Index
L87907 Straßenverkehr Geschwindigkeitsbeschränkung NachtfahrverbotNorm
Sektorales Fahrverbot LKW Tir Loferer Straße B312 1993;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde der Sch-Gesellschaft mbH in L, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 1. Feber 1994, Zl. IIb2-V-9/64-2/1994, betreffend Ausnahmebewilligung von einem sektoralen Fahrverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin ist schuldig, dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 1. Feber 1994 wies die belangte Behörde den mit Eingabe der Beschwerdeführerin vom 5. Oktober 1993 gestellten Antrag, ihr zum Zweck der Beförderung von Gütern verschiedener, näher bezeichneter Art für mehrere nach dem Kennzeichen bestimmte Lastkraftfahrzeuge (jeweils mit Anhänger) eine Ausnahmebewilligung von dem auf der B 312 Loferer Straße bestehenden sektoralen Fahrverbot zu erteilen, gemäß §§ 45 Abs. 2a und 94a Abs. 1 StVO 1960 ab. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß die Beschwerdeführerin Umstände, die ein erhebliches öffentliches Interesse an der Ausnahmebewilligung begründeten, nicht aufgezeigt habe. Die Beschwerdeführerin habe auch nicht glaubhaft darzulegen vermocht, "daß die Fahrten auf der B 312 Loferer Straße von Str.Km. 0,00 bis Str.Km. 49,63 durch organisatorische Maßnahmen nicht über das sogenannte "Große Deutsche Eck" verlegt werden können und unbedingt auf dem in Rede stehenden Straßenabschnitt durchgeführt werden müssen."
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser sprach mit Erkenntnis vom 20. Juni 1995, B 566/94-12, aus, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid weder in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden sei. Die Beschwerde wurde daher abgewiesen und antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
In ihrer Beschwerdeergänzung an den Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Hiezu hat sich die Beschwerdeführerin in ihrem Schriftsatz vom 3. April 1996 geäußert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Hinsichtlich der maßgebenden Rechtslage sowie der von der Beschwerdeführerin behaupteten Kundmachungsmängel der "sektoralen Fahrverbotsverordnung der Tiroler Landesregierung LGBl. 1993/58 idF LGBl. 1993/96" wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 17. April 1996, Zl. 95/03/0269, verwiesen.
Die Beschwerdeführerin erblickt das "erhebliche öffentliche Interesse" an den vorgesehenen Fahrten im wesentlichen darin, daß sie vornehmlich Baumaterialien befördere, die geplanten Fahrten seien unbedingt erforderlich und unaufschiebbar, weil "gerade die Baubranche bekanntlich gekennzeichnet von Termingeschäften und pünktlichen Lieferungen" sei. Würden die Transporte nicht termingerecht ausgeführt, bestünde die konkrete Gefahr von Bauverzögerungen und Baueinstellungen sowie Produktionsstillständen von zu beliefernden Industrieunternehmungen. Bei der herrschenden schlechten Konjunkturlage sei eine vermehrte Bautätigkeit von größtem öffentlichen Interesse. Darüber hinaus wäre durch das Nichtdurchführen der Transporte eine große Anzahl von Arbeitsplätzen gefährdet. Die Beschwerdeführerin sei zu maßgeblichen Anteilen vom Transport von Baustoffen eines Zulieferers zu Abnehmern in Ost- und Südösterreich abhängig. Würde die Möglichkeit zum Transport dieser Waren wegfallen, wäre die Beschwerdeführerin gezwungen "das Transportunternehmen in Liquidation zu führen und sämtliche Mitarbeiter zu entlassen, was bei der momentan angespannten Arbeitsmarktsituation eine unbedingt zu vermeidende Verschärfung mit sich brächte". Die Benützung des "Großen Deutschen Ecks" komme als Ausweichroute nicht in Frage, weil in der Praxis die Zuteilung von Zählkarten weitgehend auf Schwierigkeiten stoße. Auch der Bahntransport sei auf Grund der damit zusammenhängenden Nachteile keine Alternative.
Dieses Vorbringen ist jedoch nicht geeignet, die Annahme eines "erheblichen öffentlichen Interesses" im Sinne des § 45 Abs. 2a StVO 1960 zu begründen. Es ist zu berücksichtigen, daß bei der Erteilung von Ausnahmebewilligungen von Verordnungen nach § 43 Abs. 2 lit. a StVO 1960 ein besonders strenger Maßstab anzulegen ist und daher ein "erhebliches öffentliches Interesse" nur bei unbedingt erforderlichen Fahrten angenommen werden kann. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. April 1996, Zl. 95/03/0270) muß dieses erhebliche öffentliche Interesse an den einzelnen Fahrten selbst bestehen, etwa wegen der Wichtigkeit des Transportgutes. Ein derartiges Interesse kann jedoch bei der Beförderung von Baumaterialien im allgemeinen nicht erblickt werden. Die Beschwerdeführerin hat darüberhinaus keine besonderen Umstände aufgezeigt, die eine unbedingte Notwendigkeit der beabsichtigten Fahrten als gegeben erscheinen lassen.
Der Hinweis auf die bei Nichtdurchführung der Transporte zu befürchtenden wirtschaftlichen Folgen vermag daran nichts zu ändern, handelt es sich hiebei doch nicht um unmittelbare, auf die spezifische Art der Fahrten zurückzuführende Auswirkungen.
Solcherart begegnet die Verneinung des Vorliegens des Tatbestandselementes des "erheblichen öffentlichen Interesses" durch die belangte Behörde keinen Bedenken.
Bei dieser Sachlage braucht nicht mehr geprüft zu werden, ob der Beschwerdeführerin die Glaubhaftmachung im Sinne des letzten Satzes des § 45 Abs. 2a StVO 1960 gelungen ist.
Im Hinblick auf das eingangs angeführte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes sieht der Verwaltungsgerichtshof keine Veranlassung, die Anregung der Beschwerdeführerin auf Stellung eines Antrages gemäß Art. 139 B-VG hinsichtlich der in Rede stehenden Verordnung aufzugreifen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung beruht im Rahmen des Begehrens auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995030273.X00Im RIS seit
12.06.2001