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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
VwGG §28 Abs1 Z4Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache 1. der A in W, 2. des P K in W und 3. der G K in N, alle vertreten durch Dr. Lorenz Edgar Riegler, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 124/14, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Burgenland vom 24. Jänner 2022, Zlen. 1. E B05/09/2021.002/010 und 2. E B05/09/2021.003/010, betreffend Parteistellung im Bauverfahren (mitbeteiligte Partei: X GmbH, vertreten durch Dr. Christina Hofmann, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Einspinnergasse 1; belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See; weitere Partei: Burgenländische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl vom 1. September 2021 wurde der mitbeteiligten Partei eine Bewilligung nach dem Burgenländischen Baugesetz 1997 (BauG) für die Änderung bzw. Errichtung eines Möbellagers auf einem näher genannten Grundstück erteilt. Die Einwendungen der revisionswerbenden Parteien wurden als unzulässig zurückgewiesen.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Burgenland (LVwG) die Beschwerden der revisionswerbenden Parteien gegen den genannten Bescheid als unzulässig zurück und erklärte eine ordentliche Revision für unzulässig.
Begründend führte das LVwG zusammengefasst aus, die Erstrevisionswerberin könne aus der Aarhus-Konvention keine Parteistellung im Verfahren nach dem BauG ableiten. Die zweit- und drittrevisionswerbenden Parteien erfüllten nicht die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Z 3 BauG, weil sie nicht Eigentümer eines Grundstückes seien, das weniger als 15 m von den Fronten des Baues entfernt sei; die kürzeste Entfernung betrage 237 m. Daher sei auch ihre Beschwerde mangels Parteistellung zurückzuweisen gewesen.
3 Die revisionswerbenden Parteien bringen unter der Überschrift „4. Revisionspunkte“ vor, dass sie „in ihrem Recht auf richtige Anwendung der Vorschriften über die Durchführung des Verwaltungsverfahrens und damit in ihrem Recht verletzt werden, dass ein UVP-Verfahren geführt wird, wenn eine UVP-pflichtige Änderung eines Vorhabens bewilligt werden soll“. Sie erachten sich in ihrem Recht auf Beachtung der UVP-Richtlinie der Europäischen Union und Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung, auf einwandfreie Erhebung des Ist-Zustandes in Bezug auf den Umgebungslärm sowie - unter Beachtung des Europäischen Rechts - auf ein faires Überprüfungsverfahren vor einem unabhängigen Gericht verletzt.
4 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision (u.a.) die Bezeichnung der Rechte, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten. Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich behauptet, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. VwGH 26.7.2019, Ra 2019/07/0071, Rn. 5, mwN).
5 Das angefochtene Erkenntnis, mit dem die Beschwerden der revisionswerbenden Parteien mangels Parteistellung zurückgewiesen wurden, stellt eine ausschließlich verfahrensrechtliche Erledigung dar; in Hinblick auf den normativen Gehalt dieser Erledigung käme vorliegend allein die Verletzung der revisionswerbenden Parteien in ihrem Recht auf Sachentscheidung, d.h. auf meritorische Erledigung ihrer Beschwerde, in Betracht (vgl. nochmals VwGH 26.7.2019, Ra 2019/07/0071, Rn. 6; 7.7.2021, Ro 2021/06/0012, Rn. 5, jeweils mwN). Dieses Recht ist allerdings von den von den revisionswerbenden Parteien ausdrücklich bezeichneten Revisionspunkten nicht erfasst.
6 Die Revision war daher schon aus diesem Grund gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 28. April 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022060048.L00Im RIS seit
25.05.2022Zuletzt aktualisiert am
09.06.2022