TE Vwgh Beschluss 2022/4/27 Ra 2022/07/0024

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Veröffentlicht am 27.04.2022
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

B-VG Art133 Abs4
VStG §44a
VStG §44a Z1
VwGG §34 Abs1
VwGG §42 Abs2
VwGG §42 Abs3
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des J P in B, vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH in 1180 Wien, Weimarer Straße 55/1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 4. Februar 2022, LVwG-500547/12/KH, betreffend Übertretung des AWG 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Braunau), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis vom 19. Mai 2020 erkannte die Bezirkshauptmannschaft Braunau den Revisionswerber als handelsrechtlichen Geschäftsführer der P GmbH der Übertretung des § 15 Abs. 5 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) für schuldig, weil die P GmbH, die gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig sei, am 20. November 2019 im Standort I nicht gefährliche Abfälle, und zwar mindestens sechs Altreifen, entgegen § 15 Abs. 5 AWG 2002 einem nicht Berechtigten übergeben habe. Über den Revisionswerber wurde eine Geldstrafe in der Höhe von € 2.100 (sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen und zwölf Stunden) verhängt. Der Revisionswerber erhob dagegen eine Beschwerde.

2        Zur Vorgeschichte wird im Übrigen auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Oktober 2021, Ra 2020/05/0232, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof die Revision der Bezirkshauptmannschaft Braunau gegen das im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichts hinsichtlich des - das Straferkenntnis vom 19. Mai 2020 insoweit bestätigenden - Schuldspruches zurückgewiesen, dieses Erkenntnis aber im Umfang, in dem das Verwaltungsgericht der Beschwerde des Revisionswerbers Folge gegeben hatte (Ausspruch über die Ermahnung sowie über die Kostentragung hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens und des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

3        Mit dem nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet abgewiesen und die Revision für nicht zulässig erklärt.

4        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7        Die Revision macht zu ihrer Zulässigkeit zunächst geltend, der Straftatbestand des § 15 Abs. 5 iVm. § 79 Abs. 2 Z 4 AWG 2002 sei nicht erfüllt, weil keine Abfälle im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 vorgelegen seien. Mit diesem Vorbringen übersieht die Revision, dass mit dem Vorerkenntnis vom 7. Oktober 2021, Ra 2020/05/0232, die Revision hinsichtlich des im ersten Rechtsgang ergangenen Schuldspruches zurückgewiesen worden ist und der Schuldspruch somit im Rechtsbestand belassen wurde. Die Schuldfrage war somit nicht mehr Gegenstand des fortgesetzten Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht. Die Rechtswidrigkeit des Schuldspruches kann im nunmehrigen zweiten Rechtsgang daher nicht mehr geltend gemacht werden (vgl. VwGH 8.3.2021, Ra 2020/17/0089, mwN).

8        Die Revision bringt unter dem Gesichtspunkt ihrer Zulässigkeit weiters vor, die Voraussetzungen der Einstellung des Verfahrens nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG seien vorgelegen. Das Verwaltungsgericht habe sich nicht ausreichend mit den insoweit maßgeblichen Kriterien auseinandergesetzt. In Hinblick auf seine bloß formelhafte Begründung, mit der im Wesentlichen nur auf das Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs verwiesen worden sei, habe das Verwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis auch mit einem Verfahrensmangel belastet.

9        Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG sind die Verwaltungsgerichte und die Verwaltungsbehörden dann, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision stattgegeben hat, verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Die Verwaltungsbehörden bzw. Verwaltungsgerichte sind bei der Erlassung der Ersatzentscheidung somit an die vom Verwaltungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis geäußerte Rechtsanschauung gebunden. Eine Ausnahme bildet der Fall einer wesentlichen Änderung der Sach- und Rechtslage. Auch der Verwaltungsgerichtshof selbst ist gemäß § 63 Abs. 1 VwGG an seine Erkenntnisse gebunden (vgl. etwa VwGH 21.10.2021, Ra 2020/17/0090, mwN).

10       Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Vorerkenntnis vom 7. Oktober 2021, Ra 2020/05/0232, mit dem Vorliegen der Voraussetzungen der Einstellung des Verfahrens nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG auseinandergesetzt und - auf der Grundlage von mit dem nunmehrigen zweiten Rechtsgang identen Sachverhaltsfeststellungen des Verwaltungsgerichts - die Annahme, diese Voraussetzungen lägen vor, als grob fehlerhaft beurteilt.

11       Die Revision tritt hinsichtlich des festgestellten Sachverhaltes, an den im zweiten Rechtsgang keine Bindung bestand (vgl. etwa auch VwGH 14.3.2022, Ra 2021/08/0007), den Annahmen des Verwaltungsgerichts nicht entgegen und legt mit dem bloß allgemein gehaltenen Vorbringen auch nicht konkret dar, dass insoweit maßgebliche Aspekte unberücksichtigt geblieben wären. Eine Mangelhaftigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts wird daher schon deshalb nicht aufgezeigt.

12       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 27. April 2022

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022070024.L00

Im RIS seit

25.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

03.06.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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