TE Vfgh Beschluss 1994/6/14 B408/94

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Veröffentlicht am 14.06.1994
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33
VfGG §82 Abs1

Leitsatz

Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags; kein minderer Grad des Versehens; Zurückweisung der Beschwerde als verspätet

Spruch

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Der unabhängige Verwaltungssenat Salzburg hat mit Bescheid vom 18. Jänner 1994 die auf §51 des Fremdengesetzes, BGBl. 838/1992, gestützte Beschwerde des Einschreiters gegen seine Anhaltung in Schubhaft als unbegründet abgewiesen und die weitere Anhaltung in Schubhaft als rechtmäßig festgestellt. Dieser Bescheid wurde dem als Vertreter des Einschreiters beigegebenen Stadtjugendamt der Stadt Salzburg im Wege der Magistratsdirektion-Zentralverwaltung, Haupteinlaufstelle, am 21. Jänner 1994 zugestellt und ist am 24. Jänner 1994 in der zuständigen Wohlfahrtsabteilung eingelangt.

2. Diesen Bescheid bekämpft der Einschreiter mit seiner auf Art144 B-VG gestützten, am 7. März 1994 zur Post gegebenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Er verbindet damit einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der sechswöchigen Beschwerdefrist und führt dazu aus, daß sein nunmehriger Vertreter persönlich anhand einer per Fax übermittelten Bescheidkopie am 9. Februar 1994 die sechswöchige Frist zur Einbringung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde im Fristvormerkkalender seiner Rechtsanwaltskanzlei vorgemerkt habe. Dabei habe er sich nur am Eingangsstempel "Magistrat Salzburg, Abt. 3/00, Wohlfahrtsabteilung, Eingang 24. Jänner 1994" orientiert und erst bei Studium des Aktes und aus Anlaß des Diktats der Beschwerde am Wochenende vor dem 7. März 1994 festgestellt, daß sich auf der Bescheidausfertigung ein weiterer Eingangsstempel befinde, wonach der angefochtene Bescheid bereits am 21. Jänner 1994 bei der Haupteinlaufstelle des Magistrates Salzburg eingegangen sei.

3.1. Da das VerfGG 1953 in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO idF der Zivilverfahrens-Novelle 1983, BGBl. 135/1983, sinngemäß anzuwenden: Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Gleiches gilt für Verschulden von Kanzleikräften (§39 ZPO, vgl. etwa VfSlg. 12372/1990).

Unter "minderem Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. VfSlg. 9817/1983, 11706/1988).

3.2. Im vorliegenden Fall hat der nunmehrige rechtsfreundliche Vertreter des Einschreiters den ebenfalls auf der ersten Seite des bekämpften Bescheides, und zwar links oberhalb des zweiten Eingangsstempels angebrachten Eingangsstempel der für das Stadtjugendamt (auch) zuständigen Abgabestelle Magistratsdirektion-Zentralverwaltung, Haupteinlaufstelle (interne Organisationsabläufe des Magistrates und daraus allenfalls resultierende Verzögerungen haben hier außer Betracht zu bleiben), mit dem Datum "21. JAN. 1994", der auch signifikant größer, somit insgesamt auffallender ist als der Eingangsstempel mit dem Datum

"24. JAN. 1994", bei Berechnung der sechswöchigen Beschwerdefrist übersehen. Unter diesen Umständen kann von einem minderen Grad des Versehens keine Rede sein. Als Wiedereinsetzungsgrund kann aber nur ein Ereignis in Betracht kommen, das den Anwalt (und gegebenenfalls seine Kanzleikraft) ohne sein (ihr) Verschulden oder wegen eines Versehens minderen Grades hindert, die Frist einzuhalten (vgl. zuletzt etwa VfSlg. 12369/1990, VfGH 15.6.1993, B628/93). Ein derartiger Grund liegt angesichts des geschilderten Sachverhaltes hier nicht vor.

Der Antrag war daher wegen Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung abzuweisen (§35 VerfGG 1953 iVm. §§146 ff. ZPO).

4. Aus den angeführten Gründen erweist sich die am 7. März 1994 zur Post gegebene Beschwerde als verspätet; sie war daher zurückzuweisen.

5. Diese Beschlüsse konnten gemäß §33, zweiter Satz, und §19 Abs3 Z2 litb VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung, VfGH / Fristen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:B408.1994

Dokumentnummer

JFT_10059386_94B00408_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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