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L55005 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Salzburg;Norm
AVG §13 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der Salzburger Aktiengesellschaft für Energiewirtschaft in Salzburg, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 9. November 1995, Zl. 13/01-RI-90/10-1995, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 13. August 1986 beantragte die beschwerdeführende Partei unter Anschluß von Projektsunterlagen bei der Bezirkshauptmannschaft Zell am See (BH) die Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung für die energiewirtschaftliche Nutzung der Gefällsstufe des Trattenbaches mit Beileitung des Mühl- und Dürnbaches.
Die BH führte am 21. Juli 1992 eine mündliche Verhandlung durch, an der auch ein Vertreter der Salzburger Landesumweltanwaltschaft teilnahm.
Bei dieser Verhandlung äußerte der Amtssachverständige für Hydrobiologie, aus gewässerökologischer Sicht seien die Interessen des Naturschutzes beim geplanten Projekt weitgehend berücksichtigt, wenn eine Reihe näher bezeichneter Auflagen vorgeschrieben und eingehalten würde, darunter die Abstandnahme von der Beileitung des Hüttentalbaches, die Auflassung der Pumpstation Trattenbach, sowie die Vorlage einer Detailplanung des Schwallausgleichsbeckens an die Behörde bis 31. Dezember 1992.
Der Amtssachverständige für Naturschutz erklärte, mit der Realisierung des Projektes seien einschneidende Landschaftsveränderungen in den beiden berührten Tälern verbunden. Unter der Voraussetzung, daß § 3 Abs. 3 des Salzburger Naturschutzgesetzes 1977 zur Anwendung komme, werde der Naturschutzbehörde empfohlen, neben den vom Amtssachverständigen für Hydrobiologie vorgeschlagenen Auflagen noch eine Reihe weiterer zusätzlicher Auflagen und Bedingungen sowie Befristungen und Vorbehalte vorzuschreiben, darunter die Vorlage von Untersuchungen über die floristischen und faunistischen Verhältnisse im überbauten Bereich bis ein Jahr vor Baubeginn und die Ausarbeitung eines Landschaftspflegeplanes.
Der Vertreter der Salzburger Landesumweltanwaltschaft erklärte, nachdem ein derart großes Kraftwerksprojekt schwerwiegende Auswirkungen auf die Ökologie und das Landschaftsgefüge des betroffenen Gebietes habe, könne es nur mit dem Nachweis des überwiegenden öffentlichen Interesses am Kraftwerksbau genehmigt werden. Es sei auf jeden Fall erforderlich, das öffentliche Interesse nachzuweisen, wobei auch eine regional- und volkswirtschaftliche Berechnung angestellt werden müßte. Für das vom Kraftwerksbau betroffene Gebiet lägen keine Untersuchungen bezüglich kleinflächiger Biotope vor. Aus diesem Grund sei es nötig, die im Gutachten des Amtssachverständigen für Naturschutz angeführten Detailuntersuchungen und Biotopkartierungen durchzuführen, bevor die Auswirkungen des Kraftwerksbaues auf die Natur beurteilt werden könnten. Für den Fall, daß das öffentliche Interesse nachgewiesen werde und die Fachgutachten keine den Kraftwerksbau unmöglich machenden Ergebnisse lieferten, seien mit den Amtssachverständigen für Hydrobiologie und Naturschutz die in den jeweiligen Gutachten angeführten Vorschreibungen, Bedingungen und Fristen mit der Landesumweltanwaltschaft abgestimmt worden. Problematisch sei aus der Sicht der Salzburger Landesumweltanwaltschaft die Errichtung der Stauseen, weil es hier möglicherweise zur Zerstörung von wertvollen Biotopen kommen könne; eine genaue Beurteilung könne jedoch erst nach Vorliegen der Fachgutachten erfolgen. Bei einer Verwirklichung der Kraftwerksstufe sei jedenfalls anzustreben, alle die derzeit bestehenden Naturräume verändernden Maßnahmen derart durchzuführen, daß keinesfalls eine Verschlechterung des jetzigen Zustandes herbeigeführt werde. Sollte dies nicht möglich sein, seien durch entsprechende Ausgleichsmaßnahmen im Rahmen der noch ausständigen Detailplanung und Untersuchungen gleichwertige Biotope zu schaffen. Da für den Erlebniswert im Sinn der Erholung des Fremdenverkehrs leere Stauseen sich sehr negativ auswirkten, sei als zusätzliche Auflage zu fordern, daß die Stauseen spätestens Ende Juni jeden Jahres mindestens 2 m unter Stauziel anzustauen seien.
Mit Schreiben vom 4. November 1992 zog die beschwerdeführende Partei den Antrag auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung für den Projektteil "Beileitung Hüttentalbach" und "Pumpstation Trattenbach" zurück.
Mit Bescheid vom 15. Februar 1993 erteilte die BH der beschwerdeführenden Partei gemäß den §§ 23 Abs. 5, 3 Abs. 3 und 5 sowie 48 Abs. 2 und 3 des Salzburger Naturschutzgesetzes 1993, LGBl. Nr. 1, (NSchG 1993) die naturschutzrechtliche Ausnahmebewilligung für die Errichtung und den Betrieb der Wasserkraftanlage Wald - Ausbaustufe Trattenbach/Mühlbach nach Maßgabe der Einreichunterlagen, jedoch ausgenommen die Beileitung des Dürnbaches und des Hüttentalbaches sowie die Pumpstation Trattenbach unter Vorschreibung einer Reihe von Nebenbestimmungen.
Die Salzburger Landesumweltanwaltschaft berief und machte geltend, eine Interessenabwägung im Sinne des § 3 Abs. 3 NSchG 1993 sei nicht möglich, weil die von den Amtssachverständigen und von der Salzburger Landesumweltanwaltschaft bei der mündlichen Verhandlung geforderten Unterlagen nicht vorlägen. Es sei daher der maßgebliche Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt worden.
Mit Schreiben vom 15. Oktober 1993 forderte die belangte Behörde die beschwerdeführende Partei auf, die in § 47 Abs. 1 lit. h NSchG 1993 vorgesehene schriftliche Zustimmung des Grundeigentümers oder sonst Verfügungsberechtigten zum beantragten Vorhaben innerhalb eines Monats vorzulegen, widrigenfalls das Ansuchen um naturschutzbehördliche Bewilligung zurückgewiesen werden müßte. Die beschwerdeführende Partei vertrat die Auffassung, es liege kein Formgebrechen vor.
Mit Bescheid vom 9. November 1995 entschied die belangte Behörde über die Berufung der Salzburger Landesumweltanwaltschaft gegen den Bescheid der BH vom 15. Februar 1993. Sie änderte den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides dahingehend, daß gemäß § 13 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 47 Abs. 1 lit. h NSchG 1993 das Ansuchen der beschwerdeführenden Partei vom 13. August 1986 auf naturschutzbehördliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb der Wasserkraftlage Wald - Ausbaustufe Trattenbach/Mühlbach zurückgewiesen wurde.
In der Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, im erstinstanzlichen Naturschutzverfahren habe die beschwerdeführende Partei Zustimmungserklärungen der vom Vorhaben berührten Grundeigentümer bzw. sonst Verfügungsberechtigten nicht vorgelegt. Erhebungen der belangten Behörde bei dem für das Wasserrechtsverfahren zuständigen Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft hätten ergeben, daß bis zum Abschluß des Wasserrechtsverfahrens nicht mit allen betroffenen Grundeigentümern bzw. sonst Verfügungsberechtigten das Einvernehmen hinsichtlich privatrechtlicher Realisierung des beantragten Vorhabens erzielt worden sei. Auch Zwangsrechte seien nicht eingeräumt worden. Der Verbesserungsauftrag sei daher zu Recht erfolgt. Da die beschwerdeführende Partei ihn nicht befolgt habe, sei das Ansuchen zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die beschwerdeführende Partei bringt vor, die Salzburger Landesumweltanwaltschaft habe weder vor noch während der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 42 AVG erhoben. Die Erklärung eines Verfahrensbeteiligten, dem Antrag nicht zuzustimmen oder die Zustimmung von bestimmten Bedingungen abhängig zu machen, sei keine Einwendung im Rechtssinn. Das gleiche gelte für die Erklärung der Salzburger Landesumweltanwaltschaft, keinen Einwand gegen das Vorhaben zu erheben, wenn alle Auflagen und Bedingungen der Sachverständigen eingehalten würden. Hinzu komme, daß im vorliegenden Fall alle Auflagen eingehalten worden seien. Die Salzburger Landesumweltanwaltschaft sei daher präkludiert. Auf Grund der Berufung einer präkludierten Partei habe die belangte Behörde das Fehlen der Zustimmungerklärungen der Grundeigentümer nicht mehr aufgreifen dürfen.
Wurde eine mündliche Verhandlung durch Anschlag in der Gemeinde oder auch durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung bekanntgemacht, so hat dies gemäß § 42 Abs. 1 AVG zur Folge, daß Einwendungen, die nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung vorgebracht wurden, keine Berücksichtigung finden und angenommen wird, daß die Beteiligten den Parteiantrag, dem Vorhaben oder der Maßnahme, die den Gegenstand der Verhandlung bilden, zustimmen.
Zum Begriff der Einwendung im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, daß eine Einwendung im Rechtssinn der Geltendmachung der Verletzung eines subjektiven Rechtes bedarf, wobei dem betreffenden Vorbringen jedenfalls entnommen werden können muß, daß überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechtes behauptet wird und ferner, welcher Art dieses Recht ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. November 1995, Zl. 94/05/0173, u. a.).
Diese Rechtsprechung bezieht sich auf die Einwendungen von Parteien, die im Verfahren als Träger subjektiver Rechte auftreten; sie ist daher auf die Salzburger Landesumweltanwaltschaft nicht uneingeschränkt anwendbar, da diese in jenen Verfahren, in denen sie Parteistellung hat, nicht subjektive Rechte geltend zu machen, sondern die Interessen des Naturschutzes zu wahren hat (§ 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Salzburger Landesumweltanwaltschaft, LGBl. Nr. 25/1987). In Ausübung dieser ihr übertragenen Aufgaben ist die Salzburger Landesumweltanwaltschaft berechtigt, in jenen Verfahren, in denen ihr Parteistellung zukommt, geltend zu machen, daß das zur Bewilligung beantragte Projekt (objektiv) gegen die im betreffenden Verfahren anzuwendenden Rechtsvorschriften verstößt.
Eine Einwendung der Salzburger Landesumweltanwaltschaft liegt demnach dann vor, wenn sie ein Vorbringen erstattet, dem die Behauptung zu entnehmen ist, daß das zur Bewilligung beantragte Projekt in der vorliegenden Form nicht den im betreffenden Verfahren anzuwendenden Rechtsvorschriften entspricht.
Die Salzburger Landesumweltanwaltschaft hat bei der von der BH durchgeführten mündlichen Verhandlung geltend gemacht, das Projekt der beschwerdeführenden Partei sei nur bei Vorliegen besonders wichtigen öffentlicher Interessen im Sinne des § 3 Abs. 3 NSchG 1993 bewilligungsfähig; der Nachweis dieser besonders wichtigen öffentlichen Interessen liege aber nicht vor, sondern müsse erst erbracht werden. Damit wurde zum Ausdruck gebracht, daß zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Voraussetzungen für eine Bewilligung des Projektes noch nicht vorlagen. Dies stellt im Hinblick auf den Umstand, daß die Salzburger Umweltanwaltschaft nicht konkrete subjektive Rechte geltend zu machen, sondern für eine Einhaltung der im jeweiligen Verfahren zur Anwendung kommenden Rechtsvorschriften zu sorgen hat, eine ausreichende Einwendung dar. Die Salzburger Landesumweltanwaltschaft war daher nicht präkludiert. Sie war berechtigt, in der Berufung geltend zu machen, daß die naturschutzrechtliche Bewilligung zu Unrecht erteilt worden sei. Auf Grund dieser Berufung war die belangte Behörde berechtigt - und auch verpflichtet, zu prüfen, ob die Bestimmung des § 47 Abs. 1 lit. h NSchG 1993 eingehalten wurde, auch wenn diesbezüglich in der Berufung nichts vorgebracht wurde, da die Berufungsbehörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Rahmen des ihr gestellten Entscheidungsthemas nicht an die geltend gemachten Berufungsgründe gebunden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 1985, Slg. N.F. 11.795/A, u.a.).
Die Befugnis der belangten Behörde, das Formgebrechen des fehlenden Nachweises der Grundeigentümerzustimmung aufzugreifen, kann auch nicht mit der Begründung verneint werden, die Salzburger Landesumweltanwaltschaft habe diesen Einwand in der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen und sei daher jedenfalls in diesem Punkt präkludiert. Dies schon deswegen, weil die durch die - zulässige - Berufung an die belangte Behörde herangetragene Angelegenheit, nämlich die Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung, eine Trennbarkeit dahingehend, daß über die Bewilligungsfähigkeit des Projektes der beschwerdeführenden Partei unter bestimmten Gesichtspunkten entschieden werden und die Bewilligungsfähigkeit unter anderen Gesichtspunkten ungeprüft bleiben und trotzdem in der Berufungsinstanz eine auf Genehmigung lautende Rechtslage herbeigeführt werden könnte, nicht zuläßt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. November 1994, Zl. 93/04/0102, u.a.).
Ein Ausklammern der Frage des Vorliegens eines Formgebrechens durch die belangte Behörde kam aber auch aus nachstehenden weiteren Gründen nicht in Betracht.
Aus § 13 Abs. 3 AVG ist abzuleiten, daß Formgebrechen grundsätzlich ein Zurückweisungsgrund sind, der allerdings erst nach erfolglosem Verbesserungsauftrag zu einer Zurückweisung führen darf. Da die Zustimmungserklärung der Grundeigentümer nach § 47 Abs. 1 lit. h NSchG 1993 eine Voraussetzung für eine Sachentscheidung war, bewirkte die Anordnung des § 13 Abs. 3 AVG damit im Beschwerdefall aber auch, daß vor Behebung des Formgebrechens eine Sachentscheidung nicht getroffen werden durfte. Fragen der Zulässigkeit einer Sachentscheidung sind - ebenso wie Zuständigkeitsfragen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 1980, Slg. N.F. 10.317/A) - einer Parteiendisposition entzogen, sodaß diesbezüglich auch keine Präklusion eintreten kann. Aus diesem Grund wäre im übrigen das Ergebnis - Zulässigkeit des Aufgreifens der Frage des Formgebrechens durch die belangte Behörde - auch kein anderes, wollte man annehmen, die Salzburger Landesumweltanwaltschaft habe keine Einwendungen im Rechtssinn erstattet und sei daher in bezug auf jene Angelegenheiten, in denen eine Präklusion möglich ist, präkludiert.
Die beschwerdeführende Partei meint, die belangte Behörde hätte nicht das Ansuchen vom 13. August 1986 zurückweisen dürfen, sondern das Vorhaben in der durch die Eingabe vom 4. November 1992 modifizierten Fassung. Die beschwerdeführende Partei könne nicht verpflichtet sein, die Zustimmungserklärung von Eigentümern hinsichtlich solcher Projektsteile einzuholen, die nicht Gegenstand des Verfahrens seien. Die belangte Behörde habe die beschwerdeführende Partei nicht darauf hingewiesen, in welchem Umfang sie die Einholung von Zustimmungserklärungen für erforderlich erachte.
Das Ansuchen der beschwerdeführenden Partei um Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung datierte vom 13. August 1986. Mit der Eingabe vom 4. November 1992 wurde kein neues Projekt eingebracht, sondern das eingereichte durch Abstandnahme von Projektsteilen reduziert. Es lag der Behörde daher noch immer der Antrag vom 13. August 1986 vor.
Die belangte Behörde hat von der beschwerdeführenden Partei nie die Zustimmungserklärung von Eigentümern hinsichtlich solcher Projektsteile gefordert, die nicht Gegenstand des Verfahrens waren.
Die beschwerdeführende Partei brauchte von der belangten Behörde nicht darauf hingewiesen werden, in welchem Umfang die Zustimmungserklärungen erforderlich waren, da sie selbst wissen mußte, auf welche Grundstücke sich ihr Projekt erstrecke.
Die beschwerdeführende Partei bringt vor, § 47 Abs. 1 lit. h NSchG 1993 statuiere kein Formerfordernis. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 27. Februar 1995, Zl. 91/10/0089, eine gleichartige Bestimmung im Kärntner Naturschutzgesetz als materielle Bewilligungsvoraussetzung eingestuft. Die belangte Behörde habe auch nicht auf § 47 Abs. 3 und 48 Abs. 2 NSchG 1993 Bedacht genommmen.
Nach § 47 Abs. 1 NSchG 1993 sind in einem Ansuchen um Erteilung einer Bewilligung nach § 23 Abs. 5 folgende Umstände anzuführen bzw. nachzuweisen:
h) die schriftliche Zustimmung des Grundeigentümers oder sonst Verfügungsberechtigten zum beantragten Vorhaben, wenn dieser nicht selbst Antragsteller ist.
Das Fehlen des Nachweises der Zustimmung des Grundeigentümers ist ein Formgebrechen (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, S. 171, angeführte Rechtsprechung). Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Februar 1995, Zl. 91/10/0089, wurde nichts Gegenteiliges ausgesprochen, da es dort um die Frage, ob ein Formerfordernis vorliegt oder nicht, nicht gegangen ist. § 47 Abs. 1 lit. h NSchG 1993 erfüllt eine Doppelfunktion: Zum einen statuiert diese Bestimmung Formerfordernisse für Bewilligungsansuchen, zum anderen werden damit auch materielle Voraussetzungen für die Erteilung der Bewilligung festgesetzt.
Nach § 47 Abs. 3 erster Halbsatz NSchG 1993 kann die Naturschutzbehörde von einzelnen der im Abs. 1 und 2 genannten Angaben und Unterlagen absehen, wenn diese für die Beurteilung des Vorhabens unerheblich sind.
Da die Zustimmung des Grundeigentümers Voraussetzung für die Erteilung der Bewilligung ist, kann von einer Unerheblichkeit des Nachweises dieser Zustimmung keine Rede sein. Daß allenfalls die Möglichkeit besteht, durch eine Zwangsrechtseinräumung im Wasserrechtsverfahren Zugriff auf diese Grundstücke zu erhalten, ersetzt diese Zustimmung nicht, solange diese Zwangsrechte nicht eingeräumt sind.
Nach § 48 Abs. 2 NSchG 1993 ist die Vorschreibung von Auflagen, Bedingungen und Befristungen im Zusammenhang mit der Erteilung von Bewilligungen oder der ausdrücklichen Kenntnisnahme einer Maßnahme zulässig, wenn dadurch abträgliche Auswirkungen auf die Natur der Landschaft ausgeschlossen oder auf ein geringeres Ausmaß beschränkt werden können.
Auflagen beziehen sich demnach auf die inhaltliche Gestaltung der Bewilligung, nicht aber auf Formerfordernisse des Ansuchens. Wenn die belangte Behörde die naturschutzrechtliche Bewilligung nicht unter der Auflage der Einholung der Zustimmung der Grundeigentümer erteilte, ist ihr kein Fehler unterlaufen.
Schließlich bringt die beschwerdeführende Partei vor, die belangte Behörde hätte das Verfahren aussetzen müssen.
Ausgesetzt werden kann ein Verfahren nach § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage durch die zuständige Behörde oder das Gericht. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Schlagworte
Trennbarkeit gesonderter AbspruchFormgebrechen behebbareFormerfordernisseVerbesserungsauftrag BejahungInhalt der BerufungsentscheidungPflichten bei Erteilung des VerbesserungsauftragesSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle WahrheitBeschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Bindung an den Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens AllgemeinUmfang der Abänderungsbefugnis Allgemein bei Einschränkung der Berufungsgründe beschränkte ParteistellungFormgebrechen nicht behebbare NICHTBEHEBBARE materielle MängelVoraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungsrecht und Präklusion (AVG §42 Abs1)Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des BerufungsbescheidesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995100273.X00Im RIS seit
12.11.2001Zuletzt aktualisiert am
11.01.2011