TE Lvwg Erkenntnis 2022/3/24 LVwG-AV-2158/001-2021

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Veröffentlicht am 24.03.2022
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Entscheidungsdatum

24.03.2022

Norm

AWG 2002 §73

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Warum als Einzelrichter über die Beschwerde des A, in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 11.11.2021, Zl. ***, betreffend eines Behandlungsauftrages nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 28 VwGVG, soweit sie sich auf Spruchpunkt 1.a., 1.b. und 2. des angefochtenen Bescheides bezieht, mit der Maßgabe Folge gegeben, dass diese Punkte des Spruches abgeändert werden und lauten wie folgt:

„1.a. Das Autowrack (gefährlicher Abfall) Marke Citroen, Modell C5 Kombi, FIN: ***, abgestellt auf dem Grst. Nr. ***, KG ***, und

1.b. ein 2-Achs-Anhänger (nicht gefährlicher Abfall) mit blauer Plane, ohne amtliche Zulassung und ohne gültige § 57a KFG 1967 Prüfplakette, abgestellt auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***,

sind nach den Bestimmungen des AWG 2002 und der Altfahrzeugeverordnung umgehend, spätestens jedoch bis 31. Mai 2022 (PKW Citroen) bzw. 30.6.2022 (Anhänger)

a) zu entfernen und nachweislich von einem hierzu Befugten entsorgen zu lassen, oder

b) nachweislich gemäß dem Stand der Technik trockenzulegen und/oder auf entsprechend geeignete abgedichtete/genehmigte Bereiche zu verfrachten, oder

c) es sind bei Wiederverwendung jeweils gültige Prüfgutachten gemäß § 57a KFG 1967 vorzulegen.

Die geforderten Nachweise und Belege sind unaufgefordert der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt längstens bis 5. Juni 2022 (PKW) bzw. 5. Juli 2022 (Anhänger) zu übermitteln bzw. vorzulegen.“

Im Übrigen wird die Beschwerde dazu als unbegründet abgewiesen.

2.   Der Beschwerde wird gemäß § 28 VwGVG, soweit sie sich auf Spruchpunkt 1.c. des angefochtenen Bescheides bezieht, mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Wortfolge „eines alten Pfluges aus Stahl,“ entfällt.

Im Übrigen wird die Beschwerde dazu als unbegründet abgewiesen und die Leistungsfrist zur Entfernung bzw. Entsorgung mit 30.4.2022 neu festgesetzt.

3.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

1.1. Mit Bescheid vom 11.11.2021, ***, verpflichtete die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt (im Folgenden: Belangte Behörde) den Beschwerdeführer gemäß § 73 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) zur Durchführung der nachstehenden Maßnahmen:

„1.

a. Das Autowrack Marke: Citroen auf dem Gst.Nr. ***, KG ***,

b. ein 2-Achs Anhänger mit blauer Plane, ohne amtlicher Zulassung und gültiger § 57a Prüfplakette, beladen mit Sperrmüll auf dem Gst. Nr. ***, KG ***,

c. sowie weiterer Abfall in Form eines alten Pfluges aus Stahl, einer gebrauchten Brandschutztüre samt Einbauzarge, eines kaputten Tischtennistisches, sowie Kunststofffolien auf dem Gst. Nr. ***, KG ***,

sind nach den Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, umgehend, spätestens jedoch bis 31.12.2021 zu entfernen und nachweislich von einem hierzu Befugten entsorgen zu lassen.

2. Die Entsorgungsnachweise sind der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt

bis längstens 07.01.2022 vorzulegen.“

Weiters verpflichtete sie den Beschwerdeführer zum Tragen der Verfahrenskosten in Höhe von € 27,60 für zwei durchgeführte Lokalaugenscheine.

Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass am 26.8.2021 ein Lokalaugenschein auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers durchgeführt worden sei, im Zuge dessen abgestellte KFZ vorgefunden worden seien. Der Beschwerdeführer sei mittels Parteiengehörs informiert worden, dass in Aussicht genommen werden, ihm die Entfernung und ordnungsgemäße Entsorgung der Fahrzeuge vorzuschreiben. Eine Überprüfung vor Ort durch die Technische Gewässeraufsicht (TGA) der belangten Behörde am 8.11.2021 habe ergeben, dass betreffend des im Spruch befindlichen Abfalls keine Änderung eingetreten sei.

Aus dem Gutachten der TGA habe sich ergeben, dass es sich bei der Einstufung der gegenständlichen Ablagerungen im objektiven Sinn um Abfall handle. Die Lagerungen in der gegenständlichen Form seien nicht genehmigt. Überdies sei die Entfernung dieser Lagerungen im öffentlichen Interesse gelegen, weshalb die ordnungsgemäße Entfernung vorgeschrieben werden musste. Die Frist zur Entfernung stütze sich auf die Stellungnahme des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik und Gewässerschutz.

1.2. Gegen den Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und darin im Wesentlichen ausgeführt, dass für den PKW Citroen noch Ersatzteile benötigt würden. Der Anhänger hätte für Rumänien gebrauchte Haushaltsartikel und Kleinmöbel geladen. Diese würden ehestmöglich dorthin verbracht werden. Der Pflug befinde sich ebenso wie die Brandschutztüre und die Tischtennistische in Rumänien und seien einem bedürftigen Landwirt und einer Schule übergeben worden. Es werde bestritten, dass es sich bei den Gegenständen um Abfall handeln würde.

1.3. Mit Schreiben vom 3.3.2022 teilte die belangte Behörde dem erkennenden Gericht mit, dass eine weitere Überprüfung der Örtlichkeit durch die TGA stattgefunden hätte. Dem Bericht vom 2.3.2022 sei zu entnehmen wie folgt:

„Im Zuge des Außendienstes am 2. März 2022 erfolgte ein Ortsaugenschein in ***, ***. Dabei wurde folgender Sachverhalt festgestellt:

?    Das KFZ-Wrack Ciroen C5 Kombi mit Frontschaden, §57a Prüfplakette: Dezember 2019, letztes amtliches Kennzeichen: *** wurde unverändert zur Stellungnahme vom 8. November 2021 vorgefunden

?    Der PKW Anhänger mit blauer Plane wurde ebenfalls beladen vorgefunden. Weiterhin ohne gültiger §57a Prüfplakette oder Zulassung.

?    Hinter und neben dem Anhänger werden weiterhin Restmüll und andere verschiedene Wertstoffe gelagert. Die Ablagerungen neben dem Anhänger nahmen zu! (siehe Vergleichfotos)“

2.   Feststellungen:

2.1. Auf dem Grst. Nr. ***, KG ***, hat der Beschwerdeführer A, einen PKW, Marke Citroen, Modell C5 Kombi, letztes amtliches Kennzeichen ***, letzte § 57a KFG 1967 Prüfplakette mit Lochung 12/2019, FIN: ***, abgestellt. Das Fahrzeug wurde im Mai 2020 vom Beschwerdeführer um den Betrag von ca. 250,- bis 300,- Euro angeschafft und zum damaligen Zeitpunkt auf das Grundstück überstellt. Das Fahrzeug dient als sog. „Spenderfahrzeug“, der Beschwerdeführer verwendet es als Ersatzteillager für einen anderen PKW, ebenfalls Marke Citroen. Dieser andere PKW wurde im Mai 2020 bei einem Unfall beschädigt, weshalb der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Citroen gekauft hatte und ihn zur Substitution der beim anderen Fahrzeug kaputt gegangenen und auszutauschenden Teile verwendet. Bewegt wurde das Fahrzeug seitdem nicht mehr. Bei der letzten § 57a KFG 1967-Überprüfung am 23.6.2020 wies das Fahrzeug unter anderem fünf schwere Mängel und 1x Gefahr im Verzug (unzureichende Bremswirkung der Betriebsbremse 2. Achse sowie der Feststellbremse 2. Achse) auf.

Im Fahrzeug befinden sich jedenfalls noch Hydraulikflüssigkeiten, wie Hydrauliköle. Es steht auf einer unbefestigten Schotterfläche.

Aus kraftfahrzeugtechnischer Sicht kann nicht ausgeschlossen werden, dass auf Grund durchgerosteter, versprödeter und poröser Flüssigkeits- und Dichtungssystemen Betriebsstoffe austreten und eine Umweltgefährdung verursachen können.

2.2. Der Anhänger ist zurzeit mit Haushaltsgegenständen beladen, welche der Beschwerdeführer beabsichtigt, nach Rumänien zu transportieren und dort bedürftigen Personen zu übergeben. Dazu wurde vom Beschwerdeführer der Verein „B“ mit 17.4.2019 gegründet (ZVR-Zahl: ***). Der Beschwerdeführer ist derzeit auch Obmann des Vereins.

Bei den auf dem Anhänger befindlichen Gegenständen handelt es sich um zerlegte Betten und Kleinmöbel, Matratzen, Wäsche, steckerfertige gebrauchte Haushaltsgeräte sowie nicht gebrauchte Windeln. Diese Gegenstände sind weiterhin gebrauchs- und funktionsfähig. Der Pflug aus Stahl sowie die Brandschutztüre samt Zarge und der Tischtennistisch wurden vom Beschwerdeführer nach Rumänien transportiert, wo sie einem Landwirt zur weiteren Verwendung übergeben wurden. Der Pflug wird dort bestimmungsgemäß benutzt werden. Die genannten Gegenstände wurden dem Beschwerdeführer von den jeweiligen Voreigentümern (Bekannten bzw. anderen Personen) mit dem Zweck übergeben, diese in Rumänien bedürftigen Personen zukommen zu lassen und sie somit einem karitativen Zweck zuzuführen. Es handelt sich um Spenden. Teilweise wurden die Gegenstände auch vom Beschwerdeführer aus Verlassenschaften übernommen. Die Gegenstände wurden individuell dem Beschwerdeführer für seinen Verein übergeben.

Die Brandschutztüre samt Zarge sowie der kaputte Tischtennistisch wurden in Entledigungsabsicht übergeben.

Hinter dem Anhänger befanden sich im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides weiters verrostete Metallgegenstände und Plastikfolien.

Zumindest am 2.3.2022 befanden sich direkt neben dem Anhänger im Freien auf dem unbefestigten Boden stehend Möbel, ein Mofawrack auf einer Holzpalette, alte Fahrräder und Fahrradteile, ein Fahrradanhänger, ein kaputter Supermarkt-Einkaufswagen, ein hydraulischer Hubwagen, eine Duschtasse, eine Schiebleiter sowie weitere Planen und Plastikfolien.

2.3. Der Anhänger selbst ist nicht zum Verkehr auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zugelassen, außerdem verfügt er weder über ein amtliches Kennzeichen, noch über eine Plakette gem. § 57a KFG 1967. Derzeit wird der Anhänger rein als Lagerstätte für die oben genannten Haushaltsgegenstände verwendet und wird nicht bewegt. Das letzte Mal erfolgte mit dem Anhänger ein Transport im September oder Oktober 2020. Die Reifen des Anhängers sind derzeit kaputt und müssten getauscht werden.

3.   Beweiswürdigung:

Das erkennende Gericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde, ***, darin inliegend insbesondere der Erhebungsbericht der TGA vom 26.8.2021 sowie 8.11.2021, weiters vom 2.3.2022. Ebenso inliegend sind der Bescheid sowie die Beschwerde. Das Gericht hat am 4.3.2022 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der der Beschwerdeführer befragt wurde. Außerdem wurde vom Amtssachverständigen (ASV) für Kraftfahrzeugtechnik ein Gutachten zur Frage der Abfalleigenschaft des PKW Citroen und des Anhängers eingeholt.

In der Verhandlung konnte der Beschwerdeführer glaubhaft darlegen, dass er von anderen Personen Gegenstände übernimmt, um sie einem karitativen Zweck, nämlich der Bereitstellung für bedürftige Personen in Rumänien, zuzuführen. Der vom Beschwerdeführer angesprochene Verein wurde durch einen Einblick in das ZVR verifiziert, sodass die Aussagen des Beschwerdeführers dahingehend dem erkennenden Gericht als plausibel erscheinen. So war fallbezogen davon auszugehen, dass das Hauptmotiv, mit dem dem Beschwerdeführer die Gegenstände übergeben werden bzw. mit dem er diese sodann in Rumänien Bedürftigen übergibt, ein karitativer Zweck ist. Dafür spricht auch, dass der Beschwerdeführer die Gegenstände auf dem Anhänger und geschützt durch eine Plane lagert, es ihm also schon darauf ankommt, dass diese etwa durch wetterbedingte Einflüsse nicht beschädigt werden und sohin weiterverwendet werden können.

Hinsichtlich der Brandschutztüre samt Zarge sowie dem kaputten Tischtennistisch ist dahingehend jedoch eine Einschränkung zu treffen: Die TGA hat in ihrer Stellungnahme vom 25.8.2021 ausgeführt, dass der Tischtennistisch kaputt sei. Dem ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten. Es war daher davon auszugehen, dass beim Tischtennistisch – ebenso wie der Brandschutztüre – ein karitativer Zweck nicht im Vordergrund der Weitergabe dieser Gegenstände steht, sondern sich die Vorbesitzer diesen Sachen entledigen wollten und es daher eine willkommene Gelegenheit war, diese dem Beschwerdeführer zu übergeben.

Zur Abfall- und Altfahrzeugeigenschaft des PKW Citroen sowie auch des Anhängers ist auf das Gutachten des ASV für Kraftfahrzeugtechnik zu verweisen. Dieses ist nach Ansicht des erkennenden Gerichts schlüssig, zumal der ASV auch in der mündlichen Verhandlung anwesend war und ergänzende Fragen mit dem Beschwerdeführer erörtert wurden. Der Beschwerdeführer ist dem Gutachten außerdem weder auf fachlicher Ebene noch sonst wie entgegengetreten, sodass es der Entscheidung ohne weitere Ergänzung zugrunde zu legen war.

4.   Rechtslage:

4.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) lauten auszugsweise wie folgt:

„Ziele und Grundsätze
§ 1.

(1) – (2a) […]

(3) Im öffentlichen Interesse ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls

1.

die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,

2.

Gefahren für Wasser, Luft, Boden, Tiere oder Pflanzen und deren natürlichen Lebensbedingungen verursacht werden können,

3.

die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,

4.

die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,

5.

Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,

6.

Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,

7.

das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,

8.

die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder

9.

Orts- und Landschaftsbild sowie Kulturgüter erheblich beeinträchtigt werden können.

[…]

Begriffsbestimmungen
§ 2.

(1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen,

1.

deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2.

deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.

(2) Als Abfälle gelten Sachen, deren ordnungsgemäße Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich ist, auch dann, wenn sie eine die Umwelt beeinträchtigende Verbindung mit dem Boden eingegangen sind. Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse kann auch dann erforderlich sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann.

(3) Eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, solange

1.

eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder

2.

sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht.

Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung von Mist, Jauche, Gülle und organisch kompostierbarem Material als Abfall ist dann nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, wenn diese im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs anfallen und im unmittelbaren Bereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs einer zulässigen Verwendung zugeführt werden.

[…]

Allgemeine Behandlungspflichten für Abfallbesitzer
§ 15.

(1) Bei der Sammlung, Beförderung, Lagerung und Behandlung von Abfällen und beim sonstigen Umgang mit Abfällen sind

1.

die Ziele und Grundsätze gemäß § 1 Abs. 1 und 2 zu beachten und

2.

Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) zu vermeiden.

(2) […]

(3) Abfälle dürfen außerhalb von

1.

hiefür genehmigten Anlagen oder

2.

für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten

nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.

[…]

Behandlungsauftrag
§ 73.

(1) Wenn

1.

Abfälle nicht gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnungen, nach EG-VerbringungsV oder nach EG-POP-V gesammelt, gelagert, befördert, verbracht oder behandelt werden oder

2.

die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) geboten ist,

hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen dem Verpflichteten mit Bescheid aufzutragen oder das rechtswidrige Handeln zu untersagen.

[…]“

5.   Erwägungen:

5.1. Abfälle im Sinne des AWG 2002 sind nach § 2 Abs. 1 leg. cit. bewegliche Sachen, deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat (subjektiver Abfallbegriff), oder deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG 2002 nicht zu beeinträchtigen (objektiver Abfallbegriff). Abfall liegt dabei bereits dann vor, wenn entweder der objektive oder der subjektive Abfallbegriff erfüllt ist (vgl. VwGH 23.2.2021, 2008/07/0179).

5.2. Zum PKW Citroen ist auf das Gutachten des ASV für Kraftfahrzeugtechnik zu verweisen, aus dem sich eindeutig ergibt, dass der objektive Abfallbegriff erfüllt ist, zumal für dessen Verwirklichung bereits die bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung eines der in § 1 Abs. 3 normierten Schutzgüter hinreicht (vgl. VwGH 18.2.2010, 2009/07/0131). Insbesondere ist hierzu auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung zu verweisen, wonach auch eine Menge von mehr als 30 ml Bremsflüssigkeit, die aus einem Altfahrzeug bei auftretenden Undichtheiten in den unbefestigten Boden und ins Grundwasser sickern kann, durchaus geeignet ist, eine Gefährdung des Grundwassers und der Umwelt (vgl. die geschützten öffentlichen Interessen gemäß § 1 Abs. 3 AWG 2002) herbeizuführen (vgl. VwGH 18.11.2010, 2007/07/0035). Dies ist insofern bedeutsam, als der Beschwerdeführer in der Verhandlung selbst angegeben hat, dass sich im Auto weiterhin Hydrauliköl befindet, es also nicht vollständig trockengelegt ist.

5.3. Zur Abfalleigenschaft des Anhängers ist darauf hinzuweisen, dass dieser momentan weder amtlich angemeldet ist, noch über ein gültiges Prüfgutachten gemäß § 57a KFG 1967 verfügt. Zusätzlich wird er bereits seit längerem als Lagerstätte für Haushaltsgegenstände verwendet, erfolgte denn im Oktober 2020 die letzte Fahrt mit dem Anhänger nach Rumänien. Für das erkennende Gericht mangelt es daher an der bestimmungsgemäßen Verwendung des Fahrzeuges, stellt denn die Transportfunktion den unbestrittenen Hauptgrund eines Fahrzeuges, und daher auch eines Anhängers, dar (vgl. LVwG NÖ 23.7.2021, LVwG-AV-822/001-2021).

Im Ergebnis ist deshalb auch der Anhänger als Abfall im objektiven Sinn einzustufen. Den Erwägungen des ASV für Kraftfahrzeugtechnik in seinem Gutachten folgend jedoch nicht als gefährlicher Abfall.

5.4. Betreffend die im Anhänger gelagerten Haushaltsgegenstände ist zunächst auszuführen, dass diese noch zusammengebaut und weiterhin gebraucht werden können. Von einer Entledigung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 ist nun dann zu sprechen, wenn die Weitergabe der Sache in erster Linie darauf abzielt, diese loszuwerden, und somit darin das Hauptmotiv für die Weitergabe gelegen ist (vgl. VwGH 15.9.2005, 2003/07/0022). Kommen mehrere Motive für die Weitergabe in Frage, ist das Hauptmotiv zu ergründen. Überwiegen andere, z.B. karitative Absichten, liegt keine Entledigung vor (vgl. Scheichl/Zauner/Berl, AWG 2002 (2015) § 2 Rz 23).

Wie sich aus den Feststellungen ergeben hat, wurden diese Gegenstände dem Beschwerdeführer bzw. seinem Verein mit dem Motiv übergeben, die Gegenstände karitativen Zwecken zuzuführen. Fallbezogen war deshalb davon auszugehen, dass das Hauptmotiv für die Weitergabe der Sachen eine karitative Absicht war und ist weshalb eine Entledigungsabsicht nicht anzunehmen war. Der subjektive Abfallbegriff war in Bezug auf die im Anhänger gelagerten Gegenstände deshalb nicht erfüllt.

Da die Übergabe außerdem individuell an den Beschwerdeführer erfolgte und dieser sämtliche Gegenstände – ohne sie auszusortieren – weiterverwenden will, kann nach Ansicht des erkennenden Gerichts fallbezogen auch nicht die Rechtsprechung zur Entledigungsabsicht von Altkleidern ins Treffen geführt werden (vgl. VwGH 25.9.2014, Ro 2014/07/0032).

5.5. Zur Brandschutztüre sowie dem Tischtennistisch ist auszuführen, dass der karitative Zweck nicht im Vordergrund gestanden ist, weshalb der subjektive Abfallbegriff gegenständlich erfüllt und das Vorliegen des objektiven Abfallbegriffs sohin nicht mehr zu prüfen war.

5.6. Gemäß § 15 Abs. 3 AWG 2002 dürfen Abfälle außerhalb von genehmigten Anlagen (Z 1) oder für die für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten (Z 2) nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.

Dass es sich bei den Abstellflächen um genehmigte Anlagen handeln würde, wurde im Verfahren nicht behauptet und kam auch sonst nicht hervor.

Von einer geeigneten Abstellfläche für die Fahrzeuge war jedoch ebenfalls nicht auszugehen, zumal es sich um nicht abgedichtete Flächen handelt, womit jedenfalls den dafür vorgesehenen Bestimmungen der Altfahrzeugeverordnung widersprochen wird (s. deren Anlage 1, Pkt. 2).

5.7. Gemäß § 73 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 ist ein Behandlungsauftrag zu erlassen, wenn die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG 2002 geboten ist. Dabei reicht wiederum die Möglichkeit einer Beeinträchtigung (vgl. VwGH 20.2.2014, 2011/07/0080).

Wie bereits oben ausgeführt, ist eine Umweltgefährdung durch die abgestellten Fahrzeuge fallbezogen nicht auszuschließen, woraus sich die Notwendigkeit ergibt, die erforderlichen Maßnahmen vorzuschreiben. Diese ergeben sich aus dem Gutachten des ASV und waren unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit (vgl. VwGH 9.11.2006, 2003/07/0083) fallbezogen als Alternativaufträge dem Beschwerdeführer als Verpflichteten, der die abfallrechtswidrigen Handlungen in zurechenbarer Weise gesetzt hat, vorzuschreiben.

5.8. Zu den auf der Fotodokumentation vom 3.3.2022 abgebildeten und außerhalb des Anhängers gelagerten Gegenständen ist festzuhalten, dass diese erst, nachdem die belangte Behörde den hier angefochtenen Bescheid erlassen hat, abgestellt wurden. Die belangte Behörde hat sich deshalb mit der Abfalleigenschaft dieser Gegenstände noch nicht auseinandergesetzt, weshalb es die Sache des Verfahrens überschreiten würde, wenn das erkennende Gericht erstmalig eine dahingehende Entscheidung träfe. Dies ist auch damit begründet, dass die als Abfall zu qualifizierenden Gegenstände im Spruch des angefochtenen Bescheides konkret genannt sind, die weiteren, nunmehr zusätzlich gelagerten Gegenstände, jedoch nicht erfasst waren.

Unpräjudiziell sei jedoch festgehalten, dass der Beschwerdeführer in Bezug auf die gelagerten Möbel in der Verhandlung angegeben hat, diese entsorgen zu wollen, somit eine Entledigungsabsicht anzunehmen wäre. Zumindest auch beim Hubwagen, beim Mofawrack und dem – augenscheinlich kaputten – Supermarkt-Einkaufswagen erscheint auch die Zuführung zu einem karitativen Zweck fraglich, was eine Abfalleigenschaft indiziert. Gleiches gilt auch bei den Fahrrädern bzw. Fahrradteilen, kann denn bereits nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass eine Lagerung von Fahrrädern im Freien, sodass sie ungeschützt der Witterung ausgesetzt sind, der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit hinderlich ist.

6.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der – oben zitierten – Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Umweltrecht; Abfallwirtschaft; Behandlungsauftrag; Abfallbegriff; Abfalleigenschaft;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.AV.2158.001.2021

Zuletzt aktualisiert am

02.06.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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