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10/07 Verfassungs- und VerwaltungsgerichtsbarkeitNorm
B-VG Art140 Abs1 Z1 litdLeitsatz
Zurückweisung eines aus Anlass eines Abschöpfungsverfahrens gestellten Parteiantrages auf Aufhebung des §17a RechtspflegerG auf Grund des generellen Ausschlusses der Möglichkeit, einen Parteiantrag auf Normenkontrolle im Insolvenzverfahren zu stellenSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. Sachverhalt und Antrag
1. Der Antragsteller ist Gläubiger in einem Privatinsolvenzverfahren vor dem Bezirksgericht Klosterneuburg. Mit Schriftsatz vom *** beantragte er, dem Insolvenzantrag des Schuldners keine Folge zu geben und diesen abzuweisen.
2. Mit Beschluss vom ***, ***, leitete das Bezirksgericht Klosterneuburg durch den zuständigen Rechtspfleger das Abschöpfungsverfahren mit Tilgungsplan ein.
3. Gegen diesen Beschluss erhob der Antragsteller am *** Rekurs und stellte am selben Tag den vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litd B-VG gestützten Antrag an den Verfassungsgerichtshof, §17a RpflG wegen Verfassungswidrigkeit aufzuheben.
II. Rechtslage
1. §17a des Bundesgesetzes vom 12. Dezember 1985 betreffend die Besorgung gerichtlicher Geschäfte durch Rechtspfleger (Rechtspflegergesetz – RpflG), BGBl 560/1985, idF BGBl I 38/2019 lautet:
"Wirkungskreis in Insolvenzsachen
§17a. Der Wirkungskreis in Insolvenzsachen umfasst die Geschäfte vor dem Bezirksgericht."
2. §62a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 (VfGG), BGBl 85/1953, idF BGBl I 107/2016 lautet auszugsweise:
"§62a. (1) Eine Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, kann einen Antrag stellen, das Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben (Art140 Abs1 Z1 litd B-VG). Die Stellung eines solchen Antrages ist unzulässig:
[...]
8. im Insolvenzverfahren;
[...]"
III. Zur Zulässigkeit
1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels.
2. Gemäß Art140 Abs1a B-VG kann die Stellung eines Antrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG durch Bundesgesetz für unzulässig erklärt werden, wenn dies zur Sicherung des Zwecks des Verfahrens vor dem ordentlichen Gericht erforderlich ist.
3. Gemäß §62a Abs1 Z8 VfGG ist ein Antrag gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG in Insolvenzverfahren ausgeschlossen.
4. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis VfSlg 20.113/2016 ausgesprochen, dass es verfassungsrechtlich unbedenklich ist, in Insolvenzverfahren die Stellung eines Parteiantrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG auszuschließen. Das Insolvenzverfahren weise nämlich – wie auch das Exekutionsverfahren (vgl VfSlg 20.060/2016) – auf Grund seines Zwecks Spezifika auf, die es dem Gesetzgeber erlaubten, von der ihm durch Art140 Abs1a B-VG eingeräumten Ermächtigung Gebrauch zu machen. Allerdings sei der Ausnahmetatbestand "Insolvenzverfahren" eng auszulegen: Er erfasse nur Verfahren nach jenen Vorschriften, die das eigentliche Insolvenzverfahren regeln. Sonstige Verfahren, die im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren stehen, wie etwa Verfahren zur Klärung streitiger Rechtssachen (zB Anfechtungs- oder Prüfungsverfahren), gehörten hingegen nicht zum Insolvenzverfahren im Sinne des §62a Abs1 Z8 VfGG.
5. Da der Antragsteller den vorliegenden Antrag im Rahmen eines Insolvenzverfahrens iSd §62a Abs1 Z8 VfGG gestellt hat, erweist sich der Antrag als unzulässig.
6. Der Antrag ist somit schon aus diesem Grund gemäß §19 Abs3 Z2 lita VfGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Schlagworte
VfGH / Parteiantrag, VfGH / Zuständigkeit, Insolvenzrecht, RechtsschutzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:G123.2022Zuletzt aktualisiert am
23.05.2022