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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §7 Abs1 Z4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, in der Beschwerdesache des H in W, über die Ablehnung des Senatspräsidenten des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Knell in der zur hg.
Zl. 95/08/0149 protokollierten Rechtssache, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Ablehnung wird abgewiesen.
Begründung
Mit Beschluß des zum Berichter bestellten (damaligen) Hofrates (und nunmehrigen Senatspräsidenten) des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Knell vom 19. September 1995, Zl. 95/08/0149-6, wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Unterfertigung und allfälligen Ergänzung der von ihm selbst verfaßten Beschwerde gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 4. Mai 1995 betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Sozialhilfeangelegenheit, nicht stattgegeben. In der Begründung dieses Beschlusses wird im wesentlichen folgendes ausgeführt:
"Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 12, Sozialreferat für den
10. Bezirk (erstinstanzliche Behörde) vom 9. Juli 1993 gemäß § 66 Abs. 4 AVG als verspätet zurück. Begründend wurde ausgeführt, daß mit dem erstinstanzlichen Bescheid dem Beschwerdeführer von Amts wegen eine wiederkehrende Geldleistung zur Sicherung seines Lebensunterhaltes zuerkannt worden sei, die ab 1. August 1993 auf die Dauer unveränderter Verhältnisse monatlich S 6.755,--, längstens jedoch bis zum 31. Juli 1995, betrage. Dieser Bescheid sei dem Beschwerdeführer am 13. Juli 1993 zugestellt worden. Die mit 2. Juli 1994 datierte Berufung des Beschwerdeführers sei daher verspätet.
Der Beschwerdeführer behauptet in der von ihm selbst verfaßten Beschwerde, er habe den erstinstanzlichen Bescheid gar nicht angefochten. Sein "Einspruch" vom 4. Juli 1994 sei als "neuer Einspruch" mit dem Zweck einer Erhöhung der zuerkannten Geldleistung zu werten. Am 2. Juli 1994 habe er im übrigen gar keinen Einspruch eingebracht. Zum Nachweis legte er die Photkopie eines mit 4. Juli 1994 datierten, an die erstinstanzliche Behörde gerichteten "Einspruchs" gegen die mit Bescheid der erstinstanzlichen Behörde vom 9. Juli 1993 bewilligten Dauerleistung vor, in der er vorbrachte, daß die inzwischen auf S 7.238,-- erhöhte Dauerleistung nicht zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes ausreiche, weshalb er die Erhöhung der Dauerleistung beantrage. Die belangte Behörde legte einen inhaltsgleichen "Einspruch", der mit 2. Juli 1994 datiert ist, vor.
Im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer vorbringt, mit seinem (mit dem der belangten Behörde vorliegenden "Einspruch" vom 2. Juli 1994 inhaltsgleichen) "Einspruch" vom 4. Juli 1994 den erstinstanzlichen Bescheid vom 9. Juli 1993 gar nicht angefochten, sondern eine Antragstellung an die erstinstanzliche Behörde zur Erhöhung der ihm gewährten Dauerleistung bezweckt zu haben, ist nicht ersichtlich, inwiefern der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in Rechten verletzt sein könnte. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung erscheint daher mangels der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde offenbar aussichtslos. Dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe war daher gemäß § 61 VwGG iVm § 63 Abs. 1 ZPO nicht stattzugeben."
Einen mit Verfügung vom 9. September 1995 erteilten Auftrag, Mängel der Beschwerde zu beheben, erfüllte der Beschwerdeführer nicht. Das Beschwerdeverfahren wurde daher mit Senatsbeschluß vom 28. November 1995, Zl. 95/08/0149-10, gemäß den §§ 34 Abs. 2 und 33 Abs. 1 VwGG eingestellt.
Mit einem zur Zl. 96/08/0041 protokollierten Schreiben vom 6. Jänner 1991 verlangte der Beschwerdeführer eine Überprüfung des Beschlusses vom 28. November 1995, Zl. 95/08/0149-10, durch den Senat.
Mit einem zur Zl. 96/10/0042 protokollierten Schreiben vom 7. Jänner 1996 lehnte der Beschwerdeführer den "Prüfer, der (seine) Beschwerde geprüft hat", ab. Begründet wurde dieser Antrag im wesentlichen folgendermaßen:
"Wie ich bereits in meinen Schriftsatz vom 6.1.1996 erwähnt hatte, wurde meine Beschwerde in Sachen der Sozialhilfeangelegenheit zur Einstellung des Verfahrens gebracht. Deshalb nehme ich an, daß meine Beschwerde durch Vorprüfung keine Achtung geschenkt wurde. Meine Beschwerde enthielt die allgemeine Vorschriften des im § 28 Abs. 1 VwGG so daß diese unbegründet vom Senat des Verwaltungsgerichtshofes wegen mangelnder Darstellung zurückgewiesen wurde. Daher nehme ich an, daß der Prüfer des Sachverhaltes meiner Beschwerde keine Achtung geschenkt hatte und daher einen mangelnden Bericht dem Senat des Verwaltungsgerichtshofes vorgelegt hatte. Die Einstellung des Verfahrens ist daher unbegründet an mich ergangen, so daß ich nach § 31 Abs. 1 Z. 5 VwGG den Prüfer meiner Beschwerde wegen Befangenheit ablehnen kann.
Die §§ 34 Abs. 2 und 33 Abs. 1 VwGG ist auf den vorangegangenen Gründen nicht anzuwenden, weil der Prüfer sowie der Senat eine ordentliche Überprüfung der Beschwerde voranzugehen hat."
Gemäß § 31 Abs. 1 Z. 5 VwGG haben sich die Mitglieder des Gerichtshofes unter Anzeige an den Präsidenten der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit zu enthalten, wenn (sonstige) wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, in ihre volle Unbefangenheit Zweifel zu setzen.
Nach § 31 Abs. 2 VwGG können aus den im Abs. 1 angeführten Gründen Mitglieder des Gerichtshofes auch von den Parteien, und zwar spätestens bis zu Beginn der Verhandlung, abgelehnt werden. Stützt sich die Ablehnung auf Abs. 1 Z. 5, so hat die Partei die hiefür maßgebenden Gründe glaubhaft zu machen.
Werden der Vorsitzende oder so viele Mitglieder des Senates abgelehnt, daß nicht wenigstens drei verbleiben, so hat im Grunde des § 31 Abs. 2 vierter Satz VwGG der Präsident die Beschlußfassung über den Ablehnungsantrag dem nach der Geschäftsverteilung vorgesehenen Senat zuzuweisen.
Das Wesen der Befangenheit besteht nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche psychologische Motive (vgl. z.B. den Beschluß vom 15. September 1992, Zlen. 92/04/0181, 0182).
Was die Behauptung des Beschwerdeführers anlangt, der "Prüfer, der (seine) Beschwerde geprüft" habe, also der damalige Berichter und nunmehrige Vorsitzende des Senates 08, habe seiner "Beschwerde keine Achtung geschenkt", so ergibt sich nach der Aktenlage, daß zwecks Prüfung der Beschwerdeberechtigung und der Sinnhaftigkeit des Verfahrenshilfeantrages von Amts wegen eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides beigeschafft worden ist. Nach Vorliegen der Bescheidausfertigung wurde - wiederum von Amts wegen - eine Kopie der Berufung des Beschwerdeführers, die mit dem angefochtenen Bescheid als verspätet zurückgewiesen worden ist, beigeschafft, weil im angefochtenen Bescheid von einer "mit 2.7.1994 datierten Berufung" die Rede ist, während der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde die Kopie einer mit 4.2.1994 datierten Berufung vorgelegt hat. Danach wurde zwar dem Verfahrenshilfeantrag des Beschwerdeführers wegen Aussichtslosigkeit nicht stattgegeben, ihm aber durch Erteilung eines entsprechenden Ergänzungsauftrages nach § 34 Abs. 2 VwGG die Möglichkeit gegeben, die Beschwerdeberechtigung und ihre sachliche Begründetheit zu erweisen. Da der Beschwerdeführer die Mängel der Beschwerde nicht verbesserte, mußte das Verfahren mit Senatsbeschluß vom 28. November 1995 gemäß §§ 34 Abs. 2 und 33 Abs. 1 VwGG eingestellt werden.
Da somit weder konkrete Umstände vorlagen, die auf einen Mangel einer objektiven Einstellung des Berichters, in dessen Kompetenz die Entscheidung über die Verfahrenshilfe fällt (§ 14 Abs. 2 VwGG), ersichtlich sind, noch der Beschwerdeführer solche Umstände aufzeigen konnte, war seinem Antrag ein Erfolg zu versagen (vgl. u.a. den Beschluß vom 13. April 1994, Zl. 94/12/0039).
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996100042.X00Im RIS seit
24.01.2001Zuletzt aktualisiert am
18.07.2011