Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß, Dr. Fuchs, Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 12. Dezember 1994, Zl. 240.568/3-5/94, betreffend Unterhaltsrente nach dem Opferfürsorgegesetz für das Jahr 1993, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer bezieht (zufolge Anerkennung der Anspruchsberechtigung nach § 1 Abs. 2 lit. c OFG 1947) als Inhaber der Amtsbescheinigung W.NN. vom 10. November 1965 eine Unterhaltsrente nach dem Opferfürsorgegesetz.
Mit (in Rechtskraft erwachsenen) Bescheid des damals mit der Leitung des Bundesministeriums für soziale Verwaltung betrauten Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz vom 8. Oktober 1980, Zl. 240.568/13-5/1980, wurde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 nach Anhören der Opferfürsorgekommission (§ 17 OFG) keine Folge gegeben und der Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 28. Mai 1980, mit dem die Unterhaltsrente des Beschwerdeführers nach dem OFG mit Wirkung vom 1. Jänner 1979 neu bemessen und bis 31. Dezember 1979 im Betrage von monatlich S 2.781,-- gewährt worden war, bestätigt. In dem genannten Berufungsbescheid vom 8. Oktober 1980 wurden unter anderem die folgenden Feststellungen getroffen:
"K, im fgd. BW genannt, stand im Bezuge von Unterhaltsrente, die bis 31.12.1978 in ungekürzter Höhe gewährt wurde, weil der BW keiner Erwerbstätigkeit nachging und über kein nachweisbares Vermögen verfügte.
Im Jahre 1977 verstarb in Brüssel die dort ansässige Mutter des BW. Durch umfassende Ermittlungen (Anfragen bei den mit der Abhandlung der Verlassenschaft in Brüssel befaßten Notaren, Anfragen beim Wiener Abhandlungsgericht und bei dem im Auftrag des BW in Wien tätigen Rechtsanwalt, Einholung eines Bankauszuges der Schweizer Bank, an welche ein Teil des Verlassenschaftserlöses überwiesen wurde) konnte die Behörde erster Instanz ermitteln, daß der Reinnachlaß (nach Abzug der im Zusammenhang mit der Abhandlung und Einantwortung, sowie Verwertung erwachsenen Spesen) in Belgien 966.063 frcs.belg. (Gegenwert in ÖS: 446.031,29 S) und in Österreich 57.557,80 S betragen hatte. Von diesem Betrag in Höhe von insgesamt S 503.589,09 S wurden jedoch noch die nachgewiesenen Kosten des in Wien tätigen RA Dr. W in Höhe von S 9.507,68 und die Kosten eines Grabsteines für das Grab der Mutter (Gegenwert ÖS 6.847,50) somit insgesamt S 16.355,18 als notwendige Aufwendungen in Abzug gebracht. Das verbleibende Reinvermögen im Wert von S 487.233,90 wurde als der ordentlichen Bewirtschaftung (siehe verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung) zu unterziehendes Kapital für die Zeit vom 1.1. bis 28.2.1979 zu 6 v.H. und ab 1.3. bis 31.12.1979 zu 4 v.H. verzinst. Daraus ergab sich ein erzielbares Gesamteinkommen von S 21.113,47 für das Jahr 1979. Unter Bedachtnahme auf die Einkommensgrenze von monatlich S 4.540 (ungekürzte Unterhaltsrente eines alleinstehenden Opfers) ergab dies für 1979 eine Teilunterhaltsrente von monatlich S 2.780."
Der Beschwerdeführer befindet seit 1. Oktober 1981 in der Pflegeanstalt M in W.
Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 18. Dezember 1992, Zl. 3 SW 40/92-5, wurde für den Beschwerdeführer für die Dauer des Verfahrens, in dem die Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters geprüft wurde, die (auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof einschreitende) Beschwerdeführervertreterin zum einstweiligen Sachwalter mit dem Wirkungskreis der Besorgung "alle dringenden finanziellen Angelegenheiten" bestellt. Mit Beschluß des genannten Gerichts vom 30. April 1993 wurde die Beschwerdeführervertreterin schließlich zur Sachwalterin mit dem genannten Wirkungskreis für den Beschwerdeführer bestellt.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 23. März 1994 wurde über die Unterhaltsrente des Beschwerdeführers wie folgt abgesprochen:
"Der Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom 28.1.1993, Zl. MA 12 - 6524/R/20, wird abgeändert und die gebührenden Rentenleistungen gemäß § 2 Abs. 2, § 11 Abs. 5
u. 13, § 11a Opferfürsorgegesetz (OFG) im Zusammenhalt mit § 13 Kriegsopferversorgungsgesetz (KOVG) wie folgt neu bemessen:
Unterhaltsrente
ab 1.1.1993 bis 31.12.1993 mtl. 7.602,-- S.
Die Vorschüsse werden angerechnet. Über die Höhe der Unterhaltsrente ab 1.1.1994 wird gesondert entschieden werden."
Zur Begründung führte der Landeshauptmann von Wien (nach Darlegung der entsprechenden Rechtslage) im wesentlichen aus, die Bestimmung des § 13 KOVG 1957 setze nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine ordentliche Bewirtschaftung der Ertragsquellen voraus. Ein Anspruchswerber, der sich ohne ausreichenden Grund einer Möglichkeit begebe, aus seinem Besitz entsprechendes Einkommen zu erzielen, gehe seines Anspruches verlustig. Ein vorhandenes Kapitalvermögen sei demnach zinsbringend anzulegen. Die Berechnung der Unterhaltsrente des Beschwerdeführers beruhe auf der "Sachverhaltsannahme eines Vermögens in der Höhe von S 487.233,90, welches als Reinvermögen aus dem Nachlaß der Mutter mit Bescheid des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 8. Oktober 1980, Zl. 240.568/13-5/1980, festgestellt bzw. bestätigt wurde". Die aus dem Beiblatt zu ersehende Berechnung der Teilunterhaltsrente für 1993 ergebe sich bei Heranziehung fiktiver Zinsen eines Durchschnittskurses für fixverzinsliche Rentenwerte ("6,74 % bis 20 % KEST"). Dieser Bescheid wurde der für den Beschwerdeführer bestellten Sachwalterin am 25. April 1994 zugestellt.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer durch seine Sachwalterin Berufung, in der im wesentlichen vorgebracht wurde, der Beschwerdeführer verfüge nicht über das von der Behörde angenommene Vermögen. Die bestellte Sachwalterin habe trotz entsprechender Bemühungen das von der Behörde angenommene Vermögen nicht ausfindig machen können. Aus den der Sachwalterin vorliegenden Unterlagen ergebe sich, daß der Beschwerdeführer aufgrund des in Belgien durchgeführten Verlassenschaftsverfahrens nur einen Betrag von belgische Francs 40.129 (umgerechnet ÖS 18.367,04) erhalten habe. In Österreich habe das durchgeführte Verlassenschaftsverfahrens lediglich die Einantwortung eines Vermögens von ÖS 57.557,80 ergeben. Der Beschwerdeführer dürfte einen Großteil dieses Vermögens für Anwaltskosten verwendet haben. Die Sachwalterin habe nach Erforschung der Vermögensverhältnisse davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer das von der Behörde angenommene Vermögen nie erhalten habe. Aber selbst wenn der Beschwerdeführer im Jahr 1977 tatsächlich einen Betrag von umgerechnet ÖS 487.233,90 geerbt haben sollte, habe er diesen Betrag in den vergangenen 17 Jahren ausgegeben; bei einem solcherart erfolgten jährlichen Verbrauch von ÖS 28.660,-- könne keinesfalls von einer unsachgemäßen oder verschwenderischen Verwendung des ererbten Vermögens gesprochen werden. Die erstinstanzliche Behörde habe dadurch eine wesentliche Verfahrensverletzung begangen, daß sie ihre Sachverhaltsfeststellungen über das Vermögen des Beschwerdeführers ohne Beweisaufnahmen allein auf einen im Jahr 1980 erlassenen Bescheid gestützt habe.
Im Rahmen des Berufungsverfahrens forderte die belangte Behörde unter gleichzeitigem Vorhalt der im Jahr 1980 ergangenen Bescheide (Berufungsbescheid vom 8. Oktober 1980 und erstinstanzlicher Bescheid vom 28. Mai 1980) die Sachwalterin des Beschwerdeführers auf, binnen vier Wochen entsprechende Nachweise über "außergewöhnliche Belastungen" vorzulegen, da "eine Minderung des angeführten Betrages" nur aufgrund entsprechender Nachweise erfolgen könnte.
Die Sachwalterin des Beschwerdeführers erstattete daraufhin die folgende schriftliche Stellungnahme:
"Unter Bezugnahme auf Ihr Schreiben vom 9. September 1994 (richtig wohl: 4. August 1994) teile ich Ihnen mit, daß ich zwar über keine Nachweise außergewöhnlicher Belastungen verfüge, die zu einer Minderung des angeblich vorhandenen Vermögens führen würden. Auf Grund meiner umfassenden Recherchen kann ich jedoch ausschließen, daß Herr K im Besitze dieses angeblichen Vermögens ist. Vielmehr lebte Herr K, soweit es mir bekannt ist, Zeit seines Lebens in sehr armen Verhältnissen.
Selbst wenn Herr K den im ha Bescheid vom 8.10.1980 rechtskräftig festgestellten Betrag im Erbwege erhalten hat, so ist davon auszugehen, daß dieser Betrag für Anwaltskosten und Schulden verbraucht wurde. Und selbst wenn man davon ausgeht, daß Herr K auf Grund des Nachlasses seiner Mutter diesen Betrag erhalten hat und er keine Schulden damit zu begleichen hatte - was ich ausdrücklich bestreite - ist das Vermögen ohne unsachgemäße Verwendung mittlerweise verbraucht. Ein Betrag in der Höhe von S 487.233,90 entspricht seit dem Jahr 1977 einem jährlichen Verbrauch von S 28.660,--. Dies entspricht keinesfalls einer verschwenderischen Lebensführung.
Ich ersuche daher, der Bemessung der Zulage gem § 11 Abs. 11 OFG kein fiktives Zinseinkommen in der Höhe von S 2.189,30 zugrunde zu legen und die Höhe der Zulage neu zu bemessen."
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 12. Dezember 1994 entschied die belangte Behörde über die Berufung des Beschwerdeführers nach Anhören der Opferfürsorgekommission wie folgt:
"Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aus seinen zutreffenden Gründen bestätigt.
Bemerkt wird, daß die Heranziehung des Nachlaßvermögens in Höhe von S 487.233,90 als Grundlage des Einkommens gemäß § 13 KOVG 1957 unter Hinweis auf den rechtskräftigen Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 8.10.1980, Zl. 240.568/13-5/80, zu Recht erfolgte und allfällige außergewöhnliche Belastungen, welche zu einer Minderung des angeführten Betrages geführt hätten, vom Berufungswerber nicht nachgewiesen werden konnten.
Rechtsgrundlagen der Entscheidung:
§ 11 Abs. 5 und 14, § 16 Abs. 1, § 17 Abs. 1 OFG; § 52 Abs. 3 KOVG 1957 und § 66 Abs. 4 AVG."
Diesen Ausführungen folgt keine weitere Begründung, sondern nur mehr die Rechtsmittelbelehrung und der Hinweis nach § 61a AVG.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht werden.
Der Beschwerdeführer erachtet sich seinem gesamten Beschwerdevorbringen nach erkennbar in dem Recht auf ungekürzten Bezug der ihm für das Jahr 1993 zustehenden Unterhaltsrente verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens (und sämtliche auf die Angelegenheit bezughabenden Akten des Verwaltungsverfahrens) vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall in Betracht zu ziehenden Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 4. Juli 1947, BGBl. Nr. 183, über die Fürsorge für die Opfer des Kampfes um ein freies, demokratisches Österreich und die Opfer politischer Verfolgung (Opferfürsorgesetz; OFG) lauten:
"§ 1. (2) Als Opfer der politischen Verfolgung im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Personen anzusehen, die in der Zeit vom 6. März 1933 bis zum 9. Mai 1945 aus politischen Gründen, aus Gründen der Abstammung, Religion, Nationalität oder aufgrund einer Behinderung durch Maßnahmen eines Gerichtes, einer Verwaltungs- (im besonderen einer Staatspolizei-)Behörde oder durch Eingriffe der NSDAP einschließlich ihrer Gliederungen in erheblichem Ausmaß zu Schaden gekommen sind.
Als solche Schädigungen in erheblichem Ausmaß sind anzusehen:
...
c) eine Gesundheitsschädigung, durch die die Erwerbsfähigkeit nach den Bestimmungen des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 um mindestens 50 v.H. gemindert ist
...
§ 4. (1) Wird dem Antrag (§ 3) auf Anerkennung der Anspruchsberechtigung nach § 1 Abs. 1, Abs. 2 lit. c oder Abs. 3 lit. a oder b stattgegeben, so hat der Landeshauptmann eine "Amtsbescheinigung" auszustellen; in der Amtsbescheinigung sind die Gesetzesstellen, auf die sich die Anspruchsberechtigung (§ 1) gründet, zu vermerken.
(2) Die Amtsbescheinigung verpflichtet alle öffentlichen Ämter und Stellen, den sie vorweisenden Inhaber bevorzugt vor allen anderen Parteien vorzulassen, sein jeweils gestelltes Ansuchen im Sinne der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in jeder Weise im Rahmen der bezüglichen Vorschriften weitestgehend zu fördern und begünstigt und beschleunigt zu behandeln.
...
§ 11. (1) Gegenstand der Rentenfürsorge sind die Opferrente, die Hinterbliebenenrente, die Unterhaltsrente und die Beihilfe.
...
(5) Inhaber einer Amtsbescheinigung haben zur Sicherung des Lebensunterhaltes Anspruch auf Unterhaltsrente, auf die das Einkommen gemäß Abs. 13 anzurechnen ist.
...
(13) Auf die Unterhaltsrente ist jedes Einkommen im Sinne des § 13 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 anzurechnen; zum Einkommen zählen auch 30 v.H. des Einkommens des Lebensgefährten. Soweit das Einkommen aus laufenden Monatsbezügen besteht, sind im einzelnen Monaten anfallende Sonderzahlungen nicht als Einkommen zu werten. Gemäß Abs. 2 und 3 zuerkannte Renten sowie Beschädigten- und Hinterbliebenen(grund)renten nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 sind auf die Unterhaltsrente nicht anzurechnen.
...
§ 16. (1) Auf das Verfahren finden, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, die Vorschriften des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51, Anwendung. Hinsichtlich der Anmeldung von Ansprüchen bei einer nicht zuständigen Behörde oder bei einem Sozialversicherungsträger, der Berufungsfrist und der Einbringung der Berufung, der Frist für die Einbringung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens und im Fall der Abänderung oder Behebung eines Bescheides von Amts wegen gemäß § 68 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, sowie für die Erlassung eines Bescheides als Folge einer solchen Verfügung gelten die Bestimmungen des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, sinngemäß."
Die zufolge § 11 Abs. 13 leg. cit. anzuwendende Bestimmung des § 13 Kriegsopferversorgungsgesetzes (KOVG 1957) enthält folgende für den Beschwerdefall bedeutsame Regelungen:
(1) Unter Einkommen im Sinne des § 12 Abs. 2 ist - abgesehen von den Sonderbestimmungen der Abs. 4 bis 8 - die Wertsumme zu verstehen, die einer Person aus dauernden Ertragsquellen in Geld- oder Güterform zufließt und die sie verbrauchen kann, ohne daß ihr Vermögen geschmälert wird. Zum Einkommen zählen jedoch nicht Familienbeihilfen, Erziehungsbeiträge sowie die für die Kinder gewährten Familienzulagen, Familienzuschläge, Steigerungsbeträge und sonstigen gleichartigen Leistungen. Wenn das Einkommen aus einer Pension, einer Rente, einem Gehalt oder einem sonstigen gleichartigen Bezug besteht, gelten auch die zu diesen Bezügen geleisteten Sonderzahlungen nicht als Einkommen.
...
(3) Bei schwankendem Einkommen gilt ein Zwölftel des innerhalb eines Kalenderjahres erzielten Einkommens (Abs. 1) als monatliches Einkommen. Über den Anspruch auf Gewährung einer vom Einkommen abhängigen Versorgungsleistung ist jeweils für ein Kalenderjahr im Nachhinein zu entscheiden.
...
(9) Einkommen, die im Ausland erzielt werden, sind nach dem jeweiligen Monatsdurchschnitt der Mittelkurse für Devisen der Wiener Börse umzurechnen; der Umrechnung von Währungen, die an der Wiener Börse nicht notieren, sind die von der Österreichischen Nationalbank errechneten Werte zugrunde zu legen. Bei der Bemessung der Versorgungsleistung, der ein solches Einkommen zugrunde gelegt wird, ist Abs. 3 anzuwenden."
Vorweg ist auf die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof aufrecht erhaltene Behauptung der Sachwalterin einzugehen, dem Beschwerdeführer sei nach dem Ableben seiner Mutter aufgrund des in Belgien abgeführten Verlassenschaftsverfahrens lediglich ein Betrag von belgischen Francs 40.129 ausbezahlt worden (das Ergebnis des in Österreich durchgeführten Verlassenschaftsverfahrens wird von der Sachwalterin nicht in Zweifel gezogen).
Die an dem Bescheid der belangten Behörde vom 8. Oktober 1980 geübte Kritik erweist sich wohl insoferne als berechtigt, als dem genannten Bescheid keine deutliche Feststellung über den Vorgang der Auszahlung bzw. Überlassung des Nachlaßvermögens an den Beschwerdeführer zu entnehmen ist, sondern lediglich die Höhe des Reinnachlasses festgestellt wurde. Daß die Feststellungen des genannten Bescheides bei verständiger Würdigung aber letztlich nur dahin zu verstehen sind, daß der Beschwerdeführer nicht bloß über den von der Sachwalterin zugestandenen Betrag, sondern über einen Betrag von netto belgischen Francs 1,023.399 offenbar verfügen konnte, ergibt sich nämlich nach der Aktenlage in augenfälliger Weise aus der am 18. Mai 1979 von der Österreichischen Botschaft in Brüssel an die Behörde erster Instanz übermittelten (und bei der Behörde erster Instanz am 25. Mai 1979 eingelangten) Erbschaftserklärung vom 21. Dezember 1977, die der Beschwerdeführer am 23. Dezember 1977 gegenüber den belgischen Finanzbehörden abgegeben hatte (vgl. dazu die S. 742 ff des erstbehördlichen Rentenaktes). Es begegnet daher keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde davon ausgegangen ist, daß der Beschwerdeführer im Jahr 1977 über das im Bescheid vom 8. Oktober 1980 festgestellte Vermögen verfügen habe können.
Berechtigung kommt der Beschwerde aber im Ergebnis insoweit zu, als sich die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung die von der Behörde erster Instanz (allein aufgrund des genannten Bescheides vom 8. Oktober 1980) getroffene Sachverhaltsannahme zu eigen machte, dem Beschwerdeführer sei bei der Rentenbemessung für das Jahr 1993 Einkommen aus einem Kapitalvermögen von ÖS 487.233,90 zuzurechnen.
Dabei verkennt die belangte Behörde zunächst die Grenzen der Bescheidwirkungen. Mit dem Bescheid vom 8. Oktober 1980 wurde nämlich lediglich über die Unterhaltsrente für das Jahr 1979 rechtskräftig abgesprochen. Entgegen der von der belangten Behörde vertretenen (bzw. von der Erstbehörde übernommenen) Auffassung hatte dieser Ausspruch keine für die folgenden Kalenderjahre bindende Wirkung. Mit dem herangezogenen Bescheid vom 8. Oktober 1980 wurde nämlich nicht auf unabsehbare Zeit (auf Lebenszeit des Beschwerdeführers) unanfechtbar und unabänderlich festgeschrieben, daß dem Beschwerdeführer Jahr für Jahr Zinseinkünfte aus dem 1980 bescheidmäßig festgestellten Vermögen anzurechnen seien (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 1. Dezember 1988, Zl. 88/09/0078). Die belangte Behörde verkennt daher, daß ihr die auf der Beweisebene zu beurteilende Sachverhaltsfrage aufgegeben war, ob bzw. bejahendenfalls in welcher Höhe im Jahr 1993 anrechenbares Vermögen des Beschwerdeführers vorhanden gewesen ist.
In dieser Hinsicht wurden aber weder im erstinstanzlichen Bescheid noch im angefochtenen Bescheid Feststellungen getroffen, zumal der Bescheid vom 8. Oktober 1980 die Frage der seit dieser Bescheiderlassung eingetretenen Vermögensentwicklungen bzw. die im Beurteilungsjahr 1993 tatsächlich bestehenden Verhältnisse unbeantwortet läßt. Die in Rede stehenden Bescheide enthalten aber auch keine Erwägungen zu dem von der Sachwalterin des Beschwerdeführers erstatteten Vorbringen, daß im Jahr 1993 das von den Behörden angenommene Vermögen nicht mehr vorhanden gewesen sei. Die belangte Behörde hat damit (auch) für den Beschwerdeführer nachteilige rechtliche Konsequenzen bei der Berechnung seiner Unterhaltsrente für das Jahr 1993 gezogen, ohne sich aber mit seinem Vorbringen ausreichend auseinanderzusetzen und ihre zu den belastenden Annahmen führenden Erwägungen in nachvollziehbarer Weise aufzudecken.
Das im Beschwerdefall somit unterlassene Ermittlungsverfahrens im aufgezeigten Sinn bzw. die den Bescheiden solcherart anhaftenden Feststellungsmängel lassen sich - wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zu Unrecht darlegt - auch nicht mit dem Grundsatz der ordentlichen Bewirtschaftung rechtfertigen. Vielmehr widerspricht die Rechtsmeinung der belangten Behörde dem genannten Grundsatz, sodaß diese den angefochtenen Bescheid dadurch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet hat (vgl. insoweit das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1984, Zl. 82/09/0066).
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß der Versorgungsberechtigte, der sich ohne zureichenden Grund der Möglichkeit begibt, aus seinem Besitz ein ausreichendes Einkommen zu erzielen, keinen bzw. keinen vollen Anspruch auf Zusatzrente hat. Bei der Beurteilung, welche Erträgnisse bei einer ordentlichen Bewirtschaftung aus einem Besitz zu erzielen sind, ist grundsätzlich vom freien Gestaltungsrecht des Rentenbeziehers auszugehen. Der Grundsatz der ordentlichen Bewirtschaftung besagt im wesentlichen, daß der Rentenbezieher nicht in einer ihm vorwerfbaren Weise sein ertragbringendes Vermögen ungenützt lassen darf. Hiebei sind die ortsüblichen Verhältnisse sowie die persönlichen Umstände des Rentenbeziehers zu berücksichtigen. Der Maßstab für die Einhaltung des Grundsatzes der ordentlichen Bewirtschaftung ist hiebei nicht nur eine abstrakte Verwertungsmöglichkeit, sondern auch die - nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilende - Zumutbarkeit im konkreten Fall (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Jänner 1986, VwSlg. NF Nr. 11.988/A).
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die belangte Behörde aber eine Auseinandersetzung damit unterlassen, aus welchem Grund dem Beschwerdeführer aus der Sicht des Beschwerdefalles vorzuwerfen wäre, sein im Erbweg erlangtes Vermögen im Zeitraum 1977 bis 1993 entgegen dem Grundsatz der laufenden Bewirtschaftung vermindert oder verbraucht zu haben. Auch mit der Frage, ob es dem Beschwerdeführer nach seinen persönlichen Lebensumständen und angesichts seines (grundsätzlich unbeschränkten) Verfügungsrechtes objektiv zumutbar war, das ererbte Kapitalvermögen unangetastet zu lassen, hat sich die belangte Behörde nicht befaßt. Der Verbrauch eines Barvermögens kann aber - ohne Auseinandersetzung mit den konkreten Umständen des Einzelfalles - nicht ausnahmslos als für den Anspruch auf ungekürzte Unterhaltsrente schädliche Verletzung der ordentlichen Bewirtschaftung angesehen werden, zumal ebenso den Lebensbedürfnissen des Versorgungsberechtigten entsprechende (notwendige) Anschaffungen möglich sind (vgl. hiezu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1983, Zl. 81/09/0128).
Die belangte Behörde hat aber auch die persönlichen Lebensumstände des Beschwerdeführers und die Bestellung eines Sachwalters für seine dringenden finanziellen Angelegenheiten nicht beachtet.
Nach § 273 Abs. 1 ABGB ist einer Person, die an einer psychischen Krankheit leidet oder geistig behindert ist und alle oder einzelne ihrer Angelegenheiten nicht ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen vermag, auf ihren Antrag oder von Amts wegen (von zuständigen Pflegschaftsgericht) ein Sachwalter zu bestellen. Nach Abs. 3 leg. cit. richten sich Art und Umfang der vom Sachwalter zu besorgenden Angelegenheiten je nach Ausmaß der Behinderung.
Im Hinblick auf die für den Beschwerdeführer erfolgte Sachwalterbestellung hätten bei der belangten Behörde aber begründete Zweifel darüber entstehen müssen, ob angesichts der vom zuständigen Pflegschaftsgericht als erwiesen angenommenen Unfähigkeit zur Besorgung seiner finanziellen Angelegenheiten dem Beschwerdeführer eine Verletzung des Grundsatzes der ordentlichen Bewirtschaftung überhaupt vorgeworfen werden kann. Die belangte Behörde beschränkte ihr Ermittlungsverfahren jedoch allein darauf, von der bestellten Sachwalterin "Nachweise über außergewöhnliche Belastungen" abzuverlangen. Daß eine derartige Gestaltung des Berufungsverfahrens den besonderen Umständen des Beschwerdefalles aber nicht gerecht wird, zumal Vermögensveränderungen ebenso auch ohne schriftliche Belege vorgenommen werden können, liegt auf der Hand. Solcherart ließ die belangte Behörde auch unbeachtet, ob allfällige vom Beschwerdeführer getätigte Vermögensveränderungen (deren konkrete Umstände nicht bekannt sind) im Zustand seiner Behinderung vorgenommen wurden, wobei insbesondere nicht ermittelt wurde, ab welchem Zeitpunkt der Beschwerdeführer die Fähigkeit verloren hat, seine finanziellen Angelegenheiten ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen.
Was schließlich - wenn die Höhe des im Jahr 1993 der ordentlichen Bewirtschaftung unterliegenden Kapitalvermögens nach den Ergebnissen eines fehlerfreien Ermittlungsverfahrens feststeht - die Höhe eines allenfalls anrechenbaren Einkommens an Zinsen anlangt, hat die belangte Behörde jedenfalls nicht beachtet, daß für Einkommen, die im Ausland erzielt werden, die Bestimmung des § 13 Abs. 9 KOVG 1957 anzuwenden ist. Dem Beschwerdeführer wurde nämlich aus einer Verlassenschaft in Belgien stammendes Vermögen in belgischer Währung zugerechnet. Auch in dieser Hinsicht ist der angefochtene Bescheid nicht überprüfbar und damit rechtswidrig.
Die belangte Behörde belastete somit den angefochtenen Bescheid aus dargelegten Gründen insgesamt mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Barauslagenersatz (in der Höhe von S 240,--) konnte nicht zugesprochen werden, weil ein insoweit zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandender notwendiger Aufwand nicht konkret nachgewiesen wurde. Zudem ist darauf hinzuweisen, daß in Angelegenheiten des Opferfürsorgegesetzes zufolge dessen § 2 Abs. 2 in Verbindung mit § 64 Abs. 2 KOVG 1957 Gebührenfreiheit besteht und dem Beschwerdeführer im Rahmen der bewilligten Verfahrenshilfe die Befreiung von der Entrichtung der Stempelgebühren gewährt wurde.
Schlagworte
Bezüge die als Einkommen anzusehen sind DiversesRechtskraft Rechtsgebiete KriegsopferversorgungOrdentliche Bewirtschaftung Erzielung eines ausreichenden EinkommensEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995090109.X00Im RIS seit
27.03.2001Zuletzt aktualisiert am
22.09.2011