TE Vwgh Beschluss 2022/5/11 Ro 2021/07/0005

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Veröffentlicht am 11.05.2022
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
55 Wirtschaftslenkung

Norm

B-VG Art133 Abs4
MOG 2007 §19 Abs2
VwGG §25a Abs1
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der K GmbH in G, vertreten durch die Münzker & Riehs Rechtsanwälte OG in 1070 Wien, Neubaugasse 8, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Dezember 2020, Zl. W114 2207902-1/14E, betreffend eine Investitionsbeihilfe nach Art. 50 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Vorstand für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Schreiben vom 1. April 2015 beantragte die revisionswerbende Partei bei der Bezirksbauernkammer Mödling die Gewährung einer Investitionsbeihilfe für die Anschaffung einer Filteranlage und einer Flaschenabfüllanlage für Wein nach Art. 50 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013.

2        Dieser Antrag wurde - nach Weiterleitung durch die Bezirksbauernkammer Mödling - mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) vom 21. August 2015 gemäß § 15 Abs. 7 der (zu diesem Zeitpunkt in Kraft stehenden) Verordnung des BMLFUW zur Durchführung von gemeinschaftlichen Marktordnungsmaßnahmen im Weinbereich, BGBl. II Nr. 279/2013, genehmigt.

3        Mit Bescheid der belangten Behörde vom 12. Oktober 2017 wurde - unter Bezugnahme auf den Bescheid des BMLFUW vom 21. August 2015 - der revisionswerbenden Partei für ihre Investitionsmaßnahmen ein Beihilfebetrag in der Höhe von € 78.543,25 gewährt und an diese ausbezahlt.

4        Mit Bescheid vom 26. Juli 2018 änderte die belangte Behörde gemäß § 19 Abs. 2 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007) ihren Bescheid vom 12. Oktober 2017 dahingehend ab, dass sie der revisionswerbenden Partei einen Beihilfebetrag in der Höhe von € 36.562,50 gewährte. Unter Berücksichtigung des bereits überwiesenen Betrags in der Höhe von € 78.543,25 forderte die belangte Behörde von der revisionswerbenden Partei € 41.980,75 zurück.

5        Aufgrund der dagegen erhobenen Beschwerde der revisionswerbenden Partei sprach die belangte Behörde mit Beschwerdevorentscheidung vom 21. September 2018 aus, ihr Bescheid vom 26. Juli 2018 werde dahingehend abgeändert, dass der revisionswerbenden Partei ein Beihilfebetrag in der Höhe von € 37.761,34 gewährt und unter Berücksichtigung der bereits ausgezahlten Beihilfe ein Betrag in der Höhe von € 40.781,91 zurückgefordert werde.

6        Mit Schreiben vom 8. Oktober 2018 beantragte die revisionswerbende Partei die Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht.

7        Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde der revisionswerbenden Partei insofern statt, als es - in Abänderung der Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 21. September 2018 - der revisionswerbenden Partei einen Beihilfebetrag in der Höhe von € 40.249,76 gewährte, wodurch sich die Rückforderung der belangten Behörde auf € 38.293,49 reduzierte.

8        Im Übrigen wies es die Beschwerde ab und erklärte die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig.

9        Begründend führte das Verwaltungsgericht „zur Frage der Rechtskonformität der Rechtsgrundlage des § 19 Abs. 2 MOG hinsichtlich der Kompetenz der AMA zur Abänderung von bereits rechtskräftig gewordenen Bescheiden in der gegenständlichen Angelegenheit“ aus, der Wortlaut des § 19 Abs. 2 MOG 2007 sei klar und müsse nicht unter Zuhilfenahme von Interpretationsregeln ausgelegt werden.

10       In der gegenständlichen Angelegenheit habe die belangte Behörde hinsichtlich einer vom BMLFUW genehmigten Investitionszusage für eine anzuschaffende Flaschenabfüllanlage, die ausschließlich mit Mitteln der Europäischen Union finanziert worden sei, mit Bescheid vom 12. Oktober 2017 einen Teilbetrag in der Höhe von € 38.293,49 zu Unrecht gewährt. Die „europarechtliche Grundlage“ dafür, dass in der gegenständlichen Angelegenheit diese zu Unrecht geleisteten Zahlungen zurückzufordern seien, ergebe sich aus Art. 97 der Verordnung (EG) Nr. 555/2008 iVm. Art. 73 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004, deren Regeln sinngemäß Anwendung fänden.

11       In der gegenständlichen Angelegenheit stelle sich die Frage, ob von der belangten Behörde im Ergebnis zu Recht nicht für den vollen Kaufpreis der Flaschenabfüllanlage, die im Wege eines Mietkaufs mit laufenden Rückzahlungsraten bis zum 1. Juni 2025 finanziert werde, eine vom BMLFUW genehmigte Investitionsbeihilfe gewährt und ausgezahlt worden sei.

12       Der - die rechtliche Grundlage der Genehmigung des Investitionsvorhabens der revisionswerbenden Partei bildende - Bescheid des BMFLUW vom 21. August 2015 sehe eine maximal mögliche Beihilfe in der Höhe von € 56.250,00 vor. Der Erhalt dieses Betrags sei daran geknüpft, dass die Nettoanschaffungskosten für die Flaschenabfüllanlage mindestens € 225.000,00 betrügen. Die vom BMFLUW anerkannten Nettoanschaffungskosten lägen jedoch lediglich bei € 224.173,00, weshalb im Ergebnis rechtskonform nicht der maximal mögliche Beihilfebetrag in der Höhe von € 56.250,00 gewährt worden sei.

13       Der Bescheid des BMFLUW vom 21. August 2015 enthalte jedoch auch eine Beschränkung in zeitlicher Hinsicht. Darin werde ausgeführt, dass innerhalb von zwei Jahren, und damit spätestens am 21. August 2017, der Abschluss der Arbeit zur Anschaffung der verfahrensgegenständlichen Flaschenabfüllanlage schriftlich mittels eines Formulars der zuständigen Bezirksstelle der Landeslandwirtschaftskammer anzuzeigen sei. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts bedeute dies, dass spätestens am 21. August 2017 das Investitionsvorhaben (Anschaffung der Flaschenabfüllanlage) habe abgeschlossen sein müssen, wobei auch die damit verbundenen Rechtsgeschäfte hätten abgeschlossen sein müssen. Dies bedeute in weiterer Folge, dass im Rahmen der Gewährung der beantragten Investitionsbeihilfe nur jene Zahlungen der revisionswerbenden Partei anerkannt werden könnten, die von ihr in diesem Zusammenhang bis spätestens 21. August 2017 - innerhalb des vom BMFLUW vorgegebenen zweijährigen Zeitfensters - auch tatsächlich gezahlt worden seien und durch die Vorlage von Zahlungsbelegen von der revisionswerbenden Partei auch hätten nachgewiesen werden können.

14       Dass die revisionswerbende Partei den geforderten Abschluss der Arbeiten hinsichtlich der Investitionen der Flaschenabfüllanlage und der Filteranlage nicht erst am 21. August 2017, sondern bereits am 10. Oktober 2016 angezeigt habe, ändere nichts daran, dass alle Zahlungen der revisionswerbenden Partei, die innerhalb des Zweijahreszeitraums auch tatsächlich getätigt worden seien, im Zuge der Gewährung der Investitionsbeihilfe zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts am 14. Dezember 2020 anerkannt werden müssten.

15       Das Verwaltungsgericht erlaube sich darzulegen, dass in den entsprechenden europarechtlichen Vorschriften ausdrücklich der Mietkauf als Finanzierungsform eines Investitionsvorhabens für zulässig erachtet worden sei. In weiterer Folge sei aber keine Regelung vorgesehen worden, die es unabhängig von der zulässigen Laufzeit von Leasingvereinbarungen ermögliche, dass ein Begünstigter auch bei längeren Laufzeiten dieser Leasingvereinbarung in den Genuss der vollen Investitionsbeihilfe kommen könne.

16       Zusammenfassend gelangte das Verwaltungsgericht zum Ergebnis, dass hinsichtlich der Anschaffung der verfahrensgegenständlichen Flaschenabfüllanlage nicht nur die Nettoakontozahlung in der Höhe von € 56.250,00 und vier Nettotilgungsraten bis einschließlich 1. Oktober 2016 in der Höhe von € 1.193,01, € 1.196,89, € 1.200,78 und € 1.204,68, sondern darüber hinaus auch die von der revisionswerbenden Partei bis zum 21. August 2017 getätigten Nettotilgungsraten zu berücksichtigen seien. Dadurch ergebe sich, dass der revisionswerbenden Partei für die Filteranlage ein Betrag in der Höhe von € 22.500,00, für die Akontozahlungen der Flaschenabfüllanlage ein Betrag in der Höhe von € 14.062,50 und für die Nettotilgungsraten bis einschließlich 1. August 2017 ein Betrag in der Höhe von € 3.687,26, gesamt sohin eine Investitionsbeihilfe in der Höhe von € 40.249,76 zu gewähren sei.

17       Die Zulässigkeit der Revision begründet das Verwaltungsgericht damit, dass die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhänge, der grundsätzliche Bedeutung zukomme und hinsichtlich derer noch keine Rechtsprechung des EuGH oder des VwGH vorliege. Die wesentliche Bedeutung ergebe sich dadurch, dass nach Auffassung des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der „Zuerkennung von Investitionsvorhaben, die im Wege eines Mietkaufs finanziert werden“, weder klare und eindeutige Rechtsgrundlagen, noch eine entsprechende Rechtsprechung vorliege und im Falle einer Wiederholung solcher Rechtsfragen auch von der verfahrensgegenständlichen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts abweichende Rechtsauffassungen bzw. Entscheidungen zumindest denkbar seien.

18       Dagegen richtet sich die vorliegende Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

19       Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragt.

20       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

21       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

22       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

23       Nach § 34 Abs. 3 VwGG ist ein Beschluss nach Abs. 1 in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

24       Nach der ständigen hg. Rechtsprechung ist Zweck der Begründungspflicht nach § 25a Abs. 1 VwGG bei einer ordentlichen Revision die vom Verwaltungsgericht vorzunehmende Fokussierung auf die vom Verwaltungsgerichtshof zu lösende grundsätzliche Rechtsfrage. Das Verwaltungsgericht hat in der Begründung zum Ausspruch der Zulässigkeit der Revision daher (kurz) darzulegen, welche - konkret auf die vorliegende Revisionssache bezogene - grundsätzliche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof (erstmals) zu lösen hat (vgl. VwGH 3.10.2017, Ro 2017/07/0001, mwN).

25       Ein Revisionswerber hat auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision gesondert darzulegen, wenn die Begründung der Revisionszulässigkeit durch das Verwaltungsgericht nicht ausreicht (oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet). Der Verwaltungsgerichtshof hat weder Gründe für die Zulässigkeit der Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen noch ist er berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision führen könnten, aufzugreifen (vgl. VwGH 23.11.2016, Ro 2016/05/0014, mwN).

26       In einem solchen Fall ist vom Revisionswerber auf die vorliegende Rechtssache bezogen bezüglich jeder von ihm - hinausgehend über die Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichtes - als von grundsätzlicher Bedeutung qualifizierten Rechtsfrage konkret (unter Berücksichtigung auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) aufzuzeigen, warum der Verwaltungsgerichtshof diese Rechtsfrage in einer Entscheidung über die Revision als solche von grundsätzlicher Bedeutung zu behandeln hätte, von der die Lösung der Revision abhängt (vgl. VwGH 16.11.2017, Ro 2017/07/0027, mwN).

27       Es ist vor dem Hintergrund der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses zwar erkennbar, dass das Verwaltungsgericht grundsätzlich in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch nicht gelöste Rechtsfragen erblickt (wie etwa zur „Rechtskonformität“ des § 19 Abs. 2 MOG 2007). In seiner Zulässigkeitsbegründung beschreibt es aber - unter Hinweis auf den Verfahrensgegenstand (Zuerkennung von durch Mietkauf finanzierte Investitionsvorhaben) - lediglich die „wesentliche Bedeutung“ einer nicht näher dargestellten „Rechtsfrage“. Welche - konkret auf die vorliegende Revisionssache bezogene - Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG der Verwaltungsgerichtshof (erstmals) zu lösen hätte, formuliert das Verwaltungsgericht sprachlich nicht (vgl. dazu die ähnlich gelagerten Fälle zu VwGH 24.9.2015, Ro 2015/07/0010; 24.9.2015, Ro 2015/07/0011).

28       In der - für die Beurteilung der Zulässigkeit (auch) einer ordentlichen Revision allein maßgebenden - Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision wird bloß auf die Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts, in der - wie dargelegt - keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG formuliert wird, Bezug genommen. Da der Revisionswerber mit seinem Verweis auf mangelnde Judikatur „zur Frage der Berechnung der Fördersumme in vergleichbaren Fällen“ keine darüberhinausgehende Rechtsfrage anspricht, ist die Revision schon aus diesem Grund im Sinn des § 28 Abs. 3 VwGG nicht gesetzmäßig ausgeführt.

29       Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

30       Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 11. Mai 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RO2021070005.J00

Im RIS seit

02.06.2022

Zuletzt aktualisiert am

04.07.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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