Entscheidungsdatum
21.02.2022Norm
AZG §28 Abs5Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin
HR Dr. Grassinger über die Beschwerde von Frau A, geboren ***, vertreten durch Rechtsanwalt B, ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld vom 30.09.2021, ***, betreffend Bestrafungen wegen Übertretungen der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 iVm dem Arbeitszeitgesetz (AZG), nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Beschwerdeverhandlung, wie folgt:
Der Beschwerde gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld vom 30.09.2021, ***, Spruchpunkte 1. und 2., wird teilweise dahingehend Folge gegeben, dass
- die in Spruchpunkt 1. verhängte Geldstrafe mit € 1.200,-- und die angedrohte Ersatzfreiheitsstrafe mit 120 Stunden neu festgesetzt wird und
- die in Spruchpunkt 2. verhängte Geldstrafe mit € 800,-- und die angedrohte Ersatzfreiheitsstrafe mit 80 Stunden neu festgesetzt wird.
Im Übrigen wird das bezeichnete Straferkenntnis in den Spruchpunkten 1. und 2. bestätigt.
Der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der Behörde zu Spruchpunkte
1. und 2. beträgt entsprechend den zu diesen Spruchpunkten neu festgesetzten Geldstrafen (jeweils 10 %) insgesamt € 200,--.
Die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 50 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)
§ 64 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG)
§ 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) iVm
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
Entscheidungsgründe:
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld vom 30.09.2021, ***, wurde über die Beschwerdeführerin
1. wegen Übertretung des Art. 6 Abs. 3 VO (EG) 561/2006 iVm
§ 28 Abs. 5 Z 1 iVm Abs. 6 Arbeitszeitgesetz (AZG) nach
§ 28 Abs. 6 Z 1 lit. a AZG eine Geldstrafe in der Höhe von € 3.600,- verhängt und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 366 Stunden angedroht sowie
2. wegen Übertretung des Art. 6 Abs. 1 VO (EG) 561/2006 iVm
§ 28 Abs. 5 Z 1 iVm Abs. 6 AZG nach § 28 Abs. 6 Z 1 lit. a AZG eine Geldstrafe in der Höhe von € 3.600,- verhängt und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 366 Stunden angedroht.
Im Spruch dieses Straferkenntnisses wurde folgendes als erwiesen angesehen:
„Sie haben folgende Verwaltungsübertretungen begangen:
Kontrollzeitpunkt: 23.11.2018, 11:04 Uhr
Kontrollort: Gemeindegebiet ***, Autobahn ***, *** Rampe ***, StrKm. ***, Fahrtrichtung Norden
Fahrzeug: *** Sattelkraftfahrzeug
*** Sattelanhänger
Tatbeschreibung:
Sie haben als gemäß § 9 Abs. 2 VStG verantwortlich Beauftragte betreffend der Einhaltung der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes der Firma C GesmbH mit Sitz in ***, ***, welche ihrerseits Arbeitgeber des Arbeitnehmers D ist, welcher das Sattelzugfahrzeug mit dem Kennz.: *** und den Sattelanhänger mit dem Kennz.: ***, mit einem mehr als 3,5 t höchstzulässigem Gesamtgewicht im innerstaatlichen Verkehr lenkte, folgende Verwaltungsübertretungen zu verantworten:
1. Sie haben die Arbeit des Fahrers nicht so eingeplant, dass dieser die entsprechenden Bestimmungen der VO (EG) Nr. 561/2006 einhalten kann, da festgestellt wurde, dass dieser die erlaubte Wochenlenkzeit zweier aufeinander folgender Wochen von höchstens 90 Stunden überschritten hat, obwohl die summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen 90 Stunden nicht überschreiten darf.
Der Fahrer hat die ob genannte Wochenlenkzeit in folgenden Wochen überschritten:
in den Wochen von 12.11.2018 bis 25.11.2018, Lenkzeit 90 Stunden und 46 Minuten.
Die Überschreitung der summierten Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen betrug somit 00 Stunden und 46 Minuten. Dies stellt anhand des Anhanges II der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F. einen geringfügigen Verstoß dar.
2. Sie haben die Arbeit des Fahrers nicht so eingeplant, dass dieser die entsprechenden Bestimmungen der VO (EG) Nr. 561/2006 einhalten kann, da festgestellt wurde, dass dieser die Tageslenkzeit von höchstens 9 Stunden bzw. zwei Mal wöchentlich 10 Stunden zwischen zwei täglichen Ruhezeiten an folgenden Tagen überschritten hat:
14.11.2018 von 05:05 Uhr bis 14.11.2018 um 17:20 Uhr mit einer Lenkzeit von 10 Stunden 06 Minuten. Die Überschreitung der verlängerten täglichen Lenkzeit von 10 Stunden betrug somit 00 Stunden und 06 Minuten.
Dies stellt daher anhand des Anhanges lIl der Richtlinie 2006/22/EG i.d‚g.F. einen geringfügigen Verstoß dar.
22.11.2018 von 05:15 Uhr bis 22.11.2018 um 18:02 Uhr mit einer Lenkzeit von 10 Stunden 04 Minuten. Die Überschreitung der verlängerten täglichen Lenkzeit von 10 Stunden betrug somit 00 Stunden und 04 Minuten.
Dies stellt daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F. einen geringfügigen Verstoß dar.“
In der dagegen fristgerecht und vollinhaltlich erhobenen Beschwerde wendete die Beschwerdeführerin ein:
„1. Beschwerdeumfang
Das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld vom 30.09.2021 zur Geschäftszahl *** wird seinem gesamten Umfang nach angefochten, insbesondere wird auch die Höhe der verhängten Strafe angefochten. Als Beschwerdegründe werden
a) die Rechtswidrigkeit des Inhaltes infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung
b) sonstige inhaltliche Rechtswidrigkeiten sowie
c) die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, wie insbesondere die Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens und sonstige verfahrensrechtliche Vorschriften
geltend gemacht.
2. Rechtzeitigkeit der Beschwerde
Das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld (iF „belangte Behörde“) vom 30.09.2021 wurde dem Beschwerdeführervertreter am 04.10.2021 zugestellt. Die Beschwerde wird daher rechtzeitig erhoben.
3. Vorbemerkung
Die belangte Behörde führt im Spruch des Straferkenntnisses aus, die Beschwerdeführerin habe es als gemäß § 9 Abs 2 VStG verantwortliche Beauftragte betreffend der Einhaltung der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes der C GesmbH mit Sitz in ***, ***, welche ihrerseits Arbeitgeber des Arbeitnehmers D ist, welcher den Lastkraftwagen mit dem Kennzeichen *** und den Sattelanhänger mit dem Kennzeichen ***, mit einem mehr als 3,5t hochstzulässigen Gesamtgewicht im innerstaatlichen Verkehr lenkte, folgende Verwaltungsübertretungen zu verantworten:
1. Die Beschwerdeführerin habe die Arbeit des Fahrers nicht so eingeplant, dass dieser die entsprechenden Bestimmungen der VO (EG) Nr 561/2006 einhalten könne, da festgestellt worden sei, dass dieser die erlaubte Wochenlenkzeit zweier aufeinander folgender Wochen von höchstens 90 Stunden in den Wochen von 12.11.2018 bis 25.11.2018 um 46 Minuten überschritten habe.
Dies stelle anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG idgF einen geringfügigen Verstoß dar.
2. Die Beschwerdeführerin habe die Arbeit des Fahrers nicht so eingeplant, dass dieser die entsprechenden Bestimmungen der VO (EG) Nr 561/2006 einhalten könne, da festgestellt worden sei, dass dieser die Tageslenkzeit öfter als zweimal wöchentlich auf 10 Stunden verlängert habe und dadurch die Tageslenkzeit von höchstens 9 Stunden zwischen zwei täglichen Ruhezeiten an folgenden Tagen überschritten habe:
a. am 14.11.2018 habe die tägliche Lenkzeit 10 Stunden und 6 Minuten betragen und sei die Tageslenkzeit um 6 Minuten überschritten worden.
b. am 22.11.2018 habe die tägliche Lenkzeit 10 Stunden und 4 Minuten betragen und sei die Tageslenkzeit um 4 Minuten überschritten worden.
Dies stelle anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG idgF jeweils einen geringfügigen Verstoß dar.
Die Beschwerdeführerin habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
a. Art 6 Abs 3 EG-VO 561/2006 iVm § 28 Abs 5 Z 1 iVm Abs 6 AZG
b. Art 6 Abs 1 EG-VO 561/2006 iVm § 28 Abs 5 Z 1 iVm Abs 6 AZG
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen sei über die Beschwerdeführerin gemäß § 28 AZG eine Geldstrafe von insgesamt € 7.920,00 (inkl € 720,00 an Verfahrenskosten) zu verhängen.
Die Beschwerdeführerin hat die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung weder subjektiv noch objektiv zu verantworten. Vielmehr werden bereits die Übertretungen als solche bestritten.
4. Unrichtige rechtliche Beurteilung
4.1. Taugliches Kontrollsystem
Vorauszuschicken ist, dass die Bestellung der Beschwerdeführerin zur verantwortlichen Beauftragten der C GesmbH am 11.01.2019 widerrufen worden ist.
Vorauszuschicken ist ferner, dass die Beschwerdeführerin während ihrer Tätigkeit als verantwortliche Beauftragte im Betrieb über ein ausreichendes und wirksames innerbetriebliches Kontrollsystem hinsichtlich der von ihr eingesetzten Kraftfahrzeuge und Fahrer verfügte.
Die Fahrer wurden in regelmäßigen Abständen über die geltenden Vorschriften hinsichtlich der einzuhaltenden Lenk- bzw Ruhezeiten informiert / geschult und wurde die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften von der Beschwerdeführerin selbst regelmäßig in Bezug auf die einzelnen Fahrer überprüft. Die gesammelten Fahrtaufzeichnungen bzw Tachoscheiben wurden von der Beschwerdeführerin bzw der von ihr eingesetzten und auch kontrollierten Disponenten gesammelt und regelmäßig kontrolliert.
Die Beschwerdeführerin wies jeden Fahrer regelmäßig an, Lenkzeitüberschreitungen hintanzuhalten und die Ruhe- sowie die Lenkpausen im vorgeschriebenen Ausmaß einzuhalten. Die Einhaltung dieser Anweisungen wurde von der Beschwerdeführerin regelmäßig kontrolliert und wurde bei einem festgestellten Fehlverhalten durch einen Fahrer zunächst eine Verwarnung diesem gegenüber ausgesprochen und mit ihm das gesetzte Fehlverhalten besprochen und er abermals über die einzuhaltenden Vorschriften informiert. Bei mehrfachen Übertretungen oder aber solchen Übertretungen, die als schwerwiegend einzustufen sind, wurde der Fahrer nach einer ausgesprochenen Verwarnung abermals (und abschließend) eindringlich verwarnt und darauf aufmerksam gemacht, dass bei einem abermaligen (gleichwertigen) Verstoß mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen, wie insbesondere der Beendigung des Dienstverhältnisses, reagiert werden muss. Bei „unbelehrbarem Fehlverhalten“ durch einen Fahrer wurde letztendlich als ultima ratio die Konsequenz dahingehend gezogen, dass die Beschwerdeführerin sich von solchen Fahrern getrennt hat.
Darüber hinaus waren folgende Kontrollsysteme im Betrieb der Beschwerdeführerin etabliert:
• Die Fahrer verfügen über notwendige Schulungen und Qualifikationen.
• Entsprechende Kenntnisse der einzuhaltenden gesetzlichen Vorschriften werden in der Regel von der Beschwerdeführerin vor Einstellung jedes Lenkers eigens überprüft und in weiterer Folge beobachtet.
• Die Fahrer erhalten in regelmäßigen Abständen Weisungen in Bezug auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben, insbesondere der Bestimmungen des AZG.
• Die Durchführung der gegebenen Weisungen an die Lenker, wie auch die Abklärung der Einhaltung der einschlägigen Vorschriften wird durch die Beschwerdeführerin bzw durch die von ihr eingesetzten und durch sie kontrollierten Disponenten überwacht.
• Bei Einstellung der Lenker wird zudem auf eine einschlägige Berufserfahrung geachtet.
• Die Kontrollmaßnahmen der Beschwerdeführerin werden laufend angepasst und auf dem aktuellsten Stand gehalten.
Die Beschwerdeführerin war redlich bemüht, die Fahrer verständlich und nachvollziehbar über die einzuhaltenden Vorschriften zu informieren und jeden ihr bekannten Verstoß rigide zu verfolgen und den betreffenden Fahrer auf den Verstoß aufmerksam zu machen. Trotz effektivem Betriebs- und Kontrollsystems ist es jedoch nicht gänzlich unvermeidbar, eine Übertretung auszuschließen, da der Fahrer nicht während jeder Minute seiner Tätigkeit überwacht werden kann. Das von der Beschwerdeführerin eingeführte Kontrollsystem ist zweifelsohne effektiv und führt dazu, dass Verwaltungsübertretungen grundsätzlich hintangehalten werden. Der Beschwerdeführerin kann daher schon aus diesem Grund kein Verschulden iSd § 5 VStG zur Last gelegt werden.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass teilweise unvorhergesehene Ereignisse oder aber der Straßenverkehr selbst die Konsumation von Lenkpausen zum Teil verhindern bzw die Einhaltung dieser in der vorgeschriebenen Zeit nicht möglich ist (Stichwort: Staubildung, be- bzw entladungsbedinqte Wartezeiten). In diesem Zusammenhang wies die Beschwerdeführerin ihre Fahrer auch auf vorausschauendes Einteilen der Fahrtstrecken, sowie zur ausreichenden Kommunikation mit dem Be- bzw Entlader hin.
Bei der Wertung eines Verhaltens unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens darf die Frage der Zumutbarkeit nicht außer Acht gelassen werden (VwGH 6.6.1966; 1137/65, 10.6.1080, 3463/68). Wie bereits ausgeführt, werden seitens der Beschwerdeführerin die oben ausgeführten Kontrollen des Fahrpersonals durchgeführt und entsprechende Anweisungen auch erteilt.
Darüber hinaus plante die Beschwerdeführerin die von ihren Fahrern zurückzulegenden Strecken derart, dass die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften über die Lenkzeiten, Einsatz- und Ruhezeiten möglich ist; jedoch kann auch in diesem Zusammenhang aufgrund unvorhergesehener Ereignisse beispielsweise im Straßenverkehr ein gänzliches Ausschließen von (unverschuldeten oder nur mit leichtestem Verschulden begangenen) Übertretungen durch die eingesetzten Fahrer nicht in allen nur ansatzweise denkmöglichen Fällen gewährleistet werden.
Die Beschwerdeführerin war außerdem bemüht, sämtliche aus ihrem Betrieb stammenden Hindernisse, die die Einhaltung der Vorschriften verunmöglichen, so weit wie möglich zu verhindern und hintanzuhalten. Hier ist allerdings auch zu bedenken, dass die betriebliche Praxis eines Transport- bzw Güterbeförderungsunternehmens nicht vollkommen durchgeplant werden kann, und dass auch betriebliche Notwendigkeiten (seien es solche der Kunden, auf die die Beschwerdeführerin keinen Einfluss haben kann, oder aber sonstige unvorhergesehene Ereignisse) manchmal den Fahrer - entgegen den ausdrücklichen Anweisungen der Beschwerdeführerin - dazu bringen, die Vorschriften über die
Lenk-, Einsatz- und Ruhezeiten nicht einzuhalten bzw den Fahrer in eine Lage versetzen, dass er die Vorschriften (auch wenn er es wollte) schlicht aus rein faktischen Gründen nicht einhalten kann. In diesem Zusammenhang wird darüber hinaus ausdrücklich bestritten, dass die Beschwerdeführerin irgendwelche Maßnahmen setzt, um zu verhindern, dass ihre Mitarbeiter die vorgeschriebenen Ruhezeiten einhalten können oder eine Konsumation der Ruhezeiten von sich aus nicht gewährt.
Zusammengefasst liegt sohin ein ausreichendes innerbetriebliches Kontrollsystem vor und ist das Verwaltungsstrafverfahren daher schon aus diesem Grund einzustellen.
Beweis:
PV Einvernahme der Beschwerdeführerin
4.2. Leitlinien zur Auslegung der Sozialvorschriften - Transporte im Nahverkehr
Bevor auf die einzelnen Vorwürfe eingegangen wird, ist auszuführen, dass die von der Beschwerdeführerin eingesetzten Fahrzeuge im innerstaatlichen Straßenverkehr und damit praktisch ausnahmslos im Nahverkehr eingesetzt werden und es - bedingt durch die tatsächlich kurzen Transportstrecken - zu einer sehr großen Anzahl an Stopps kommt (Be- bzw Entladung, Zuwarten, häufige unregelmäßige Staus, die einen kurzen Stopp erzwingen).
Zur Klarstellung der Lenk- und Ruhezeiten im Straßenverkehr hat die europäische Kommission Auslegungsregeln für die Verordnung (EG) Nr. 561/2006, Richtlinie 2006/22/EG, Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 erarbeitet.
Die Leitlinie Nr. 4 betrifft folgenden Sachverhalt:
• Aufzeichnungen der Lenkzeiten durch digitale Fahrtenschreiber bei Fahrten, die mit häufigen Stopps verbunden sind.
In dieser Leitlinie zur Auslegung der Sozialvorschriften heißt es auszugsweise:
• Da digitale Kontrollgeräte genauere Aufzeichnungen liefern als analoge Kontrollgeräte, können sich Fahrer, die während der Fahrt häufig Stopps einlegen müssen, mit dem Problem konfrontiert sehen, dass bei Verwendung eines digitalen Kontrollgerätes längere Lenkzeiten erfasst werden als dies bei Verwendung eines analogen Kontrollgerätes der Fall wäre.
• Um eine rasche Verbreitung digitaler Kontrollgeräte zu fördern und gleichzeitig eine Gleichbehandlung der Fahrer - unabhängig vom verwenden Kontrollgerät - zu gewährleisten, sollten die für die Durchsetzung zuständigen nationalen Stellen während dieses Übergangszeitraumes einen Toleranzspielraum vorsehen können. Die übergangsweise angewandte Toleranz sollte für Fahrzeuge gelten, die mit häufigen Stopps verbundene Transporte durchführen und mit digitalen Kontrollgeräten ausgerüstet sind.
• Von den für die Durchsetzung zuständigen Stellen wird erwartet, dass sie nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen entscheiden.
• Die Mitgliedstaaten sollten ihre Kontrollorgane darüber unterrichten, dass sie bei der Überprüfung der von einem digitalen Kontrollgerät aufgezeichneten Daten eine Toleranz von bis zu 15 Minuten für den Zeitraum von 4,5 Stunden ununterbrochener Lenkzeit gelten lassen dürfen bei Fahrzeugen, die mit häufigen Stopps verbundene Fahrten durchführen.
Auch die im vorliegenden Fall vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen sind im Lichte dieser Leitlinien zu betrachten und zu beurteilen. Für die Durchsetzung hat die Behörde das ihr auferlegte Ermessen im Sinne der Gesetze auszuüben. Innerhalb dieses Toleranzspielraums ist die Erteilung einer Ermahnung nicht angebracht, sondern ist das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
Beweis:
PV Einvernahme der Beschwerdeführerin
4.3. Zu den Übertretungsvorwürfen - Überschreitung der täglichen Lenkdauer (Spruchpunkt 2)
An die obigen Ausführungen zur Leitlinie Nummer 4 wird hier angeschlossen. Der Beschwerdeführerin wird vorgeworfen, dass der eingesetzte Lenker die Tageslenkzeit (a) am 14.1 1.2018 um 6 Minuten und (b) am 22.11.2018 um 4 Minuten überschritten habe.
Diese Übertretungen können der Beschwerdeführerin nicht zur Last gelegt werden. Wie schon unter Punkt 4.2 ausgeführt, kommt es gerade im Nahverkehr zu häufigen Stopps und Staubildung, die weder vorhersehbar noch vermeidbar sind. Eine Planung dieser verkehrsbedingten Umstände ist trotz Einplanung von Pufferzeit nie gänzlich möglich und grundsätzlich auch nicht zumutbar.
Darüber hinaus ergibt sich aus Art. 12 der Europäischen Verordnung (EG) Nr. 561/2006 vor, dass von den Art 6 bis 9 in bestimmten Einzelfällen abgewichen werden kann, wenn dies etwa zum Anfahren eines geeigneten Halteplatzes oder zur Sicherheit von Personen, des Fahrzeuges oder seiner Ladung erforderlich ist, wobei die Sicherheit im Straßenverkehr nicht gefährdet werden darf.
Daraus ergibt sich insbesondere, dass es dem Fahrer gestattet ist, von den Lenk- und Ruhezeiten abzuweichen, wenn dies notwendig ist, um einerseits einen geeigneten Halteplatz zu erreichen oder andererseits um die Sicherheit im Straßenverkehr nicht zu gefährden. Dass eine solche Situation eintritt, hat sich erst während der Fahrt herausgestellt und kann dies der Beschwerdeführerin nicht vorgeworfen werden.
Fakt ist jedenfalls, dass die Beschwerdeführerin die Arbeit ihrer Fahrer stets so einplant, dass diese die sie treffenden Bestimmungen einhalten können und es niemals (sei es vorsätzlich oder aber fahrlässig) verhindert, dass ein Fahrer seine Ruhepausen tatsächlich konsumiert bzw konsumieren könnte.
Dies ist auch gegenständlich der Fall: Die Lenkzeit des Fahrers wurde grundsätzlich mit 9 Stunden eingeplant und hätte der Lenker diese Zeiten beim gewöhnlichen und vorhersehbaren Lauf der Dinge auch einhalten können. Die vorgeworfene und lediglich geringfügige Überschreitung ergibt sich aus einer Vielzahl von Lenkzeiten im Bereich von wenigen Minuten, die insbesondere darauf zurückzuführen sind, dass das Fahrzeug kurzfristig zwecks Be- bzw Abladen umgeparkt werden mussten. Darüber hinaus kam es auch aufgrund unvorhersehbarer Verkehrsentwicklungen (zB Staubildung) zu einer ungeplanten und vor allem unplanbaren Verlängerung der Lenkzeiten.
An all dem trifft die Beschwerdeführerin jedoch kein Verschulden; vielmehr konnte sie diese Umstände im Straßenverkehr auch nicht vorhersehen und damit auch nicht einplanen. Die Beschuldigte hat somit alle möglichen und zumutbaren Vorkehrungen zur Hintanhaltung allfälliger Lenkzeitüberschreitungen getroffen. Die vorgeworfenen Überschreitungen sind – wie im Nahverkehr üblich - lediglich durch die Verkehrssituation und Parkplatzsuche etc bedingt. Von einem mangelhaften Kontrollsystem bzw einem Versagen desselben kann schon aus diesem Grund keine Rede sein.
Aus den oben angeführten Gründen ist das Verwaltungsstrafverfahren gegen die Beschuldigten einzustellen, in eventu eine Ermahnung iSd § 45 VStG zu erteilen, in eventu jedenfalls die Strafe auf einen schuld- und tatangemessenen Betrag herabzusetzen.
Beweis:
PV Einvernahme der Beschwerdeführerin
4.4. Zu den Übertretungsvorwürfen - Überschreitung der Wochenlenkzeit (Spruchpunkt 1)
Die obigen Ausführungen sind grundsätzlich auch auf die vorgeworfene Übertretung der Wochenlenkzeit unter Faktum 1 anzuwenden.
Sofern es überhaupt eine Übertretung gegeben hat, was mangels Vorliegen von Lenkzeitprotokollen nicht verifiziert werden kann, sind diese lediglich aufgrund verkehrsbedingter Umstände eingetreten, die von der Beschwerdeführerin weder beherrschbar noch beeinflussbar sind. Eine Fehlplanung kann der Beschwerdeführerin daher nicht vorgeworfen werden. Diese nahm die Planung der Lenkzeiten nämlich stets und sogar mit angemessenen Pufferzeiten so vor, dass die Lenkzeiten und Lenk- sowie Ruhepausen eingehalten werden können.
Der Tatvorwurf ist daher schon aus diesem Grund nicht berechtigt und das Verfahren einzustellen.
Beweis:
PV Einvernahme der Beschwerdeführerin
5. Erteilung einer Ermahnung nach § 45 Abs 1 VStG
Lediglich für den Fall, dass das angefochtene Straferkenntnis nicht schon aufgrund der obigen Gründe aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird, macht die Beschwerdeführerin darauf aufmerksam, dass die belangte Behörde im Falle des § 45 Abs 1 Z 4 VStG unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen kann, wenn dies geboten erscheint, um sie von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten. Ziffer 4 leg cit führt an, dass von einer Fortführung des Strafverfahrens abzusehen ist, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschwerdeführerin gering sind.
Dies ist im gegenständlichen Fall jedenfalls anzunehmen, zumal im Unternehmen der Beschwerdeführerin tatsächlich ein funktionierendes Kontrollsystem implementiert war und sie sämtlichen sie treffenden Verpflichtungen nachgekommen ist.
Die Beschwerdeführerin trifft jedenfalls kein Verschulden an den vorgeworfenen Übertretungen, nämlich insbesondere betreffend die geringfügigen Überschreitungen der Lenk- und Ruhezeiten. Wenn überhaupt, ist der Unrechtsgehalt gering und der Beschwerdeführerin höchstens leichteste Fahrlässigkeit vorzuwerfen.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Bestellung der Beschwerdeführerin zur verantwortlichen Beauftragten bereits am 11.01.2019 widerrufen worden ist und sie seitdem auch nicht mehr im Unternehmen tätig ist. Die Verhängung einer Strafe ist daher auch aus spezialpräventiven Gründen nicht erforderlich, sodass ein Vorgehen nach § 45 Abs 1 Z 4 VStG unter Erteilung einer Ermahnung, geboten ist.
Beweis:
PV Einvernahme der Beschwerdeführerin
SO weitere Beweise ausdrücklich vorbehalten
6. Außerordentliche Milderung der Strafe nach § 20 VStG
Das durch die belangte Behörde geübte Ermessen hinsichtlich der Strafbemessung ist jedenfalls rechtswidrig und die verhängte Strafe unangemessen hoch.
Ungeachtet dessen liegen im gegenständlichen Fall Milderungsgründe vor, die etwaige Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Die belangte Behörde hätte daher die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschreiten können. Im Falle einer tatsächlichen Verurteilung wäre dies auch tat- und schuldangemessen.
Die Beschwerdeführerin hat alle ihr zumutbaren Vorkehrungen getroffen, um potentielle Übertretungen der einschlägigen Bestimmungen zu verhindern. Im Sinne einer arbeitsteiligen Gesellschaft war es ihr aber natürlich weder möglich noch zumutbar, jeden Fahrer auf Schritt und Tritt zu überwachen. Vor dem Hintergrund, dass schon die belangte Behörde die unter diversen Fakten vorgeworfenen Übertretungen als lediglich geringfügige Verstöße qualifiziert hat, liegt ein Verhalten, welches eine Bestrafung in voller Höhe der Mindeststrafe oder darüber hinausgehend rechtfertigt, jedenfalls nicht vor.
Die belangte Behörde hätte daher nach § 20 VStG vorgehen und die Strafe außerordentlich mildern müssen. Auch aus diesem Grund ist das angefochtene Straferkenntnis mit Rechtswidrigkeit behaftet.
Beweis:
PV Einvernahme der Beschwerdeführerin
SO weitere Beweise ausdrücklich vorbehalten
7. Anträge
Aus den dargelegten Gründen stellt die Beschwerdeführerin die
ANTRÄGE
das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich möge
a) gemäß § 50 VwGVG das angefochtene Straferkenntnis wegen Rechtswidrigkeit aufheben und das Verfahren einstellen;
in eventu
b) gemäß § 50 VwGVG das angefochtene Straferkenntnis aufheben und eine bloße Ermahnung erteilen
in eventu
c) gemäß § 50 VwGVG die Strafhöhe auf ein tat- und schuldangemessenes Maß herabsetzen sowie
d) jedenfalls gemäß § 44 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchführen.“
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat hierzu in Entsprechung des § 44 Abs. 1 VwGVG eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt, in welcher anhand des Aktes der Behörde, ***, sowie auf Grund des vom Amtssachverständigen für technische Kraftfahrzeugangelegenheiten zu den nachbezeichneten Fragen der Vertreterin der Beschwerdeführerin erstatteten Befundes und Gutachtens Beweis erhoben wurde:
„Fraglich ist, ob es technisch plausibel ist, dass im Zuge von Be- und Entladungen
kurze Lenkzeiten verzeichnet werden, die auf Grund des Umparkens stattfinden.
Weiters ist zu hinterfragen, warum eine einminütige Lenkzeit aufgezeichnet wird, wie
z.B. am 17.11.2018, von 06:10 Uhr bis 6:10 Uhr.“
Der der Verhandlung beigezogene Amtssachverständige für technische
Kraftfahrzeugangelegenheiten erstattete ausschließlich zu diesen beiden Fragen der
Beschwerdeführervertreterin nachstehende gutachtliche Stellungnahme:
„Für die Auswertung der Lenkzeit gemäß EG-Verordnung 561/2006 ist folgendes zu
sagen:
Alle Lenkzeiten, die elektronisch erfasst werden, mit dem digitalen EG Kontrollgerät,
werden natürlich in die Summe der Lenkzeiten einbezogen. Auch Umparkvorgänge,
wo das Fahrzeug bewegt wird, sind natürlich zu dieser Lenkzeit zu summieren,
zumal ja der Lenker in dieser Zeit auch nicht über seine Zeit frei verfügen kann. Es ist
nicht so, dass, nur wenn die Zündung eingeschaltet wird, gleichzeitig oder
automatisch Lenkzeit aufgezeichnet wird, sondern, wenn in einer Minute der größere
Teil der Minute Lenkzeit oder eine Lenkung erfolgte, das heißt, dass das Fahrzeug
bewegt wird, in dieser Minute, dies auch als Lenkzeit aufgezeichnet wird, und dies
fließt natürlich in die Summierung der Lenkzeit für die Tageslenkzeit und auch für die
Summierung der Zwei-Wochen-Lenkzeit ein.“
Über Befragen der Beschwerdeführervertreterin gibt der Amtssachverständige an:
„Alle Zeiten, welche mit dem Betrieb, also dem Lenken des Fahrzeuges zu tun haben, sind natürlich als andere Arbeitszeiten aufzuzeichnen. Sobald das Fahrzeug bewegt wird, und sei es auch, um von der Rampe wegzufahren, ist das als Lenkzeit
qualifiziert, d.h. das EG -Kontrollgerät schaltet automatisch auf Lenkzeit.
Rangierarbeiten zählen natürlich nicht als andere Arbeitszeiten, zum Beispiel als Beladungstätigkeiten.“
Die Vertreterin der Beschwerdeführerin wendete in der Beschwerdeverhandlung
unter Hinweis auf den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld vom 07.05.2019, Zl. ***, weiters ein, dass ein Aussetzungsgrund nicht vorgelegen sei, da zum Zeitpunkt der Aussetzung mit Bescheid bereits die rechtskräftige Entscheidung in der Sache durch den dort zuständigen Richter vorgelegen sei, bezüglich welcher die entsprechende Anfechtung beim Verwaltungsgerichtshof erfolgt sei (Entscheidung des LVwG Niederösterreich vom
20. März 2019, LVwG-S-52/001/2019, zu welcher die VwGH Judikatur vom 21. April 2020, Zl. ***, ***, erging).
Nach den Ausführungen der Vertreterin der Beschwerdeführerin habe es sich bei der gegenständlich von der Behörde als Vorfrage bezeichneten Frage nicht um eine präjudizielle Frage gehandelt und habe diese keine Bindungswirkung entfaltet.
Nach Ansicht der Beschwerdeführervertreterin sei es (nach Hinweis auf Judikatur des OGH) daher nicht zu einer Hemmung des Ablaufes der Strafbarkeitsverjährung gekommen und sei daher Strafbarkeitsverjährung eingetreten.
Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens hatte das erkennende Gericht von folgendem, als feststehend anzusehenden, entscheidungswesentlichem Sachverhalt auszugehen:
Die Beschwerdeführerin war im angelasteten Tatzeitpunkt (23.11.2018, Tag der Anhaltung und Kontrolle) als verantwortliche Beauftragte der C Ges.m.b.H mit dem Sitz in ***, ***, bestellt.
Sie war vor dem verfahrensgegenständlichen Tatzeitpunkt zur Fuhrpark- und Personalverantwortlichen für konkret definierte Bereiche bestellt und war ihr als verantwortlicher Beauftragter für die gesamte C Ges.m.b.H. u.a. konkret die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes übertragen worden.
Die Beschwerdeführerin bestätigte mit ihrer Unterschrift, dass sie mit der Bestellung zur strafrechtlich verantwortlich Beauftragten der C Ges.m.b.H. mit u.a. dem Verantwortungsbereich Arbeitszeitgesetz einverstanden ist.
Die Bestellungsurkunde war dem zuständigen (damals) Arbeitsinspektorat gemäß
§ 23 Abs. 1 ArbIG nachweislich übermittelt worden.
Bei einer am 23.11.2018, um 11:04 Uhr, in ***, Autobahn ***, Richtung Norden, Anhalteplatz ***, Rampe ***, in Bezug auf den vom Arbeitnehmer der C Gesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in ***, ***, D, gelenkten Sattelkraftfahrzeug mit dem Kennzeichen *** und Sattelanhänger mit dem Kennzeichen ***, einer im innerstaatlichen Straßenverkehr im Rahmen einer Güterbeförderung eingesetzten Kraftfahrzeugkombination mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen, wurde festgestellt, dass die C GesmbH die Arbeit des Fahrers nicht so eingeplant hat, dass dieser die entsprechenden Bestimmungen der VO (EG) Nr. 561/2006 einhalten kann, da er die erlaubte Wochenlenkzeit zweier aufeinander folgender Wochen von höchstens 90 Stunden überschritten hat, obwohl die summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen 90 Stunden nicht überschreiten darf, er diese jedoch in den Wochen von 12.11.2018 bis 25.11.2018 um 46 Minuten überschritten hat.
Dies stellt daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F. einen geringfügigen Verstoß dar.
Weiters hat der Fahrer die Tageslenkzeit von höchstens 9 Stunden bzw. zwei Mal wöchentlich 10 Stunden zwischen zwei täglichen Ruhezeiten an folgenden Tagen überschritten:
4.11.2018 von 05:05 Uhr bis 14.11.2018 um 17:20 Uhr mit einer Lenkzeit von 10 Stunden 06 Minuten. Die Überschreitung der verlängerten täglichen Lenkzeit von 10 Stunden betrug somit 00 Stunden und 06 Minuten.
Dies stellt daher anhand des Anhanges lIl der Richtlinie 2006/22/EG i.d‚g.F. einen geringfügigen Verstoß dar.
22.11.2018 von 05:15 Uhr bis 22.11.2018 um 18:02 Uhr mit einer Lenkzeit von 10 Stunden 04 Minuten. Die Überschreitung der verlängerten täglichen Lenkzeit von 10 Stunden betrug somit 00 Stunden und 04 Minuten.
Dies stellt daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F. einen geringfügigen Verstoß dar.
Die Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld hat mit Bescheid vom 07.05.2019, ***, das Bezug habende Verwaltungsstrafverfahren „bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage, ob die zur Erlassung des § 5a Güterbeförderungsgesetz (GütbefG) Anlass gebende Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 d. EuropäischenParlaments und des Rates vom 21.10.2009, § 9 VStG verdrängt hat“, dies in dem zu LVwG-S-52/001-2019 durchgeführten und mit Erkenntnis abgeschlossenen Verfahren, ausgesetzt. Dieser Bescheid wurde gegenüber der Beschwerdeführerin z.H. deren Rechtsvertreter und gegenüber dem AI *** erlassen.
Begründend verwies die Behörde auf die in einem gleichgelagerten Fall (nämlich zu LVwG-S-52/001-2019) von ihr beim Verwaltungsgerichtshof erhobene außerordentliche Revision.
Dem Vertreter der Beschwerdeführerin wurde dieser Aussetzungsbescheid nachweislich am 09.05.2019 zugestellt. Der Bescheid enthielt eine richtige und vollständige Rechtsmittelbelehrung.
Eine Beschwerde gegen den Aussetzungsbescheid wurde von der Beschwerdeführerin nicht erhoben.
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes im Verfahren zu
LVwG-S-52/001-2019, bis zu deren Erlassung das verfahrensgegenständliche Verfahren seitens der Behörde mit rechtskräftig gewordenem Bescheid ausgesetzt war, stammt vom 21.04.2020 (***, ***).
Beweiswürdigung:
Der Umstand der rechtsgültigen Bestellung der Beschwerdeführerin zur strafrechtlich verantwortlichen Beauftragten der C Ges.m.b.H. sowie der entsprechenden Bekanntgabe an das zuständige Arbeitsinspektorat war amtsbekannt und wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.
Die Überschreitung der summierten Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen (12.11.2018 bis 25.11.2018) im Ausmaß von 00 Stunden und 46 Minuten sowie die Überschreitung der Tageslenkzeit vom 14.11.2018 von 05:05 Uhr bis 14.11.2018 um 17:20 Uhr im Ausmaß von 00 Stunden und 06 Minuten sowie vom 22.11.2018 von 05:15 Uhr bis 22.11.2018 um 18:02 Uhr im Ausmaß von 00 Stunden und 04 Minuten ergaben sich aus den vorliegenden DAKO-Auswertungen und wurden nach den Angaben der Vertreterin des Beschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung nicht bestritten.
Aus dem Gutachten des Amtssachverständigen für technische Kraftfahrzeugangelegenheiten ergab sich, dass alle Lenkzeiten, die elektronisch mit dem digitalen EG Kontrollgerät erfasst werden, in die Summe der Lenkzeiten einbezogen werden und dass auch Umparkvorgänge, wo das Fahrzeug bewegt wird, zu dieser Lenkzeit zu summieren sind, zumal der Lenker in dieser Zeit auch nicht über seine Zeit frei verfügen kann. Wenn in einer Minute der größere Teil der Minute Lenkzeit ist oder eine Lenkung erfolgte, das Fahrzeug also bewegt wird, in dieser Minute, wird dies auch als Lenkzeit aufgezeichnet undfließt natürlich in die Summierung der Lenkzeit für die Tageslenkzeit und auch für die Summierung der Zwei-Wochen-Lenkzeit ein.
Entsprechend der gutachtlichen Stellungnahme sind alle Zeiten, welche mit dem Betrieb, also dem Lenken des Fahrzeuges, zu tun haben, als andere Arbeitszeiten aufzuzeichnen. Sobald das Fahrzeug bewegt wird, und sei es auch, um von der Rampe wegzufahren, ist das als Lenkzeit qualifiziert, d.h., das EG -Kontrollgerät schaltet automatisch auf Lenkzeit.
Der Umstand, dass das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren rechtskräftig mit Bescheid ausgesetzt wurde, sowie das Datum der Zustellung dieses Aussetzungsbescheides an die Beschwerdeführerin ergaben sich aus dem vorliegenden Behördenakt.
Das Datum der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu der von der Behörde bezeichneten Vorfrage im Verfahren zu LVwG-S-52/001-2019, dem ein anderer Sachverhalt zu Grunde lag (dies bei gleicher möglicher Rechtsfrage aus der Sicht der Behörde) und für welchen nach der zum Zeitpunkt der Erlassung des verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses die Zuständigkeit eines anderen Richters bestand, ergab sich aus dem Bezug habenden höchstgerichtlichen Erkenntnis.
In rechtlicher Hinsicht wurde hierüber erwogen:
Folgende Bestimmungen sind verfahrensrelevant und lauten in der zur Tatzeit anzuwendenden Fassung (auszugsweise):
Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 VO (EG) 561/2006:
Die tägliche Lenkzeit darf 9 Stunden nicht überschreiten. Die tägliche Lenkzeit darf jedoch höchstens zwei Mal in der Woche auf höchstens 10 Stunden verlängert werden.
Die summierte Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen darf 90 Stunden nicht überschreiten.
§ 28 Abs. 5 AZG, BGBl. Nr. 461/1969, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 53/2018:
Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die
1.
Lenker über die gemäß Art. 6 Abs. 1 bis 3 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 zulässige Lenkzeit hinaus einsetzen;
2.
Lenkpausen gemäß Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 nicht gewähren;
3.
die tägliche Ruhezeit gemäß Art. 8 Abs. 2, 4 oder 5 oder Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 nicht gewähren;
4.
die Pflichten gemäß Art. 6 Abs. 5 oder Art. 12 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 verletzen;
5.
die Pflichten gemäß Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 verletzen;
6.
nicht gemäß Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 dafür gesorgt haben, dass die Lenkerinnen und Lenker ihre Verpflichtungen gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 sowie des Kapitels II der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 einhalten;
7.
die Pflichten betreffend den Linienfahrplan und den Arbeitszeitplan gemäß Art. 16 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 verletzen;
8.
die Pflichten betreffend das Kontrollgerät, das Schaublatt, den Ausdruck gemäß Anhang I B oder die Fahrerkarte gemäß Art. 3 Abs. 1, Art. 13, Art. 14, Art. 15 ausgenommen Abs. 6 oder Art. 16 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 verletzen,
sind, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe gemäß Abs. 6 zu bestrafen.
Sind Übertretungen gemäß Abs. 5 nach Anhang III der Richtlinie 2006/22/EG als
1. leichte Übertretungen eingestuft oder in diesem Anhang nicht erwähnt, sind die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber
a) in den Fällen der Z 1 bis 7 mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1 815 Euro, im Wiederholungsfall von 145 Euro bis 1 815 Euro,
b) im Fall der Z 8 mit einer Geldstrafe von 145 Euro bis 2 180 Euro, im Wiederholungsfall von 200 Euro bis 3 600 Euro;
2. schwerwiegende Übertretungen eingestuft, sind die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit einer Geldstrafe von 200 Euro bis 2 180 Euro, im Wiederholungsfall von 250 Euro bis 3 600 Euro;
3. sehr schwerwiegende Übertretungen eingestuft, sind die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit einer Geldstrafe von 300 Euro bis 2 180 Euro, im Wiederholungsfall von 350 Euro bis 3 600 Euro,
4. schwerste Übertretungen eingestuft, sind die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit einer Geldstrafe von 400 Euro bis 2 180 Euro, im Wiederholungsfall von 450 Euro bis 3 600 Euro,
zu bestrafen.
Bei den verfahrensgegenständlichen Delikten handelt es sich um Ungehorsamsdelikte im Sinn des § 5 Abs. 1 VStG, zu deren Tatbestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört. Bei diesen Delikten hat der Täter die von ihm behauptete Schuldlosigkeit glaubhaft zu machen und obliegt es ihm, alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht.
Nach der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung ist der Arbeitgeber hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften verpflichtet, ein dem konkreten Betrieb entsprechendes Kontrollsystem einzurichten und darüber hinaus alle sonstigen im konkreten Betrieb möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Arbeitszeit sicherzustellen.
Nur wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, dass ein Verstoß gegen Arbeitszeitvorschriften durch einen Lenker trotz Ermöglichen des Einhaltens dieser Vorschriften durch den Fahrauftrag und trotz Bestehens und Funktionierens eines solchen, von ihm im Einzelnen darzulegenden Kontrollsystems ohne sein Wissen und ohne seinen Willen erfolgt ist, kann ihm ein Verstoß in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht zugerechnet werden.
Das Kontrollsystem muss geeignet sein, unter den vorhersehbaren Umständen Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften im jeweiligen Betrieb zu verhindern.
Von der Beschwerdeführerin wurde mit ihren Beschwerdedarlegungen die Schaffung eines solchen wirksamen Kontrollsystems, das zur Vermeidung von Verwaltungsübertretungen, wie den gegenständlich begangenen, geeignet gewesen wäre, nicht dargelegt.
Die Einwendungen der Beschwerdeführerin, wonach die betriebliche Praxis eines Transport- bzw. Güterbeförderungsunternehmens nicht vollkommen durchgeplant werden könne und wonach auch betriebliche Notwendigkeiten manchmal den Fahrer – entgegen den ausdrücklichen Anweisungen der Beschwerdeführerin – dazu brächten, die Vorschriften über die Lenk-, Einsatz- und Ruhezeiten nicht einzuhalten, bzw. wonach der Fahrer aus rein faktischen Gründen diese nicht einhalten könne, waren nicht geeignet, das Vorliegen eines wirksamen Kontrollsystems bzw. das Vorliegen eines im Vorhinein durchdachten, geplanten und durch entsprechend ausreichende Kontrollen abgesicherten Kontrollsystems glaubhaft zu machen bzw. überhaupt darzulegen.
Festgestellt wird dazu, dass betreffend die Beschwerdeführerin bezogen auf den verfahrensgegenständlich angelasteten Tatzeitpunkt insgesamt 45 einschlägige, rechtskräftige und im Zeitpunkt der Erlassung dieser Entscheidung nicht getilgte Vormerkungen gemäß der Vormerkungsevidenz festzustellen waren, welcher Umstand schon per se den Rückschluss auf ein nicht funktionierendes Kontrollsystem zuließ.
Die Verweise der Beschwerdeführerin auf teilweise unvorhergesehene Ereignisse oder aber den Straßenverkehr (Stichwort: Staubildung, bzw. entladungsbedingte Wartezeiten) sowie der allgemeine Hinweis der Beschwerdeführerin, dass sie die Fahrer auch auf vorrausschauendes Einteilen der Fahrstrecken sowie zur ausreichenden Kommunikation mit den Be- bzw. Entladern hinweise, waren ebenfalls nicht geeignet, das Vorliegen eines wirksamen und umfassenden Kontrollsystems, dass geeignet gewesen wäre, Verstöße, wie die gegenständlichen, zu vermeiden, dazulegen bzw. glaubhaft zu machen.
Dazu wird überdies festgestellt, dass gerade das vorrausschauende Einplanen von möglichen verkehrsbedingten Wartezeiten, aber auch die Berücksichtigung und das Einplanen ent- bzw. beladungsbedingter Wartezeiten zu einer umfassenden Vorbereitung einer Transportfahrt im gewerblichen Güterkraftverkehr gehören.
Das Berücksichtigen solcher Umstände stellt einen wesentlichen Bestandteil einer gezielten betriebsinternen Planung und damit eine der Voraussetzungen dar, die Einhaltung der einschlägigen arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen gewährleisten zu können.
Die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 verlangt die Festlegung wirksamer, verhältnismäßiger, abschreckender und nichtdiskriminierender Sanktionen (Art. 19), trifft aber keine näheren Regelungen über deren Festlegung.
Verstößen gegen diese Bestimmungen dieser Verordnung - in welcher Spielart auch immer - ist gemeinsam, dass sie allesamt den in den zitierten Erwägungsgründen der VO explizit genannten Zielen der Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Fahrer und der Hebung der Verkehrssicherheit zuwiderlaufen (vgl. VwGH 18.09.2012,
Zl. 2009/09/2012).
Die in den Bestimmungen des AZG zur Ahndung von Verstößen, wie den gegenständlich angelasteten, normierten Strafbestimmungen, die zur Anwendung zu gelangen haben, sind verhältnismäßig und zweckentsprechend.
Ein „Toleranzspielraum“, wie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht, ist nicht vorgesehen.
Die Qualifikation der einzelnen Verstöße hat gemäß den einschlägigen Strafbestimmungen bzw. in Anwendung des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG idgF zu erfolgen und sind weiters die nach dem Verwaltungsstrafgesetz 1991 normierten einschlägigen Bestimmungen laut untenstehenden Ausführungen betreffend das festzusetzende Strafausmaß die zu beachtende Grundlage für die jeweilige Strafzumessung.
Unter Zugrundelegung der oben dargelegten Sach- und Rechtslage hatte das erkennende Gericht daher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin die ihr in Spruchpunkte 1. und 2. angelasteten Verwaltungsübertretungen in objektiver Hinsicht zu verantworten hat.
Da Anhaltspunkte für ein etwaiges Vorliegen von Schuldausschließungsgründen nicht vorlagen, war festzustellen, dass die Beschwerdeführerin die ihr angelasteten Verwaltungsübertretungen auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten hat.
Zum Einwand des Eintritts von Strafbarkeitsverjährung war Folgendes festzustellen:
Ein Eingehen auf inhaltliche Einwendungen betreffend die mangelnde Sinnhaftigkeit des Bescheides der Behörde zur Aussetzung des Verwaltungsstrafverfahrens bis zur Entscheidung des Höchstgerichtes im Verfahren zur Zahl LVwG-S-52/001-2019 erübrigte sich, wurde doch der Bescheid der Behörde vom 07.05.2019, ***, nicht in Beschwerde gezogen und wurde somit rechtskräftig.
Aus der von der Beschwerdeführerin seitens deren Vertretung zitierten Judikatur des OGH vom 24.11.2015, 1 Ob 127/15 f, ergab sich keine Änderung in der Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Die letztgenannte höchstgerichtliche Entscheidung betrifft die Bindungswirkung der Zivilgerichte an formell und materiell rechtskräftige Entscheidungen der Verwaltungsgerichte.
Kraft der verfassungsrechtlich vorgesehenen und durch die Geschäftsverteilung des jeweiligen Verwaltungsgerichtes begründeten im Vorhinein feststehenden Zuständigkeit eines unabhängigen Richters/einer unabhängigen Richterin für die ihm/ihr übertragenen und zugewiesenen Fälle besteht eine Bindewirkung in Bezug auf rechtskräftige Entscheidungen anderer Richter/innen in anderen beim Verwaltungsgericht anhängigen Verfahren nicht.
Die dreijährige Frist der Strafbarkeitsverjährung hätte grundsätzlich mit Ablauf des 23.11.2021 geendet (Kontroll- und Tatzeitpunkt: 23.11.2018).
Da das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren ab der Zustellung des Aussetzungsbescheides an die Beschwerdeführerin, nämlich ab 09.05.2019, bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes am 21.04.2020, somit für 11 Monate und 22 Tage, rechtskräftig ausgesetzt war, endet die dreijährige Frist der Strafbarkeitsverjährung erst unter Hinzurechnung von 11 Monaten und 22 Tagen, somit erst mit Ablauf des 14.11.2022.
Die gegenständliche Beschwerdeentscheidung wird somit vor Ablauf der dreijährigen Frist für die Strafbarkeitsverjährung erlassen.
Zur Strafhöhe wurde erwogen:
Gemäß § 19 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013 sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Beschwerdeführerin hat an der Verhandlung nicht teilgenommen und Angaben zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen nicht geleistet.
Die Vertreterin hat dazu mitgeteilt, dass die Beschwerdeführerin seit Mai 2018 im dauernden Ruhestand sei.
Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführerin wurden in der Beschwerdeverhandlung von der erkennenden Richterin daher wie folgt eingeschätzt:
Monatliche zur Verfügung stehender Durchschnittsnettobetrag Euro 4.000,--, keine
Sorgepflichten, kein nennenswertes Vermögen.
Die jeweils zu Grunde zu legenden Strafnormen wurden bereits oben wiedergegeben.
Zur Tatanlastung zu Spruchpunkte 1. und 2. war jeweils als Strafbemessungsnorm § 28 Abs. 6 Z 1 lit a), zweiter Fall, AZG (im Wiederholungsfall von 145,-- Euro bis 1.815,-- Euro) zu Grunde zu legen.
Die in Spruchpunkte 1. und 2. angelasteten Verwaltungsübertretungen stellen entsprechend Anhang III der Richtlinie 2006/22/EG idF VO (EU) 2016/403 jeweils einen geringfügigen Verstoß dar.
Eine der 45 einschlägigen, rechtskräftigen und nicht getilgten Vormerkungen je Spruchpunkt war jeweils als die Anwendung des Wiederholungsstrafsatzes begründend zu werten. Die übrigen 44 einschlägigen, rechtskräftigen und nicht getilgten Vormerkungen waren jeweils als erschwerend zu werten.
Der Beschwerdeführerin ist zumindest grob fahrlässiges Verhalten anzulasten.
Die Behörde bewegte sich mit der von Ihr jeweils festgesetzten Geld- und angedrohten Ersatzfreiheitsstrafe nicht innerhalb des für das jeweilige Delikt vorgesehenen gesetzlichen Strafrahmens.
Wenn auch jeweils nur ein geringfügiger Verstoß vorlag, war dennoch festzustellen, dass sich die Beschwerdeführerin von 45 Verwaltungsstrafen für gleichartige Delikte jeweils nicht von der dringenden Notwendigkeit der Schaffung eines effizienten Kontrollsystems hat überzeugen lassen, vielmehr eine offenkundig negierende Einstellung zu rechtlich geschützten Werten im Zusammenhang mit den übertretenen Normierungen haben dürfte.
Maßgeblich war jeweils die exorbitant hohe Anzahl von einschlägigen und nicht getilgten Verwaltungsstrafvormerkungen zu berücksichtigen, welche zum Gegenstand die Übertretung einschlägiger Normierungen der VO (EG) 561/2006 hatten, weshalb auf eine besonders gleichgültige Haltung der Beschwerdeführerin gegenüber rechtlich geschützten Werten im Zusammenhang mit diesen Regelungen Rückschlüsse zu treffen waren.
Unter Berücksichtigung des für das jeweilige Delikt gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens, der eingeschätzten Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführerin, insbesondere im Hinblick auf die zahlreichen einschlägigen, nicht getilgten Vormerkungen erachtete das erkennende Gericht die zu Spruchpunkte 1. und 2. neu festgesetzten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen für ausreichend, gleichzeitig aber selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin seit Mai 2018 in den dauernden Ruhestand getreten ist, dennoch für erforderlich, um der Beschwerdeführerin den Unr