TE Lvwg Erkenntnis 2021/10/19 VGW-123/061/10474/2021

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.10.2021
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Entscheidungsdatum

19.10.2021

Index

L72009 Beschaffung Vergabe Wien
97 Öffentliches Auftragswesen

Norm

WVRG 2020 §3
WVRG 2020 §8 Abs1
BVergG 2018 §248 Abs1
BVergG 2018 §248 Abs2
BVergG 2018 §250 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richter Dr. Schweiger als Vorsitzenden, Mag. Schreiner als Berichterin und Mag. Schmied als Beisitzer über den Antrag der A. GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte OG, vom 12.7.2021, auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung vom 2.7.2021 betreffend das Vergabeverfahren "Wien, B.-Straße, C.-gasse und D.-gasse - Erd- u. Baumeisterarbeiten", nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9.9.2021 durch Verkündung

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 3 und § 8 Abs. 1 WVRG 2020 iVm §§ 248 Abs. 1 und 2, 250 Z 1 BVergG 2018 wird der Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung vom 2.7.2021 betreffend das Vergabeverfahren "Wien, B.-Straße, , C.-gasse und , D.-gasse - Erd- u. Baumeisterarbeiten", abgewiesen.

II. Gemäß §§ 14 und 15 WVRG 2020 hat die Antragstellerin die von ihr entrichteten Pauschalgebühren in der Höhe von EUR 3.241,- selbst zu tragen.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

                  

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

I.       Zum Vergabeverfahren:

Die Stadt Wien, Magistratsabteilung 31 – Wiener Wasser (in der Folge: Auftraggeberin) führt ein offenes Verfahren zur Beschaffung einer Bauleistung (Bauauftrag) im Oberschwellenbereich unter Anwendung der Bestimmungen des BVergG 2018 im Sektorenbereich durch. Der geschätzte Auftragswert, welcher dem gegenständlichen Auftrag zugrunde liegt, liegt im Unterschwellenbereich. Der Auftragsgegenstand umfasst den Bauauftrag "Wien, Behälter E. (F.-gasse) bis B.-Straße - G.-gasse – Wasserrohrlegungen und Wasserrohrauswechslungen“. Der Zuschlag erfolgt nach dem Billigstbieterprinzip.

Die unionsweite Bekanntmachung erfolgte im Amtsblatt der Europäischen Union, ABl. S 063-161112 mit 31.03.2021. Die Frist für den Eingang der Angebote endete am 29.04.2021, 09:15 Uhr. Die A. GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) hat rechtzeitig ein Angebot abgegeben.

Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 2.7.2021, zugestellt am selben Tag, wurde das Angebot der A. GmbH ausgeschieden. Die Ausscheidensentscheidung stützt sich auf näher genannte Gründe iSd § 302 Abs. 1 Z 2 und 5 iVm § 249 Abs. 2 Z 3 und 4 BVergG 2018.

II.      Zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren:

Am 12.7.2021, 11:24 Uhr, langte am Verwaltungsgericht Wien der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin via E-Mail ein, mit welchem die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens, die Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung vom 2.7.2021, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie der Ersatz der Pauschalgebühren beantragt wurden.

Die Ausscheidensentscheidung stützt sich auf die aufgrund schwerer beruflicher Verfehlungen und nicht ausreichender Selbstreinigungsmaßnahmen angeblich fehlende Eignung sowie auf das Vorliegen einer Ausschreibungswidrigkeit, zumal dem objektiven Erklärungswert des Angebotes zufolge, anstelle der für die vier Arbeitspartien erforderlichen Arbeitskräfte, lediglich sechs Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt würden.

Begründend führt die Antragstellerin dagegen in ihrem Nachprüfungsantrag auf das Wesentliche zusammengefasst aus, entgegen der Annahme der Auftraggeberin sei ihr Angebot ausschreibungsgemäß und mangle es ihr insbesondere nicht an der Eignung. Die Auftraggeberin habe in ihren Ausschreibungsbestimmungen keine bestimmte Anzahl an Arbeitskräften gefordert. Es fände sich zudem keine Definition für den Begriff „Arbeitspartie“ und sei in den Ausschreibungsbestimmungen keine Mindestanzahl an Arbeitspartien oder Fach- und Hilfskräften gefordert. Weder seien in den Ausschreibungsbestimmungen vier Arbeitspartien gefordert, noch sei die Anzahl der Personen, welche für eine „Arbeitspartie“ erforderlich sei, festgelegt. Es könne der Antragstellerin sohin dem Grunde nach nicht angelastet werden, ein ausschreibungswidriges Angebot gelegt zu haben (§ 302 Abs. 1 Z 5 BVergG).

Hinsichtlich des Vorliegens der Eignung verweist die Antragstellerin darauf, dass weder die Antragstellerin, noch einer ihrer Geschäftsführer, namentlich H. I., rechtskräftig verurteilt seien. Gegenständlich könnten iSd

§ 249 Abs. 2 BVergG nur fakultative Ausschlussgründe zu prüfen sein, aber unterlägen auch diese gemäß § 254 Abs. 5 Z 2 BVergG (bzw. gleichlautend Art. 57 Abs. 7 RL 2014/24/EU) einer ausdrücklichen zeitlichen Restriktion dahingehend, dass die höchstzulässige Dauer eines Ausschlusses „drei Jahre ab dem betreffenden Ereignis nicht überschreiten“ darf. Dem Erkenntnis´ des VwG vom 2.8.2019, VGW-123/029/8524/2019-24, zufolge, sei der Zeitpunkt, ab dem diese dreijährige Frist zu laufen begonnen habe, der 12.9.2017 gewesen.

Auch sei es nicht richtig, dass die Antragstellerin keine ausreichenden selbstreinigenden Maßnahmen gemäß §§ 254 Abs. 1 ff BVergG getroffen habe. Es werde auf die Ausführungen Rahmen der Aufklärung und darauf verwiesen, dass Selbstreinigungsmaßnahmen nach Abschluss der maximalen Ausschlussdauer keine Voraussetzung für eine Beteiligung am Vergabeverfahren darstellten.

Mit Schriftsatz vom 22.7.2021 erstattete die Auftraggeberin eine Stellungnahme zum Antragsvorbringen, welche der Antragstellerin zur Kenntnis gebracht wurde. Die Replik der Antragstellerin vom 27.8.2021 wurde der Auftraggeberin, ihre darauffolgende Replik vom 8.9.2021 wurde der Antragstellerin zur Kenntnisnahme gebracht.

Das Verwaltungsgericht Wien hat im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren am 9.9.2021 in Anwesenheit der Antragstellerin und der Auftraggeberin eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

Die Antragstellerin verwies im Wesentlichen auf ihr bisheriges Vorbringen und führte aus, im „Abschnitt J.-gasse“ dürften Arbeiten nur in den Ferien erfolgen. Da die Schulferien erst jetzt geendet hätten, sei ein gleichzeitiges Arbeiten in mehreren Abschnitten nicht möglich. Das erforderliche Personal sei daher erst bei Arbeitsbeginn einzuteilen. Die Einteilung des Personals sei Teil der Arbeitsdurchführung und nicht der Angebotsprüfung.

Die Auftraggeberin beschrieb auf Befragen die ihrer Erfahrung nach für ein vergleichbares Bauvorhaben (Grabung von Künetten) erforderliche, typische Zusammensetzung einer Arbeitspartie. Danach bestehe diese in einem Maschinisten für das Grabegerät, das sei in der Regel ein angelernter Arbeiter sowie weiters ein bis zwei angelernte Bauarbeiter. Diese zwei weiteren angelernten Arbeiter seien für die Durchführung der Pölzungsarbeiten erforderlich. Ein bis zwei weitere Arbeiter seien für die „Materialab- und herschaffung“ sowie für Poliertätigkeiten erforderlich. Der Polier müsse allerdings nicht laufend auf der Baustelle sein. Die Antragstellerin habe im K3 Blatt vier bis fünf Arbeiter für eine Arbeitspartie kalkuliert, dies sei dem technischen Verständnis der Auftraggeberin zufolge richtig.

Die Entscheidung wurde im Anschluss an die mündliche Verhandlung verkündet.

III.    Sachverhalt:

1.       Das Verwaltungsgericht Wien legt seiner Entscheidung neben den unter Punkt I. und II. getroffenen Feststellungen zum Verfahrensablauf folgende Feststellungen zugrunde:

Die Stadt Wien, Magistratsabteilung 31 – Wiener Wasser führt ein offenes Verfahren zur Beschaffung einer Bauleistung (Bauauftrag) im Oberschwellenbereich unter Anwendung der Bestimmungen des BVergG 2018 im Sektorenbereich durch. Der geschätzte Auftragswert des gegenständlichen Auftrages, nämlich "Wien, Behälter E. (F.-gasse) bis B.-Straße - G.-gasse – Wasserrohrlegungen und Wasserrohrauswechslungen“ liegt im Unterschwellenbereich. Der Zuschlag erfolgt nach dem Billigstbieterprinzip.

Der Bauauftrag ist in vier Bauabschnitte aufgeteilt, wobei sich Abschnitt 1 „, F.-gasse ONr. ..., + K.-park+, L.-straße ONr. ...“ und Abschnitt 2 „, G.-gasse ONr. ...+, J.-gasse ONr. ...“ in zeitlicher Hinsicht, nämlich mit Baubeginn jeweils Mitte Juni 2021 und Bauende jeweils Ende Oktober 2021, völlig überschneiden. Der 3. Abschnitt, L.-straße ONr. ...“ überschneidet sich teilweise mit den Arbeiten im 1. und 2. Abschnitt, zumal der Baubeginn mit Anfang September 2021 und das Bauende mit Dezember 2021 festgelegt ist.

Zu Abschnitt 1. und 2. ist in der Baubeschreibung jeweils folgende Festlegung getroffen:

„Um die vorgegebene Bauzeit in diesem Bauabschnitt einhalten zu können, ist mit einer eventuell notwendigen Baudurchführung mit mehreren Arbeitspartien gleichzeitig zu rechnen (nach Anordnung bzw. Rücksprache mit dem AG).“

Zu Abschnitt 3. ist in der Baubeschreibung folgende Festlegung getroffen:

„Um die vorgegebene Bauzeit in diesem Bereich einhalten zu können, ist eine zwingende Arbeitsdurchführung mit zwei Arbeitspartien gleichzeitig notwendig!“

Die Antragstellerin hat fristgerecht ein Angebot gelegt, in welchem sie dem im Akt aufliegenden K 3 Blatt zufolge eine Arbeitspartie mit einer Besetzung von fünf Personen, nämlich 1 Vorarbeiter (IIa), 1 Facharbeiter (IIb), 2 angelernte Bauarbeiter (IIla) und 1 Bauhilfsarbeiter (IV) kalkuliert hat.

Zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung verfügte die Antragstellerin über 6 Arbeitnehmer. Subunternehmer wurden von der Antragstellerin keine namhaft gemacht. Mit Schreiben vom 2.7.2021 erging die gegenständlich angefochtene Ausscheidensentscheidung. Diese lautet:

Schreiben (Grafik) – nicht anonymisierbar

 

2.      Diese Feststellungen ergeben sich aus folgender Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und sämtliche Feststellungen ergeben sich aus dem Vergabeakt, den Schriftsätzen des gegenständlichen Verfahrens und der mündlichen Verhandlung und sind unstrittig. Der geschätzte Auftragswert ergibt sich aus der von der Auftraggeberin zur Verfügung gestellten Information und dem Vergabeakt.

IV.      Rechtliche Beurteilung:

1.1.    Zur Rechtzeitigkeit und Zulässigkeit des Antrags

Die Auftraggeberin ist öffentliche Auftraggeberin iSd § 4 Abs. 1 Z 1 BVergG 2018. Sie führt ein offenes Verfahren im Oberschwellenbereich zur Beschaffung einer Bauleistung (Bauauftrag) durch. Der Auftragswert der gegenständlichen Bauleistung liegt im Unterschwellenbereich.

Der gegenständliche Antrag auf Einleitung eines Nichtigerklärungsverfahrens erweist sich als rechtzeitig im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 7 WVRG 2020, da der Nachprüfungsantrag am letzten Tag der 10-tägigen Frist des § 19 Abs. 1 WVRG 2020 beim Verwaltungsgericht Wien elektronisch eingelangt ist. Er ist auch zulässig, zumal mit dem Antrag eine gesondert anfechtbare Entscheidung (Ausscheidensentscheidung) im Sinne des § 2 Z 15 lit. a sublit. aa BVergG 2018 bekämpft wird. Die Beibringung der Pauschalgebühren gemäß § 2 Abs. 1 iVm § 1 WVPVO 2020 wurde nachgewiesen. Die Antragstellerin hat den ihr allenfalls drohenden Schaden bei Nichterlangung des gegenständlichen Auftrages plausibel dargelegt (vgl. VwGH 23.5.2007, Zl. 2007/04/0010). Der Antrag auf Einleitung eines Nichtigerklärungsverfahrens entspricht auch sonst den Bestimmungen der §§ 18 ff WVRG 2020.

1.2.    Zur Unbegründetheit des Nachprüfungsantrags

Der Nachprüfungsantrag ist nicht berechtigt.

Aus Sicht des Verwaltungsgerichtes wurde das Angebot der Antragstellerin bereits aus nachfolgenden Gründen zurecht von der Auftraggeberin ausgeschieden:

Gemäß § 248 Abs. 1 BVergG 2018 hat der Sektorenauftraggeber für die Durchführung eines Vergabeverfahrens objektive Eignungskriterien festzulegen, die allen interessierten Unternehmern zugänglich sein müssen.

Gemäß § 248 Abs. 2 BVergG 2018 ist ein Unternehmer, der die gemäß Abs. 1 festgelegten Eignungskriterien nicht erfüllt, vom Vergabeverfahren auszuschließen.

Gemäß § 250 Z 1 BVergG 2018 muss die Eignung beim offenen Verfahren unbeschadet des § 194 Abs. 1 spätestens zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorliegen.

Die Auftraggeberin hat in der einen Bestandteil der Ausschreibungsbestimmungen bildenden Baubeschreibung zu den Abschnitten 1., 2., und 3., Festlegungen getroffen, die (zwingend) zu einem Einsatz von mindestens vier Arbeitspartien gleichzeitig führen können. Dem Wortlaut der Festlegungen zu Abschnitt 1. und Abschnitt 2. zufolge („Um die vorgegebene Bauzeit in diesem Bauabschnitt einhalten zu können, ist mit einer eventuell notwendigen Baudurchführung mit mehreren Arbeitspartien gleichzeitig zu rechnen (nach Anordnung bzw. Rücksprache mit dem AG)“ unterliegt es unter anderem der Ingerenz des Auftraggebers, den Einsatz von zwei Arbeitspartien gleichzeitig anzuordnen. Nachdem sich die Abschnitte 1. und 2. zeitlich völlig überschneiden sowie zu Abschnitt 3., mit welchem sich ab Anfang September 2021 eine zeitliche Überschneidung gibt, ein zwingender Einsatz von zwei Arbeitspartien gleichzeitig festgelegt ist, hat ein Auftragnehmer sohin Vorsorge zu treffen, dass das Personal für die sich daraus ergebenden mindestens vier Arbeitspartien zur Verfügung steht.

Wiewohl die Ausschreibungsbestimmungen zwar keine abschließende bzw. ausdrückliche, numerisch angegebene Anzahl von Arbeitspartien festlegen, ergibt sich aus einer zusammenschauenden Auslegung der Festlegungen in den Abschnitten 1., 2. und 3. klar, dass betreffend das Personal für vier Arbeitspartien Vorsorge zu treffen ist. Daran vermag auch der Einwand der Antragstellerin, im „Abschnitt J.-gasse“ könne aufgrund der Festlegungen ausschließlich in den Sommerschulferien gearbeitet werden und nicht während der Schulzeit, nichts zu ändern. Zum einen kann sich aus dieser zeitlichen Einschränkung gerade der zeitgleiche Einsatz von mehreren Arbeitspartien in der Ferienzeit ergeben und hat die Auftraggeberin nachvollziehbar auf das festgelegte Erfordernis von Arbeiten auch während der Nacht und damit auf den damit zwingend verbundenen Wechsel von Arbeitspartien bzw. deren Arbeitskräften verwiesen, der aufgrund der Einhaltung der Ruhezeiten erforderlich ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Ausschreibungsbestimmungen nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlichen fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen. Im Zweifel sind Festlegungen in der Ausschreibung gesetzeskonform und sohin in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Bestimmungen zu lesen (vgl. VwGH vom 18.1.2021, Ra 2019/04/0083, VwGH 4.7.2016, Ra 2016/04/0015, 0016).

Aus dieser Judikatur ergibt sich auch bezogen auf die Auslegung des Begriffes „Arbeitspartie“, dass es sich – bereits dessen ureigenstem Wortsinn nach („Partie“) - um mindestens zwei Arbeiter handeln muss. Wie die Auftraggeberin jedoch vor dem Verwaltungsgericht Wien in der öffentlichen mündlichen Verhandlung aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung mit der Ausführung von Bauaufträgen gleicher Art nachvollziehbar ausgeführt hat, hat eine Arbeitspartie in Zusammenhang mit dem Aushub von Künetten für Wasserrohre zunächst aus einem angelernten Arbeiter als Baggerfahrer, zwei weiteren angelernten Arbeitern für Pölzungsarbeiten und einem Hilfsarbeiter zu bestehen. Darüber hinaus ist ein Polier Teil der Arbeitspartie, dessen ständige Anwesenheit jedoch nicht durchgehend erforderlich ist und dem die Aufsicht über mehrere Partien zukommt.

Daher ergibt sich, dass eine Arbeitspartie zumindest aus vier ständig auf der Baustelle arbeitenden Personen bestehen muss. Von diesem einer fachkundigen Bieterin zu unterstellenden Verständnis ist offenbar auch die Antragstellerin, wie sich aus dem von ihr vorgelegten K3 Blatt ergibt, ausgegangen.

Damit ist bereits anhand der (bestandsfesten) Festlegungen der Baubeschreibung für einen durchschnittlichen fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt klar erkennbar festgelegt, dass mit einem Einsatz von mindestens 16 Arbeitskräften bei dem geforderten gleichzeitigen Einsatz von vier Arbeitspartien zu rechnen ist.

Wie sich aus der im ANKÖ verzeichneten Auskunft der ÖGK vom 3.4.2021 ergibt, verfügte die Auftragnehmerin zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung jedoch lediglich über 6 Arbeiter. Nachdem die Auftragnehmerin keine Subunternehmerin namhaft gemacht hat, sie selbst zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung nicht über das erforderliche Personal verfügte, lag gemäß § 250 Abs. 1 Z 1 BVergG 2018 zum relevanten Zeitpunkt die technische Leistungsfähigkeit der Antragstellerin nicht vor. Selbst unter Zugrundlegung der engstmöglichen Auslegung des Begriffes „Arbeitspartie" muss diese mindestens aus zwei Personen bestehen, sodass die Personalausstattung der Antragstellerin zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung mit 6 Arbeitnehmer jedenfalls unzureichend war.

Dieser Mangel der Eignung kann nun auch nicht unter Hinweis auf die Entscheidung des EuGH vom 8.7.2021, Rs C-295/20 – Sanresa, dazu führen, dass die Ausscheidungsentscheidung als nichtig zu erklären wäre, weil – wie die Antragstellerin im Ergebnis vermeint - sie den Nachweis über einen ausreichenden Personalstand nach Angebotsöffnung allenfalls noch zulässig hätte erbringen können.

Kern der zitierten EuGH Entscheidung war die Frage, ob die sich insbesondere aus Art. 2 Nr. 35 und Art. 3 der Verordnung Nr. 1013/2006 ergebende Pflicht eines Wirtschaftsteilnehmers, der Abfälle von einem Mitgliedstaat in einen anderen Staat verbringen will, über die Zustimmung der zuständigen Behörden der von der Verbringung betroffenen Mitgliedstaaten zu verfügen, eine Bedingung in Bezug auf die Befähigung zur Berufsausübung oder eine Bedingung für die Ausführungen dieses Auftrages darstellt (RN 40).

Mit anderen Worten ging es um die Abgrenzung zwischen einem Erfordernis der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit (Eignung) im Verhältnis zu einem Erfordernis in Zusammenhang mit der Auftragsausführung, welches an den Bieter gestellt wurde.

Der EuGH hat die oben genannten Anforderungen als Bedingungen an die Auftragsausführung und nicht als Eignungskriterien gewertet (RN 41ff).

Nachdem die Auftraggeberin jedoch unter anderem in der Baubeschreibung ihrer gemäß § 248 Abs. 1 BVergG 2018 bestehenden Verpflichtung zur Festlegung von Eignungskriterien nachgekommen ist, ist aus der von der Antragstellerin zitierten Entscheidung des EuGH vom 8.7.2021, Rs C-295/20 – Sanresa, für diese nichts gewonnen. Nachdem es sich gegenständlich um (harte) Eignungskriterien handelt, deren Erfüllung von der Antragstellerin zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung nicht nachgewiesen bzw. erfüllt wurden, erging die Ausscheidensentscheidung zu recht.

Der Nachprüfungsantrag war daher bereits mangels Vorliegen der technischen Leistungsfähigkeit abzuweisen, ohne dass auf die weiteren Fragestellungen einzugehen ist.

Da dem Antrag der Antragstellerin kein Erfolg beschieden war, hat sie gemäß

§ 15 WVRG 2020 sämtliche Gebühren selbst zu tragen.

Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen. Der Wortlaut der §§ 248, 250 BVergG 2018 ist eindeutig. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu vergleichbaren Bestimmungen über das Ausscheiden eines Angebots nach dem BVergG 2006 bzw. BVergG 2002 ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, noch ist die Rechtsprechung widersprüchlich. Der erkennende Senat hat gegenständlich lediglich die bestandsfesten Festlegungen den Vorgaben der ständigen hg Judikatur entsprechend ausgelegt.

Schlagworte

Arbeitspartie; Mehrere Arbeitspartien; objektiver Erklärungswert; durchschnittlich fachkundiger Bieter; Festlegung von Eignungskriterien

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.123.061.10474.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.05.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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