Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Mag. Schober sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Markus Schrottmeyer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Sylvia Zechmeister (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei K*, vertreten durch Mag. Karlheinz Amann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, wegen Berufsunfähigkeitspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. Jänner 2022, GZ 9 Rs 64/21d-33, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Die Vorinstanzen wiesen das Begehren der Klägerin, ihr die Berufsunfähigkeitspension zu gewähren, ab. Trotz bestehender gesundheitlicher Einschränkungen sei sie in der Lage, sowohl ihre bisher ausgeübte Tätigkeit als Pharmareferentin im Außendienst als auch die damit gleichwertige Tätigkeit einer Vertriebsmitarbeiterin im Innendienst auszuüben.
Rechtliche Beurteilung
[2] In ihrer außerordentlichen Revision zeigt die Klägerin keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf.
[3] 1. Vom Berufungsgericht verneinte Mängel des Verfahrens erster Instanz können nach ständiger Rechtsprechung – auch in Sozialrechtssachen (RS0043061) – in dritter Instanz nicht mehr geltend gemacht werden (RS0042963). Allerdings ist das Berufungsverfahren selbst mängelbehaftet, wenn das Berufungsgericht die Erledigung einer Mängelrüge infolge unrichtiger Anwendung verfahrensrechtlicher Bestimmungen unterlassen oder sie mit einer durch die Aktenlage nicht gedeckten Begründung verworfen hat (RS0040597 [T4]; RS0043086 [T4]). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen zeigt die Klägerin aber nicht auf. Die schon in der Mängelrüge der Berufung behauptete Notwendigkeit eines Vorgehens nach § 362 Abs 2 ZPO (Enthebung der bestellten berufskundlichen Sachverständigen und Bestellung eines anderen berufskundlichen Sachverständigen) fällt in den Bereich der vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren Beweiswürdigung (RS0113643).
[4] 2. Die Ergebnisse von Gutachten sind nach der Rechtsprechung dann wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung bekämpfbar, wenn dem Sachverständigen bei seinen Schlussfolgerungen ein Verstoß gegen zwingende Denkgesetze, (sonstige) Erfahrungssätze oder zwingende Gesetze des sprachlichen Ausdrucks unterlaufen ist (RS0043404 [T4]; RS0043168 [T8, T14]) oder erkennbar ist, dass er erheblichen Verhandlungsstoff außer Acht gelassen hat und dies die Unrichtigkeit des Gutachtens zur Folge hatte (RS0043168 [T7]). Abgesehen davon, dass einer dieser Fälle hier nicht vorliegt, hat die Klägerin solche Fehler des berufskundlichen Sachverständigengutachtens in der Berufung nicht geltend gemacht, weshalb die insofern unterlassene Rechtsrüge in der Revision nicht mehr nachgetragen werden kann.
[5] 3. Mit der Behauptung, eine weitere Tätigkeit als Pharmareferentin im Außendienst sei ihr nicht möglich, weil dadurch ihr medizinisches Leistungskalkül überschritten werde, weicht die Klägerin vom festgestellten Sachverhalt ab.
[6] 4. Steht fest, dass der Versicherte seine bisher ausgeübte Berufstätigkeit weiterhin verrichten kann, kommt es nicht mehr darauf an, ob er auf andere Berufstätigkeiten verwiesen werden kann (RS0110071 [T1, T6]). Die Frage, ob die Klägerin auf eine Tätigkeit als Vertriebsmitarbeiterin im Innendienst verweisbar ist, stellt sich hier somit nicht.
[7] 5. Die außerordentliche Revision der Klägerin ist daher zurückzuweisen.
Textnummer
E134850European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2022:010OBS00039.22S.0420.000Im RIS seit
20.05.2022Zuletzt aktualisiert am
20.05.2022