TE Vwgh Beschluss 1996/5/7 AW 96/04/0019

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Veröffentlicht am 07.05.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §77;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag 1.) des Fremdenverkehrsverbandes G, 2.) der G Ges.m.b.H. & Co. KG,

3.) des AT, 4.) der BT und 5.) der H, alle in G, alle vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in W, der gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 8. März 1996, Zl. 315.947/14-III/A/2a/95, betreffend Verfahren gemäß § 77 GewO 1994 (mitbeteiligte Partei: P in X), erhobenen Beschwerde die aufschiebende

Wirkung zuzuerkennen, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 8. März 1996 wurde der mitbeteiligten Partei die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Reststoffdeponie an einem näher bezeichneten Standort in G unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen erteilt. Gleichzeitig wurde die Berufung der Erstbeschwerdeführerin mangels Parteistellung als unzulässig und die Berufung einer weiteren Partei als verspätet zurückgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides kam der Bundesminister nach Darstellung des Verfahrensganges und des Inhaltes der eingeholten Sachverständigengutachten sowie der maßgeblichen Rechtslage zusammenfassend zu dem Ergebnis, daß bei Einhaltung des Projektes und der vorgeschriebenen Auflagen Gefährdungen der Gesundheit von Nachbarn vermieden würden. Die allenfalls verbleibenden Immissionen, wobei nur Lärmimmissionen im wahrnehmbaren Bereich auftreten könnten, seien jedenfalls nach dem Maßstab eines gesunden, normal empfindenden Erwachsenen bzw. Kindes unter Berücksichtigung der Umgebungsverhältnisse nicht als unzumutbar zu beurteilen. Die Erstbeschwerdeführerin könne als juristische Person durch allfällige Immissionen der Betriebsanlage weder in ihrer Gesundheit gefährdet noch unzumutbar belästigt werden. Sie verfüge auch über kein intabuliertes dingliches Recht an in Frage kommenden Liegenschaften, sodaß auch eine Gefährdung ihres Eigentums durch die in Rede stehende Betriebsanlage nicht denkbar sei. Daß es bei Betrieb der verfahrensgegenständlichen Reststoffdeponie nicht mehr möglich wäre, die Schilanglaufloipe bzw. im Sommer den Wanderweg als solche zu nützen, sei im Ermittlungsverfahren nirgends hervorgekommen; als einzige mögliche Einwirkung seien zeitweise auftretende leise Lärmimmissionen vom Kompaktor möglich, die jedoch die Nutzung der Loipe bzw. des Wanderweges in keiner Weise gravierend beeinträchtigten oder gar unmöglich machten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zur hg. Zl. 96/04/0100 protokollierte Beschwerde, mit der der Antrag verbunden ist, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründet wird dieser Antrag mit dem Vorbringen, wie sich aus näher dargestellten Quellen ergebe, bestehe kein dringender Bedarf nach einer Reststoffdeponie der in Rede stehenden Art, sodaß zwingende öffentliche Interessen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegenstünden. Im übrigen wäre der sofortige Beginn der Deponieerrichtung für die Beschwerdeführer jedenfalls schon deshalb mit einem unverhältnismäßigen Nachteil verbunden, da die Errichtung der Deponie mit massiven Felseingriffen verbunden sei, welche nachträglich nicht mehr beseitigt werden könnten und daher endgültig und irreperabel seien. Die touristische Entwicklung im Gtal sei bislang beispielgebend für viele Regionen in ganz Österreich. Es habe sich im Sommer ganz dem naturnahen Tourismus verschrieben, werbe mit intakter Landschaft und biete den Touristen naturnahen Erholungs- und Aktivurlaub. Die Nächtigungszahlen hätten in den letzten zehn Jahren erheblich gesteigert werden können. Selbst bei strikter Einhaltung der Auflagen würde die Errichtung einer Mülldeponie, noch dazu in unmittelbarer Nähe von Wohnhäusern und direkter Einsehbarkeit der Deponie von einem der örtlichen Wanderwege, schwere Einbußen für den Fremdenverkehr bringen, da Erholungsuchende die Beeinträchtigung für ihre Gesundheit und Ruhe durch den Baulärm bzw. den nachfolgenden Deponiebetrieb berechtigterweise nicht in Kauf nehmen würden. Darüber hinaus bestehe (aus näher dargestellten Gründen) die Gefahr, daß die Einhaltung bzw. die Kontrolle der Einhaltung der zum Teil kostenintensiven Auflagen durch eine drohende Zahlungsunfähigkeit der Deponiebetreiber gefährdet sei bzw. nach einer möglichen vorzeitigen Einstellung des Deponiebetriebes diesen Auflagen nicht mehr entsprochen werden könne, was für die Betroffenen verheerende Folgen hätte.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof der Beschwerde über Antrag die aufschiebende Wirkung mit Beschluß zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Das oben wiedergegebene Vorbringen der Beschwerdeführer ist schon deshalb nicht geeignet, einen ihnen durch den Vollzug des angefochtenen Bescheides drohenden derartigen unverhältnismäßigen Nachteil darzutun, weil nicht dargestellt wird, inwiefern ein allenfalls auf die Errichtung oder den Betrieb der in Rede stehenden Deponie zurückzuführender Rückgang des Fremdenverkehrs in ihre persönlichen Interessen eingreifen würde. Auch unterlassen es die Beschwerdeführer, darzutun, worin für sie der unwiederbringliche Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG läge, wenn sie, wie sie befürchten, "anstatt mit einem wieder verfüllten Steinbruch mit einer offenen, weithin sichtbaren Mülldeponie konfrontiert" wären.

Davon abgesehen hat der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu prüfen. Auch vermag er die im angefochtenen Bescheid enthaltenen, bei der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde angestellten Erwägungen in diesem Provisorialverfahren nicht etwa von vornherein als unschlüssig zu erkennen.

Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof zunächst davon auszugehen, daß mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung unter Beachtung der vorgeschriebenen Auflagen durch die mitbeteiligte Partei für die beschwerdeführenden Parteien ein unverhältnismäßiger Nachteil nicht verbunden ist, zumal auch die bloße Möglichkeit des Vollzuges oder der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten während des anhängigen Beschwerdeverfahrens für sich allein nicht als jener "unverhältnismäßige Nachteil" für die Beschwerdeführer angesehen werden kann, der, wenn nur keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegenstehen, zur Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu führen hätte (vgl. hiezu sinngemäß die entsprechenden Darlegungen im hg. Beschluß vom 9. November 1976, Slg. N. F. Nr. 9176/A). Auch bietet das Gesetz keine Grundlage, im Rahmen der Beurteilung nach § 30 Abs. 2 VwGG auf ein befürchtetes rechtswidriges Verhalten des durch den angefochtenen Bescheid Begünstigten Bedacht zu nehmen.

Dem Antrag war daher nicht stattzugeben.

Schlagworte

Darlegung der Gründe für die Gewährung der aufschiebenden Wirkung Begründungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:AW1996040019.A00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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