TE Vwgh Erkenntnis 1996/4/30 96/18/0114

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.04.1996
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §64;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §22 Abs1;
FrG 1993 §22 Abs2;
FrG 1993 §36;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte

Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Rutter, über die Beschwerde des D, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 13. Februar 1996, Zl. SD 18/96, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 13. Februar 1996 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen kroatischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 2 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei in der Zeit nach 1992 nicht nur (u.a.) dreimal wegen unbefugter Gewerbeausübung und einmal wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, sondern auch für die Zeit ab August 1994 dreimal wegen unerlaubten Aufenthaltes nach dem Fremdengesetz rechtskräftig bestraft worden. Es könne kein Zweifel bestehen, daß damit bestimmte Tatsachen i.S. des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG vorlägen, welche die Annahme rechtfertigten, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung, und zwar ein geordnetes Fremden- und Beschäftigungswesen, gefährde (§ 18 Abs. 1 leg. cit).

Es sei zwar richtig, daß der Beschwerdeführer seit dem Jahr 1990, zunächst aufgrund von Verpflichtungserklärungen und seit dem Jahr 1992 aufgrund seiner Gesellschafter- und Gschäftsführertätigkeit - darauf hätten sich im übrigen die rechtskräftigen Strafen wegen unbefugter Gewerbeausübung bezogen -, Sichtvermerke bis 30. Oktober 1993 gehabt habe. Jedoch sei ein von ihm im Dezember 1993 gestellter Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung rechtskräftig abgewiesen worden. In Österreich lebten auch die Ehegattin des Beschwerdeführers und ein gemeinsames Kind. Mit dem Aufenthaltsverbot sei zweifellos ein beträchtlicher Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers i.S. des § 19 FrG verbunden. Dieser Eingriff sei jedoch zur Erreichung eines geordneten Fremdenwesens als Bestandteil der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten und demnach zulässig. Es falle auch schwer ins Gewicht, daß der Beschwerdeführer bereits am 17. November 1994 rechtskräftig ausgewiesen worden sei und eine schriftliche Aufforderung zur Ausreise trotz mehrfacher Bestrafung bis zum heutigen Tag nicht befolgt habe. Bei der gegebenen Sachlage wögen die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie keinesfalls so schwer wie die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, daß der Beschwerdeführer nunmehr wiederum ein Gewerbe im Rahmen einer neuen GesmbH angemeldet habe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gegen die - auf unbestritten gebliebener Sachverhaltsannahme beruhende - rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, daß vorliegend der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG verwirklicht und auch die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, bringt die Beschwerde nichts vor. Der Gerichtshof hegt gegen diese Beurteilung keine Bedenken.

2. Soweit der Beschwerdeführer unter dem Titel inhaltlicher Rechtswidrigkeit geltend macht, die belangte Behörde habe nicht bedacht, welche Tragweite das Aufenthaltsverbot "für die Wirtschaft und für die Allgemeinheit" habe, so ist ihm entgegenzuhalten, daß der betroffene Fremde - im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG - zu seinen Gunsten ausschließlich private und familiäre Interessen ins Treffen zu führen vermag, nicht jedoch (auch) allenfalls für seinen weiteren Verbleib sprechende öffentliche Interessen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/18/1139, mwN). Aus diesem Grund ist auch dem Hinweis auf ein durch das Aufenthaltsverbot bewirktes (angebliches) Ansteigen der Arbeitslosenzahl und Vermehren der "Sozialempfänger" der Boden entzogen.

3.1. Erkennbar ebenfalls unter dem Gesichtspunkt des § 20 Abs. 1 FrG (allenfalls auch des § 19 leg. cit.) hält die Beschwerde den angefochtenen Bescheid für rechtswidrig, weil der Beschwerdeführer, der sich "bereits durch Jahre" rechtmäßig in Österreich aufgehalten habe, "nun ohne eine Ermahnung Österreich verlassen müsse". Er werde, obwohl er schon bald einen Rechtsanspruch auf die österreichische Staatsbürgerschaft erwerbe und gerichtlich unbescholten sei, wegen "unabsichtlich" begangener Verwaltungsübertretungen mit einem Aufenthaltsverbot belegt. Damit werde der Beschwerdeführer in seinen "Menschenrechten" verletzt. Er verweise dazu auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Oktober 1995, B 1423/95, B 1627/95.

3.2.1. Auch dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Die belangte Behörde nahm - zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Grunde des § 19 FrG an. Sie kam aber im Hinblick auf die durch das Fehlverhalten des Beschwerdeführers in hohem Maß beeinträchtigten öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen und einer geordneten Arbeitsmarktverwaltung ebenso zutreffend zu dem Ergebnis, daß das Aufenthaltsverbot dringend geboten und demnach gemäß § 19 FrG zulässig sei. Im Rahmen der Abwägung nach § 20 Abs. 1 FrG hob die belangte Behörde zu Recht den das ohnehin schon große Gewicht der maßgeblichen öffentlichen Interessen an der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes noch verstärkenden Umstand hervor, daß der Beschwerdeführer seiner aufgrund einer gegen ihn erlassenen rechtskräftigen Ausweisung (Bescheid vom 17. November 1994) bestehenden Ausreiseverpflichtung trotz schriftlicher Aufforderung, das Bundesgebiet zu verlassen, und trotz rechtskräftiger Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes nicht nachgekommen sei. Diesem solcherart gegebenen sehr großen Gewicht des Interesses an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer zum Schutz der öffentlichen Ordnung (insbesondere auf dem Gebiet des Fremdenwesens) war die ca. sechsjährige Dauer des Aufenthaltes mit daraus ableitbarer Integration des Beschwerdeführers sowie der Umstand gegenüberzustellen, daß sich auch die Gattin des Beschwerdeführers und das gemeinsame Kind in Österreich aufhalten. Wenn die belangte Behörde diese privaten und familiären Interessen als nicht so schwerwiegend wie die besagten maßgeblichen öffentlichen Interessen wertete, so kann darin kein rechtswidriges Abwägungsergebnis erblickt werden, darf doch nicht übersehen werden, daß die Integration des Beschwerdeführers aufgrund des nur knapp vierjährigen rechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich keineswegs ein hohes Ausmaß erreicht und überdies die für eine Integration wesentliche soziale Komponente durch seine zahlreichen Straftaten eine nicht unerhebliche Minderung erfahren hat (vgl. zu letzterem etwa das bereits zitierte hg. Erkenntnis Zl. 95/18/1139).

3.2.2. Daß der Beschwerdeführer "nun ohne eine Ermahnung Österreich verlassen müsse", ist kein Aspekt, der nach § 20 Abs. 1 FrG zu beachten ist. Vielmehr wird dazu auf § 22 Abs. 1 leg. cit. verwiesen, wonach der Fremde nach Eintritt der Rechtskraft des Aufenthaltsverbots-Bescheides unverzüglich auszureisen hat. Woraus der Beschwerdeführer einen kurz bevorstehenden Erwerb eines Rechtsanspruches auf die österreichische Staatsbürgerschaft ableiten zu können glaubt, wird von ihm nicht dargetan, ist aber auch ohne Belang, da selbst bei Zutreffen dieser Behauptung mangels Relevanz dieses Umstandes im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG das Abwägungsergebnis nicht anders ausgefallen wäre. Die Behauptung des Beschwerdeführers, die Verwaltungsübertretungen "unabsichtlich" begangen zu haben, geht angesichts der unbestrittenen Rechtskraft der betreffenden Bestrafungen ins Leere. Auch daß er "gerichtlich unbescholten" sei, wäre - wenn es zuträfe - kein Umstand, der nach dem Gesetz zu seinen Gunsten Berücksichtigung zu finden hätte. Schließlich führt auch der Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Oktober 1995, B 1423/95, B 1627/95, nicht weiter: Abgesehen davon, daß Partei dieses Verfahrens und des zugrunde liegenden Verwaltungsverfahrens betreffend die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht der Beschwerdeführer war, wurde der dort angefochtene Bescheid (allein) deshalb aufgehoben, weil die belangte Behörde (Bundesminister für Inneres) keine Interessenabwägung vorgenommen hatte.

4. Die - zum Teil in Wiederholung der Gründe für die angebliche inhaltliche Rechtswidrigkeit - geltend gemachten Verfahrensmängel sind, soweit überhaupt Mängel vorliegen, jedenfalls nicht von Relevanz, tut doch der Beschwerdeführer nicht dar, inwiefern die belangte Behörde, hätte sie die beantragte mündliche Verhandlung durchgeführt und Parteiengehör gewährt, zu einem anderen (für den Beschwerdeführer günstigen) Ergebnis gekommen wäre. Entgegen der Beschwerdemeinung stellte zwar die belangte Behörde im bekämpften Bescheid die Anmeldung eines (näher umschriebenen) Gewerbes "im Rahmen einer neuen GesmbH" durch den Beschwerdeführer fest und berücksichtigte damit, daß er "nun lediglich eine Baufirma habe", maß dieser Tatsache aber im Rahmen der Beurteilung nach § 19 und § 20 Abs. 1 FrG zutreffend keine Rechtserheblichkeit bei.

5. Zur Behauptung, die Erlassung des Aufenthaltsverbotes stelle eine "Verletzung des EU-Rechtes" dar, genügt der Hinweis, daß Kroatien nicht Mitglied der EU ist, folglich der Beschwerdeführer als kroatischer Staatsbürger sich schon deshalb nicht mit Erfolg auf Rechtsnormen der EU berufen kann.

6. Daß die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, seiner Berufung aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, nicht erledigte, bewirkte jedenfalls keine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers, ist doch unter Zugrundelegung der Beschwerdeausführungen davon auszugehen, daß in der Zeit der Wirksamkeit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung durch die Erstbehörde gegen den Beschwerdeführer keine darauf beruhenden Maßnahmen (etwa Abschiebung) gesetzt wurden. Auch künftig ist eine Rechtsverletzung ausgeschlossen, weil das mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Aufenthaltsverbot - wie dargetan - rechtmäßig und infolge seiner Rechtskraft durchsetzbar ist.

7. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

8. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996180114.X00

Im RIS seit

20.12.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten