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L37168 Kanalabgabe VorarlbergNorm
KanalisationsG Vlbg 1989 §5 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des G L in D, vertreten durch Mag. Bernhard Schwendinger, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Marktstraße 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 17. Dezember 2021, LVwG-1-691/2020-R9, betreffend eine Angelegenheit des Kanalisationsgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Dornbirn; weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (LVwG) der Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn (Behörde) vom 11. November 2020, mit welchem über den Revisionswerber wegen Nichtumsetzung der Verpflichtung zum Anschluss an die städtische Kanalisation gemäß § 25 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 1 iVm § 3 Abs. 3 Kanalisationsgesetz (KanalG) eine Geldstrafe von € 600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage und vierzehn Stunden) verhängt worden war, mit einer hier nicht relevanten Maßgabe keine Folge und erklärte eine ordentliche Revision für unzulässig.
Begründend führte das LVwG - soweit für das gegenständliche Verfahren relevant - aus, der Revisionswerber sei mit Bescheid der Bürgermeisterin der Stadt D. vom 29. April 2019 verpflichtet worden, das Objekt auf dem in seinem Eigentum befindlichen Grundstück Nr. 14920/9, KG D., innerhalb von sechs Monaten an die städtische Kanalisation anzuschließen. Dieser Verpflichtung sei er bis 9. Juni 2020 nicht nachgekommen, sondern habe den behördlichen Auftrag erst am 14. Dezember 2020 erfüllt. Das Vorbringen, der Revisionswerber hätte zuerst „das Finanzielle mit der Bank regeln müssen“ und im August hätten die Baufirmen geschlossen gehabt, stelle keine Rechtfertigungsgründe dar, weil der Revisionswerber zwischen April 2019 und Juni 2020 jedenfalls ausreichend Zeit dafür gehabt hätte. Wenn weiter vorgebracht werde, dass eine Brücke, über die zur Liegenschaft des Revisionswerbers zugefahren werden müsse, von der Stadt D. erst am 10. Oktober 2020 saniert worden sei, werde darauf hingewiesen, dass die LKW der Firma H., die das zuvor bestandene Dreikammersystem der Abwasseranlage entleert habe, jeweils über die Brücke gefahren seien. Das LVwG gehe daher davon aus, dass es sich bei dem diesbezüglichen Vorbringen um eine Schutzbehauptung handle. Das tatbildmäßige Verhalten des Revisionswerbers bleibe nicht erheblich hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurück, weshalb nicht von einem bloß geringfügigen Verschulden ausgegangen werden könne.
5 In der Zulässigkeitsbegründung rügt der Revisionswerber Verfahrensmängel insofern, als die Annahmen des LVwG, wonach es ihm fristgerecht möglich gewesen wäre, mit der Bank und mit einem Bauunternehmen Kontakt aufzunehmen, sowie, dass das Befahren der Brücke mit einem für die Kanalsanierungsarbeiten notwendigen LKW bzw. Bagger möglich gewesen wäre, aktenwidrig seien.
6 Eine Aktenwidrigkeit liegt nur dann vor, wenn sich die Behörde bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mit dem Akteninhalt hinsichtlich der dort festgehaltenen Tatsachen in Widerspruch gesetzt hat, wenn also die Feststellung jener tatsächlichen Umstände unrichtig ist, die für den Spruch der Entscheidung ausschlaggebend sind (vgl. etwa VwGH 24.1.2022, Ra 2021/02/0260, mwN).
7 Mit seinem Vorbringen wendet sich der Revisionswerber der Sache nach gegen die vom LVwG vorgenommene Beweiswürdigung betreffend die Frage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit im Sinne des § 5 VStG. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt in diesem Zusammenhang nur dann vor, wenn das LVwG die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. VwGH 28.6.2021, Ra 2021/06/0056).
Eine derartige Unvertretbarkeit wurde in der Revision nicht aufgezeigt.
Bei der Verpflichtung gemäß § 5 Abs. 1 KanalG handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinn des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG. Demnach kann der Täter nur dann straflos bleiben, wenn er glaubhaft macht, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war, bzw. wenn er aufzuzeigen vermag, dass er während des ihm angelasteten Tatzeitraumes alles in seinen Kräften Stehende (Ausschöpfung der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten) unternahm, um die Konsenswidrigkeit innerhalb kürzester Zeit zu beseitigen (vgl. VwGH 31.8.2020, Ra 2020/05/0160, Rn. 12, mwN). Solange dies nicht der Fall ist, hat die Behörde (bzw. das Verwaltungsgericht) anzunehmen, dass der Verstoß bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte vermieden werden können (vgl. VwGH 21.12.2020, Ra 2020/09/0065, mwN). Allgemein gehaltene Behauptungen reichen nicht aus, um ein mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen (vgl. die bei Wessely VStG2 § 5 Rn. 30 zitierte hg. Judikatur).
8 Mit dem Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung, der Revisionswerber habe in der Verhandlung vor dem LVwG „angegeben etwas unternommen zu haben“ und er sei „um die Erledigung des Anschlusses bemüht“ gewesen, zeigt er nicht auf, dass er zwischen Mai 2019 und Juni 2020 alles in seinen Kräften Stehende (Ausschöpfung der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten) unternommen hätte, um dem Auftrag nachzukommen. In den Verwaltungsakten findet sich lediglich ein mit 30. September 2020 - somit 17 Monate nach der Anschlussverpflichtung - datiertes und vom Revisionswerber am 1. Oktober 2020 unterfertigtes Angebot zur Herstellung des Kanalanschlusses. Wann er hinsichtlich der Finanzierung des Kanalanschlusses tätig geworden sei, wurde weder konkret vorgebracht noch sind Hinweise dafür den Verfahrensakten zu entnehmen.
Das Vorbringen, wonach die Brücke vor ihrer Sanierung nicht mit einem schweren LKW hätte befahren werden können, ist nur allgemein gehalten („LKWs können ein höchstzulässiges Gesamtgewicht von 3,5 t aufweisen aber auch ein höchstzulässiges Gewicht von bis zu 40 t.“, „Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass [...] Bagger [...] ein Gewicht von mehreren Tonnen aufweisen. Diese Bagger werden fast ausschließlich von LKWs zu ihren Einsatzorten gebracht.“) und lässt offen, wann und von wem der Revisionswerber diese Auskunft erhalten haben soll. Er legt auch nicht dar, welches Gewicht die LKW der Firma H. im Vergleich zu den für die Herstellung des Kanalanschlusses erforderlichen Fahrzeuge haben und aus welchem Grund ein Bagger nicht allenfalls selbst über die Brücke fahren hätte können, statt von einem LKW darüber transportiert zu werden. Selbst wenn die - erkennbare - Schlussfolgerung des LVwG, auch vor der Sanierung der Brücke hätten die für die Herstellung des Kanalanschlusses erforderlichen Fahrzeuge bzw. Baumaschinen zufahren können, weil die LKW der Firma H. auch über die Brücke gefahren seien, nicht zwingend ist, gelingt es dem Revisionswerber mit seinen allgemein gehaltenen Behauptungen ohne Beibringung konkreter Beweismittel nicht, glaubhaft zu machen, dass es ihm im gesamten Zeitraum zwischen Mai 2019 und Juni 2020 aufgrund des von ihm vorgebrachten Zustandes der Brücke unmöglich gewesen wäre, dem Auftrag nachzukommen.
Angesichts dessen kann die Beurteilung des LVwG, dass es dem Revisionswerber mit seinem Vorbringen nicht gelungen sei, die Vermutung des Verschuldens zu widerlegen, nicht als unvertretbar angesehen werden.
9 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 28. April 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022060039.L00Im RIS seit
25.05.2022Zuletzt aktualisiert am
09.06.2022