TE Vwgh Beschluss 2022/4/20 Ra 2021/17/0126

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Veröffentlicht am 20.04.2022
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

BFA-VG 2014 §9
B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer sowie die Hofräte Mag. Berger und Dr. Horvath als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der A E, vertreten durch Dr. Sebastian Siudak, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Blütenstraße 15/5/5.13, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Juli 2021, W241 2243240-1/3E, betreffend Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 und Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

2.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: Verwaltungsgericht) die Beschwerde der Revisionswerberin, einer Staatsangehörigen der Mongolei, gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 30. April 2021 - mit dem ihr Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) abgewiesen, gegen sie eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Zulässigkeit ihrer Abschiebung in die Mongolei festgestellt und ihr eine zweiwöchige Frist für die freiwillige Ausreise gewährt worden war - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Das Verwaltungsgericht sprach ferner aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

2.2. Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die - nach Ablehnung der Behandlung der zunächst erhobenen Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG und deren Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof (VfGH 15.12.2021, E 4393/2021-5) eingebrachte - außerordentliche Revision.

3.1. Die Revisionswerberin macht im Zulässigkeitsvorbringen geltend, das Verwaltungsgericht habe die von ihr beantragte Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterlassen, weil es davon ausgegangen sei, dass der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage geklärt sei, was aber nicht zutreffe. So habe das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Revisionswerberin keine außergewöhnlich guten Deutschkenntnisse (sondern nur „ungefähre B1 Deutschkenntnisse“) nachgewiesen habe, dass sie freundschaftliche Beziehungen ohne Nennung der Personen bzw. ohne Unterstützungsschreiben vorgebracht habe und dass ihre privaten Beziehungen eher schwach ausgeprägt seien. Demgegenüber hätte sie in der mündlichen Verhandlung nachweisen können, dass ihre Deutschkenntnisse über B1-Niveau hinausgingen und sie viele FreundInnen in Österreich habe, wobei sie diese in der Verhandlung namhaft machen und über die intensiven Beziehungen erzählen hätte können.

3.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Revisionswerberin keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf.

4. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) kann - selbst bei Vorliegen eines diesbezüglichen Antrags - von einer mündlichen Verhandlung unter anderem dann abgesehen werden, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (vgl. VwGH 17.11.2016, Ra 2016/21/0316). Wird also in der Beschwerde der von der Behörde zugrunde gelegte entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht bzw. nur unsubstanziiert bestritten, indem insbesondere kein entgegenstehendes wesentliches Tatsachenvorbringen erstattet wird, so kann von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden (vgl. VwGH 27.2.2020, Ra 2017/22/0073, 0074).

5.1. Vorliegend erstattete die Revisionswerberin - entgegen ihrem Zulässigkeitsvorbringen - in den von ihr angesprochenen Punkten kein entgegenstehendes wesentliches Tatsachenvorbringen.

5.2. Dass die Revisionswerberin maßgebliche Integrationsschritte setzte, indem sie unter anderem (diverse) Freundschaften während ihres bisherigen Aufenthalts in Österreich schloss, stellte bereits die Behörde im Bescheid fest. Nichts anderes wurde von der Revisionswerberin in der Beschwerde behauptet, sodass insoweit kein entgegenstehendes wesentliches Tatsachenvorbringen vorliegt.

5.3. Dass die Revisionswerberin Deutschkenntnisse über B1-Niveau hinaus aufweist, hielt die Behörde ebenso bereits im Bescheid fest (vgl. die Auflistung der aufgenommenen Beweise und die dort angeführte Studienerfolgsbestätigung über die Ablegung der Deutschprüfungen B1 und B2). Im Hinblick darauf war der Behörde - auch wenn sie in der Folge mit dem Vorliegen von Deutschkenntnissen bloß auf B1-Niveau argumentierte - die höhere sprachliche Qualifikation jedenfalls bekannt und wurde insofern in der Beschwerde kein neues (gegenteiliges) Vorbringen erstattet.

Bei der Argumentation mit dem Vorliegen von Deutschkenntnissen bloß auf B1-Niveau handelte es sich insbesondere auch um keinen Umstand, dem im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 9 BFA-VG entscheidungswesentliche Bedeutung beizumessen wäre. Der geringe graduelle Unterschied in Bezug auf die Sprachkompetenz begründet jedenfalls kein über das übliche Maß hinausgehendes Integrationsmerkmal (vgl. in dem Sinn auch VwGH 26.11.2009, 2008/18/0720, 0709; 25.2.2010, 2010/18/0029). Folglich wäre bei Durchführung der Verhandlung mit Verschaffung eines (positiven) persönlichen Eindrucks von der Revisionswerberin kein für sie günstigeres Ergebnis zu erwarten gewesen (vgl. VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).

6. Soweit sich die Revisionswerberin - der Sache nach - auch gegen die vom Verwaltungsgericht durchgeführte Interessenabwägung wendet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hinzuweisen, wonach die Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 9 BFA-VG dann nicht revisibel ist, wenn sie - wie vorliegend - im Ergebnis vertretbar ist und keinen maßgeblichen Begründungsmangel erkennen lässt (vgl. VwGH 26.1.2017, Ra 2016/21/0233; 14.4.2021, Ra 2020/22/0257).

7. Insgesamt wird daher - in der maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung (vgl. VwGH 6.8.2019, Ra 2017/22/0020) - keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war deshalb zurückzuweisen.

Wien, am 20. April 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021170126.L00

Im RIS seit

20.05.2022

Zuletzt aktualisiert am

21.07.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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