisen nach Kroatien und (Wieder-)Einreisen nach Österreich, weil das Beschwerdevorbringen keinen Zweifel am Vorliegen der besagten Voraussetzung des § 1 Abs. 1 AufG bereits für diesen Zeitraum läßt.
3. Was die Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG anlangt, so nahm die belangte Behörde - zutreffend - einen mit dieser Maßnahme verbundenen relevanten Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers an. Sie vertrat aber ebenso zutreffend die Ansicht, daß die Ausweisung zum Schutz der öffentlichen Ordnung dringend geboten sei. Denn der Einhaltung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kommt ein hoher Stellenwert zu; das Gewicht, das dem von Art. 8 Abs. 2 MRK umfaßten Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens zukommt, rechtfertigt es, dieses Interesse angesichts des - wenn auch mit (behaupteten) Unterbrechungen - bereits mehrjährigen unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet höher zu veranschlagen als das Interesse des Beschwerdeführers an einem (weiteren) Zusammenleben mit seinem Bruder in Österreich.
4. Der Beschwerdehinweis, daß der Beschwerdeführer, der aus Bosnien stamme, weder dort noch - mangels einer "Verwandtschaft" - in Kroatien "Existenzmöglichkeiten" habe, ist im Hinblick darauf ohne Relevanz, daß mit einer Ausweisung nicht darüber abgesprochen wird, daß der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder daß er (allenfalls) abgeschoben werde; abgesehen davon ist durch § 19 FrG nur das im Bundesgebiet (vor Verlassen desselben) geführte Privat- und Familienleben geschützt (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/18/0761, mwN).
5. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
6. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996180193.X00Im RIS seit
02.05.2001