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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung der Individualanträge auf Aufhebung von Teilen eines Flächenwidmungsplanes mangels Legitimation; Verwaltungsrechtsweg zumutbarSpruch
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Die Antragstellerin zu V16/54 ist Eigentümerin des Grundstückes Nr. 384/5 EZ 192, die Antragstellerin zu V57/94 des Grundstückes Nr. 384/4 EZ 198, je KG Edt. Beide begehren - in inhaltlich nahezu gleichlautenden Schriftsätzen - gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG die Aufhebung des Flächenwidmungsplanes Nr. 2/1986 der Gemeinde St. Konrad in der Fassung der Änderung Nr. 33, soweit er bestimmte Grundstücke - darunter die im Eigentum der Antragstellerinnnen stehenden - betrifft.
Die Antragstellerinnen bringen übereinstimmend vor, sie hätten ihre Grundstücke im Jahr 1977 als Baugrund gekauft. Für das Gemeindegebiet der Gemeinde St. Konrad bestehe seit 1970 ein rechtswirksamer Flächenwidmungsplan, in dem diese Grundstücke und auch alle angrenzenden umliegenden Grundstücke als Bauland ausgewiesen seien; die Gemeinde habe für dieses Gebiet ("Oberreisenberg") auch einen Teilbebauungsplan erstellt. Am 21. Mai 1993 habe der Gemeinderat der Gemeinde St. Konrad die Änderung Nr. 33 zum Flächenwidmungsplan Nr. 2/1986 beschlossen, wonach ua. die ihnen gehörenden Grundstücke in Grünland rückgewidmet worden seien. Diese Flächenwidmungsplanänderung sei mit Bescheid des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vom 3. Juni 1993, Z BauR-P-316024/1-1993 Gm, aufsichtsbehördlich genehmigt worden.
2. Die Antragstellerinnen sind der Auffassung, daß diese Rückwidmung gesetzwidrig sei, weil die Änderungsvoraussetzungen des §23 Oberösterreichisches Raumordnungsgesetz 1972 (OÖ ROG 1972), LGBl. 18, nicht vorgelegen hätten. Die Rückwidmung stelle einen Willkürakt dar, zumal noch in den 80er-Jahren für andere angrenzende oder im unmittelbaren Nahbereich befindliche Bauparzellen Bauplatzbewilligungen erteilt worden seien; die von der Gemeinde St. Konrad als Begründung herangezogene Gefahr von Hangrutschungen bestehe in Wirklichkeit nicht.
Die Flächenwidmungsplanänderung habe unmittelbare Auswirkung auf das Eigentum der Antragstellerinnen und werde für sie ohne Erlassung eines Bescheides wirksam. Eine Bebauung ihrer Grundstücke mit einem Wohnhaus sei nicht mehr möglich, da unzulässig, und es sei ihnen daher auch die Verwertung als Bauland verwehrt worden; sie hätten keinen anderen zumutbaren Weg, um sich gegen diese rechtswidrige Verordnung zur Wehr setzen zu können.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der - gemäß §187 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen - Anträge erwogen:
1. Die Wirkungen der angefochtenen Verordnung, von denen sich die Antragstellerinnen unmittelbar betroffen erachten, bestehen nur in der Festlegung der Nutzungsart ihrer eigenen Grundstücke. Auch die Anträge enthalten nichts, was darauf schließen ließe, daß sich die Antragstellerinnen durch andere Teile des Flächenwidmungsplanes betroffen erachten. Soweit sich die Aufhebungsanträge der Antragstellerinnen über die Widmung ihrer eigenen Grundstücke hinaus auf ihnen nicht gehörende Grundstücke erstrecken, sind sie daher von vornherein als §57 Abs1 dritter Satz VerfGG nicht entsprechend zurückzuweisen (s. VfSlg. 8463/1978, 9361/1982, 11226/1987, 11453/1987, 11541/1987, 11850/1988, 12148/1989).
2. Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß der Eingriff in die Rechtssphäre der betreffenden Person nicht etwa auf Grund der Verordnung sondern unmittelbar durch die Verordnung selbst - tatsächlich - erfolgt ist. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist und die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt. Die Entstehungsgeschichte der B-VG-Novelle 1975, BGBl. 302, läßt ferner den Schluß zu, daß der durch sie eingeführte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (VfSlg. 10511/1985, 11726/1988).
3. Soweit durch den Flächenwidmungsplan die Nutzungsart der den Antragstellerinnen gehörenden Grundstücke festgelegt wird, steht ihnen - entgegen ihren Behauptungen - ein zumutbarer Weg zur Geltendmachung der behaupteten Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplanes zur Verfügung:
Nach §2 Abs1 der Oö. Bauordnung (Oö. BauO), LGBl. 35/1976, darf der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden nur auf Grundflächen bewilligt werden, für die eine Bauplatzbewilligung nach Maßgabe der Bestimmungen der §§3 bis 5 vorliegt oder gleichzeitig mit der Baubewilligung erteilt wird. Ein Ansuchen um eine solche Bauplatzbewilligung hat zwar gemäß §3 Oö. BauO verschiedene Angaben und Beilagen zu enthalten. Planunterlagen und ausführliche Beschreibungen sind jedoch hiefür nicht erforderlich.
Jeder der Antragstellerinnen steht es frei, gegen einen solchen Bescheid nach Erschöpfung des verwaltungsbehördlichen Instanzenzuges Beschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes zu erheben. Im Verfahren vor diesen Gerichtshöfen kann die Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplanes geltend gemacht werden, da dieser - soweit er das jeweils eigene Grundstück betrifft - gemäß §4 Abs1 Oö. BauO präjudiziell ist. Auf diese Weise kann die von Amts wegen zu veranlassende Überprüfung des Flächenwidmungsplanes auf seine Gesetzmäßigkeit herbeigeführt werden. Daraus ergibt sich, daß den Antragstellerinnen ein zumutbarer Weg zur Verfügung steht, über die Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes gegen die auf der Grundlage der angefochtenen Verordnung erlassenen Bescheide die Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der von ihnen bekämpften Verordnung zu erreichen (VfSlg. 9773/1983, 10004/1984, 12448/1990).
Die Anträge sind daher insoweit mangels Legitimation zurückzuweisen.
4. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 litc und e VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Baurecht, Raumordnung, FlächenwidmungsplanEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1994:V16.1994Dokumentnummer
JFT_10059386_94V00016_00