Entscheidungsdatum
08.04.2022Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VStG §54bText
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hirn über die Beschwerde der AA, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z (= belangte Behörde) vom 04.05.2021, Zl ***, betreffend die Bewilligung einer Teilzahlung gemäß § 54b Abs 3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG),
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang und entscheidungsrelevanter Sachverhalt:
Mit Straferkenntnis vom 13.01.2021, Zl ***, hat die belangte Behörde AA (= Beschwerdeführerin), Adresse 1, **** Z, zur Last gelegt, sich am 03.10.2020 zu einer genau angegebenen Tatzeit in Y, Bezirkskrankenhaus, Unfallambulanz, nach Aufforderung eines besonders geschulten Organs der Bundespolizei geweigert zu haben, ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl der Verdacht vorgelegen sei, dass ihr Verhalten als Lenkerin eines Fahrrades am 03.10.2020 um 22:25 Uhr in **** Z, Adresse 2, mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei. Dadurch habe sie die Rechtsvorschrift des § 99 Abs 1 lit b iVm § 5 Abs 2 zweiter Satz Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) verletzt, weswegen über sie gemäß § 99 Abs 1 StVO 1960 unter Anwendung des § 20 VStG eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 800,00 (Ersatzfreiheitsstrafe: 7 Tage) verhängt wurde. Dieses Straferkenntnis wurde am 20.01.2021 durch Hinterlegung zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 24.03.2021 ersuchte die Beschwerdeführerin im Hinblick auf einen Krankenhausaufenthalt um Aufschiebung der Vollstreckung der verhängten Geldstrafe. Die belangte Behörde teilte in weiterer Folge mit Schriftsatz vom 25.03.2021 mit, dass „mit der Vollstreckung der Geldstrafe vorerst bis Ende April 2021 (30.04.2021) zugewartet wird.“.
Mit Schriftsatz vom 26.04.2020 [richtig: 2021] beantragte die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf ihre finanzielle Situation als Mindestpensionistin die Bewilligung einer Teilzahlung in Raten zu je Euro 50,00 pro Monat. Mit ihrem Ansuchen auf Ratenzahlung legte die Beschwerdeführerin einen Kontoauszug vor.
Mit „Teilzahlungsbescheid“ vom 04.05.2021, Zl ***, bewilligte die belangte Behörde die Entrichtung der Geldstrafe sowie der Verfahrenskosten und folglich des Gesamtbetrages in Höhe von Euro 885,00 durch Anzahlung eines Teilbetrages von Euro 35,00 bis 30.05.2021 sowie in 17 Teilbeträgen von jeweils Euro 50,00, zahlbar jeweils bis 30. des Folgemonats.
Mit dem am 11.05.2021 beim Landesverwaltungsgericht Tirol eingereichten Schriftsatz legte die Beschwerdeführerin ein „Veto“ gegen den Teilzahlungsbescheid vom 04.05.2021,
Zl ***, ein. Unter anderem heißt es in diesem Schriftsatz:
„[…]
Ich war am 19.02.2021 wegen subcapitaler Oberarmfraktur rechts in ärztl. Behandlung inkl. OP und Krankenhausaufenthalt; daher konnte ich nicht reagieren. Zudem nochmaliger stationärer Aufenthalt 26.04. bis 30.04.2021. Therapie, ambulant nach wie vor.
Ich bitte um detaillierte Grundlage, für Ihren Strafvollzug/Vereinswesen???
Bitte schriftlich und per Mail.
Ich werde einen Rechtsanwalt einschalten müssen, ich habe keine Person gefährdet, stürzte zu Hause in meiner Küche (alleinstehend). […]“
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat dieses Schreiben am 12.05.2021 an die belangte Behörde weitergeleitet.
Mit Schriftsatz vom 11.03.2022, Zl ***, hat die belangte Behörde den als Beschwerde gegen den Teilzahlungsbescheid vom 04.05.2021, Zl ***, zu qualifizierenden Schriftsatz vom 11.05.2021 dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorgelegt.
II. Rechtslage:
1. Verwaltungsstrafgesetz 1991:
Die entscheidungswesentliche Bestimmung des § 54b Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991, in der Fassung (idF) BGBl I Nr 57/2018, lautet samt Überschrift auszugsweise wie folgt:
„Vollstreckung von Geldstrafen
§ 54 b. (1) Rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechts-folgen sind binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach
Abs. 2 vorzugehen.
(1a) Im Fall einer Mahnung gemäß Abs. 1 ist ein pauschalierter Kostenbeitrag in der Höhe von fünf Euro zu entrichten. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der Behörde zu tragen hat.
[…]
(3) Einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, hat die Behörde auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen, wodurch die Strafvollstreckung aufgeschoben wird. Die Entrichtung der Geldstrafe in Teilbeträgen darf nur mit der Maßgabe gestattet werden, dass alle noch aushaftenden Teilbeträge sofort fällig werden, wenn der Bestrafte mit mindestens zwei Ratenzahlungen in Verzug ist.“
2. Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013, idF BGBl I Nr 138/2017, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„Verhandlung
§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
[…]
(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
[…]“
„Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
[…]“
III. Erwägungen:
1. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:
Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen.
Der angefochtene Teilzahlungsbescheid vom 04.05.2021, Zl ***, wurde am 05.05.2021 abgefertigt. Den als Beschwerde zu qualifizierenden Schriftsatz vom 11.05.2021 hat das Landesverwaltungsgericht Tirol am 12.05.2021 an die belangte Behörde weitergeleitet. Der als Beschwerde zu qualifizierende Schriftsatz vom 11.05.2021 ist damit jedenfalls innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist bei der belangten Behörde eingelangt. Die Erhebung der Beschwerde erfolgte somit fristgerecht.
2. In der Sache:
Das Straferkenntnis vom 13.01.2021, Zl ***, ist infolge der Zustellung durch Hinterlegung am 20.01.2021 nach Ablauf der vierwöchigen Beschwerdefrist am 18.02.2021 in Rechtskraft erwachsen. Dass sich die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Zustellung nicht regelmäßig an ihrer Abgabestelle aufgehalten hat, lässt sich dem behördlichen Akt nicht entnehmen und hat die Beschwerdeführerin dies auch nicht behauptet. Ihren Schulterbruch erlitt sie – dies ergibt sich aus der Mitteilung vom 24.03.2021 – am 19.02.2021. Der deshalb notwendige Krankenhausaufenthalt ist im Hinblick auf die in § 17 Abs 3 Zustellgesetz (ZustG) vorgesehene Bereithaltung des hinterlegten Dokumentes während eines Zeitraumes von zwei Wochen nicht relevant.
Die belangte Behörde war daher gemäß § 54b Abs 1 VStG binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft des Straferkenntnisses vom 13.01.2021, Zl ***, zur Mahnung und anschließenden Vollstreckung berechtigt.
Die Gewährung einer Zahlungserleichterung gemäß § 54b Abs 3 VStG setzt stets einen Antrag des Bestraften voraus, der an die Vollstreckungsbehörde zu richten ist. Der Antrag kann in jeder zulässigen Form gestellt werden [vgl Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 54b Rz 14 (Stand 1.5.2017, rdb.at)].
Einen derartigen Antrag hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 26.04.2020
[richtig: 2020] an die belangte Behörde und damit an die zuständige Vollstreckungsbehörde gerichtet. In ihrem Antrag hat die Beschwerdeführerin die für die Gewährung der Zahlungserleichterungen geltend gemachten wirtschaftlichen Gründe konkret dargelegt.
Die belangte Behörde hat dem Antrag der Beschwerdeführerin vollinhaltlich stattgegeben und die Entrichtung der Geldstrafe in Teilbeträgen – Anzahlung von Euro 35,00 bis 30.05.2021, sowie 17 Teilbeträge in Höhe von jeweils Euro 50,00, zahlbar jeweils bis 30. des Folgemonats – bewilligt. Übereinstimmend mit § 54b Abs 3 letzter Satz VStG wird im angefochtenen Teilzahlungsbescheid vom 04.05.2021 festgehalten, dass alle noch aushaftenden Teilbeträge sofort fällig werden, wenn die Beschwerdeführerin mit mindestens zwei Ratenzahlungen in Verzug ist.
Die Beschwerdeführerin war berechtigt, gegen den (verfahrensrechtlichen) Teilzahlungsbescheid vom 04.05.2021, Zl ***, Beschwerde zu erheben. Allerdings weist die Beschwerdeführerin in ihrem als Beschwerde zu qualifizierenden Schriftsatz vom 11.05.2021 lediglich auf eine ärztliche Behandlung und Krankenhausaufenthalte wegen ihrer Oberarmfraktur rechts hin, damit zeigt sie jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
3. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Die Beschwerdeführerin hat trotz eines entsprechenden Hinweises in der Rechtsmittelbelehrung des Teilzahlungsbescheides vom 04.05.2021, Zl ***, keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt. Die belangte Behörde hat in ihrem Vorlageschreiben vom 11.03.2022, Zl ***, auf die Teilnahme an einer allfälligen mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zudem kann das Landesverwaltungsgericht Tirol gemäß § 24 Abs 4 VwGVG ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Beschwerdeführers ist eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl VwGH 16.12.2019, Ra 2018/03/0066 bis 0068, mit zahlreichen Hinweisen auf die Judikatur).
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt zur Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Teilzahlungsbescheides vom 04.05.2021, Zl ***, ist geklärt. Die Beschwerdeführerin hat sich mit den Darlegungen im angefochtenen Bescheid nicht auseinandergesetzt, sondern lediglich auf eine Fraktur des rechten Oberarmes und die damit zusammenhängende ärztliche Behandlung und Krankenhausaufenthalte hingewiesen. Darüber hinaus hat die belangte Behörde mit dem Teilzahlungsbescheid vom 04.05.2021, Zl ***, dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 26.04.2020 [richtig: 2021] vollinhaltlich stattgegeben.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hatte lediglich zu prüfen, ob sich der angefochtene Teilzahlungsbescheid vom 04.05.2021 mit dem Tatbestand des § 54b Abs 3 VStG in Einklang bringen lässt. Das Absehen von einer mündlichen Verhandlung im gegenständlichen Verfahren widerspricht folglich nicht Art 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und
Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC).
4. Ergebnis:
Der Bescheid der belangten Behörde vom 04.05.2021, Zl ***, ist nicht rechtswidrig. Die Beschwerde der AA war daher als unbegründet abzuweisen. Dementsprechend lautet Spruchpunkt 1. des gegenständlichen Erkenntnisses.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die Auslegung der entscheidungswesentlichen Bestimmung des § 54b VStG, insbesondere dessen Abs 3, erfolgte anhand des klaren Wortlautes. Die Entscheidung weicht auch nicht von der zu der zitierten Bestimmung ergangenen einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Folglich ergaben sich keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung (VwGH 13.12.2018, Ro 2018/37/0048, mit weiteren Nachweisen).
Die ordentliche Revision wird daher in Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Erkenntnisses für nicht zulässig erklärt.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Hirn
(Richter)
Schlagworte
Teilzahlung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.37.0719.1Zuletzt aktualisiert am
24.05.2022