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Verwaltungsverfahren - AVGNorm
AVG §71 Abs1 litaBetreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Porias, und die Hofräte Dr. Kaniak, Dr. Eichler, Dr. Raschauer, und Dr. Frühwald als Richter, im Beisein des Schriftführers, Bezirksrichters Dr. Angst, über die Beschwerde des FA, vertreten durch Dr. Heinz Eberhardt, Rechtsanwalt in Wien I, Wipplingerstraße 24/I, gegen den Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung - im selbständigen Wirkungsbereiche des Landes - vom 19. Jänner 1965, Zl. MDR-164/64, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Magistrat der Stadt Wien hatte den Beschwerdeführer mit Straferkenntnis vom 4. Juni 1964 der Verwaltungsübertretung nach § 7 Abs. 1 Getränkesteuergesetz für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/48 schuldig erkannt und gegen ihn gemäß § 12 Abs. 1 leg. cit., eine Geldstrafe von 16.000,-- S (Ersatzarresstrafe drei Monate) verhängt. Das Straferkenntnis wurde laut Zustellschein an 17. Juni 1964 beim Postamt Wien 33 hinterlegt. Gegen dieses Straferkenntnis hatte der Beschwerdeführer die laut Poststempel am 25. Juni 1964 zur Post gegebene Berufung eingebracht, die das Amt der Wiener Landesregierung - im selbständigen Wirkungsbereiche des Landes - mit Bescheid vom 31. August 1964 als verspätet zurückwies, weil die Berufungsfrist, deren Lauf schon am 17. Juni 1964 begonnen habe, mit Ablauf des Mittwochs, des 24. Juni 1964, geendet habe.
Nach Zustellung dieses Berufungsbescheides richtete der Beschwerdeführer die als „Nachsichtsansuchen wegen verspäteter Berufung“ bezeichnete Eingabe vom 18. September 1964 an das Amt der Wiener Landesregierung, die dieses als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist wertete und an den Magistrat abtrat. Der Magistrat wies den Wiedereinsetzungsantrag mit Bescheid vom 26. Oktober 1964 ab. Der dagegen von dem nunmehr rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer eingebrachten Berufung gab das Amt der Wiener Landesregierung - im selbständigen Wirkungsbereiche des Landes - mit Bescheid vom 19. Jänner 1965 nicht Folge. In der Begründung führte die Behörde aus, in der Berufung werde geltend gemacht, das Straferkenntnis hätte schon am 17. Juni 1964 beim Postamt erliegen müssen, wenn es tatsächlich an diesem Tage dort hinterlegt worden wäre. Da aber der Beschwerdeführer die Auskunft erhalten habe, es könne erst am nächsten Tag abgeholt werden, sei es am 17. Juni 1964 noch nicht hinterlegt gewesen. Dieses Vorbringen könne jedoch nicht zielführend sein. Selbst wenn das gegenständliche Straferkenntnis tatsächlich erst am 18. Juni 1964 beim Postamt hinterlegt werden wäre, würde dies nichts daran ändern, daß es der Beschwerdeführer dort am 18. Juni 1964 behoben habe. Daß er, obwohl das Straferkenntnis seit 18. Juni 1964 in seinem Besitz gewesen sei, durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne sein Verschulden erst am 25. Juni 1964 in die Lage versetzt worden sei, seine Berufung gegen das Straferkenntnis zur Post zu geben, habe er weder behauptet noch glaubhaft gemacht. Daraus müsse geschlossen werden, daß er bereits am 18. Juni 1964 in der Lage gewesen sei, gegen das Straferkenntnis zu berufen und somit die Berufungsfrist jedenfalls einhalten hätte können. Mangels Vorliegens eines Widereinsetzungsgrundes sei daher dem Begehren des Beschwerdeführers keine Folge zu geben.
Diesen Bescheid bekämpfte der Beschwerdeführer mit der vorliegenden beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, macht aber auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Zur Begründung bringt er vor, die Ansicht der belangten Behörde sei gesetzlich unrichtig. Selbst wenn das Straferkenntnis am 17. Juni 1964 hinterlegt worden wäre, würde die Frist am 18. Juni 1964 beginnen, weil gemäß § 32 AVG der Tag nicht mitgerechnet werde, wonach sich der Anfang der Frist richte. Die Behörde hätte aber auch erheben müssen, wann tatsächlich das Schriftstück hinterlegt worden sei. Da dieses laut Auskunft des Postamtes am 17. Juni 1964 vom Beschwerdeführer noch nicht behoben habe werden können, sei es an diesem Tage noch nicht hinterlegt gewesen. Hierüber hätte die Behörde ein Ermittlungsverfahren einleiten müssen. Er habe somit das Schriftstück am 18. Juni 1964 übernommen und an einem Donnerstag die Berufung überreicht, sodaß diese als rechtzeitig eingebracht gelte. Selbst wenn die Hinterlegung am Postamt am 17. Juni 1964 erfolgt wäre, würde die Frist am 18. Juni 1964 zu laufen beginnen und somit (die Berufung) auch in diesem Falle rechtzeitig überreicht sein.
Zu diesem Vorbringen bemerkt die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend, daß es, wenn der Beschwerdeführer ausdrücklich behaupte, die Berufungsfrist gewahrt zu haben, an einer wesentlichen Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fehle. In der Tat wies die belangte Behörde mangels Vorliegens eines Wiedereinsetzungsgrundes das Begehren auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab. Mit der Behauptung, die Berufungsfrist gewahrt zu haben, wird ein Wiedereinsetzungsgrund nicht dargetan. Denn dann liegt ja kein Ereignis vor, durch das eire Partei verhindert war, die Frist einzuhalten. Was der Beschwerdeführer in der vorliegenden Beschwerde vorbringt, könnte bestenfalls im Zusammenhang mit der Bekämpfung des im Sachverhalt erwähnten Berufungsbescheides vom 31. August 1964 gebracht werden, mit dem die belangte Behörde die Berufung gegen das Straferkenntnis als verspätet zurückwies.
Da die vorliegende Beschwerde unbegründet ist, war sie gemäß Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG 1965 und die Verordnung BGBl. Nr. 4/1955.
Wien, am 25. Jänner 1966
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1966:1965000540.X00Im RIS seit
19.05.2022Zuletzt aktualisiert am
19.05.2022