TE Vwgh Erkenntnis 1996/5/21 95/05/0224

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Veröffentlicht am 21.05.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §18 Abs4;
AVG §56;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der H in K, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 23. Juni 1995, Zl. BauR - 011464/1 - 1995 St/Vi, betreffend eine Bauangelegenheit, (mitbeteiligte Parteien:

1.

Marktgemeinde K, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L,

2.

O, K), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Zweitmitbeteiligte ist Eigentümer des Grundstückes Nr. 1123 der Katastralgemeinde K. An dieses Grundstück grenzt im Südwesten das der Beschwerdeführerin gehörige

Grundstück Nr. 1118.

Mit Ansuchen vom 25. März 1980 beantragten die Rechtsvorgänger der zweitmitbeteiligten Partei die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Neubaues eines Wohnhauses laut angeschlossenem Einreichplan des Baumeisters V. vom 25. März 1980. Nach diesem Plan soll das Bauvorhaben 3 m von der Grundstücksgrenze zum Grundstück der Beschwerdeführerin errichtet werden.

In der mündlichen Bauverhandlung vom 1. April 1980 brachte die Beschwerdeführerin vor:

"Gegen das Bauvorhaben erhebe ich bei plan- und beschreibungsgemäßer Ausführung keinen Einwand. Bezüglich der Grundabtretung, die von der Baubehörde vorgeschrieben wird, ist das Einvernehmen mit mir herzustellen, wobei auch die finanziellen und baulichen Maßnahmen mit mir besprochen werden müssen."

Mit Bescheid des Bürgermeisters der erstmitbeteiligten Partei vom 9. April 1980 wurde antragsgemäß die Baubewilligung für die Errichtung eines Neubaues eines Wohnhauses unter Auflagen erteilt. Der auch der Beschwerdeführerin zugestellte Baubewilligungsbescheid erwuchs in Rechtskraft.

Die zweitmitbeteiligte Partei legte in der Folge einen Einreichplan betreffend "die Errichtung eines Wohnhauses mit zwei Wohneinheiten" auf dem Grundstück Nr. 1123, KG K, vom 25. April 1985 vor, welcher - soweit für das Beschwerdeverfahren entscheidungswesentlich - gegenüber dem der Baubewilligung zugrundeliegenden Plan bezüglich des Grundrisses des bewilligten Gebäudes im wesentlichen keine Änderungen enthält. Weder die Höhe des bewilligten Gebäudes noch dessen Lage gegenüber dem Grundstück Nr. 1118 der Beschwerdeführerin wurde im Plan vom 25. April 1985 geändert. Dieser Plan enthält folgenden Vermerk:

"Der Änderungsplan zur Baubewilligung vom 9. April 1980, Zl. Bau-153-9-9-1980 wird genehmigt.

K, am 7. 2. 1986

Der Bürgermeister:"

Neben der Rundstampiglie der erstmitbeteiligten Partei befindet sich eine unleserliche Unterschrift.

Mit Eingabe vom 7. November 1994 beantragte die Beschwerdeführerin "die Zustellung des Bescheides des Bürgermeisters der Gemeinde K vom 7.2.1986, Bau-153-9-9-1980".

Nach Zustellung durch die erstmitbeteiligte Partei erhob die Beschwerdeführerin dagegen fristgerecht Berufung, in welcher sie im wesentlichen ausführte, daß der Bescheid vom 7. Februar 1986 weder ausdrücklich als solcher bezeichnet noch im Spruch die konkret angewendete Gesetzesbestimmung der Oberösterreichischen Bauordnung angeführt worden sei. Der Bescheid enthalte auch keine Rechtsmittelbelehrung. Er verstoße daher gegen § 58 und § 59 AVG. Als übergangene Partei sei die Beschwerdeführerin nunmehr berechtigt, sämtliche ihr zustehenden Einwendungen zu erheben. Der mit Bescheid vom 7. Februar 1986 genehmigte "Austauschplan" entspreche in keiner Weise den gesetzlichen Bestimmungen des § 32 Abs. 2 lit. b der OÖ. Bauordnung 1976. Die Gesamthöhe des Gebäudes sei jeweils vom tiefsten Punkt des Geländeanschnittes an der der Bauplatzgrenze nächstgelegenen Gebäudewand bis zum höchsten Punkt des Gebäudes zu messen. Da das Grundstück der zweitmitbeteiligten Partei außerhalb eines geschlossen bebauten Gebietes liege und die Gebäudehöhe 13 m betrage, hätte ein Mindestabstand zum Grundstück der Beschwerdeführerin von 4,6 m eingehalten werden müssen.

Mit Bescheid des Gemeinderates der erstmitbeteiligten Partei vom 13. März 1995 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin abgewiesen.

Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 23. Juni 1995 wurde der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt wird. Ein Bescheid liege auch dann vor, wenn die Behörde ihren Willen, zu entscheiden, hinreichend zum Ausdruck gebracht habe. Enthalte daher eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung, dann sei das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich, wenn sich - wie im vorliegenden Fall - aus dem Spruch ergebe, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt habe, sondern auch, daß sie eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, entschieden habe.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "in ihren gesetzlich gewährleisteten Rechten

a)

auf Erlassung eines Beseitigungsauftrages gemäß § 61 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 OÖ. Bauordnung,

b)

aufrichtige Anwendung der OÖ. Bauordnung samt Nebengesetzen, insbesondere der dort enthaltenen Abstandsbestimmungen und der Verfahrensgesetze,

verletzt".

Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die erstmitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 18 Abs. 4 AVG müssen alle schriftlichen Ausfertigungen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, daß die Ausfertigung mit der Erledigung des betreffenden Geschäftstücks übereinstimmt und das Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist.

Aus dem mit der Zustellung des mit dem Genehmigungsvermerk des Bürgermeisters der erstmitbeteiligten Partei versehenen Lageplanes betreffend das Grundstück Nr. 1123, KG K, vom 25. April 1985 übermittelten Begleitschreiben der erstmitbeteiligten Partei vom 25. November 1994 ist zu entnehmen, daß der Beschwerdeführerin eine Kopie des im Akt der erstmitbeteiligten Partei erliegenden Originales dieses Lageplanes übermittelt worden ist. Die Erledigung des Bürgermeisters der erstmitbeteiligten Partei vom 7. Februar 1986 weist aber unter der Funktionsbezeichnung "Der Bürgermeister" neben dem Amtssiegel lediglich eine unleserliche Unterschrift auf; es ist weder der Fertigungsklausel noch dem sonstigen Inhalt der Erledigung vom 7. Februar 1986 der Name des diese Genehmigenden zu entnehmen. Dieser Verwaltungsakt kann daher nicht als Bescheid qualifiziert werden. Die Funktionsbezeichnung "Der Bürgermeister" vermag die in der obzitierten Gesetzesstelle obligatorisch vorgesehene leserliche Beifügung des Namens des die Erledigung Genehmigenden nicht zu ersetzen, weshalb es nicht entscheidend sein kann, daß für den Bescheidadressaten allenfalls die Möglichkeit bestanden hätte, mit Hilfe der in der Erledigung erwähnten Bezeichnung der Behörde den Namen des Bürgermeisters zu ermitteln, der diese Erledigung genehmigt hat (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1993, Zl. 92/05/0323). Die Beschwerdeführerin hat daher im Ergebnis zu Recht die mangelnde Bescheidqualität des hier maßgeblichen Verwaltungsaktes der Baubehörde erster Instanz geltend gemacht.

Daraus folgt, daß schon das gegen den Verwaltungsakt des Bürgermeisters der erstmitbeteiligten Partei vom 7. Februar 1986 eingebrachte Rechtsmittel der Beschwerdeführerin vom Gemeinderat der erstmitbeteiligten Partei zurückzuweisen gewesen wäre, weshalb die Abweisung der Berufung der Beschwerdeführerin durch die Berufungsbehörde rechtswidrig war. Da nun ohne Aufhebung des angefochtenen Bescheides der Vorstellungsbehörde davon auszugehen wäre, daß ein Bescheid der Baubehörde erster Instanz vorliegt, mit welchem der von der zweitmitbeteiligten Partei vorgelegte Änderungsplan zur Baubewilligung vom 9. April 1980 genehmigt ist, wovon aber angesichts des fehlenden Bescheidcharakters des Verwaltungsaktes vom 7. Februar 1986 nicht die Rede sein kann, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Unterschrift des Genehmigenden

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995050224.X00

Im RIS seit

25.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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