Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller und die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer-Kober und Mag. Schindler als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision des P in E, vertreten durch Mag. Robert Stadler, Rechtsanwalt in 4210 Gallneukirchen, Hauptstraße 47, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 8. Februar 2022, LVwG-604622/6/KHu, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Uhrfahr-Umgebung vom 29. Juni 2021 wegen einer Übertretung des § 20 Abs. 2 StVO (Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 57 km/h) als unbegründet abgewiesen, das Straferkenntnis mit der Maßgabe der Darstellung der anzuwendenden Fassungen der StVO bestätigt und die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für unzulässig erklärt.
2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
3 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
5 In den gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 31.1.2019, Ra 2018/20/0529, mwN).
6 Der Revisionswerber wendet sich in der Begründung der Zulässigkeit der Revision gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts und behauptet eine Umkehr des Grundsatzes „in dubio pro reo“ durch dieses. Außer dem Umstand, dass er Zulassungsbesitzer sei, habe es keinerlei Nachweis dafür gegeben, dass er selbst das Fahrzeug gelenkt habe. Nur aufgrund des Umstandes, dass er bereits eine Strafe wegen „Nichtabgabe der Lenkererhebung“ bezahlt habe, habe die Behörde nicht ohne weiteres davon ausgehen können, dass allfällige Angaben zum Lenker unglaubwürdig seien.
7 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Fragen der Beweiswürdigung regelmäßig als nicht über den Einzelfall hinausreichend keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommen. Die Beweiswürdigung ist nur dahingehend der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes unterworfen, ob der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde oder ob die dabei angestellten Erwägungen schlüssig sind, das heißt den Denkgesetzen und dem allgemein menschlichen Erfahrungsgut nicht widersprechen; die Richtigkeit der Beweiswürdigung ist vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu überprüfen (vgl. etwa VwGH 11.9.2017, Ra 2017/02/0091, mwN).
8 Dass die vom Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden Weise vorgenommen wurde, vermag der Revisionswerber mit dem pauschal gehaltenen Vorbringen aber nicht darzulegen und ist für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht erkennbar. So legte das Verwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Einvernahme des Revisionswerbers sowie einer Zeugin mit ausführlicher Begründung dar, warum es davon ausging, dass der Revisionswerber selbst Lenker des Fahrzeuges gewesen sei und seine Angaben, ein Kaufinteressent sei mit dem Fahrzeug gefahren, als Schutzbehauptung einzustufen seien. Dabei stützte es sich unter anderem darauf, dass die Zeugin keinerlei Wahrnehmungen zu dem Kaufinteressenten habe schildern können und führte auch nachvollziehbar näher aus, warum es Zweifel an der Zuordnung ihrer Beobachtungen mit dem Tag der hier angelasteten Geschwindigkeitsübertretung hegte. Entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen hat das Verwaltungsgericht somit im Rahmen der freien Beweiswürdigung die Lenkereigenschaft des Revisionswerbers beurteilt und ist dabei auch nicht von einer Bindungswirkung von dem gemäß § 103 Abs. 2 Kraftfahrgesetz (KFG) gegen den Revisionswerber geführten Verfahren ausgegangen (vgl. VwGH 11.9.2017, 2017/02/0091).
9 Soweit der Revisionswerber unter dem Aspekt der Zulässigkeit weiters im Zusammenhang mit seiner rechtskräftigen Bestrafung wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG einen Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot geltend macht und dazu pauschal auf fehlende bzw. nicht einheitliche Judikatur hinweist, ist dem zu entgegnen, dass es sich um - wie vom Revisionswerber in der Revisionsbegründung ohnehin zugestanden - zwei unterschiedliche Tatbilder handelt, weshalb der behauptete Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot nicht vorliegt. Im Fall des § 103 Abs. 2 KFG ist die Nichterteilung einer Auskunft, die es der Behörde erst ermöglichen soll, ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen den Fahrzeuglenker zu ermitteln, der einer der behördlichen Anfrage zugrunde liegenden Anlasstat verdächtig ist, sanktioniert (vgl. VwGH 29.4.2003, 2002/02/0203, mwN), in dem dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegenden Delikt die Überschreitung der höchstzulässigen Geschwindigkeit.
10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich die Durchführung eines Verbesserungsverfahrens im Hinblick auf das Fehlen eines Revisionspunktes.
Wien, am 4. Mai 2022
Schlagworte
Überschreiten der GeschwindigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022020062.L00Im RIS seit
30.05.2022Zuletzt aktualisiert am
01.06.2022