TE Vwgh Beschluss 2022/4/28 Ra 2022/06/0041

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.04.2022
beobachten
merken

Index

L82007 Bauordnung Tirol
001 Verwaltungsrecht allgemein
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §56
BauO Tir 2018 §30 Abs3
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des E H K in P, vertreten durch Dr. Andreas Fink und Dr. Christopher Fink, Rechtsanwälte in 6460 Imst, Sirapuit 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 27. Jänner 2022, LVwG-2021/39/2818-1, betreffend Feststellung der Bewilligungspflicht (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde Pfunds; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde P. vom 20. September 2021, mit welchem festgestellt worden war, dass das von ihm mit Anbringen vom 15. April 2021 angezeigte Bauvorhaben betreffend die Errichtung einer Flachgaupe am bestehenden Gebäude auf einer näher bezeichneten Liegenschaft bewilligungspflichtig sei, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5        Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass aufgrund der Unvollständigkeit der Bauanzeige die zweimonatige Frist für die Erlassung eines Feststellungsbescheides betreffend die Bewilligungspflicht des angezeigten Bauvorhabens nicht zu laufen begonnen habe. Darüber hinaus handle es sich bei dem genehmigten Gebäude dem Inhalt der erteilten Baubewilligung zufolge um eine Kochhütte, welche dem Aufenthalt von Menschen diene, und nicht um einen Stadel, weil es sich bei einem Stadel um ein Gebäude handle, das ausschließlich dem Schutz bzw. der Unterbringung von Sachen diene; Aufenthaltsnutzungen von Menschen ließen sich hingegen nicht unter den Bautyp eines Stadels einreihen. Demgemäß handle es sich bei dem angezeigten Bauvorhaben auch nicht um eine Änderung eines solchen ortsüblichen Stadels in Holzbauweise, weshalb keine anzeigepflichtige Maßnahme im Sinn des § 28 Abs. 2 lit. d Tiroler Bauordnung 2018 - TBO 2018 gegeben sei.

6        In den zur Zulässigkeit der vorliegenden Revision dargestellten Gründen führt der Revisionswerber aus, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil es sich bei der Frage der Ortsüblichkeit eines Stadels um eine gemischte Frage, sohin auch um eine Sachfrage handle und der historische Bedeutungsgehalt des Stadels im Ortsgebiet der Gemeinde P. nicht erhoben worden sei. Zudem fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, wann die Voraussetzungen des § 6 Bauunterlagenverordnung 2020 vorlägen und somit die Möglichkeit einer leeren Bauanzeige gegeben sei. Im Hinblick auf diese Bestimmung sei auch fraglich, ob die Behörde die zweimonatige Frist verstreichen lassen könne, ohne zumindest die Nachreichung von Plänen einzufordern.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, weil das Schicksal der Revision nicht von der Beantwortung der aufgeworfenen Fragen abhängt:

7        Soweit der Revisionswerber Verfahrensmängel in Bezug auf die Ermittlung der Ortsüblichkeit eines Stadels geltend macht, übersieht er, dass das Verwaltungsgericht bereits das Bestehen eines Stadels verneint hat, sodass es auf die Frage der Ortsüblichkeit nicht (mehr) ankommt. Der Revisionswerber tritt den Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis zum Nichtvorliegen eines Stadels nicht entgegen.

8        Darüber hinaus ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Erlassung eines Feststellungsbescheides betreffend die Bewilligungspflicht eines angezeigten Bauvorhabens auch nach Ablauf der in § 30 Abs. 3 TBO 2018 normierten Frist zulässig. Nach Ablauf dieser Frist darf das Vorhaben zwar ausgeführt werden, der bloße Fristablauf bewirkt aber nicht, dass ein genehmigungspflichtiges Bauvorhaben zu einem anzeigepflichtigen würde und damit keiner Baubewilligung mehr bedürfte (vgl. etwa VwGH 23.4.2020, 2020/06/0095, VwGH 22.2.2012, 2011/06/0183, und VwGH 9.3.2022, Ra 2021/06/0218 bis 0220, jeweils mwN). Die vom Revisionswerber aufgeworfene Frage, ob bzw. wann eine vollständige Bauanzeige vorgelegen hat, ist für die Zulässigkeit der gegenständlichen Feststellung somit nicht entscheidend.

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 28. April 2022

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022060041.L00

Im RIS seit

25.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

09.06.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten