TE Lvwg Erkenntnis 2022/3/29 LVwG-2022/19/0264-5

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Veröffentlicht am 29.03.2022
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Entscheidungsdatum

29.03.2022

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

ZustG §17
EpiG 1950 Berechnungs-Verordnung §6
AVG §13 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Lechner, LL.M., über die Beschwerde der AA, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 29.12.2021, Zl ***, betreffend eine Angelegenheit nach dem Epidemiegesetz 1950 (EpiG), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Bescheid vom 29.12.2021, Zl ***, hat die Bezirkshauptmannschaft Y (belangten Behörde) den Antrag der Beschwerdeführerin vom 05.05.2020 auf Vergütung des Verdienstentgangs gemäß § 32 EpiG betreffend den Beherbergungsbetrieb „BB-Alm“, Adresse 1, **** Z, gemäß § 13 Abs 2 AVG zurückgewiesen. In der Begründung des Bescheides führt die belangte Behörde aus, dass an die Beschwerdeführerin mehrfach ein Auftrag ergangen sei, den Antrag entsprechend der EpG 1950-Berechnungs-Verordnung, BGBl II Nr 329/2020, durch Vorlage näher bezeichneter Unterlagen bzw Daten zu verbessern. Zuletzt sei ein entsprechender Verbesserungsauftrag gem § 13 Abs 3 AVG mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Y vom 31.08.2021 unter Setzung einer Frist von acht Wochen und Hinweis auf die Rechtsfolge der Zurückweisung im Fall einer nicht fristgerechten Verbesserung an die Beschwerdeführerin ergangen. Dieses Scheiben sei der Beschwerdeführerin am 09.09.2021 zugestellt worden. Eine entsprechende, fristgerechte Verbesserung sei nicht erfolgt. Der Antrag sei daher gem § 13 Abs 3 AVG zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorgelegte – bei der belangten Behörde mit Fax am 26.01.2022 eingelangte – Beschwerde. Darin bringt die Beschwerdeführerin vor, dass sie die im Bescheid angeführten Scheiben der belangten Behörde ihres Wissens nach nie erhalten habe. Ebenso sei ihr nicht bewusst, dass sie das Schreiben vom 31.08.2021 am 09.09.2021 entgegengenommen habe. Da sie somit ihrer Ansicht nach keine Kenntnis von einem Verbesserungsauftrag erhalten habe, erhebe sie Beschwerde gegen die Zurückweisung und übermittle gleichzeitig das geforderte EPG-Berechnungstool.

Mit Schreiben vom 26.01.2022, einlangend am 31.01.2022, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vor.

Am 21.03.2022 führte das Landesverwaltungsgericht Tirol eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, zu der weder die Beschwerdeführerin noch ein Vertreter der belangten Behörde erschienen ist.

II.      Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin hat den verfahrenseinleitenden Antrag vom 05.05.2020 auf Vergütung des Verdienstentgangs gemäß § 32 EpiG bei der belangten Behörde eingebracht.

Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 05.02.2021, vom 28.05.2021 und vom 31.08.2021 einen Verbesserungsauftrag erteilt. Im Schreiben vom 31.08.2021 hat die belangte Behörde der Beschwerdeführerin – mit umfassenden Erläuterungen und unter Hinweis auf die Folge der Zurückweisung des Antrags gem § 13 Abs 3 AVG im Fall der Nicht-Befolgung – aufgetragen, „innerhalb einer Frist von acht Wochen ab Zustellung dieses Schreibens“ folgende Unterlagen vorzulegen:

?    „Mit den für die Berechnung des Verdienstentganges maßgeblichen Daten vollständig befülltes EPG-Berechnungstool (bzw. die Vorlage aller im amtlichen Formular vorgesehenen für die Berechnung des Verdienstentgangesn maßgeblichen Daten gemäß § 6 Abs. 1 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung).

?    Bestätigung der Richtigkeit der Berechnung – erforderlichenfalls Bestätigung der Plausibilisierung eines Fortschreibungsquotienten von mehr als 110% – durch einen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Bilanzbuchhalter (§ 6 Abs 2 und § 6 Abs 4 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung).“

Der Verbesserungsauftrag der belangten Behörde vom 31.08.2021 wurde der Beschwerdeführerin durch Hinterlegung in der Post Geschäftsstelle **** X, Adresse 2, zugestellt, wobei der erste Tag der Abholfrist der 07.09.2021 war. Am 09.09.2021 hat die Beschwerdeführerin den Verbesserungsauftrag bei der genannten Post Geschäftsstelle persönlich übernommen.

Die Beschwerdeführerin hat auf den Verbesserungsauftrag bis zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht reagiert. Das ausgefüllte EPG-Berechnungstool und die Bestätigung der Richtigkeit der Berechnung durch einen Steuerberater wurden erst geneinsam mit der Beschwerde der belangten Behörde übermittelt.

Die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde wurden mit Ladungsbeschluss des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 21.02.2022 zur öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 21.03.2022 geladen. Der Ladungsbeschluss wurde der Beschwerdeführerin durch Hinterlegung zugestellt, wobei der erste Tag der Abholfrist der 28.02.2022 war. Eine Verständigung über die Hinterlegung wurde in der Abgabeeinrichtung eingelegt. Die Beschwerdeführerin hat den Ladungsbeschluss nicht behoben.

III.     Beweiswürdigung:

Die Feststellungen betreffend den Antrag vom 05.05.2020, den Verbesserungsauftrag vom 31.08.2021 und die nicht (fristgerecht) erfolgte Verbesserung folgen aus dem unbedenklichen Akteninhalt und wurden in der Beschwerde nicht bestritten.

Die Feststellungen zum Zustellvorgang betreffend den Verbesserungsauftrag der belangten Behörde vom 31.08.2021 ergeben sich aus dem im Verwaltungsakt einliegenden, unbedenklichen Zustellnachweis. Mit dem Vorbringen in der Beschwerde, wonach der Beschwerdeführerin nicht bewusst sei, dass sie das Schreiben vom 31.08.2021 am 09.09.2021 entgegengenommen habe, hat die Beschwerdeführerin die Unrichtigkeit des beurkundeten Zustellvorgangs in gewisser Weise in Zweifel gezogen, eine damit allenfalls behauptete Unrichtigkeit aber jedenfalls nicht – wie nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs gefordert (vgl dazu unten bei den rechtlichen Erwägungen) – entsprechend begründet und in keiner Weise Beweise dafür angeführt. Das Landesverwaltungsgericht hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, um der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zu geben, zum Zustellnachweis Stellung zu nehmen. Von dieser Möglichkeit hat die Beschwerdeführerin durch ihr Nichterscheinen allerdings nicht Gebrauch gemacht.

Die Feststellungen zum Zustellvorgang betreffend den Ladungsbeschluss des Landesverwaltungsgerichts ergeben sich aus dem im Gerichtsakt einliegenden, unbedenklichen Zustellnachweis sowie der Rücksendung des Ladungsbeschlusses durch den Zustelldienst. Dafür, dass sich die Beschwerdeführerin an der im Antrag genannten Abgabestelle im Zeitpunkt der Hinterlegung nicht regelmäßig aufhielt, gibt es keine Hinweise im Akt. Laut Auskunft der Gemeinde Z ist die Beschwerdeführerin seit 02.12.2005 an dieser Abgabestelle behördlich gemeldet. Eine Person mit gleichem oder ähnlichem Namen wie die Beschwerdeführerin ist an derselben Adresse nicht gemeldet. Schließlich erfolgte die Zustellung des bekämpften Bescheides ebenfalls im Wege der Hinterlegung unter Angabe derselben Abgabestelle. Eine Änderung der Abgabestelle wurde seitens der Beschwerdeführerin nicht bekannt gegeben.

IV.      Rechtslage:

1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Epidemiegesetz 1950 (EpiG), BGBl Nr 186/1950 idF BGBl I Nr 21/2022, samt Überschriften lauten:

„Vergütung für den Verdienstentgang.

§ 32. (1) Natürlichen und juristischen Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechtes ist wegen der durch die Behinderung ihres Erwerbes entstandenen Vermögensnachteile dann eine Vergütung zu leisten, wenn und soweit

         1.       sie gemäß §§ 7 oder 17 abgesondert worden sind, oder

         2.       ihnen die Abgabe von Lebensmitteln gemäß § 11 untersagt worden ist, oder

3.       ihnen die Ausübung einer Erwerbstätigkeit gemäß § 17 untersagt worden ist, oder

4.       sie in einem gemäß § 20 im Betrieb beschränkten oder geschlossenen Unternehmen beschäftigt sind, oder

5.       sie ein Unternehmen betreiben, das gemäß § 20 in seinem Betrieb beschränkt oder gesperrt worden ist, oder

6.       sie in Wohnungen oder Gebäuden wohnen, deren Räumung gemäß § 22 angeordnet worden ist, oder

7.       sie in einem Epidemiegebiet, über das Verkehrsbeschränkungen gemäß § 24 verhängt worden sind, aufhältig sind oder Beschränkungen hinsichtlich des Betretens unterworfen sind,

und dadurch ein Verdienstentgang eingetreten ist.

(2) Die Vergütung ist für jeden Tag zu leisten, der von der in Abs. 1 genannten behördlichen Verfügung umfaßt ist.

(3) Die Vergütung für Personen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, ist nach dem regelmäßigen Entgelt im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes, BGBl. Nr. 399/1974, zu bemessen. Die Arbeitgeber haben ihnen den gebührenden Vergütungsbetrag an den für die Zahlung des Entgelts im Betrieb üblichen Terminen auszuzahlen. Der Anspruch auf Vergütung gegenüber dem Bund geht mit dem Zeitpunkt der Auszahlung auf den Arbeitgeber über. Der für die Zeit der Erwerbsbehinderung vom Arbeitgeber zu entrichtende Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung und der Zuschlag gemäß § 21 des Bauarbeiterurlaubsgesetzes 1972, BGBl. Nr. 414, ist vom Bund zu ersetzen.

(4) Für selbständig erwerbstätige Personen und Unternehmungen ist die Entschädigung nach dem vergleichbaren fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommen zu bemessen.

(5) Auf den gebührenden Vergütungsbetrag sind Beträge anzurechnen, die dem Vergütungsberechtigten wegen einer solchen Erwerbsbehinderung nach sonstigen Vorschriften oder Vereinbarungen sowie aus einer anderweitigen während der Zeit der Erwerbsbehinderung aufgenommenen Erwerbstätigkeit zukommen.

(6) Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister kann, wenn und soweit dies zur Gewährleistung einer einheitlichen Verwaltungsführung erforderlich ist, durch Verordnung nähere Vorgaben zur Berechnung der Höhe der Entschädigung oder Vergütung des Verdienstentgangs erlassen.

(7) Auf Grund dieser Bestimmung erlassene Bescheide, denen unrichtige Angaben eines Antragstellers über anspruchsbegründende Tatsachen zugrunde liegen, leiden an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler im Sinne des § 68 Abs. 4 Z 4 AVG.

Frist zur Geltendmachung des Anspruches auf Entschädigung oder Vergütung des Verdienstentganges.

§ 33. Der Anspruch auf Entschädigung gemäß § 29 ist binnen sechs Wochen nach erfolgter Desinfektion oder Rückstellung des Gegenstandes oder nach Verständigung von der erfolgten Vernichtung, der Anspruch auf Vergütung des Verdienstentganges gemäß § 32 binnen sechs Wochen vom Tage der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bereich diese Maßnahmen getroffen wurden, geltend zu machen, widrigenfalls der Anspruch erlischt.

Sonderbestimmung für die Dauer der Pandemie mit SARS-CoV-2

§ 49. (1) Abweichend von § 33 ist der Anspruch auf Vergütung des Verdienstentganges, der aufgrund einer wegen des Auftretens von SARS-CoV-2 ergangenen behördlichen Maßnahme besteht, binnen drei Monaten vom Tag der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bereich diese Maßnahmen getroffen wurden, geltend zu machen.

(2) Bereits vor Inkrafttreten dieser Bestimmung laufende und abgelaufene Fristen beginnen mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 62/2020 neu zu laufen.

[…].“

2. Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über nähere Vorgaben zur Berechnung der Höhe der Vergütung des Verdienstentgangs für selbständig erwerbstätige Personen und Unternehmungen nach Epidemiegesetz 1950 (EpG 1950-Berechnungs-Verordnung), BGBl II Nr 329/2020, lauten:

„Berechnung

§ 3. (1) Der Verdienstentgang entspricht dem Betrag, um den das Zieleinkommen das Ist-Einkommen übersteigt.

(2) Bei der Berechnung des Ist-Einkommens kann der Antragsteller die im Zusammenhang mit der Antragstellung angefallenen Steuerberater-, Wirtschaftsprüfer- oder Bilanzbuchhalterkosten bis zum Höchstbetrag von 1000 Euro in Abzug bringen. Dies gilt nicht, wenn ohne diesen Abzug kein positiver Verdienstentgang vorliegt.

(3) Kann der Verdienstentgang nach Abs. 1 mangels Einkommens während der Vorjahresperiode nicht ermittelt werden, so entspricht der Verdienstentgang dem Betrag, um den das Ersatzzieleinkommen das Ist-Einkommen übersteigt.

(4) Kann der Verdienstentgang nach Abs. 3 mangels ermittelbaren Ersatzzieleinkommens nicht bestimmt werden, so entspricht der Verdienstentgang dem Betrag, um den das durch geeignete Unterlagen glaubhaft gemachte voraussichtliche wirtschaftliche Einkommen während jener vollen Kalendermonate, in denen die Erwerbsbehinderung zur Gänze oder zum Teil angedauert hat, das Ist-Einkommen während dieser Kalendermonate übersteigt.

(5) Bei der Berechnung des Verdienstentgangs anhand der vorstehenden Absätze sind Unterschiede, die sich aus einer abweichenden Tageszahl verglichener Kalendermonate ergeben, herauszurechnen.

§ 4. (1) Der Fortschreibungsquotient dient der angemessenen Berücksichtigung der Entwicklung des wirtschaftlichen Ergebnisses im Vergleich zur Vorjahresperiode. Hierbei handelt es sich um das Verhältnis des Einkommens im Referenzzeitraum zum Einkommen des Referenzzeitraumes im vorangegangenen Kalenderjahr. Bei der Ermittlung des Fortschreibungsquotienten sind Unterschiede, die sich aus einer abweichenden Tageszahl verglichener Kalendermonate ergeben, herauszurechnen.

(2) Der Referenzzeitraum umfasst

1.       bei einer Erwerbsbehinderung von bis zu 30 Kalendertagen die zwei letzten vollen, der Erwerbsbehinderung vorangegangenen Kalendermonate;

2.       bei einer Erwerbsbehinderung von 31 bis zu 60 Kalendertagen die vier letzten vollen, der Erwerbsbehinderung vorangegangenen Kalendermonate;

3.       bei einer darüberhinausgehenden Erwerbsbehinderung einen angemessenen, nach vollen Kalendermonaten bestimmten Zeitraum, der jedoch nicht weniger als die vier letzten vollen, der Erwerbsbehinderung vorangegangenen Kalendermonate umfassen darf.

(3) Abweichend von Abs. 1 und 2 ist der Fortschreibungsquotient angemessen festzusetzen, wenn dieser nach Abs. 1 nicht ermittelt werden kann oder der Antragsteller glaubhaft macht, dass die Ermittlung anhand Abs. 1 aufgrund außergewöhnlicher, den Antragsteller individuell betreffender Umstände nicht zu einer angemessenen Berechnung des fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommens führen würde. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn wesentliche Investitionen in das durch die Erwerbsbehinderung betroffene Unternehmen oder in den von der Erwerbsbehinderung betroffenenen Unternehmensteil getätigt oder das betroffene Unternehmen oder der betroffene Unternehmensteil wesentlich erweitert oder verändert wurde und dieser Umstand im Referenzzeitraum plangemäß noch nicht vollständig wirksam wurde.

(4) Abweichend von Abs. 1 bis 3 kann der Fortschreibungsquotient bei einem errechneten Zieleinkommen von höchstens 10 000 Euro auf Antrag anhand der durchschnittlichen Veränderung des von der Bundesanstalt Statistik Österreich für die Dauer der Erwerbsbehinderung verlautbarten Verbraucherpreisindex gegenüber der verlautbarten Indexzahl für die Vorjahresperiode festgesetzt werden.

§ 5. Bei der Bestimmung des Ist-Einkommens sind sämtliche Zuwendungen einzubeziehen, die

1.       sich aus einer anderweitigen während der Zeit der Erwerbsbehinderung aufgenommenen Erwerbstätigkeit ergeben haben oder

2.       aus Anlass der Erwerbsbehinderung oder des zugrundeliegenden Sachverhalts für den Zeitraum der Erwerbsbehinderung oder einen Teil davon beantragt oder gewährt wurden. Wurden solche Zuwendungen für einen längeren Zeitraum als jenen der Erwerbsbehinderung beantragt oder gewährt, sind diese anteilig einzubeziehen.

§ 6. (1) Der Antrag auf Vergütung des Verdienstentgangs für selbständig erwerbstätige Personen und Unternehmen hat alle im amtlichen Formular vorgesehenen für die Berechnung des Verdienstentgangs maßgeblichen Daten zu enthalten.

(2) Die Richtigkeit der Berechnung nach den §§ 3 und 4 ist durch einen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Bilanzbuchhalter zu bestätigen. Bilanzbuchhalter dürfen eine solche Bestätigung nur für Unternehmen erteilen, deren Bilanzen sie gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 des Bilanzbuchhaltungsgesetzes 2014 (BiBuG 2014), BGBl. I Nr. 191/2013, in der jeweils geltenden Fassung, erstellen dürfen. Bei der Vorlage von Prognosedaten ist die Plausibilität und Nachvollziehbarkeit der Planung zu bestätigen.

(3) Sofern der Antragsteller im Zeitpunkt der Antragstellung Zuwendungen nach § 5 Z 2 beantragt hat, die noch nicht gewährt wurden, sind diese einzeln der Höhe nach im Antrag darzulegen. Sollte der Antragsteller bis zum Zeitpunkt der Erledigung seines Antrags weitere Zuwendungen nach § 5 Z 2 beantragt haben oder ihm solche gewährt werden, so sind diese unverzüglich der Behörde zu melden. Werden nach rechtskräftiger Erledigung des Antrags angerechnete Zuwendungen nach § 5 Z 2 nicht oder nicht zur Gänze gewährt, dann kann der Antragsteller binnen drei Jahren die Wiederaufnahme des Verfahrens erwirken.

(4) Ist der nach § 4 Abs. 1 und 2 ermittelte Fortschreibungsquotient höher als 110 von Hundert, dann ist die Erhöhung des Einkommens im Referenzzeitraum gegenüber dem entsprechenden Zeitraum des vorangegangenen Jahres mittels geeigneter zusätzlicher Unterlagen zu plausibilisieren. Abs. 2 gilt sinngemäß.“

3. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl Nr 51/1991 idF BGBl I Nr 58/2018, lauten:

„Anbringen

§ 13. (1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. Erscheint die telefonische Einbringung eines Anbringens der Natur der Sache nach nicht tunlich, so kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, es innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich oder mündlich einzubringen.

(2) Schriftliche Anbringen können der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen.

(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

[…]“

V.       Erwägungen:

Gemäß § 32 Abs 4 EpiG ist für selbständige erwerbstätige Personen die Entschädigung nach dem vergleichbaren fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommen zu bemessen.

Mit BGBl I Nr 43/2020 (in Kraft getreten am 15.05.2020) wurde in § 32 Abs 6 EpiG eine Verordnungsermächtigung für den für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister geschaffen, um nähere Vorgaben zur Berechnung der Höhe der Entschädigung oder Vergütung des Verdienstentgangs zu erlassen, wenn und soweit dies zur Gewährung einer einheitlichen Verwaltungsführung erforderlich ist. Gestützt darauf erließ der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz die Verordnung zur Berechnung der Höhe der Vergütung des Verdienstentgangs für selbständig erwerbstätige Personen und Unternehmungen nach dem EpiG (EpG 1950-Berechnungs-Verordnung; BGBl II Nr 329/2020), die am 22.07.2020 in Kraft trat. Diese Verordnung legt die Grundsätze für die einheitliche Berechnung des Verdienstentgangs fest. In §§ 3 und 4 der EpG 1950-Berechnungs-Verordnung wird geregelt, wie die Selbstberechnung konkret zu erfolgen hat. § 6 Abs 1 der EpG 1950-Berechnungs-Verordnung schreibt vor, dass der Antrag auf Vergütung des Verdienstentgangs für selbständig erwerbstätige Personen und Unternehmen alle im amtlichen Formular vorgesehenen für die Berechnung des Verdienstentgangs maßgeblichen Daten zu enthalten hat. Dieses vorgegebene Formular (das sog „EPG-Berechnungstool“) ist auf der Internetseite des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz abrufbar. Gemäß § 6 Abs 2 der EpG 1950-Berechnungs-Verordnung ist die Richtigkeit der Berechnung nach den §§ 3 und 4 durch einen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Bilanzbuchhalter zu bestätigen.

Gegenständlich hat die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Vergütung des Verdienstentgangs vor Inkrafttreten der EpG 1950-Berechnungs-Verordnung und damit unstrittig nicht unter Verwendung des in § 6 der EpG 1950-Berechnungs-Verordnung genannten amtlichen Formulars und nicht entsprechend den Vorgaben für die Selbstberechnung in den §§ 3 und 4 leg cit gestellt. Ebenfalls fehlte dem Antrag die in § 6 Abs 2 der EpG 1950-Berechnungs-Verordnung vorgeschriebene Bestätigung der Richtigkeit der Berechnung nach den §§ 3 und 4 durch einen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Bilanzbuchhalter.

Da die belangte Behörde grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung heranzuziehen hat und die EpG 1950-Berechnungs-Verordnung keine speziellen Übergangsregelungen für Anträge, die bereits vor ihrem Inkrafttreten – wie im vorliegenden Fall – gestellt wurden, normiert, hat sie den Antrag der Beschwerdeführerin zu Recht am Maßstab der EpG 1950-Berechnungs-Verordnung geprüft und einen entsprechenden Verbesserungsauftrag erteilt.

Nach Auffassung des Landesverwaltungsgericht Tirols wurde der Verbesserungsauftrag vom 31.08.2021 der Beschwerdeführerin auch rechtswirksam zugestellt:

Gemäß § 22 Abs 1 ZustG ist die Zustellung vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden. Nach § 22 Abs 2 leg cit hat der Übernehmer der Sendung die Übernahme durch Unterfertigung des Zustellnachweises unter Beifügung des Datums (und, wenn er nicht der Empfänger ist, seines Nahverhältnisses zu diesem) zu bestätigen.

Bei dem im Verwaltungsakt einliegenden, maßgeblichen Zustellnachweis handelt es sich um eine öffentliche Urkunde, die nach § 47 AVG iVm § 292 ZPO die Vermutung der Richtigkeit für sich hat. Diese Vermutung ist widerlegbar, wobei die Behauptung der Unrichtigkeit des Beurkundeten entsprechend zu begründen ist und Beweise dafür anzuführen sind, die geeignet sind, die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen; als öffentliche Urkunde begründet aber nur ein „unbedenklicher“ – dh die gehörige äußere Form aufweisender – Zustellnachweis die Vermutung der Echtheit und der inhaltlichen Richtigkeit des bezeugten Vorganges (vgl aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 30.01.2014, 2012/03/0018, mwN).

Der gegenständliche Zustellnachweis trägt als Empfängernamen die Beschwerdeführerin an der im Antrag angegebenen Adresse „Adresse 1, **** Z“. Weiters findet sich darauf die Angabe, dass ein behördliches Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden konnte. „Das Dokument wird daher hinterlegt.“ Neben Angaben darüber wo und zu welcher Uhrzeit das hinterlegte Dokument abgeholt werden kann, findet sich weiters die Angabe, „Abholbereit: von 07.09.2021 bis 27.09.2021“ sowie der Vermerk „In der Abgabeeinrichtung eingelegt am 06.09.2021. Die Übernahmebestätigung ist mit „ausgefolgt Übernahmeverhältnis: Empfänger Identität geprüft“, einer Unterschrift, dem fettgedruckten Übernahmedatum „09092021“ sowie dem Vermerk „Zustellung beurkundet gem. ZustellG § 22 Abs. 1 durch Zusteller mit der Personalnummer: (...)“ versehen.

Angesichts der eingehaltenen äußeren Form des Zustellnachweises liefert dieser den Beweis dafür, dass die Zustellung des Verbesserungsauftrages der belangten Behörde vom 31.08.2021 durch Hinterlegung zugestellt wurde und mit dem ersten Tag der Abholfrist, somit mit 07.09.2021, als zugestellt gilt (§ 17 ZustG). Weiters liefert der Zustellnachweis Beweis dafür, dass die Beschwerdeführerin den bekämpften Bescheid am 09.09.2021 persönlich übernommen hat.

Mit dem Vorbringen in der Beschwerde, wonach der Beschwerdeführerin nicht bewusst sei, dass sie das Schreiben vom 31.08.2021 am 09.09.2021 entgegengenommen habe, hat die Beschwerdeführerin die Unrichtigkeit des Beurkundeten in gewisser Weise in Zweifel gezogen, eine damit allenfalls behauptete Unrichtigkeit aber jedenfalls nicht entsprechend begründet und in keiner Weise Beweise, wie vom Verwaltungsgerichtshof gefordert, angeführt. In der vom Landesverwaltungsgericht Tirol anberaumten mündlichen Verhandlung hätte die Beschwerdeführerin noch einmal Gelegenheit gehabt, zur Zustellung bzw zum Zustellnachweis Stellung zu nehmen. Dadurch, dass sie zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, hat sie von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht. Der Ladungsbeschluss wurde der Beschwerdeführerin durch Hinterlegung zugestellt, wobei der erste Tag der Abholfrist der 28.02.2022 war. Gemäß § 17 Abs 3 ZustG gelten hinterlegte Dokumente mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt, sodass von einer wirksamen Zustellung auszugehen ist, obwohl die Beschwerdeführerin den Ladungsbeschluss nicht behoben hat.

Im Lichte dieser Ausführungen kommt das Landesverwaltungsgericht Tirol zum Ergebnis, dass der Verbesserungsauftrag vom 31.08.2021 im Wege der Hinterlegung zugestellt wurde und mit dem ersten Tag der Abholfrist, konkret dem 07.09.2021, gemäß § 17 Abs 3 ZustG als zugestellt gilt. Dafür, dass die Beschwerdeführerin wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, gibt es im Akt keine Hinweise. Eine Ortsabwesenheit wurde im Übrigen auch nicht in der Beschwerde vorgebracht. Bei diesem Ergebnis ist es nicht entscheidungswesentlich, ob die Beschwerdeführerin den Verbesserungsauftrag auch tatsächlich persönlich Übernommen hat. Gleichwohl ist das Landesverwaltungsgericht Tirol auf Grund des unbedenklich Zustellnachweises zum Schluss gekommen, dass die Beschwerdeführerin den Verbesserungsauftrag am 09.09.2021 persönlich behoben hat.

Da die Beschwerdeführerin dem Verbesserungsauftrag nicht fristgerecht nachgekommen ist, ist der Zurückweisung des Antrags gemäß § 13 Abs 3 AVG durch die belangte Behörde nicht entgegenzutreten.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag.a Lechner, LL.M.

(Richterin)

Schlagworte

Verbesserungsauftrag,
unbedenklicher Zustellnachweis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.19.0264.5

Zuletzt aktualisiert am

24.05.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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