TE Vfgh Beschluss 1994/6/14 B846/91, G166/94

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Veröffentlicht am 14.06.1994
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Index

65 Pensionsrecht für Bundesbedienstete
65/01 Allgemeines Pensionsrecht

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
NebengebührenzulagenG §3 Abs3
NebengebührenzulagenG §5 Abs4

Leitsatz

Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung des §3 Abs3 und §5 Abs4 NebengebührenzulagenG. §5 Abs4 NebengebührenzulagenG ist (erst) durch die Erlassung des angefochtenen (bzw des ihm vorausgegangenen erstinstanzlichen) Bescheides über die Festsetzung der zum Ruhegenuß gebührenden Nebengebührenzulage für den Antragsteller wirksam geworden. Dem Antragsteller ist es ferner möglich und zumutbar, einen Antrag auf teilweise Rückzahlung entrichteter Pensionsbeiträge mit der Begründung zu stellen, daß die der Rückzahlung entgegenstehende Vorschrift des §3 Abs3 NebengebührenzulagenG verfassungswidrig sei. Für die Zumutbarkeit eines Weges kommt es auf die Erfolgsaussichten der Parteien in der Sache nicht an. Ablehnung der Behandlung der Beschwerde.

Spruch

I. Der Antrag wird zurückgewiesen.

II. Die Behandlung der Beschwerde wird abgelehnt.

Begründung

Begründung:

I. 1. Der Beschwerdeführer ist Bundesbeamter des Ruhestandes. Nach dem Beschwerdevorbringen hatte er auf Grund von Überstunden, die er iS des §49 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 - BDG 1979, BGBl. 333, in der jeweils maßgeblichen Fassung, zu leisten hatte, eine Überstundenvergütung nach §16 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. 54, in der jeweils maßgeblichen Fassung (im Folgenden: GG 1956), - somit eine anspruchsbegründende Nebengebühr iS des §2 Abs1 Z1 des Bundesgesetzes über Nebengebührenzulagen der Bundesbeamten des Ruhestandes, der Hinterbliebenen und Angehörigen, BGBl. 485/1971, in der jeweils maßgeblichen Fassung (im Folgenden: NGZG) - bezogen, für die er gemäß §3 NGZG einen Pensionsbeitrag entrichtete. Nachdem er in den Ruhestand getreten war, setzte das Bundesrechenamt unter Berufung auf §4 Abs1 sowie auf §5 Abs1, 3 und 4 NGZG die dem Beschwerdeführer gebührende Nebengebührenzulage zum Ruhegenuß bescheidmäßig in bestimmter Höhe fest, wobei die in §5 Abs4 NGZG festgesetzte Höchstgrenze der Nebengebührenzulage wirksam wurde.

Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers an den Bundesminister für Finanzen blieb erfolglos.

2. Gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, mit der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz durch Anwendung gegen dieses Grundrecht verstoßender gesetzlicher Bestimmungen geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

Nach Auffassung des Beschwerdeführers verstößt die Regelung des §5 Abs4 NGZG, wonach die Nebengebührenzulage zum Ruhegenuß jeweils 20 v.H. des ruhegenußfähigen Monatsbezuges zuzüglich allfälliger Teuerungszulagen nicht übersteigen darf, gegen den - auch den Gesetzgeber bindenden - Gleichheitsgrundsatz, weil sie Beamte, denen - wie im Fall des Beschwerdeführers - auf Grund der festgehaltenen Nebengebührenwerte ein Anspruch auf eine Nebengebührenzulage in einem die Grenze um mehr als das Doppelte übersteigenden Ausmaß zukäme, gleich behandelt wie jene Beamte, denen ein Anspruch auf eine Nebengebührenzulage in einer diese Grenze gerade eben erreichenden Höhe zusteht. Der Beschwerdeführer hält ferner die Festsetzung dieser Grenze unter Bezugnahme auf den ruhegenußfähigen Monatsbezug mit Rücksicht darauf für unsachlich, daß dieser weder für die Nebengebührenzulage noch für die ihr zugrunde liegenden Nebengebührenwerte ein Kriterium bildet. Eine Gleichheitswidrigkeit ist des weiteren nach Ansicht des Beschwerdeführers darin gelegen, daß der Beamte von den anspruchsbegründenden Nebengebühren gemäß §3 Abs1 NGZG einen (gemäß §3 Abs3 NGZG nicht rückzahlbaren) Pensionsbeitrag auch insoweit zu entrichten hat, als sich diese Nebengebühren infolge der durch §5 Abs4 NGZG festgelegten Obergrenze auf die Höhe der Nebengebührenzulage nicht auswirken. Insoweit werde ein Beamter, dem durch §5 Abs4 NGZG die Anwartschaft auf Pensionsversorgung in einem bestimmten Ausmaß genommen werde, schlechter gestellt als ein Beamter, der gemäß §3 Abs2 NGZG infolge Verzichtes auf die Anwartschaft auf Pensionsversorgung keinen Pensionsbeitrag zu leisten hat.

II. Mit dem für den Fall der Abweisung der Beschwerde oder der Ablehnung ihrer Behandlung gestellten, auf Art140 (Abs1 letzter Satz) B-VG gestützten (Individual-)Antrag wird begehrt, §3 Abs3 und §5 Abs4 NGZG als verfassungswidrig aufzuheben. Zur Begründung der Antragslegitimation wird der Sache nach vorgebracht, diese beiden Bestimmungen müßten in ihrem Zusammenhang betrachtet werden und sie seien allenfalls nur in ihrem Zusammenhang verfassungswidrig. Bei isolierter Betrachtung wäre es dem Antragsteller unmöglich, die sich (allenfalls nur) aus dem Zusammenhang dieser Bestimmungen ergebende Unsachlichkeit der Regelung geltend zu machen. Sollte §3 Abs3 NGZG im Beschwerdefall nicht präjudiziell sein, sei die Erwirkung eines eigenen, (lediglich) auf §3 Abs3 NGZG gestützten Bescheides zwar "theoretisch denkbar", doch sei dem Beschwerdeführer dieser Weg nicht zumutbar, weil auf Grund des eindeutigen Gesetzeswortlautes mit einer negativen Erledigung zu rechnen sei und weil die Beschreitung dieses Weges überdies das Verstreichen der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid und damit insoweit den Verlust des Beschwerderechtes zur Folge hätte.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

A. Über die Zulässigkeit des (Individual-)Antrages:

1. Ein gemäß Art140 Abs1 dritter Satz B-VG gestellter Antrag einer Person auf Aufhebung eines Gesetzes ist nur dann zulässig, wenn das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art140 Abs1 B-VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 10481/1985, 11864/1988).

2. §3 NGZG (in der hier maßgeblichen Fassung der Bundesgesetze BGBl. 737/1988 und 363/1991) hat folgenden Wortlaut:

"Pensionsbeitrag

§3. (1) Von den anspruchsbegründenden Nebengebühren hat der Beamte des Dienststandes einen Pensionsbeitrag zu entrichten. Der Pensionsbeitrag beträgt

vom 1. Jänner 1989 bis zum 31. Dezember 1989 9,75 vH

ab 1. Jänner 1990 10,0 vH

Bescheide, mit denen Pensionsbeiträge vorgeschrieben werden, sind nach dem VVG, BGBl. Nr. 53/1991, zu vollstrecken.

(2) Der Beamte hat keinen Pensionsbeitrag zu leisten, wenn er auf Grund eines Verzichtes keine Anwartschaft auf Pensionsversorgung hat.

(3) Rechtmäßig entrichtete Pensionsbeiträge sind nicht zurückzuzahlen."

§5 Abs4 NGZG (in der hier maßgeblichen Fassung des Bundesgesetzes BGBl. 22/1973) lautet:

"(4) Die Nebengebührenzulage zum Ruhegenuß darf jeweils 20 v.H. des ruhegenußfähigen Monatsbezuges zuzüglich allfälliger Teuerungszulagen nicht übersteigen."

3.a) Im vorliegenden Fall ist §5 Abs4 NGZG (erst) durch die Erlassung des angefochtenen (bzw. des ihm vorausgegangenen erstinstanzlichen) Bescheides für den Antragsteller wirksam geworden.

b) Dem Antragsteller ist es ferner möglich und zumutbar, einen Antrag auf teilweise Rückzahlung entrichteter Pensionsbeiträge mit der Begründung zu stellen, daß die der Rückzahlung entgegenstehende Vorschrift des §3 Abs3 NGZG verfassungswidrig sei. Für die Zumutbarkeit eines Weges kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auf die Erfolgsaussichten der Parteien in der Sache nicht an (zB VfSlg. 12914/1991; VfGH 14.10.1992, G98/90).

Es steht dem Antragsteller frei, eine abweisende Entscheidung - nach Erschöpfung des Instanzenzuges - beim Verfassungsgerichtshof in Beschwerde zu ziehen und in deren Rahmen die gegen die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Vorschrift sprechenden Bedenken darzulegen. Selbst eine zurückweisende Entscheidung könnte, da sie sich an §3 Abs3 NGZG auszurichten hätte, den Verfassungsgerichtshof nicht hindern, diese Bestimmung auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.

c) Der (Individual-)Antrag ist daher mangels Legitimation des Antragstellers zurückzuweisen, was gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden konnte.

B. Über die Beschwerde:

Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und es sich nicht um einen Fall handelt, der von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen ist (Art144 Abs2 B-VG).

Die Beschwerde rügt die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz wegen Anwendung von nach Ansicht des Beschwerdeführers gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßenden gesetzlichen Bestimmungen. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach es im Rahmen des rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers (s. hiezu, was den Bereich des Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrechtes betrifft, etwa VfSlg. 9607/1983, 11193/1986, 12154/1989) liegt, zu bestimmen, ob, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Ausmaß sich gesetzlich vorgesehene Nebengebühren auf die Höhe des dem Beamten gebührenden Ruhegenusses auswirken (s. etwa VfSlg. 11998/1989; vgl. auch VfSlg. 8339/1978, S. 448; ferner VfSlg. 7453/1974; s. zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit des §5 Abs4 NGZG auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.4.1993, 93/12/0081) sowie vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Präjudizialität von Rechtsvorschriften läßt das Beschwerdevorbringen die behaupteten Rechtsverletzungen, aber auch die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, daß sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Die Sache ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.

Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde abzusehen (§19 Abs3 Z1 VerfGG).

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Dienstrecht, Ruhegenuß, Nebengebührenwerte (Dienstrecht)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:B846.1991

Dokumentnummer

JFT_10059386_91B00846_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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