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Gesundheitswesen - ApGNorm
ApG 1907 §10 Abs1 Z2 idF 1984/502Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Puck, Dr. Sauberer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Dr. Schmidt, über die Beschwerde des Mag. pharm. HL in E, vertreten durch Dr. Hans Otto Schmidt, Rechtsanwalt in Wien III, Hegergasse 9, gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz vom 11. September 1985, Zl. IV-245.247/9-4/85, betreffend Abweisung eines Konzessionsantrages auf Errichtung und Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in N (mitbeteiligte Partei: Mag. pharm. WA in N, vertreten durch Dr. Heinz Löber, Rechtsanwalt in Wien I, Seilergasse 16), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Gesundheit und öffentlicher Dienst) Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.470,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Begehren der mitbeteiligten Partei auf Ersatz der Umsatzsteuer wird abgewiesen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid vom 11. April 1984 erteilte der Landeshauptmann von Burgenland dem Beschwerdeführer die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke mit dem Standort „Gebiet des Hauptplatzes und der Oberen Hauptstraße in N zwischen einschl. den Häusern Hauptplatz Nr. 29 und Nr. 30, (welche sich etwa in der Mitte des Hauptplatzes befinden) und dem westlichen Ende der Oberen Hauptstraße“ gemäß §§ 9, 10 und 51 des Apothekengesetzes, RGBl. Nr. 5/1907 (im folgenden: ApG aF).
Der Mitbeteiligte, vertreten durch den auch im vorliegenden Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ausgewiesenen rechtsfreundlichen Vertreter, erhob Berufung. Er hatte in gleicher Weise bereits im erstinstanzlichen Verfahren Einspruch erhoben und im Text dieses Einspruches darauf verwiesen, daß er persönlich haftender Gesellschafter der seit 1. Jänner 1974 bestehenden Gesellschaft „K-Apotheke Mag. pharm. WA KG“ mit dem Sitz in N, Untere Hauptstraße 1, sei. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft N vom 18. Februar 1980 sei seine Bestellung zum verantwortlichen Leiter dieser radizierten Realapotheke N genehmigt worden. Der Einspruch war wegen Existenzgefährdung erhoben worden und hatte auch Ausführungen zur Bedarfsfrage enthalten. Einspruch und Berufung sind gefertigt von „Mag. pharm. WA“. Auch die dem einschreitenden Rechtsanwalt erteilte Vollmacht ist von „Mr. WA“ unterschrieben und trägt keinen Hinweis auf ein Vertretungsverhältnis namens der Kommanditgesellschaft.
Im Zuge des Berufungsverfahrens erweiterte der Mitbeteiligte nach Inkrafttreten der Apothekengesetznovelle 1984, BGBl. Nr. 502 (im folgenden: ApGNov 1984), mit Schriftsatz vom 7. März 1985 seinen Einspruch auch auf die Bedarfsfrage gemäß Art. III Abs. 4 dieser Novelle.
1.2. Ein vom Beschwerdeführer beim Verwaltungsgerichtshof anhängig gemachtes Säumnisbeschwerdeverfahren wurde mit hg. Beschluß vom 28. November 1985, Zl. 84/08/0246, wegen Nachholung des versäumten Bescheides (des nunmehr angefochtenen Bescheides des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz vom 11. September 1985) eingestellt.
1.3. Mit dem zuletzt genannten Bescheid vom 11. September 1985 gab der Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz der Berufung des Mitbeteiligten Folge, behob den Bescheid des Landeshauptmannes und wies das Ansuchen des Beschwerdeführers ab. In der Begründung dieses Bescheides wird ausgeführt, daß die beantragte Apotheke je nach der im einzelnen dargestellten Berechnungsvariante nur etwa 3698 Personen, 4639 Personen oder bestenfalls 5069 Personen zu versorgen hätte, sodaß die Mindestanzahl von 5500 zu versorgenden Personen im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. b ApG in der Fassung der ApGNov (im folgenden: ApG nF) nicht erreicht werde.
Auch sei die gemäß § 10 Abs. 2 Z. 2 ApG nF geforderte Mindestentfernung von 500 m zwischen der künftigen Betriebsstätte der beantragten Apotheke und der Betriebsstätte der bestehenden Apotheke nicht gegeben. Gemäß den ergänzenden Erhebungen der belangten Behörde betrage der Abstand lediglich 354,24 m. Auf Grund der topographischen Gegebenheiten in N - es gebe keine wesentlichen Wegsteigungen oder sonstigen zu überwindenden Hindernisse - lägen keine besonderen örtlichen Verhältnisse vor, die im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung eine ausnahmsweise Unterschreitung der Entfernung von 500 m dringend gebieten würden.
Die Frage des Bedarfes der Bevölkerung nach einer neuen öffentlichen Apotheke in N müsse daher verneint werden.
1.4. Mit Beschluß vom 26. September 1986, B 822/85, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid gerichteten Verfassungsgerichtshofbeschwerde ab. Die Beschwerde wurde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
1.5. In seiner vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Ausübung der ihm mit Bescheid des Landeshauptmannes erteilten Konzession dadurch verletzt, daß die belangte Behörde diesen Bescheid über eine unzulässige Berufung der mitbeteiligten Partei behoben und das Ansuchen des Beschwerdeführers abgewiesen habe. Geltend gemacht werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
In der Begründung der Beschwerde heißt es, daß als Eigentümer der Liegenschaft, auf der sich die bestehende (radizierte) Realapotheke befinde, je zur Hälfte Mag. pharm WA und HH, geborene A, einverleibt seien. Im Handelsregister des Landesgerichtes Eisenstadt sei unter der Firma K-Apotheke Mag. pharm WA KG die aus dem persönlich haftenden Gesellschafter Mag. pharm WA und dem Kommanditisten MA (verehelichte H) gebildete Kommanditgesellschaft protokolliert. Die Rechtsverhältnisse an einer Realapotheke richteten sich ausschließlich nach zivilrechtlichen Vorschriften. Als Hälfteeigentümer komme dem Mitbeteiligten keine Mehrheit im Sinne des § 833 ABGB zu. Die Einspruchs- und Berufungslegitimation, sohin die Parteistellung gemäß § 8 AVG, richte sich im Falle einer radizierten Realapotheke ausschließlich nach dem Grundbuchsstand. Nur der Mehrheitseigentümer, keinesfalls der bloße Hälfteeigentümer wäre als Partei legitimiert. Der persönlich haftende Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft, die nicht Eigentümerin der Liegenschaft sei, mit der das radizierte Apothekenrealrecht verbunden sei, sei demzufolge zur Erhebung des Einspruches gemäß § 48 Abs. 2 ApG aF nicht legitimiert. Aber auch der verantwortliche Leiter der radizierten Realapotheke sei, sofern ihm nicht als Miteigentümer die Mehrheit der Liegenschaftsanteile zukomme (§ 833 zweiter Satz ABGB), ebenfalls nicht zur Erhebung des Einspruches legitimiert. Sowohl der Einspruch als auch die Berufung seien somit von einer nicht hiezu legitimierten Person erhoben worden. Dies gelte auch für die Einspruchserweiterung gemäß Art. III Abs. 4 ApGNov 1984. Der Bescheid des Landeshauptmannes sei somit in Rechtskraft erwachsen.
In der Frage der Mindestentfernung der beiden Apotheken werde ausgeführt, daß in N sehr wohl besondere Verhältnisse vorlägen, da eine ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung, insbesondere der umliegenden Gemeinden, mit Medikamenten nur dann gegeben sei, wenn die zahlreichen Patienten aus diesen Gemeinden eine Apotheke in der Nähe der Haltestellen der öffentlichen Verkehrsmittel vorfänden. Dies sei nur an der vom Beschwerdeführer genannten, in Aussicht genommenen Betriebsstätte der Fall.
In einem weiteren Schriftsatz vom 8. Februar 1988 wird noch ausgeführt, daß sich die Haltestellen der Autobusse, die in das Einzugsgebiet einer öffentlichen Apotheke in N führen, unmittelbar am Hauptplatz befänden. Die erforderlichen Parkplätze seien ebenfalls in diesem Bereich gelegen. Dort seien auch die Ordinationen der in Neusiedl ordinierenden Ärzte situiert.
1.6. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei je eine Gegenschrift.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. § 48 Abs. 2 ApG bestimmt sowohl in der vor als auch in der nach dem 1. Jänner 1985 geltenden Fassung den Kreis der Personen, die zur Erhebung eines Einspruches gegen den Antrag auf Erteilung einer Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke legitimiert sind. Diesen Personen kommt gemäß § 51 Abs. 3 ApG auch Berufungslegitimation zu. Dieser Personenkreis ist mit den Worten „Inhaber von öffentlichen Apotheken“ umschrieben.
Gemäß Art. III Abs. 4 ApGNov 1984 können in Verfahren, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes (1. Jänner 1985) anhängig sind, Inhaber von öffentlichen Apotheken, welche den Bedarf an der neuen öffentlichen Apotheke als nicht gegeben erachten, Einsprüche deswegen bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens, längstens jedoch innerhalb von drei Monaten ab dem Inkraftreten dieses Bundesgesetzes erheben.
Realapotheken sind öffentliche Apotheken. Sie unterliegen denselben Vorschriften wie konzessionierte Apotheken, soweit das Gesetz nicht ausdrücklich anderes anordnet oder sich die Unanwendbarkeit einer Bestimmung aus der Natur der Regelung ergibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. April 1968, Zl. 1056/67, Slg. N.F. Nr. 7329/A).
Das Apothekengesetz enthielt bis zur ApGNov 1984 keine ausdrücklichen Regelungen über das Betreiben von öffentlichen Apotheken in der Form einer Gesellschaft. Dennoch wurde der Betrieb einer Realapotheke durch eine Gesellschaft des Handelsrechts nach der Rechtsprechung ebenso als zulässig erachtet wie der einer konzessionierten Apotheke (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 2. Juni 1960, Zl. 478/55 betreffend eine von einer Offenen Handelsgesellschaft betriebene Realapotheke).
Was nun den Betrieb einer Realapotheke durch eine Gesellschaft des Handelsrechts, im Beschwerdefall durch eine Kommanditgesellschaft, anlangt, so hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem zuletzt zitierten Erkenntnis vom 2. Juni 1960 die Legitimation (Eigenschaft als „Inhaber“ im Sinne des § 48 Abs. 2 ApG) nicht nur der die Realapotheke betreibenden Offenen Handelsgesellschaft bejaht, sondern darüberhinaus auch zum Ausdruck gebracht, daß ein Miteigentumsanteil von 5/28stel an der verkäuflichen Realgerechtsame zum Einspruch legitimieren könne und daß hiezu nicht die Gesamtheit der Miteigentümer oder Gesellschafter erforderlich sei. Die Leitungsbefugnis vermittle hingegen keine Parteistellung nach dem Apothekengesetz.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Rechtsauffassung abzugehen.
Bemerkt wird noch, daß der Verwaltungsgerichtshof in dem eine konzessionierte Apotheke betreffenden, vor der ApGNov 1984 ergangenen Erkenntnis vom 22. April 1981, Zl. 01/2441/79 = ZfVB 1982/4/1225, unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom 2. Juni 1960, Zl. 478/55, dargetan hat, es könne aus diesem hinsichtlich der Parteistellung im Falle des Vorliegens einer konzessionierten Apotheke nichts abgeleitet werden. Es besteht daher auch umgekehrt im Beschwerdefall keine Notwendigkeit, sich mit dem eben zitierten Erkenntnis aus 1981 vor dem Hintergrund der ApGNov 1984 auseinanderzusetzen.
2.2. Der vom Mitbeteiligten im eigenen Namen (und nicht etwa „als Komplementär“ der KG) eingebrachte Einspruch, die ebensolche Berufung und Einspruchserweiterung nach der ApGNov 1984 können - insbesondere auch im Zusammenhalt mit der vorgelegten, vom Mitbeteiligten nicht namens der KG gefertigten Vollmacht an den rechtsfreundlichen Vertreter - nicht der KG, sondern vielmehr nur dem Mitbeteiligten selbst zugerechnet werden. Der bloße Hinweis in der Begründung des Einspruches, daß der Mitbeteiligte Komplementär der KG sei, vermochte zu keiner anderen Beurteilung zu führen.
Auch dem Mitbeteiligten kommt jedoch in seiner Eigenschaft als Hälfteeigentümer der mit der Realgerechtsame verbundenen Liegenschaft und als alleinigem persönlich haftenden Gesellschafter der die Realapotheke betreibenden KG Einspruchs- und Berufungslegitimation zu (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 2. Juni 1960, Zl. 478/55; auch im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1987, G 118, 271/86 = ZfVB 1988/2/635, wird die rechtliche Betroffenheit - auch - der Gesellschafter einer KG bejaht). Der diesbezügliche Beschwerdeeinwand besteht daher nicht zu Recht.
2.3.1. Gemäß § 10 Abs. 2 Z. 2 ApG nF ist ein Bedarf jedenfalls nicht anzunehmen, wenn „die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen Apotheke weniger als 500 m beträgt. Diese Entfernung darf ausnahmsweise unterschritten werden, wenn es besondere örtliche Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung dringend gebieten.“
In den Erläuterungen zur RV betreffend die ApGNov 1984, 395 BlgNR 16. GP, heißt es dazu, daß ein Bedarf wie bisher nur dann anzunehmen sein werde, wenn die Entfernung zur nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke nicht zu gering sei. Dabei seien verschiedene Kriterien zu beachten, wie etwa größere Höhenunterschiede, Straßenzustand, Brücken usw.; grundsätzlich werde man jedoch sagen können, daß bei einer Entfernung unter 500 m nicht von einem Bedarf im Sinne dieser Gesetzesstelle gesprochen werden könne, weil eine derart geringe Entfernung, deren Zurücklegung zu Fuß etwa fünf Minuten erfordere, für eine Arzneimittelbesorgung jedermann zugemutet werden könne. Zum zweiten Satz im § 10 Abs. 2 Z. 2 ApG nF heißt es sodann in den eben erwähnten Erläuterungen wörtlich:
„Eine Ausnahme von dieser Mindestentfernung wird nur dann gemacht werden können, wenn z.B. in Orten mit nur einer öffentlichen Apotheke die örtliche Situation - kleiner Ortskern mit Hauptplatz und ähnliches - dergestalt ist, daß die Einhaltung eines Mindestabstandes von 500 m die Neuerrichtung einer zweiten öffentlichen Apotheke unmöglich machen würde. In einem solchen Fall erscheinen die Vorteile einer zweiten öffentlichen Apotheke im Ort - bei Vorliegen aller anderen geforderten Voraussetzungen - insbesondere auch im Hinblick auf eine mögliche Turnusbildung der beiden Apotheken so gravierend, daß von der ansonsten geltenden Mindestentfernung Abstand genommen werden kann; auch große Höhenunterschiede oder sonstige beträchtliche Behinderungen, etwa durch die Verkehrsverhältnisse bedingt, kommen hier in Frage.“
2.3.2. Mit Schriftsatz vom 14. Mai 1985, also bereits nach Inkrafttreten der ApGNov 1984, hat der Beschwerdeführer den angezeigten Standort so eingeschränkt, daß der neue Standort wie folgt umschrieben wurde: „Gebiet des Hauptplatzes und der Oberen Hauptstraße in N zwischen dem Haus Obere Hauptstraße 22 und dem westlichen Ende der Oberen Hauptstraße“. Sodann heißt es in diesem Schriftsatz weiter, damit liege die Standortgrenze der angesuchten neuen öffentlichen Apotheke von der Betriebsstätte der bestehenden Apotheke ca. 350 m entfernt; diese Entfernung sei jedoch nach der neuen Gesetzeslage unbeachtlich. Gemäß § 10 Abs. 2 Z. 2 ApG nF sei nämlich die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der angesuchten Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen Apotheke zu ermitteln. Der Beschwerdeführer beabsichtige die Betriebsstätte seiner Apotheke in der Oberen Hauptstraße 22 zu errichten.
Die belangte Behörde hat festgestellt, daß die Entfernung von der bestehenden öffentlichen Apotheke des Mitbeteiligten zu dieser künftigen Betriebsstätte der neuen Apotheke 354,24 m betrage, jene bis zum westlichen Ende der Oberen Hauptstraße 648 bzw. 650 m. Im angefochtenen Bescheid hat sie sodann zum Ausdruck gebracht, daß auf Grund der topographischen Gegebenheiten in Neusiedl am See (keine wesentlichen Wegsteigungen oder sonstige zu überwindende Hindernisse) keine besonderen örtlichen Verhältnisse vorlägen, die im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung eine ausnahmsweise Unterschreitung der Entfernung von 500 m dringend geböten.
In der Beschwerde wird die Feststellung, daß die Betriebsstätten weniger als 500 m voneinander entfernt liegen, nicht bestritten. Bei der großen Längenerstreckung von Neusiedl am See, die im übrigen ja auch in der beantragten Standortumgrenzung zum Ausdruck kommt, und bei dem offenkundigen Fehlen sonstiger topographischer Besonderheiten durfte die belangte Behörde davon ausgehen, daß besondere Verhältnisse im Sinn des § 10 Abs. 2 Z. 2 zweiter Satz ApG nF, die eine Unterschreitung der Mindestentfernung dringend gebieten würden, nicht vorliegen. Auch hat der Beschwerdeführer derartiges im Verwaltungsverfahren nicht behauptet und entsprechend konkretisiert. Wenn der Beschwerdeführer nunmehr erst in der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof behauptet, daß sich die Autobushaltestellen und die Ordinationen der Ärzte in der Nähe der bestehenden öffentlichen Apotheke befänden, so erweist sich dieses Tatsachenvorbringen als eine Neuerung, die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr Berücksichtigung finden kann. Aber auch unter dem Aspekt einer damit behaupteten Verfahrensrechtverletzung ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Verfahrensrüge eines Beschwerdeführers abzulehnen ist, der als Partei des Verfahrens untätig geblieben ist, um diese Zurückhaltung erst vor dem Verwaltungsgerichtshof abzulegen und das Verfahren als mangelhaft zu bekämpfen, an dem er trotz gebotener Gelegenheit nicht genügend mitgewirkt hat (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 1959, Slg. N.F. Nr. 5007/A, und vom 11. Jänner 1984, Zl. 83/09/0158).
Die belangte Behörde hat daher den angefochtenen Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit belastet, wenn sie das Vorliegen eines Bedarfes mangels der gesetzlich geforderten Mindestentfernung der Apothekenbetriebsstätten voneinander verneint hat.
2.4. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie 48 Abs. 3 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4, 5 und 7 sowie Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst BGBl. Nr. 206/1989. Der Aufwand an Umsatzsteuer ist mit dem Schriftsatzaufwandpauschale bereits abgegolten.
2.6. Da die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt, konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG von der beantragten Verhandlung abgesehen werden.
2.7. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 4. Juli 1989
Schlagworte
Existenzgefährdung RealapothekeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1989:1986080218.X00Im RIS seit
31.05.2022Zuletzt aktualisiert am
31.05.2022