TE Vwgh Erkenntnis 1996/5/14 96/19/1066

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Veröffentlicht am 14.05.1996
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Index

19/05 Menschenrechte;
20/02 Familienrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
EheG §23;
EheG §27;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
MRK Art8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der L in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Februar 1996, Zl. 303.928/3-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Februar 1996 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufG) iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 Fremdengesetz (FrG) abgewiesen. Die belangte Behörde nahm als erwiesen an, die Beschwerdeführerin habe am 13. Oktober 1992 mit einem österreichischen Staatsbürger die Ehe geschlossen, welche mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 22. Februar 1995 für nichtig erklärt worden sei. Die belangte Behörde geht erkennbar davon aus, daß die Ehe in der Absicht geschlossen worden sei, der Beschwerdeführerin fremdenrechtlich bedeutsame Berechtigungen zu verschaffen. Darin liege eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG, die gemäß § 5 Abs. 1 AufG die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ausschlösse.

Die Beschwerdeführerin habe (auch in der Berufung) keine Gründe vorgebracht, welche eine Entscheidung zu ihren Gunsten im Sinne des Art. 8 MRK habe herbeiführen können; die öffentlichen Interessen überwögen die privaten Interessen der Beschwerdeführerin.

Die Beschwerdeführerin bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In der Beschwerde bestätigt die Beschwerdeführerin die maßgebliche Sachverhaltsannahme der belangten Behörde ausdrücklich, daß sie eine Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger nur zum Schein eingegangen sei, um sich eine Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung zu beschaffen, sowie daß diese Ehe vom Bezirksgericht Floridsdorf am 22. Februar 1995 für nichtig erklärt worden sei.

Ein derartiges Verhalten bildet eine Mißachtung der den Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet regelnden Vorschriften. Es wird daher vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung als eine beträchtliche Gefährdung der Ordnung qualifiziert (vgl. die hg. Erkenntnisse je vom 20. Juli 1995, Zl. 95/18/0438, und Zl. 95/18/0757, sowie vom 9. November 1995, Zl. 95/19/0855, je mit weiteren Nachweisen). Die Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz kann im Hinblick auf § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG daher nicht als rechtswidrig angesehen werden.

Völlig unverständlich ist das Vorbringen, es sei der Beschwerdeführerin durch Nichtbefassung des unabhängigen Verwaltungssenates eine Appelationsinstanz genommen worden. Denn in der Rechtsordnung existiert keine Bestimmung, wonach ein unabhängiger Verwaltungssenat im Administrativverfahren nach dem Aufenthaltsgesetz zuständig wäre.

Insofern die Beschwerdeführerin vorbringt, sie habe - nach gemeinsamer Einreise mit ihrer Tochter am 1. August 1992 - am 13. Oktober 1992 die Ehe mit dem österreichischen Staatsbürger zum Zweck geschlossen, eine Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitsbewilligung zu erlangen, um ein "friedliches Leben im österreichischen Staatsverband" gemeinsam mit ihrer Tochter verbringen zu können, kann sie nicht darlegen, daß ihre privaten und familiären Beziehungen zu Österreich im Sinne einer Interessensabwägung gemäß Art. 8 MRK zu ihren Gunsten hätten ausschlagen können. Denn die Beschwerdeführerin hat nicht behauptet, daß ihr der Einreise folgender Aufenthalt bis zur Eheschließung rechtmäßig gewesen wäre. Die im Gefolge der Eheschließung am 13. Oktober 1992 erlangte Aufenthaltsbewilligung und Arbeitsbewilligung waren gerade Ausfluß der gegenständlichen rechtsmißbräuchlichen Eheschließung. Die infolge des von der Beschwerdeführerin zu vertretenden Rechtsmißbrauches entstandenen privaten Bindungen in Österreich (auch zu ihrer gleichzeitig mit ihr eingereisten Tochter) können schon deshalb keine zugunsten der Beschwerdeführerin ausfallende Interessenabwägung gemäß Art. 8 MRK bewirken, als es dem Interesse an einem geordneten Fremdenwesen grob zuwiderliefe, wenn sich ein Fremder auf eine solche Weise den tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer erzwingen könnte. Im übrigen stellt die Eingehung einer Ehe zum Schein zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen einen Rechtsmißbrauch dar, welcher als Gefährdung der Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK zu qualifizieren ist, sodaß diesfalls ein durch Versagung der Aufenthaltsbewilligung bewirkter Eingriff in das Privat- und Familienleben des Fremden gerechtfertigt ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. Juli 1995, Zl. 95/18/0757, und vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/19/0330, ua).

Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, die belangte Behörde habe es unterlassen, die Bestimmungen der §§ 17 bis 19 FrG heranzuziehen, so ist ihr zu entgegnen, daß die genannten Bestimmungen kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nur bei Entscheidungen über die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und einer Ausweisung (bei letzterer allein § 19 FrG) anzuwenden sind, nicht hingegen etwa bei der Entscheidung über die Versagung eines Sichtvermerkes bzw. einer Aufenthaltsbewilligung (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 95/19/0545).

Der von der belangten Behörde unbestritten festgestellte Sachverhalt reicht insoweit zur rechtlichen Beurteilung aus; welche Sachverhaltselemente noch hätten festgestellt werden müssen, läßt sich den diesbezüglichen Beschwerdeausführungen nicht entnehmen. Soweit die Beschwerdeführerin - wie dies allenfalls ihrem Vorbringen unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften entnommen werden kann - das Fehlen von Feststellungen zur Gefährdung der öffentlichen Ordnung vermißt, ist sie auf die oben dargelegte rechtliche Beurteilung zu verweisen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996191066.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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