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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §64 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Rutter, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 13. Februar 1996, Zl. SD 40/96, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 13. Februar 1996 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 18 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer sei im September 1992 ohne Sichtvermerk nach Österreich gekommen. Nach in der Zwischenzeit wechselnden Aufenthalten im Bundesgebiet und in seiner Heimat sei ein von ihm gestellter Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vom "Amt der Wiener Landesregierung" mit Bescheid vom 7. April 1994 abgewiesen worden. Ein weiterer derartiger Antrag sei mit Bescheid vom 9. März 1995 mit der Begründung abgewiesen worden, daß die vom Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossene Ehe für nichtig erklärt worden sei. Die dagegen erhobene Berufung sei mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. Juni 1995 abgewiesen worden.
Tatsächlich sei die Ehe des Beschwerdeführers mit Urteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 1. September 1994 rechtskräftig für nichtig erklärt worden. Das Eingehen einer Ehe zum Zweck der Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen (oder gar der Staatsbürgerschaft) stelle einen evidenten Rechtsmißbrauch dar, demzufolge der Aufenthalt eines solchen Fremden ein geordnetes Fremdenwesen und damit die öffentliche Ordnung gefährde (§ 18 Abs. 1 FrG). In einem solchen Fall sei ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, sofern nicht die §§ 19 oder 20 leg.cit. entgegenstünden.
Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei ein nützliches Mitglied der Gesellschaft, habe eine Arbeitserlaubnis und gehe einer geregelten Beschäftigung im Bundesgebiet nach, in dem er sich seit über zwei Jahren aufhalte und in dem auch seine Geschwister lebten, sei zu bemerken, daß sein Aufenthalt durchwegs illegal gewesen sei und die bloße Tatsache, daß zwei Brüder von ihm in Wien lebten - eine Wohngemeinschaft mit ihnen sei nicht geltend gemacht worden -, noch keinen Eingriff i.S. des § 19 FrG begründe. Selbst wenn man aber einen erheblichen Eingriff i.S. dieser Bestimmung annehme, sei dieser zur Verteidigung eines geordneten Fremdenwesens, also zur Erreichung eines im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zieles, dringend geboten. Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers - Fortsetzung seines illegalen Aufenthaltes im Bundesgebiet mit seinen Brüdern - seien keineswegs beträchtlich und die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wögen deutlich schwerer.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. In der Beschwerde bleibt die Auffassung der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer die - zwischenzeitig rechtskräftig für nichtig erklärte - Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin allein zum Zweck der Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen geschlossen habe, unbekämpft.
1.2. Die Eingehung einer Ehe zu dem bezeichneten Zweck wurde von der belangten Behörde zutreffend als Rechtsmißbrauch qualifiziert, der die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme in Ansehung der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet des Fremdenwesens) rechtfertige und der die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes zum Schutz dieses im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Rechtsgutes auch dringend geboten erscheinen lasse (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 8. Februar 1996, Zl. 95/18/1380, m.w.N.). Von daher gesehen kann es, da nicht wesentlich, dahinstehen, ob sich der Beschwerdeführer, wie von der belangten Behörde als zusätzliches Argument für die Notwendigkeit des Aufenthaltsverbotes herangezogen, "durchwegs illegal" im Bundesgebiet aufgehalten habe, oder ob er, wie von der Beschwerde behauptet, im Jahr 1992 mit einem gültigen Sichtvermerk nach Österreich eingereist und ihm darüber hinaus am 16. Juni 1995 vom Österreichischen Konsulat in Zürich ein bis 15. Dezember 1995 gültiger Sichtvermerk erteilt worden sei.
2. Auch gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde
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für den Fall der Bejahung eines im Grunde des § 19 FrG relevanten Eingriffes - vorgenommenen Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 leg.cit. zuungunsten des Beschwerdeführers hegt der Gerichtshof keine Bedenken. Die Beschwerde vermag dem nichts Stichhaltiges entgegenzusetzen, zumal die ins Treffen geführte geregelte Beschäftigung hinsichtlich ihrer Berechtigung offensichtlich auf den besagten Rechtsbruch zurückgeht und auch der Umstand, daß er in Österreich "Verwandte" habe, keinesfalls eine Lebenssituation des Beschwerdeführers konstituiert, deren Beeinträchtigung durch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes schwerer wiegt als die Gefährdung des maßgeblichen öffentlichen Interesses durch eine Abstandnahme von dieser Maßnahme. Der Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Oktober 1995, B 1423/95, führt deshalb nicht weiter, weil
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abgesehen davon, daß Partei dieses Verfahrens und des zugrunde liegenden Verwaltungsverfahrens nicht der Beschwerdeführer war - der dort angefochtene Bescheid des Bundesministers für Inneres betreffend die Versagung einer Aufenthaltsbewilligung (allein) aufgrund der Unterlassung einer Interessenabwägung aufgehoben wurde.
3. Zu den verfehlten Rechtsrügen und den der Relevanz entbehrenden Verfahrensrügen sei im einzelnen noch folgendes festgehalten:
3.1. Die Behauptung, in seinem "Recht auf Erteilung eines Sichtvermerkes übergangen" worden zu sein, geht im Hinblick darauf, daß Gegenstand des bekämpften Bescheides ausschließlich die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes ist, ebenso ins Leere wie die auf dieses angebliche Recht bezogene Berufung auf "EU-Normen".
Angebliche Zusagen des (ehemaligen) österreichischen Außenministers, daß Österreich eine bestimmte Zahl an Kosovo-Albanern aufnehmen werde, sind im vorliegenden Zusammenhang rechtlich irrelevant.
Das Nichtberücksichtigen allfälliger nachteiliger Folgen einer Abschiebung in seinen Heimatstaat für die "physische Existenz" des Beschwerdeführers im Rahmen der Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 FrG entspricht der Rechtslage, weil mit dem Aufenthaltsverbot lediglich die Verpflichtung des Fremden begründet wird, aus Österreich auszureisen (§ 22 Abs. 1 FrG); nicht hingegen wird damit auch ausgesprochen, daß er in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder allenfalls abgeschoben werde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. November 1995, Zl. 95/18/1173).
3.2. Inwieweit die (behauptete) Verletzung des Grundsatzes des Parteiengehörs und die Nichtdurchführung der beantragten mündlichen Verhandlung wesentlich in dem Sinn gewesen sein könnte, daß die belangte Behörde bei einem Unterbleiben dieser Versäumnisse zu einem anderen (für den Beschwerdeführer günstigen) Ergebnis gelangt wäre, wird in der Beschwerde nicht dargetan.
Daß die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, seiner Berufung aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, nicht erledigte, bewirkte keine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers (vgl. dazu näher das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 96/18/0114). Gleiches gilt für den in der Berufung gestellten Antrag, "mir einen Vollstreckungsaufschub bzw. Durchsetzungsaufschub zu erteilen bis zur rechtskräftigen Erledigung".
4. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996180158.X00Im RIS seit
20.11.2000