Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des W in M, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Tirol vom 17. Mai 1994, Zlen. 17/211-4/1993, 17/212-4/1993 und 17/213-4/1993, betreffend Übertretung des Lebensmittelgesetzes 1975, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit drei Straferkenntnisses des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 4. August 1993 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der "T. GmbH" (Komplementärin der "T. GmbH & Co KG") und sohin als im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG satzungsgemäß zur Vertretung derselben nach außen berufenes Organ folgende Verwaltungsübertretungen begangen:
I.
Straferkenntnis Zl. I-4831/93:
"Durch die "T. GmbH & Co KG" wurden in deren Niederlassung in Innsbruck, A.-Straße 3, (T. Markt), in nachangeführter Weise nachangeführte lebensmittelrechtliche Bestimmungen außer acht gelassen: 1. Es wurde am do. Betrieb am 19. August 1992 ein sogenannter Toastblock im Sinne des § 8 lit. f des Lebensmittelgesetzes falsch bezeichnet durch Feilhalten in der do. Kühlvitrine in Verkehr gebracht. Das vorangeführte Lebensmittel war insofern im Sinne des § 8 lit. f des Lebensmittelgesetzes falsch bezeichnet, als das Ende der Aufbrauchsfrist mit 31. August 1992 angegeben war, dieses Lebensmittel aber bereits am 19. August 1992 verdorben im Sinne des § 8 lit. b des Lebensmittelgesetzes zu qualifizieren war.
2. Wurden sogenannte Wurstreste durch Lagern in der do. Feinkostabteilung in Verkehr gebracht. Dieses Lebensmittel wies gegenüber qualitativ einwandfreier derartiger Ware bereits Geruchsabweichungen und somit Anzeichen eines beginnenden Verderbs auf, ohne daß der Umstand dieser Wertminderung deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht war. Diese Ware war sohin im Sinne des § 8 lit. g des Lebensmittelgesetzes als wertgemindert zu qualifizieren.
3.
Wurden am genannten Tag sogenannte frische Würstel und
4.
sogenannte Augsburger durch Feilhalten in der
do. SB-Verkaufskühlvitrine in Verkehr gebracht. Diese unter Pkt. 3. und 4. angeführten Lebensmittel waren insofern im Sinne des § 8 lit. f des Lebensmittelgesetzes falsch bezeichnet, als das Ende der Aufbrauchsfrist der vorangeführten Waren mit 20. August 1992 angegeben war, diese Waren aber bereits am 19. August 1992 im Sinne des § 8 lit. b des Lebensmittelgesetzes als verdorben zu qualifizieren waren.
5. Wurden am genannten Tag sogenannte Wurstabschnitte (Champignonpastete, Extrawurst, Champignon-Aufschnittwurst, Aufschnittwurst und Thüringer Zungenwurst) und 6. sog. gefüllter Schweinebauch durch Feilhalten in der
do. Verkaufskühlvitrine in Verkehr gebracht. Die unter Pkt. 5. und 6. angeführten Lebensmittel wiesen gegenüber qualitativ einwandfreier derartiger Ware bereits Geruchs- und Geschmacksabweichungen und somit Anzeichen eines beginnenden Verderbs auf, ohne daß der Umstand der Wertminderung deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht war. Die unter Pkt. 5. und 6. angeführten Lebensmittel waren sohin im Sinne des § 8 lit. g des Lebensmittelgesetzes als wertgemindert zu qualifizieren."
Der Beschwerdeführer habe dadurch zu 1., 3. und 4. je eine Verwaltungsübertretung nach § 74 Abs. 1 iVm § 8 lit. f und § 7 Abs. 1 lit. b des Lebensmittelgesetzes und zu 2., 5. und 6. je eine Verwaltungsübertretung nach § 74 Abs. 2 Z. 1 iVm § 8 lit. g und § 7 Abs. 1 lit. b des Lebensmittelgesetzes begangen.
II.
Straferkenntnis Zl. I-1638/93:
"Durch die "T. GmbH & Co KG" wurden in der Niederlassung in Innsbruck, A.-Straße 3, (T.-Markt), am 19. August 1992 Lebensmittel, und zwar sog. Putenspieße, deren Bezeichnung das Abpackungsdatum 17. August 1992 aufgewiesen hat, falsch bezeichnet im Sinne des § 8 lit. f des Lebensmittelgesetzes durch Lagern in der do. SB-Verkaufskühlvitrine in Verkehr gebracht. Das Ende der Aufbrauchsfrist war mit 27. August 1992 angegeben, dieses Lebensmittel war aber am 27. August 1992 (trotz bis dahin erfolgter ordnungsgemäßer gekühlter Lagerung) bereits als wertgemindert iSd § 8 lit. g des Lebensmittelgesetzes zu qualifizieren."
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 74 Abs. 1 iVm § 8 lit. f und § 7 Abs. 1 des Lebensmittelgesetzes begangen.
III.
Straferkenntnis Zl. I-3246/93:
"Durch die "T. GmbH & Co KG" wurden am 19. Oktober 1992 in deren Niederlassung in Innsbruck, A.-Straße 3 (T.-Markt), nachangeführte lebensmittelrechtliche Bestimmungen außer acht gelassen: Es wurden am genannten Tag Lebensmittel und zwar
1. Ochsenmaulsalat, 2. Berner Würstel und 3. Tiroler Schlagrahm durch Feilhalten in der do. SB-Verkaufskühlvitrine in Verkehr gebracht. Diese unter Pkt. 1., 2. und 3. angeführten Lebensmittel wiesen jedoch gegenüber qualitativ einwandfreier derartiger Ware bereits Geruchs- und Geschmacksabweichungen und sohin Anzeichen eines beginnenden Verderbs auf. Diese Lebensmittel waren sohin iSd des Lebensmittelgesetzes als wertgemindert zu qualifizieren. 4. Es wurde entgegen den Bestimmungen des § 20 des Lebensmittelgesetzes unterlassen, der hygienisch nachteiligen äußeren Beeinflussung von Lebensmittel vorzubeugen, indem damals die ordnungsgemäße Lagerung der vorangeführten Lebensmittel unterlassen wurde. Diese Lebensmittel wurden bei Raumtemperatur in der do. Niederlassung zum Verkauf feilgehalten, obwohl in der Bezeichnung der vorangeführten Lebensmittel eine gekühlte Lagerung empfohlen wurde. Diese unsachgemäße Lagerung stellt eine hygienisch nachteilige äußere Beeinflussung durch erhöhte Temperatur dar, wodurch diese Lebensmittel schneller verderben. 5. Wurde am genannten Tag ein sog. Suppenpaket mit Gemüse, bestehend aus einem rohen Fleischstück, zwei rohen Knochenstücken, einem Selleriewurzelstück sowie einem Karottenstück und Porree iSd § 8 lit. f des Lebensmittelgesetzes falsch und irreführend bezeichnet durch Feilhalten in Verkehr gebracht. In der Bezeichnung der gg. Ware war das Ende der Aufbrauchsfrist mit 22. Oktober 1992 angegeben, dieses Lebensmittel wies jedoch bereits am 22. Oktober 1992 (trotz bis dahin erfolgter ordnungsgemäßer gekühlter Lagerung) Anzeichen eines beginnenden Verderbs auf, und war sohin als falsch bezeichnet zu beurteilen. Der Beschwerdeführer habe dadurch zu 1., 2. und 3. je eine Verwaltungsübertretung nach § 74 Abs. 2 Z. 1 iVm § 8 lit. g und § 7 Abs. 1 lit. b des Lebensmittelgesetzes, zu
4. eine Verwaltungsübertretung nach § 74 Abs. 5 Z. 3 iVm § 20 des Lebensmittelgesetzes und zu 5. eine Verwaltungsübertretung nach § 74 Abs. 1 iVm § 8 lit. f und § 7 Abs. 1 lit. c des Lebensmittelgesetzes begangen."
Gegen diese Straferkenntnisse erhob der Beschwerdeführer Berufung. Darin führte er aus, die Verantwortlichkeit hinsichtlich der Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Bestimmungen sei von ihm an den Gesamtvertriebs- und Organisationsleiter H. delegiert worden, der seinerseits diese Verantwortlichkeit wiederum an die Bezirksleiter bzw. Filialleiter weiter delegiert habe. Für die Filiale Innsbruck, A.-Straße, zeichne die Filialleiterin B. verantwortlich.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung gegen das Straferkenntnis Zl. I-4831/93 hinsichtlich aller Punkte als unbegründet abgewiesen und der Spruch dahingehend abgeändert, daß zu den Punkten. 1., 3. und 4. die verletzte Vorschrift "§ 74 Abs. 1 iVm § 8 lit. f iVm § 7 Abs. 1 lit. c LMG BGBl. Nr. 86/95" zu lauten habe. Die Berufung gegen das Straferkenntnis Zl. I-1638/93 wurde als unbegründet abgewiesen. Der Berufung gegen das Straferkenntnis Zl. I-3246/93 wurde hinsichtlich der Punkte 1., 2. und 3. Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt. Betreffend die Punkte. 4. und 5. wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Zu Punkt. 4. wurde der Spruch insoweit abgeändert, als die unsachgemäße Lagerung von Ochsenmaulsalat, Berner Würstel und Tiroler Schlagrahm als gesondert zu ahndende Verwaltungsübertretungen qualifiziert würden, für die jeweils eine eigene Strafe verhängt werde. In ihrer Begründung führte die belangte Behörde nach Darlegung des Sachverhaltes und der Rechtslage im wesentlichen aus, daß der erkennenden Behörde ein schriftlicher Nachweis betreffend die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG für den T.-Markt in der A.-Straße 3 nie vorgelegt worden sei. Hinsichtlich der Filialleiterin B. sei nur ein Vertrag betreffend die Filiale G.-Straße vorgelegt worden. Nach Aussage der Filialleiterin B. sei für die Filiale in der A.-Straße ein neuer Vertrag abgeschlossen worden. Diesen Vertrag habe der Beschwerdeführer trotz Aufforderung nicht beigebracht. Abgesehen davon würden die übersendeten Verträge der T. GmbH & Co KG mit der Filialleiterin B. und mit dem Gesamtvertriebs- und Organisationsleiter H. nicht zur Entlastung des Beschwerdeführers beizutragen vermögen. Beide Verträge entbehrten einer klar abgegrenzten Anordnungsbefugnis. H. sei ermächtigt, bestimmte, im Dienstvertrag allerdings nicht näher bezeichnete Agenden an die Filialinspektoren zu delegieren. Diese wiederum könnten die Verantwortung für die Einhaltung der lebensmittelpolizeilichen Bestimmungen an die Filialleiter ganz oder teilweise weiterdelegieren. Im vorliegenden Fall sei die Eigenverantwortung der Filialleiterin aber durch den Vertrieb von abgepackten Fleisch- und Wurstwaren durch die W. GmbH eingeschränkt. Für dieses Warensortiment sei der Metzger D. verantwortlich. Die Filialleiterin sei ihm gegenüber nicht weisungsbefugt. D. habe die Übernahme der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung schon bei seiner Einstellung abgelehnt. Er unterstehe dem Filialinspektor G. Aus diesem Grund seien Kompetenzüberschneidungen und Kompetenzüberschreitungen im T.-Markt in der A.-Straße an der Tagesordnung gewesen. Die durch Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung festgestellten Mängel beruhten alle auf Fehlleistungen von Bediensteten des Lebensmittelgeschäftes in der A.-Straße. Daß im bezeichneten Markt der T. GmbH & Co KG auch Fleisch- und Wurstwaren der W. GmbH feilgeboten worden seien, sei für die Entscheidung ohne Belang. Dem Kunden gegenüber trete lediglich die T. GmbH als Vertragspartner in Erscheinung. Abgesehen davon könne der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer beider Unternehmen direkt auf die Gestaltung des Geschäftsablaufes Einfluß nehmen. Soweit dieser einwende, daß er nicht für falsch bezeichnete Produkte haftbar gemacht werden könne, die er von anderen Firmen beziehe, sei ihm grundsätzlich beizupflichten. Im vorliegenden Fall würden die bemängelten, abgepackten Fleisch- und Wurstwaren durchwegs aus der Produktion der W. GmbH stammen. Produkte anderer Hersteller würden neu verpackt (Putenspieß) oder ohne Verpackung in der Feinkostabteilung feilgeboten. Diese Mißstände seien dem Berufungswerber schuldhaft vorzuwerfen. Bei der gegebenen Sachlage könne nicht mehr davon ausgegangen werden, daß der Berufungswerber seiner Aufsichtspflicht in ausreichendem Maße nachgekommen sei. Wolle man ihm nicht unterstellen, daß die im Verfahren hervorgekommenen Praktiken mit seiner Billigung geschehen seien, so sei ihm zumindest ein Auswahlverschulden bei der Bestellung von leitenden Angestellten vorzuwerfen. Ein wirksames Kontrollsystem, das geeignet wäre, derartige Mißstände zu unterbinden, habe offensichtlich nicht bestanden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde vertritt die Ansicht, es liege eine wirksame Bestellung verantwortlich Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG vor. Frau B. habe als Filialleiterin einen Vertrag für die Filiale G.-Straße 1 unterschrieben, die im Juli 1992 aufgelassen und in unmittelbare Nähe in die G.-Straße 1 (gemeint wohl: A.-Straße 3) übersiedelt sei. Frau B. habe einen Dienstvertrag unterschrieben, wonach sie für die Führung der Filiale allein verantwortlich sei und nur frische, unverdorbene Waren feilhalten dürfe, darüber zu wachen habe, daß alle gesetzlichen Vorschriften, insbesondere die des Lebensmittelgesetzes, der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung und des Preisgesetzes, beachtet würden. Die Geschäftsführung der T.-Märkte habe damit für den bestimmten, räumlich abgegrenzten Bereich der Filiale in der A.-Straße 3 gemäß § 9 Abs. 2 VStG einen verantwortlichen Beauftragten bestellt. Die nachweisliche Zustimmung zur Bestellung sei durch die Unterschrift von Frau B. erfolgt. Die Anordnungsbefugnis ergebe sich aus der übertragenen Position als Filialleiter und der Formulierung, daß sie dafür Sorge zu tragen und darüber zu wachen habe, daß alle Vorschriften eingehalten würden. Sollte ein Filialleiter einen Fehler begehen, so stehe über ihm der Gesamtvertriebs- und Organisationsleiter H. , dem ebenfalls mit Dienstvertrag ein bestimmter Bereich übertragen und auch Anordnungsbefugnis eingeräumt worden sei. Die Ansicht der belangten Behörde, daß die Dienstverträge von Frau B. und Herrn H. nicht ausreichend wären, sei unrichtig und erfolge in falscher Auslegung der dort gewählten Formulierung.
Damit zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
Nach Abs. 2 leg. cit. sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.
Verantwortlicher Beauftragter kann nach Abs. 4 leg. cit. nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wirkt die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten erst ab dem Zeitpunkt, zu dem der Behörde die Zustimmung der zum verantwortlichen Beauftragten bestellten Person nachgewiesen wird, und tritt erst mit dem Einlangen des Zustimmungsnachweises bei der Behörde ihr gegenüber der namhaft gemachte verantwortliche Beauftragte in rechtswirksamer Weise als Adressat der Verwaltungsstrafnorm an die Stelle des zur Vertretung nach außen Berufenen; der als Beschuldigter Verfolgte, zur Vertretung nach außen Berufene kann sich aber nur dann auf einen an seiner Stelle verwaltungsstrafrechtlich verantwortlichen Beauftragten berufen, wenn bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein - aus der Zeit vor der Begehung der dem Beschuldigten angelasteten Übertretung
stammender -Zustimmungsnachweis eines derartigen verantwortlichen Beauftragten eingelangt ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1995, Zl. 94/09/0225).
Eine Zustimmung der Filialleiterin B. oder des Gesamtvertriebs- und Organisationsleiters H. zur Übernahme der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit hinsichtlich der Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Verwaltungsvorschriften für die Filiale in der A.-Straße und somit zur Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten für diesen Bereich des Unternehmens wurde der Behörde nach der Aktenlage vom Beschwerdeführer nicht nachgewiesen. Soweit sich der Beschwerdeführer darauf beruft, der Zustimmungsnachweis ergebe sich aus den mit Frau B. und Herrn H. abgeschlossenen Dienstverträgen, ist ihm entgegenzuhalten, daß nach Aussage von Frau B. für ihre Tätigkeit als Filialleiterin in der Filiale A.-Straße ein neuer Dienstvertrag unterzeichnet worden sei. Dieser Vertrag wurde aber trotz Aufforderung seitens der belangten Behörde vom Beschwerdeführer nicht vorgelegt. Auch der Dienstvertrag des Gesamtvertriebs- und Organisationsleiters H. enthält keinen entsprechenden Zustimmungsnachweis. Wenn im Rahmen der Umschreibung seiner Aufgaben allgemein von der Einhaltung sämtlicher gesetzlicher Bestimmungen die Rede ist (Pkt. I des Vertrages), so liegt darin nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten. In jedem zielstrebig geführten Unternehmen werden den einzelnen Mitarbeitern Aufgaben übertragen, ohne daß dies jeweils die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten beinhaltet (vgl. das Erkenntnis vom 27. November 1995, Zl. 93/10/0067).
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, ein Händler, der sich von der laufenden Qualität einer angelieferten Ware überzeugen konnte, müsse sich auf die vom Hersteller angegebenen Haltbarkeitsfristen verlassen, insbesondere dann, wenn diese innerhalb der empfohlenen Norm lägen. Der Händler könne die Auszeichnung, die vom Erzeuger und Lieferanten vorgenommen werde, nicht abändern und im gegenständlichen Fall habe die belangte Behörde dem Beschwerdeführer auch nicht vorgeworfen, daß er sich um die Qualität von angelieferter Ware zu wenig informiert oder zu wenig gekümmert hätte. Den Beschwerdeführer treffe auch im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG an der Verletzung von Verwaltungsvorschriften kein Verschulden. Er habe unter Vorlage von Dienstverträgen und Zeugeneinvernahmen auf ein wirksames Kontrollsystem hingewiesen und auch die entsprechenden Auftragszuweisungen und Kontrollmechanismen erwähnt. Die Behauptung der belangten Behörde, es habe kein wirksames Kontrollsystem bestanden, das geeignet wäre, Mißstände zu unterbinden, sei unrichtig. Nach der Geschäftsführung der T. GmbH & Co KG durch den Beschwerdeführer und Herrn W. stehe der Vertriebsleiter H. und würden die 47 Filialleiter von insgesamt vier Filialinspektoren betreut und überwacht. Die belangte Behörde habe die Effizienz dieser Organisation, insbesondere die erteilten Weisungen und Kontrollen, nicht weiter geprüft.
Damit verkennt die Beschwerde die Rechtslage. Zum Tatbestand der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen gehört weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr. Es handelt sich somit um Ungehorsamsdelikte im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG. Bei diesen Delikten besteht nach § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG die Rechtsvermutung für das Verschulden (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters. Bestreitet er dieses, so hat er nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes initiativ alles darzutun, was für seine Entlastung spricht, insbesondere daß er solche Maßnahmen getroffen habe, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten ließen. Ansonsten wäre er selbst dann strafbar, wenn die Verstöße ohne sein Wissen und ohne seinen Willen begangen wurden (vgl. das Erkenntnis vom 27. Februar 1995, Zl. 90/10/0078).
Aufgrund der von der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung durchgeführten Untersuchungen steht fest, daß die untersuchten Lebensmittel nicht bis zum Ablauf der angegebenen Aufbrauchsfrist mängelfrei blieben. Daraus folgt, daß die Empfehlungen des Herstellers keine Gewähr dafür bieten, daß bei Einhaltung dieser Empfehlungen Lebensmittel bis zum Ablauf der Aufbrauchsfrist mängelfrei bleiben.
Mit dem Hinweis, der Beschwerdeführer müsse sich als Händler auf die vom Hersteller angegebenen Haltbarkeitsfristen verlassen, insbesondere wenn diese innerhalb der empfohlenen Norm lägen, macht der Beschwerdeführer nicht glaubhaft, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen, von sich aus der Behörde darzulegen, daß er sich durch eine entsprechende Kontrolle vergewissert hat, daß die angegebene Empfehlung Gewähr für die Mängelfreiheit der Lebensmittel bis zum Ablauf der Aufbrauchsfristen bietet. Daß sich der Beschwerdeführer laufend von der Qualität der angeführten Ware überzeugt und die Richtigkeit der angegebenen Herstellerempfehlungen überprüft hätte, hat er nicht behauptet; damit hat er nicht im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG glaubhaft gemacht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (vgl. das Erkenntnis vom 3. August 1995, Zlen. 95/10/0056-0059).
Der Verwaltungsgerichtshof hat weiters wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zuläßt, daß sich der Unternehmer (Arbeitgeber, strafrechtlich Verantwortliche) aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt; es muß ihm vielmehr zugebilligt werden, die Besorgung einzelner Angelenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf mögliche und zumutbare Maßnahmen zu beschränken, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwartet lassen. Dabei trifft ihn jedoch die Obliegenheit, durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems sicherzustellen, daß seinen Anordnungen entsprochen wird, wobei er der Behörde bei einem Verstoß gegen die entsprechenden Vorschriften dieses System im einzelnen darzulegen hatte. Davon, daß der Verantwortliche das Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems glaubhaft gemacht hätte, kann nur gesprochen werden, wenn konkret dargelegt wird, in welcher Weise im Unternehmen sichergestellt wird, daß Verletzungen der in Rede stehenden Vorschriften vermieden bzw. Verstöße wahrgenommen und abgestellt werden; insbesondere ist darzulegen, auf welche Weise der Verantwortliche seiner Verpflichtung zur Überwachung der von ihm beauftragten Personen nachgekommen ist und wieso er dessen ungeachtet die in Rede stehende Übertretung nicht verhindern konnte. Der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen genügt den oben dargelegten Anforderungen nicht (vgl. das Erkenntnis vom 27. November 1995, Zl. 93/10/0186, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Der Beschwerdeführer beschränkte sich sowohl im Verwaltungsverfahren als auch in der Beschwerde auf die Darlegung der Organisationsstruktur des Unternehmens, insbesondere der (betriebsinternen) Weisungs- und Verantwortungshierarchie. Er selbst habe nach eigener Angabe hin und wieder Kontrollen durchgeführt, wenn er in einem Geschäft bzw. in einer Filiale gewesen sei. Damit hat der Beschwerdeführer kein adäquates Kontrollsystem dokumentiert. Der Beschwerdeführer hat auch nicht offengelegt, weshalb ungeachtet des behaupteten "Kontrollsystems" zahlreiche Verstöße gegen die Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes unbemerkt oder unbehoben geblieben sind.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht Verantwortung für Handeln anderer Personen Allgemein Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete DiversesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1994100116.X00Im RIS seit
20.11.2000