Index
001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
ArbVG §29Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Feiel als Richterin und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers MMag. Dr. Gotsbacher, über die Revision des Bruno Kremnitzl in Wien, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Oktober 2020, W257 2233973-1/3E, betreffend Zurückweisung eines Feststellungsantrages (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Personalamt Wien der Österreichischen Post AG), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber steht als Beamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen. In einem bei der Dienstbehörde am 19. April 2017 eingebrachten Antrag brachte der Revisionswerber vor, er habe im Zuge seiner Dienstverrichtung bis November 2015 Überstundenleistungen erbracht. In Bezug auf diese sei jedenfalls für den November 2015 noch keine Abrechnung erfolgt und ebensowenig eine Auszahlung. Wiederholte Urgenzen seinerseits hätten nichts genützt, Herr N habe ihn immer nur hingehalten. Er sehe sich daher zur gegenständlichen Antragstellung genötigt.
2 Das rechtliche Interesse an der Bescheiderlassung ergebe sich unmittelbar aus den vorstehenden Ausführungen. Die Erwirkung eines Feststellungsbescheides habe bei einer Anspruchsdurchsetzung der gegenständlichen Art einer Klage im Sinne des Art. 137 B-VG voranzugehen. Er stelle daher den Antrag auf bescheidmäßige (feststellende) Absprache über die ihm an Nebengebühren, insbesondere für Überstundenleistung bis November 2015, gebührenden Leistungen (insbesondere Überstundenentgelt). Die Feststellung habe jedenfalls den Monat November 2015 zu betreffen und vorangegangene Monate insoweit, als ebenfalls noch keine Abrechnung und Entrichtung stattgefunden habe.
3 In der in der Folge eingebrachten Säumnisbeschwerde vom 10. März 2020 brachte der Revisionswerber ergänzend vor, in Bezug auf den von ihm gestellten Feststellungsantrag gelte uneingeschränkt das Prinzip der behördlichen Verpflichtung zur vollständigen amtswegigen Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes. Der Behörde bzw. dem Dienstgeber stünden alle dafür erforderlichen Informationsmöglichkeiten zur Verfügung. Soweit dementsprechend nun nicht doch noch durch die belangte Behörde die Bescheiderlassung nachgeholt werden sollte, werde es Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes sein, die erforderliche Beweisaufnahme durch Beischaffung der relevanten Unterlagen bzw. entsprechende Aufträge an die belangte Behörde nachzuholen. Zu den Beweisergebnissen werde ihm Parteiengehör gewährt werden müssen, wobei es aus seiner Sicht derzeit offen sei, ob dafür eine Verhandlungsdurchführung erforderlich sein werde. Er biete vorsichtshalber seine Einvernahme als Partei als Beweismittel dafür an, dass er jedenfalls den Anspruch auf Nebengebühren begründende Leistungen erbracht habe. Er stelle daher den Antrag in Stattgebung seines Antrages vom 19. April 2017 sowie der gegenständlichen Säumnisbeschwerde feststellend über seine Ansprüche an Nebengebühren, insbesondere Überstunden bis November 2015 (mindestens ab 20. April 2017) abzusprechen.
4 Mit Bescheid vom 30. Juni 2020 wies die Dienstbehörde den Antrag des Revisionswerbers vom 19. April 2017 zurück.
5 Begründend wurde ausgeführt, die Dienstbehörde mache von ihrer Möglichkeit gemäß § 16 Abs. 1 VwGVG den Bescheid nachzuholen, (Hinweis auf das 2. COVID-19-Gesetz, BGBl. I Nr. 16/2020) fristgerecht Gebrauch.
6 Im Briefzentrum Wien (Stammdienststelle des Revisionswerbers) seien mittels Betriebsvereinbarung („Rahmenbetriebsvereinbarung betreffend Schichtdienst in den Verteilzentren der Division Brief der Österreichischen Post AG“) im Juli 2009 für die Mitarbeiter Zeitkonten eingeführt worden, auf denen jeweils Zeitguthaben bzw. Zeitschulden gegenverrechnet und monatlich als Zeitsaldo ausgewiesen würden. Der jeweilige Zeitsaldo werde in den nächsten Monat übertragen. Der Saldostand des Revisionswerbers habe am 1. Jänner 2016 17,99 Stunden ausgemacht. Es handle sich dabei nicht um angeordnete Überstunden und damit nicht um anspruchsbegründende Nebengebühren. Weitere Überstunden lägen nicht vor. Es sei seitdem zu keiner Änderung des Gutstundensaldos gekommen.
7 Gemäß der eingeführten Betriebsvereinbarung erfolge eine Auszahlung der am Zeitkonto angesammelten Zeitguthaben spätestens bei Beendigung des Dienstverhältnisses und hierbei auch nur für jene Zeitguthaben, die nicht bereits vorher in Freizeit hätten abgegolten werden können, wobei ein Nullsaldo laut Betriebsvereinbarung anzustreben sei. Zeitguthaben führten nur bei einem berechtigten Austritt zur Zahlung von Überstunden, ansonsten erfolge die Abgeltung mit dem einfachen Überstundenlohn.
8 Nebengebühren, die einen Anspruch auf eine Nebengebührenzulage begründeten, seien gemäß § 59 Abs. 3 Pensionsgesetz 1965 (PG 1965) auf Nebengebührenwerte umzurechnen. Die Mitteilung der Nebengebührenwerte nach § 59 Abs. 4 PG 1965 sei an den Revisionswerber sowohl für das Jahr 2015 als auch die Folgejahre erfolgt. Somit sei die Höhe der dem Revisionswerber zustehenden Nebengebührenwerte bereits einmal festgestellt und ihm bekanntgegeben worden. Durch das auf seinem Zeitkonto aufgebaute Zeitguthaben im Ausmaß von 17,99 Stunden hätten sich die dem Revisionswerber zustehenden und zwischenzeitlich auch mehrmals mitgeteilten Nebengebührenwerte nicht verändert, da sein Zeitguthaben nach wie vor aufrecht und er auch nicht aus dem Dienststand ausgeschieden sei.
9 Zusammengefasst ergebe sich daher, dass an der Beauskunftung der derzeitigen Höhe der Nebengebührenwerte des Revisionswerbers kein Feststellungsinteresse bestehe, da ihm diese jährlich mitgeteilt worden seien. Die auf seinem Zeitkonto befindlichen Gutstunden in der Höhe von insgesamt 17,99 Stunden beruhten auf einer Betriebsvereinbarung und würden laufend in den nächsten Monat übertragen. Bei einem berechtigten Austritt aus dem Dienstverhältnis würden die Zeitguthaben als Überstunde abgegolten. Ansonsten erfolge die Abgeltung mit dem einfachen Stundenlohn. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
10 In der dagegen erhobenen Beschwerde führte der Revisionswerber zusätzlich zu seinem bisherigen Vorbringen aus, die Begründung des Bescheides sei völlig inadäquat. Was Nebengebührenwerte bzw. diesbezügliche Gutschriften betreffe, sei darauf hinzuweisen, dass sich darauf sein Antrag überhaupt nicht bezogen habe, sodass die behördlichen Ausführungen dazu auch keine Relevanz hätten.
11 Was die Betriebsvereinbarung betreffe, sei zunächst ein schwerer Begründungsmangel gegeben. Betriebsvereinbarungen seien keine (zufolge allgemeiner öffentlicher Kundmachung) als allgemein bekannt vorauszusetzende Rechtsgrundlagen und es bedürfe daher insoweit, als sich irgendeine Entscheidung auf eine Betriebsvereinbarung stütze, deren genauerer Darstellung. Eine solche fehle zur Gänze und was die belangte Behörde implizit an Inhalt unterstelle, laufe auf ausschließliche Relevanz für vertraglich Beschäftigte hinaus. Das Beamtendienst- und Besoldungsrecht sei gesetzlich bindend vorgegeben und durch keine Betriebsvereinbarung abänderbar. Dass das auch für den gegenständlichen Bereich gelte, werde durch § 17a Poststrukturgesetz (PTSG) bekräftigt. Darüber hinaus seien auch die von der belangten Behörde angeführten Anknüpfungsbegriffe auf die vertraglichen Dienstverhältnisse abgestellt. Den Rechtsterminus „gerechtfertigter Austritt“ gebe es im Beamtendienstrecht überhaupt nicht und das Beamtendienstverhältnis dauere auch noch während des Ruhestandes fort, sodass nach der behördlichen Version die Nebengebührenauszahlung erst beim Ableben erfolgen würde - eine wohl keiner weiteren Erörterung bedürftige Absurdität.
12 Hinzu komme noch, dass Gegenstand seiner Antragstellung nicht die Auszahlung oder eine bescheidmäßige Absprache über die Auszahlung sei, sondern das Ausmaß des Nebengebührenanspruchs. Ein rechtliches Feststellungsinteresse bestehe daran zweifellos auch schon ohne Fälligkeit, wenn - wie hier - das Ausmaß für den Beamten unklar sei und ihm trotz wiederholtem Ersuchen nichts ausreichend Konkretes und Nachvollziehbares bekanntgegeben werde. Wäre ihm im Übrigen vor Bescheiderlassung bekanntgegeben worden, dass und weshalb die belangte Behörde eine Antragszurückweisung erwäge, so hätte er den Antrag auf Absprache darüber ausgedehnt, ob auch Fälligkeit und Verpflichtung zur Liquidierung (Auszahlung) gegeben seien oder in dieser Beziehung in Folge einer Betriebsvereinbarung etwas Anderes zu gelten habe. Dementsprechend sei ein schwerer Verfahrensfehler darin gelegen, dass ihm die belangte Behörde vor Bescheiderlassung kein Parteiengehör gewährt habe.
13 Der Revisionswerber stellte den Antrag, den angefochtenen Bescheid mit der Maßgabe (ersatzlos) aufzuheben, dass die belangte Behörde inhaltlich zu entscheiden habe. Für das fortgesetzte Verfahren beantrage er hier schon im vorangeführten Sinne, dass auch über Fälligkeit, Liquidierungspflicht iVm der Frage der Anwendbarkeit einer Betriebsvereinbarung bescheidmäßig abgesprochen werde.
14 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht diese Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG, ohne eine mündliche Verhandlung durchzuführen, ab. Begründend führte es rechtlich aus, nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei ein rechtliches Interesse der Partei an der Erlassung eines Feststellungsbescheids nur dann zu bejahen, wenn der Feststellungsantrag im konkreten Fall als geeignetes Mittel zur Beseitigung der Rechtsgefährdung angesehen werden könne. Aus diesem Gesichtspunkt ergebe sich auch die Notwendigkeit des Elements der Klarstellung für die Zukunft als Voraussetzung für die Erlassung eines Feststellungsbescheides, welcher zur Abwendung zukünftiger Rechtsgefährdung bzw. dazu diene, Rechte oder Rechtsverhältnisse zur Abwendung einer Rechtsgefährdung der Partei klar zu stellen. Ein wirtschaftliches, politisches oder wissenschaftliches Interesse vermöge nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Erlassung eines Feststellungsbescheides nicht zu rechtfertigen. Nur dort, wo eine Klarstellung eines Rechts- oder Rechtsverhältnisses eine Rechtsgefährdung des Antragstellers beseitigen könne, komme der Klarstellung für die Zukunft rechtliche Bedeutung zu.
15 Im gegenständlichen Fall habe der Revisionswerber die Feststellung der ihm zustehenden Nebengebühren beantragt. Dies sei ihm zu jedem Jahresende gemäß § 59 Abs. 4 PG 1965 mitgeteilt worden. Aus diesem Grund sei sein Antrag auch zurückgewiesen worden.
16 Wenn nun der Revisionswerber in der Beschwerde beantrage, den Bescheid aufzuheben, sodass die Behörde inhaltlich entscheiden möge, sei dieser Antragsumfang vom verfahrensleitenden Antrag nicht umfasst. Denn es sei ein wesentlicher, den Kern des Antrags betreffender Unterschied, ob die Feststellung eines Rechts oder Rechtsverhältnisses oder die konkrete Auszahlung eines bestimmten Betrages verlangt werde.
17 Zudem schränke das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz in § 28 Abs. 3 das begehrte Aufheben des Bescheides an die dort genannten Gründe ein. Nachdem für den verfahrensbegründenden Antrag der Sachverhalt feststehe, müsse das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG entscheiden.
18 Der Revisionswerber habe die Höhe von Nebengebühren gekannt und trotzdem den Antrag auf Feststellung der ihm zustehenden Nebengebühren gestellt. Er habe es unterlassen, in der Beschwerde darzulegen, welches darüberhinausgehende rechtliche Interesse auf die Feststellung seiner Nebengebühren bestehe. Der Behörde sei insofern Recht zu geben gewesen, als es kein Feststellungsinteresse gegeben habe, weshalb der Bescheid zurückzuweisen gewesen sei.
19 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
20 Die belangte Dienstbehörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.
21 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird unter Zitierung von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Wesentlichen vorgebracht, das Recht auf Erwirkung eines Feststellungsbescheides über ein Recht oder einen Rechtsanspruch sei dann gegeben, wenn das im Einzelfall das notwendige Mittel der Rechtsverteidigung oder Rechtsverfolgung sei. Insbesondere sei das Feststellungsinteresse sogar für die Anrechnung von Dienststunden, die ein bloßes Berechnungselement im Rahmen der Überstundenvergütung darstellten, bejaht worden und ganz allgemein für besoldungsrechtliche Ansprüche eines Beamten, wobei nur das Außerstreitstehen der gesetzmäßigen Liquidierung den Feststellungsanspruch ausschließe. Gegen diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe das Bundesverwaltungsgericht verstoßen. Er habe bereits in seinem Antrag behauptet, dass er eine Abrechnung nicht erhalten habe. Nicht einmal die Dienstbehörde habe behauptet, dass ihm vor seiner Antragsstellung bereits eine Mitteilung über seinen „Gutstunden-Saldostand“ gemacht worden wäre. Es wäre ihm seitens der Dienstbehörde Parteiengehör zu gewähren gewesen. Das Bundesverwaltungsgericht hätte eine mündliche Verhandlung durchführen müssen. Er sei bis dato im Unklaren darüber, ob die angegebene Saldozahl von 17,99 Stunden richtig und nachvollziehbar sei. Gemäß seiner Antragstellung genüge außerdem die Angabe einer Überstundenzahl nicht, vielmehr hätte betraglich der Höhe nach über die ihm im (und vor dem) November 2015 zustehenden Nebengebühren (insbesondere Überstundenvergütung nach § 16 GehG) abgesprochen werden müssen.
22 Schon mit dem Vorbringen, dass über den von ihm gestellten Feststellungsantrag von der Dienstbehörde inhaltlich zu entscheiden gewesen wäre, zeigt der Revisionswerber die Zulässigkeit der Revision auf. Sie ist auch berechtigt.
23 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
24 Das Bundesverwaltungsgericht hat zutreffend erkannt, dass bei Zurückweisung eines Antrages durch die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde Sache des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung der Beschwerde ist (vgl. etwa VwGH 21.10.2020, Ra 2020/12/0031, mwN).
25 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes werden besoldungsrechtliche Ansprüche eines Beamten in der Regel in drei Phasen - Schaffung eines Rechtstitels, Bemessung und Liquidierung - verwirklicht, wobei die letzte Phase (Liquidierung, Auszahlung) ein technischer Vorgang ist, der nicht durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen ist, sodass (erst) für die Entscheidung eines solchen Liquidierungsbegehrens die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art. 137 B-VG gegeben ist (vgl. etwa VwGH 7.5.2021, Ra 2020/12/0038; 25.10.2017, Ra 2016/12/0100, jeweils mwN). Bei Vorliegen des rechtlichen Interesses bildet der Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides über die Frage der Gebührlichkeit eines Bezugsbestandteiles ein taugliches Mittel zur Rechtsverfolgung, weshalb ein Rechtsanspruch auf einen solchen Bescheid zu bejahen ist (vgl. etwa VwGH 4.2.2009, 2008/12/0037, betreffend Überstundenvergütung). Geht es nicht bloß um die Liquidierung eines besoldungsrechtlichen Anspruchs, sondern um die Frage seiner Gebührlichkeit, ist darüber im Streitfall mit Bescheid der zuständigen (Dienst-)Behörde zu entscheiden. Die Dienstbehörde ist zur Erlassung eines Bescheides über die Gebührlichkeit eines Bezugs(-bestandteiles) dann nicht verpflichtet, wenn und solange der Beamte nach erfolgter Auszahlung ihr gegenüber die Gesetzmäßigkeit der Liquidierung (unter Angabe der strittigen Punkte) nicht in Frage stellt und damit ein rechtliches Interesse geltend macht (vgl. etwa VwGH 12.12.2008, 2007/12/0201; 25.5.2007, 2004/12/0050, jeweils mwN).
26 Im vorliegenden Revisionsfall hat der Revisionswerber in seinem Antrag vom 19. April 2017 begehrt, feststellend über die ihm gebührenden Nebengebühren, insbesondere Überstundenentgelt abzusprechen, wobei er diesen Antrag im Verfahren weiter konkretisierte (s. den oben wiedergegebenen Verfahrensgang). Er brachte bereits im Antrag vor, dass er Überstunden geleistet habe, bezüglich derer weder eine Abrechnung noch eine Auszahlung erfolgt sei. Die belangte Behörde (Dienstbehörde) vertrat den Standpunkt, dass eine Auszahlung von Überstundenentgelten aus näher genannten Gründen nicht zu erfolgen habe. Damit ist allerdings vorliegendenfalls eindeutig die Gebührlichkeit von Überstundenentgelten strittig. Es wäre daher im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von der Dienstbehörde ein Feststellungsbescheid über die Gebührlichkeit der Überstundenentgelte zu erlassen gewesen. Eine Zurückweisung des in Rede stehenden Feststellungsantrages kam somit nicht in Betracht. Die mit dem angefochtenen Erkenntnis erfolgte Bestätigung des den Feststellungsantrag der Revisionswerberin zurückweisenden Bescheides der Dienstbehörde erweist sich somit als verfehlt.
27 Vor diesem Hintergrund wäre das Bundesverwaltungsgericht gehalten gewesen, den - in Ermangelung sonstiger Zurückweisungsgründe - rechtswidrigen Zurückweisungsbescheid der Dienstbehörde gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG mit der Begründung ersatzlos aufzuheben, dass über den Feststellungsantrag inhaltlich zu entscheiden gewesen wäre. Eine solche Aufhebung verpflichtet die Dienstbehörde zu einer meritorischen Entscheidung über den verfahrenseinleitenden Antrag, welche dem Verwaltungsgericht im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens gegen den zurückweisenden Bescheid der Dienstbehörde verwehrt ist (vgl. etwa VwGH 19.2.2020, Ra 2019/12/0012, mwN).
28 Soweit der Revisionswerber sich in seinem Vorbringen auf weitere Nebengebühren bezog, hat er niemals ausgeführt, um welche Nebengebühren es sich dabei handeln soll. Insofern wird die Dienstbehörde, den Revisionswerber im fortgesetzten Verfahren zu einer Klarstellung aufzufordern haben.
29 Zutreffend hat der Revisionswerber darauf hingewiesen, dass sein Antrag Nebengebührenwerte, die die Bemessungsgrundlage für die Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss bilden (vgl. § 61 PG 1965), nicht betraf.
30 Zu beachten wird im fortgesetzten Verfahren weiters sein, dass im öffentlichen Recht begründete Verpflichtungen durch privatrechtliches Handeln nicht gestaltbar sind. Auch Betriebsvereinbarungen vermögen bei Kollision mit zweiseitig oder absolut zwingenden Gesetzesbestimmungen niemals, bei einseitig zwingendem Gesetz nur bei Günstigkeit durchzudringen. Etwa die Bestimmungen der §§ 48 ff Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979), können daher durch Betriebsvereinbarung nicht mit Wirksamkeit für das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis modifiziert werden (vgl. etwa VwGH 29.7.2021, Ra 2021/12/0015, mwN).
31 Das angefochtene Erkenntnis war daher im Sinne obiger Ausführungen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
32 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 28. April 2022
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Besondere Rechtsgebiete Organisationsrecht Justiz - Verwaltung Verweisung auf den Zivilrechtsweg VwRallg5/1 Verwaltungsrecht allgemein Ausgliederung PrivatisierungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020120073.L00Im RIS seit
27.05.2022Zuletzt aktualisiert am
21.06.2022