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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §18 Abs2 Z7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Rutter, über die Beschwerde der V in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 13. Februar 1995, Zl. SD 1135/94, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (belangte Behörde) vom 13. Februar 1995, mit welchem gegen die Beschwerdeführerin, eine tschechische Staatsangehörige, gemäß § 18 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Z. 7 des Fremdengesetzes (FrG) ein mit 5 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden ist.
Begründet wurde der angefochtene Bescheid im wesentlichen damit, daß die Beschwerdeführerin zuletzt im August 1994 sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet eingereist sei. Am 5. Oktober 1994 sei sie in einem Lokal, in dem sie als Animierdame ohne Beschäftigungsbewilligung tätig gewesen sei, festgenommen worden. Sie habe angegeben, lediglich über
S 180,-- zu verfügen und ihren Lebensunterhalt durch Schwarzarbeit zu bestreiten. Auch mit ihrem Berufungsvorbringen, daß sie keine Schwarzarbeit ausübe, sondern von ihrem Lebensgefährten finanziell unterstützt werde, sei sie ihrer Verpflichtung, den Nachweis des Besitzes der Mittel zu ihrem Unterhalt von sich aus initiativ zu erbringen, nicht nachgekommen. Das Bestehen einer nicht bloß vorübergehenden Sicherung auch des künftigen Unterhaltes könne mangels Dartuung eines ihr zustehenden, durchsetzbaren Rechtsanspruches nicht abgeleitet werden, zumal der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin weder eine Verpflichtungserklärung für ihre Person abgegeben habe noch für die belangte Behörde zu erkennen sei, auf welche Rechtsgrundlage dessen Verpflichtung, für den künftigen Unterhalt der Beschwerdeführerin zu sorgen, gestützt werden könnte. Es könne daher kein Zweifel bestehen, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG vorliege. Die Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin und die dadurch bewirkte Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung rechtfertigten auch die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme. Aufgrund des kurzen Aufenthaltes der Beschwerdeführerin und im Hinblick auf das Fehlen familiärer Bindungen - ihr Lebensgefährte sei nicht vom Schutzbereich des § 19 FrG erfaßt - könne von einem Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin keine Rede sein. Daher sei auch nicht zu überprüfen gewesen, ob das gegen die Beschwerdeführerin erlassene Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele geboten sei, noch sei eine Interessenabwägung gemäß § 20 Abs 1 FrG vorzunehmen gewesen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde vor, daß eine Aufforderung seitens der belangten Behörde, eine Verpflichtungserklärung abzugeben, nicht erfolgt sei. Zivilrechtliche Ansprüche aus einer Lebensgemeinschaft seien sehr wohl aufgrund der österreichischen Gesetze durchsetzbar.
Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin nicht darzutun, daß es ihr im Verwaltungsverfahren gelungen sei, den - von ihr initiativ zu erbringenden - Nachweis für den Besitz der Mittel zu ihrem Unterhalt zu führen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. April 1995, Zl. 95/18/0536 m.w.N.). Die allgemein gehaltenen Ausführungen, "daß zivilrechtliche Ansprüche aus einer Lebensgemeinschaft sehr wohl aufgrund der österreichischen Gesetze durchsetzbar" seien, reichten in dieser Hinsicht nicht aus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1995, Zl. 95/21/0271). Auch mit dem Hinweis, daß sie im Verwaltungsverfahren entsprechende Urkunden betreffend das Vorliegen einer Kranken- und Sozialversicherung vorgelegt habe, tut die Beschwerdeführerin nicht dar, daß sie den Besitz der Mittel zu ihrem Unterhalt nachzuweisen vermochte.
2. Die Beschwerdeführerin hält den angefochtenen Bescheid weiters deswegen für rechtswidrig, weil sich die belangte Behörde im Hinblick auf §§ 19, 20 FrG mit dem Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin, daß eine Lebensgemeinschaft sowie die Absicht bestehe, eine Ehe zu schließen, nicht auseinandergesetzt habe.
2.1. Die belangte Behörde ist im Recht, wenn sie davon ausgeht, daß der Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich lediglich von kurzer Dauer gewesen sei. Wenn sich auch aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt, daß die Beschwerdeführerin jedenfalls Ende März 1993 nach Österreich eingereist ist und sich bis zu ihrer Abschiebung am 14. Oktober 1994 mit einer Reihe von Unterbrechungen in Österreich aufhielt - während der angefochtene Bescheid ausdrücklich nur auf den Aufenthalt der Beschwerdeführerin seit 20. August 1994 Bezug nimmt -, kann die Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführerin in Österreich dennoch insgesamt als nur kurz eingestuft werden, zumal die Beschwerdeführerin, wie bereits erwähnt, wiederholt ihren Aufenthalt in Österreich unterbrach.
2.2. Zwar vermag der Gerichtshof die von der belangten Behörde für ihren Rechtsstandpunkt im angefochtenen Bescheid gegebene Begründung, daß der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin "nicht vom Schutzbereich des § 19 leg. cit. erfaßt" sei, in dieser pauschalen Form nicht zu teilen. Wenngleich offen bleiben kann, ob einer (tatsächlich geführten) Lebensgemeinschaft der Charakter eines "Familienlebens" und damit unter diesem Begriff der Schutz des § 19 FrG zukommt, so hegt der Verwaltungsgerichtshof keine Zweifel, daß eine außereheliche Beziehung in Form einer tatsächlich praktizierten Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau jedenfalls eine vom Begriff des "Privatlebens" im Sinn des § 19 FrG erfaßte Beziehung darstellt. Ungeachtet dessen ist die von der Beschwerdeführerin angesprochene Lebensgemeinschaft deshalb nicht vom Schutzumfang des § 19 FrG erfaßt, da es sich bei dem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in diese Beziehung nicht um einen RELEVANTEN Eingriff im Sinn dieser Bestimmung handelt. Dies im Hinblick darauf, daß der eineinhalbjährige Zeitraum, innerhalb dessen sich die Beschwerdeführerin in Österreich aufhielt, schon insgesamt als kurz einzustufen ist, zudem in diesen Zeitraum mehrere Aufenthalte der Beschwerdeführerin außerhalb Österreichs fallen (insbesondere in der tschechischen Republik) und schließlich der Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich zum Teil unrechtmäßig war. Diese Überlegungen kämen in gleicher Weise zum Tragen, wenn man die in Rede stehende Beziehung der Beschwerdeführerin zu ihrem Lebensgefährten als dem Begriff "Familienleben" im Sinn des § 19 FrG zu unterstellende Beziehung qualifizierte.
Hat aber somit die belangte Behörde das Vorliegen eines durch das Aufenthaltsverbot gegen die Beschwerdeführerin bewirkten relevanten Eingriffs in deren Privatleben (allenfalls deren Familienleben) zwar mit verfehlter Begründung, jedoch im Ergebnis zutreffend verneint, so bedurfte es der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entsprechend weder einer Prüfung, ob die Erlassung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten sei, noch einer Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG. (Vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 8. Februar 1996, Zl. 95/18/0784.)
2.3. Der von der Beschwerdeführerin erst in der vorliegenden Beschwerde bekanntgegebene Umstand, daß sie im Jänner 1995 einen österreichischen Staatsbürger geehelicht habe, stellt eine für das verwaltungsgerichtliche Verfahren unbeachtliche Neuerung dar (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG).
Es hätte diesbezüglich an der Beschwerdeführerin gelegen, im verwaltungsbehördlichen Verfahren an der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken und der belangten Behörde die mit 24. Jänner 1995 datierte Heiratsurkunde vorzulegen, zumal es im vorliegenden Fall der Behörde nicht möglich war, den entscheidungsrelevanten Sachverhalt ohne Mitwirkung der Beschwerdeführerin festzustellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Juni 1991, Zl. 90/18/0091 - verstärkter Senat).
3. Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995180667.X00Im RIS seit
20.11.2000