Norm
PVG §41 Abs1Schlagworte
Antragsberechtigung PV; Beschlussfassung im PVO; Stellungnahme PVO an PVAB; ausreichende Information der PVO-Mitglieder über die zu beschließenden Angelegenheiten; Überstimmung von PVO-Mitgliedern bei Beschlussfassung; Ausfertigung von Beschlüssen vor ProtokollgenehmigungText
A 39-PVAB/21
Bescheid
Die Personalvertretungsaufsichtsbehörde (PVAB) hat durch ihre Mitglieder Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI als Vorsitzende sowie Dr.in Anita PLEYER als Vertreterin des Dienstgebers und Mag. Walter HIRSCH als Vertreter der Dienstnehmer:innen über den Antrag von AbtInsp A (Antragsteller) und RevInsp B (Antragsteller) vom 31.10.2021, die Geschäftsführung des DA der JA *** für die Bediensteten des Exekutivdienstes (DA) wegen behaupteten rechtswidrigen Zustandekommens eines Beschlusses des DA in der DA-Sitzung vom 20.04.2021 auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen, entschieden:
Der Antrag wird gemäß § 41 Abs. 1 und 2 PVG in Verbindung mit § 22 Abs. 4 PVG und § 17 Abs. 2 PVGO wegen gesetzmäßiger Geschäftsführung des DA bei der Beschlussfassung zu TOP 11 der Tagesordnung seiner Sitzung vom 20.04.2021 als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 31.10.2021 beantragten die Antragsteller, die Geschäftsführung des DA zu TOP 11 der Tagesordnung seiner Sitzung vom 20.04.2021 wegen Nichtbeachtung der Einwände des Antragstellers A auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen, weil dies lt. Antragsvorbringen zur rechtswidrigen Abstimmung und rechtswidrigen Ausfertigung des Beschlusses geführt hätte.
Auf Antrag des Antragstellers B war im Frühjahr 2021 bei der PVAB ein Verfahren zu GZ A 10-PVAB/21 anhängig. In der DA-Sitzung vom 20.04.2021 wurde zu TOP 11 („Beschlussfassung – Stellungnahme betreffend Antwortschreiben von PVAB GZ A 10-PVAB/21“) der Tagesordnung der Inhalt einer von der PVAB zu ihren Sachverhaltsfeststellungen eingeforderten Stellungnahme auf Antrag des Vorsitzenden mit Stimmenmehrheit (3 Pro-Stimmen, 1 Stimmenthaltung, 1 Gegenstimme) beschlossen.
Lt. Sitzungsprotokoll hatte A beantragt, die Stellungnahme des DA müsse ihm vor Beschlussfassung im Wortlaut vorgelegt werden, da er ansonsten nicht gemäß § 17 Abs. 2 PVGO abstimmen könne, und in der Folge gegen den Beschluss gestimmt.
Aufgrund des Antragsvorbringens, der Stellungnahme des DA vom 07.12.2021, der das Protokoll der DA-Sitzung vom 20.04.2021 angeschlossen war, erachtete die PVAB folgenden Sachverhalt als erwiesen:
1. Dem DA gehören insgesamt 5 Mitglieder an, darunter die Antragsteller A und B.
2. Das Verfahren der PVAB zu GZ A 10-PVAB/21 ist abgeschlossen.
3. Dieses Verfahren war aufgrund des Antrags von B eingeleitet worden und bezog sich u.a. auch auf die vom Dienststellenleiter (DL) für A geänderte Diensteinteilung.
4. Zum Bescheid der PVAB zu A 10-PVAB/21 vom 27. Mai 2021 erhob der DA gegen Spruchpunkt 1 (Stattgebung des Antrags in Bezug auf Antragsteller B und RevInsp C) fristgerecht Beschwerde an das BVwG. Antragsteller B erhob gegen diesen Bescheid keine Beschwerde an das BVwG.
5. Spruchpunkt 2 des Bescheides der PVAB zu A 10-PVAB/21 (Abweisung des Antrags in Bezug auf AbtInsp A und ChefInsp D) ist in Rechtskraft erwachsen.
6. Das Verfahren beim BVwG aufgrund der Beschwerde des DA zu A 10-PVAB/21 ist noch anhängig.
7. Im Antrag von A und B vom 31.10.2021 wird ausgeführt (Zitat): „Hingewiesen wird, dass durch die gesetzwidrige Geschäftsführung (Zustandekommen des Schriftstückes an die PVAB) das derzeit anhängige Verfahren nach Meinung der Antragsteller nicht rechtskonform ist“.
8. Ob sich das im vorstehenden Pkt. 7 genannte Zitat auf das Verfahren vor der PVAB zu GZ A 10-PVAB/21 oder auf das Verfahren vor dem BVwG bezieht, ist dem Antrag nicht zweifelsfrei zu entnehmen.
9. In der DA-Sitzung vom 20.04.2021 wurde zu TOP 11 („Beschlussfassung – Stellungnahme betreffend Antwortschreiben von PVAB GZ 10-PVAB/21“ der Tagesordnung dieser Sitzung mit 3 Pro-Stimmen, 1 Stimmenthaltung und 1 Gegenstimme (Antragsteller A) die Stellungnahme an die PVAB beschlossen. Antragsteller B war bei dieser DA-Sitzung nicht anwesend, er wurde von Ersatzmitglied E vertreten.
10. Das Schreiben der PVAB vom 2. April 2021, GZ A 10-PVAB/21-5, war allen DA-Mitgliedern in der DA-Sitzung vom 20.04.2021 im Wortlaut bekannt und wurde auch dem Protokoll der Sitzung vom 20.04.2021 angeschlossen. Ebenso war der Inhalt der vom DA dazu beabsichtigten Antwort, der vom DA-Vorsitzenden im Rahmen der Eröffnung dieses TOP mündlich bekanntgegeben wurde, den DA-Mitgliedern bekannt. Die ausformulierte Antwort an die PVAB war den DA-Mitgliedern im Zeitpunkt der Beschlussfassung zu TOP 11 dieser Sitzung noch nicht bekannt.
11. Antragsteller A hatte lt. Protokoll der DA-Sitzung vom 20.04.2021 zu TOP 11 beantragt, die Stellungnahme dem DA schriftlich vorzulegen, da er ansonsten nicht gemäß § 17 Abs. 2 PVO abstimmen könne. Diesem Antrag wurde nicht entsprochen.
12. Der Wortlaut der Stellungnahme des DA an die PVAB vom 20.04.2021 war den DA-Mitgliedern spätestens seit der darauffolgenden DA-Sitzung bekannt.
Die vorstehenden Sachverhaltsfeststellungen wurden den Parteien des Verfahrens gemäß § 45 Abs. 3 AVG mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2021 zur Kenntnisnahme übermittelt und ihnen Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen dazu Stellung zu nehmen. Unter einem wurde darauf hingewiesen, dass für den Fall keiner Stellungnahme innerhalb der gesetzten Frist angenommen werde, es bestünden keine Einwände gegen den festgestellten Sachverhalt.
Die Antragsteller wurden unter einem ersucht, unabhängig von einer Stellungnahme zu den Sachverhaltsfeststellungen der PVAB innerhalb dieser zweiwöchigen Frist jedenfalls bekanntzugeben, auf welches „anhängige Verfahren“ sich ihre Ausführungen im Antrag vom 31.10.2021 (Pkt. 7 und Pkt. 8 des Sachverhalts) beziehen.
Die Antragsteller haben in ihrer Stellungnahme vom 20.12.2021 die Sachverhaltsfeststellungen der PVAB in keinem Punkt bestritten. Ergänzend wurde von ihnen ausgeführt, dass sich ihre Ausführungen auf das Verfahren zu A 10-PVAB/21 beziehen und eine Beschlussfassung im DA ohne Vorlage eines zumindest grob festgelegten Entwurfs eine grobe Pflichtverletzung des Vorsitzenden darstelle.
Zu dieser Stellungnahme hat die PVAB erwogen, dass die Antragsteller zu keinem Punkt der Sachverhaltsfeststellungen der PVAB Einwände erhoben haben.
Daher steht unbestritten fest, dass das Schreiben der PVAB vom 2. April 2021 zu dem seit 27. Mai 2021 abgeschlossenen Verfahren der PVAB zu GZ A 10-PVAB/21-5 in der DA-Sitzung vom 20.04.2021 allen DA-Mitgliedern im Wortlaut bekannt und auch dem Protokoll dieser Sitzung angeschlossen war. Ebenso war der Inhalt der vom DA dazu beabsichtigten Antwort, der vom DA-Vorsitzenden im Rahmen der Eröffnung dieses TOP mündlich bekanntgegeben wurde, den DA-Mitgliedern in vollem Umfang bekannt.
Lediglich die ausformulierte Antwort an die PVAB auf der Grundlage des den DA-Mitgliedern in vollem Umfang bekannten Inhalts der beabsichtigten Stellungnahme an die PVAB war den anwesenden DA-Mitgliedern im Zeitpunkt der Beschlussfassung zu TOP 11 dieser Sitzung noch nicht im vollen Wortlaut bekannt, was aber spätestens seit der darauffolgenden DA-Sitzung der Fall war.
Der DA hat innerhalb der ihm gesetzten Frist keine Stellungnahme zu den Sachverhaltsfeststellungen der PVAB übermittelt, weshalb davon auszugehen ist, dass auch seinerseits keine Einwände dagegen bestehen.
Der Sachverhalt steht somit fest.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 41 Abs.1 PVG sind antragsberechtigt an die PVAB u.a. Personen, die die Verletzung ihrer Rechte durch gesetzwidrige Geschäftsführung eines Personalvertretungsorgans (PVO) behaupten.
Dazu zählen auch die Mitglieder von PVO, die eine gesetzwidrige Geschäftsführung des PVO, dem sie angehören, geltend machen, weil ihnen das Recht auf gesetzmäßige Geschäftsführung auch im Innenverhältnis zusteht, es sei denn, sie hätten die nunmehr bekämpfte Entscheidung mitgetragen.
Die Antragsteller sind Mitglieder des DA, gegen den sich ihr Antrag richtet, und fühlen sich durch den ihrer Meinung nach rechtswidrig zustande gekommenen Beschluss des DA in ihren Rechten auf gesetzmäßige Geschäftsführung des DA verletzt.
Der Antragsteller A war bei der Sitzung des DA vom 20.04.2021 anwesend und hat gegen den Beschluss gestimmt, der Antragsteller B war nicht anwesend und konnte daher auch nicht für den Beschluss stimmen. Die Antragsberechtigung der Antragsteller ist gegeben.
Gemäß § 22 Abs. 4 PVG fasst der DA seine Beschlüsse mit Stimmenmehrheit, sofern im PVG nicht anderes vorgesehen ist. Zur Beschlussfassung über eine Stellungnahme in einem Verfahren vor der PVAB genügt einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen, weil dafür keine von § 22 Abs. 4 PVG abweichenden Abstimmungserfordernisse vorgesehen sind.
Die Antragsteller machen gesetzwidrige Geschäftsführung des DA geltend, weil der Antragsteller A mit seinem Antrag, den genauen Wortlaut der Stellungnahme vor Beschlussfassung kennen zu wollen, in der Minderheit blieb, aber der DA dennoch die Stellungnahme an die PVAB beschlossen hatte.
Dadurch, dass A in der Minderheit blieb und überstimmt wurde, wurden keine Rechte von A und B verletzt, die ihnen nach PVG oder PVGO zustehen würden, weil Mehrheitsentscheidungen eine Kollegialorgans, die nicht rechtswidrig sind, von den in der Minderheit gebliebenen DA-Mitgliedern nicht nur akzeptiert, sondern trotz anderer Ansicht von ihnen auch nach außen vertreten werden müssen.
Die ausreichende Information der DA-Mitglieder über die zu beschließenden Angelegenheiten muss allerdings gewährleistet sein. Diese war im vorliegenden Fall zweifellos gegeben.
Das am 27. Mai 2021 zu GZ A 10-PVAB/21 abgeschlossene Verfahren auf Antrag von B war seit 12. März 2021 anhängig und nicht nur den nunmehrigen Antragstellern, sondern auch den anderen DA-Mitgliedern im Detail bekannt. Auch das zu beantwortende Schreiben der PVAB, das Sachverhaltsfeststellungen zum Verfahren A 10-PVAB/21 enthielt, zu denen auf Aufforderung der PVAB aus der Sicht des DA Stellung zu nehmen war, war allen Sitzungsteilnehmern als Unterlage zu TOP 11 bekannt und wurde auch dem Protokoll der Sitzung vom 20.04.2021 angeschlossen.
Dass die Information der DA-Mitglieder zu TOP 11 der Tagesordnung der DA-Sitzung vom 20.04.2021 als ausreichend zu erachten ist, folgt zudem daraus, dass die Antragsteller seit damals keine inhaltlichen Einwände gegen diese noch am 20.04.2021 ausgefertigte Stellungnahme des DA zu A 10-PVAB/21 erhoben, obwohl ihnen der volle Wortlaut dieser Stellungnahme spätestens seit der darauffolgenden DA-Sitzung aufgrund von § 6 PVGO bekannt gewesen war. Inhaltliche Einwände wurden auch in ihrem Antrag vom 31.10.2021 an die PVAB nicht erhoben, ganz abgesehen davon, dass B, der auch im Verfahren A 10-PVAB/21 Antragsteller war, den Bescheid der PVAB 27. Mai 2021 zur Kenntnis nahm, ohne dagegen Beschwerde an die PVAB zu erheben.
Dass die Information der DA-Mitglieder zu TOP 11 der Tagesordnung der DA-Sitzung vom 20.04.2021 als ausreichend anzusehen ist, wird aber auch dadurch bewiesen, dass sich kein anderes DA-Mitglied wegen mangelnder Information gegen die Beschlussfassung ausgesprochen hatte und die – inhaltlich in vollem Umfang allen Anwesenden bekannte - Stellungnahme an die PVAB ohne weitere Diskussion mehrheitlich beschlossen wurde.
Lt. Protokoll dieser Sitzung erfolgte die Abstimmung befürwortend „nach Bestimmung des § 17 Abs. 2 PVGO“. Damit wurde nicht nur die Stellungnahme an die PVAB, sondern auch ausdrücklich beschlossen, dass diese Stellungnahme des DA an die PVAB iSd § 17 Abs. 2 PVGO vor Beschlussfassung über das Protokoll der Sitzung vom 20.04.2021 ausgefertigt werden konnte.
Da durch diese Beschlussfassung keine den Antragstellern durch das PVG gewährleisteten Rechte verletzt wurden, kam der Beschluss des DA zu TOP 11 der Tagesordnung seiner Sitzung vom 20.04.2021 in gesetzmäßiger Geschäftsführung zustande.
Damit bestand für die PVAB auch keine Rechtsgrundlage, den Beschluss des DA zu TOP 11 der Tagesordnung seiner Sitzung vom 20.04.2021 als rechtswidrig aufzuheben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 30. Dezember 2021
Die Vorsitzende:
Sektionschefin i.R. Prof.in Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:PVAB:2021:A39.PVAB.21Zuletzt aktualisiert am
27.05.2022