Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AWG 2002 §2 Abs7 Z4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger, die Hofrätin Mag. Hainz-Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der V M in B, vertreten durch Ing. Dr. Joachim Stock, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Museumstraße 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 18. März 2019, Zl. LVwG-2018/40/2696-2, betreffend Betriebsanlagengenehmigung nach der GewO 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Kufstein), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 12. Februar 2014 wurde der Revisionswerberin die Betriebsanlagengenehmigung für die Zwischenlagerung von Baurestmassen befristet für die Dauer von zwei Jahren auf einem bestimmt bezeichneten Grundstück erteilt.
2 2. Mit Eingabe vom 13. August 2018 beantragte die Revisionswerberin erneut die Genehmigung der Errichtung eines Zwischenlagers für Baurestmassen auf demselben Grundstück, wobei in dem Antrag darauf hingewiesen wurde, dass es sich inhaltlich um denselben Antrag handle, wie derjenige, der am 12. Februar 2014 bewilligt worden sei. Nach Durchführung eines „Vorbegutachtungsverfahrens“ teilte die belangte Behörde der Revisionswerberin mit, dass sich das gelagerte Material bereits länger als drei Jahre an dem im Antrag genannten Ort befinde und daher vom Vorliegen einer Deponie auszugehen sei. Trotz dieses Vorhalts bestand die Revisionswerberin auf ihrem Antragsvorbringen und zog das Begehren nicht zurück.
3 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 24. September 2018 wurde der Antrag der Revisionswerberin im Wesentlichen mit der Begründung, dass es sich bei dem beantragten Projekt um eine Deponie handle, als unzulässig zurückgewiesen. Es wurde festgehalten, dass sich auf dem Grundstück bereits seit länger als drei Jahren Material befinde, weshalb das eingebrachte Projekt als Deponie zu werten sei, das dem Regime des Abfallwirtschaftsgesetzes unterliege. Eine gewerberechtliche Genehmigung sei nicht zu erteilen.
4 3. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol (Verwaltungsgericht) die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den oben angeführten Bescheid ab und erklärte die Revision unter einem für unzulässig.
5 In seiner Begründung führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, die Revisionswerberin beantrage die Genehmigung eines Zwischenlagers wobei ausdrücklich eingeräumt werde, dass das gelagerte Material dort bereits seit dem Jahr 2014 lagere. Nach der Definition des § 2 Abs. 7 Z 4 erster Satz seien „Deponien“ Anlagen, die zur langfristigen Ablagerung von Abfällen oberhalb oder unterhalb (dh. unter Tage) der Erdoberfläche errichtet oder verwendet würden, einschließlich betriebseigener Anlagen für die Ablagerung von Abfällen, oder auf Dauer (dh. für länger als ein Jahr) eingerichtete Anlagen, die für die vorübergehende Lagerung von Abfällen genutzt würden. Vorliegend handle es sich daher um eine Deponie zumal kein Zwischenlager im Sinne des § 2 Abs. 7 Z 4 lit. b AWG vorliege. Diese unterliege nicht der Ausnahmebestimmung des § 37 Abs. 2 Z 5 AWG, weshalb der Antrag von der belangten Behörde zurecht zurückgewiesen worden sei.
6 4. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision.
Diese bringt zur Begründung der Zulässigkeit vor, die angefochtene Entscheidung weiche von der Rechtsprechung ab, wonach die Sache, über die die Behörde zu entscheiden habe, durch das Genehmigungsansuchen bestimmt werde. Der Inhalt eines Antrages sei nach seinem objektiven Erklärungswert auszulegen. Die belangte Behörde habe dem widersprechend dem Wortlaut des Begehrens eine andere Deutung gegeben und zudem der Revisionswerberin unterstellt, in Zukunft entgegen der beantragten Bewilligung eines Zwischenlagers eine Deponie betreiben zu wollen. Dies treffe auch für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu.
7 5. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Zunächst ist festzuhalten, dass entsprechend der - den gewerberechtlichen Bestimmungen vorgehenden - Verfassungsbestimmung des § 38 AWG 2002 betreffend die Verfahrenskonzentration im Genehmigungsverfahren und Anzeigeverfahren für gemäß § 37 AWG 2002 genehmigungspflichtige Behandlungsanlagen alle Vorschriften - mit Ausnahme der Bestimmungen über die Parteistellung, die Behördenzuständigkeit und das Verfahren - anzuwenden sind, die im Bereich des Gas-, Elektrizitätswirtschafts-, Landesstraßen-, Naturschutz- und Raumordnungsrechts für Bewilligungen, Genehmigungen oder Untersagungen des Projekts anzuwenden sind.
10 Ausgenommen von dieser Verfahrenskonzentration sind - soweit fallbezogen von Relevanz - gemäß § 37 Abs. 2 Z 5 „Lager für Abfälle, die der Genehmigungspflicht gemäß den §§ 74 ff GewO 1994 unterliegen“. Gemäß der Definition des § 2 Abs. 7 Z 4 AWG 2002 sind Anlagen, die zur langfristigen Ablagerung von Abfällen oberhalb oder unterhalb (dh. unter Tage) der Erdoberfläche errichtet oder verwendet werden, einschließlich betriebseigener Anlagen für die Ablagerung von Abfällen, oder auf Dauer (dh. für länger als ein Jahr) eingerichtete Anlagen, die für die vorübergehende Lagerung von Abfällen genutzt werden, als „Deponien“ anzusehen. Ausgehend von dem von der Revisionswerberin unbestrittenen, bereits ihrem Antragsvorbringen zugrundeliegenden Sachverhalt lagert auf dem Grundstück bereits seit mehr als drei Jahren Baurestmaterial, weshalb die belangte Behörde und - dieser folgend das Verwaltungsgericht - zurecht davon ausgegangen sind, dass der Sachverhalt unter den Tatbestand der Deponie im Sinne des § 2 Abs. 7 Z 4 AWG 2002 zu subsumieren ist, der eine Genehmigung gemäß § 37 AWG 2002 erfordert, weil die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 7 Z 4 lit. b AWG 2002 hier nicht greift. Die belangte Behörde war daher ausgehend von dem im Antrag vorgetragenen Sachverhalt für das Genehmigungsverfahren unzuständig, weil die Gewerbeordnung wegen der hier vorrangig zur Anwendung gelangenden Bestimmungen des AWG 2002 auf diesen nicht anzuwenden ist und hat demzufolge den Antrag zurecht zurückgewiesen.
11 Die Revision stellt diese rechtliche Beurteilung nicht ausdrücklich in Abrede, vermeint jedoch, das Verwaltungsgericht habe den Antrag der Revisionswerberin entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Definition der „Sache“ unrichtig als Genehmigungsantrag für eine Deponie ausgelegt. Dabei übersieht die Revisionswerberin, dass sowohl die belangte Behörde als auch das Verwaltungsgericht den von ihr vorgebrachten Sachverhalt zugrunde legend das Vorhaben richtigerweise unter die ihrem Inhalt nach klaren rechtlichen Bestimmungen des § 2 Abs. 7 Z 4 AWG 2002 iVm § 37 AWG 2002 subsumiert und daraus auf die Unzuständigkeit der angerufenen Gewerbebehörde für die beantragte Genehmigung geschlossen haben. Darin ist entgegen dem Vorbringen in der Revision jedoch keine Auslegung des Antrages, sondern vielmehr die rechtliche Einordnung des Antragsgegenstandes unter die anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen und daraus resultierende Beurteilung der Zuständigkeiten zu sehen. Die zur Begründung der Zulässigkeit vorgebrachte Abweichung von der Rechtsprechung liegt nicht vor.
12 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 19. April 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019040059.L00Im RIS seit
25.05.2022Zuletzt aktualisiert am
01.06.2022