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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Rutter, über die Beschwerde des J, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 27. September 1995, Zl. SD 1150/95, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 27. September 1995 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsbürger (laut Beschwerde: staatenlos), gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 Fremdengesetz-FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Unbestritten sei, daß der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, Zl. 6a Vr 8245/94 Hv 8587/94, wegen Suchtgifthandels in bezug auf eine sogenannte "Übermenge" gemäß § 12 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Z. 3 und § 16 Abs. 1 Suchtgiftgesetz zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten rechtskräftig verurteilt worden sei. Es könne kein Zweifel bestehen, daß mit den Voraussetzungen des § 18 Abs.2 Z. 1 FrG auch die des § 18 Abs. 1 leg. cit. vorlägen.
Der Beschwerdeführer lebe seit dem Jahr 1985 in Österreich und sei seit 1992 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet, aus dieser Ehe entstammten zwei Kinder. Es liege auf der Hand, daß mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ein sehr schwerwiegender Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers i.S. des § 19 FrG verbunden sei. Dennoch sei dieser Eingriff zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (konkret: zur Verhinderung strafbarer Handlungen, zum Schutz der Gesundheit) dringend geboten. Im übrigen sei - der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgend - darauf hinzuweisen, daß im Hinblick auf die Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität (und ganz besonders bei einem so schweren Verstoß, wie im vorliegenden Fall) auch bei völliger sozialer Integration die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Verhängung des Aufenthaltsverbotes schwerer wögen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation eines Fremden und seiner Familie.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
II
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleiben die maßgebliche Sachverhaltsfeststellung (rechtskräftige Verurteilung wegen § 12 Abs. 1, 2, 3 Z. 3 und § 16 Abs. 1 SGG zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten) unbestritten und die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG wie auch die Ansicht der belangten Behörde, das Fehlverhalten rechtfertige die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme, unbekämpft. Der Gerichtshof hegt gegen diese Beurteilung keine Bedenken.
2. Die von der belangten Behörde aufgrund ihrer
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zutreffenden - Annahme eines im Grunde des § 19 FrG relevanten Eingriffes in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers durch das Aufenthaltsverbot vorgenommene Beurteilung dahin, daß diese Maßnahme dringend geboten sei, ist
-
entgegen der Beschwerdemeinung - frei von Rechtswidrigkeit. Denn wie der Verwaltungsgerichtshof (schon in zahlreichen Fällen zum Ausdruck gebracht hat, ist im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes aus im Art. 8 Abs. 2 MRK umschriebenen öffentlichen Interessen (konkret: mit Rücksicht auf die Verhinderung von strafbaren Handlungen und den Schutz der Gesundheit) notwendig und demnach im Grunde des § 19 FrG) zulässig (vgl. zuletzt das Erkenntnis vom 11. April 1996, Zl. 96/18/0121, mwN). Die im Beschwerdefall gewiß sehr beachtlichen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers haben angesichts des außerordentlich hohen Ausmaßes der Gefährdung der maßgeblichen öffentlichen Interessen durch das ihm zur Last liegende Fehlverhalten zurückzutreten.
Von daher gesehen entbehrt die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe in bezug auf § 19 FrG die erforderlichen Ermittlungen (etwa "geeignete Anfragen" an die Strafvollzugsbehörde) unterlassen und überdies dem Beschwerdeführer keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, der Relevanz, zumal die Beschwerde nicht dartut, inwiefern es die belangte Behörde verabsäumt haben soll, den in dieser Hinsicht wesentlichen Sachverhalt festzustellen. Daß es dem Beschwerdeführer - mangels Einräumung des Parteiengehörs - nicht möglich gewesen sei, darauf hinzuweisen, daß er nicht nigerianischer Staatsbürger, sondern staatenlos sei, läßt jedenfalls keinen erheblichen Verfahrensmangel erkennen, ist doch die primäre Voraussetzung für die rechtmäßige Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, nämlich "Fremder" zu sein, auch im Fall der Staatenlosigkeit gegeben (vgl. § 1 Abs. 1 FrG).
3. Schließlich hält der Gerichtshof auch das - von der Beschwerde nicht konkret bekämpfte - Ergebnis der Abwägung nach § 20 Abs. 1 FrG für unbedenklich. Zutreffend hat die belangte Behörde dazu auf die ständige hg. Rechtsprechung hingewiesen, wonach aufgrund der in hohem Maß sozialschädlichen Suchtgiftdelikte selbst eine ansonsten völlige soziale Integration des Fremden der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes aus der Sicht des § 20 Abs. 1 FrG nicht entgegenstünde (vgl. auch dazu das Erkenntnis Zl. 96/18/0121 mwN). Wenn die belangte Behörde daher zusammenfassend die Ansicht vertreten hat, daß die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes schwerer wögen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie, so könnte dieser Wertung mit Rücksicht auf das im Fall eines Verstoßes gegen § 12 Abs. 3 Z. 3 SGG besonders große Gewicht der Beeinträchtigung der besagten öffentlichen Interessen auch bei Zutreffen der Beschwerdebehauptung nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, daß sich der Beschwerdeführer (ansonsten) "annähernd zehn Jahre wohl verhalten hat". Allfällige besondere Umstände des Einzelfalles, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung gebieten könnten, wurden in der Beschwerde nicht geltend gemacht.
4. Da somit die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996180165.X00Im RIS seit
20.11.2000