TE Vwgh Erkenntnis 1996/5/21 95/11/0386

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Veröffentlicht am 21.05.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
44 Zivildienst;

Norm

AVG §62 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
ZDG 1986 §17 Z1;
ZDG 1986 §18 Z3;
ZDG 1986 §19 Abs3;
ZDG 1986 §7 Abs4 idF 1994/187;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des R in F, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. Oktober 1995, Zl. 181 761/5-IV/14/95, in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 20. Februar 1996, betreffend Unterbrechung des ordentlichen Zivildienstes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 20. Oktober 1995, berichtigt mit Bescheid der belangten Behörde vom 20. Februar 1996, wurde in Ansehung des Beschwerdeführers gemäß § 18 Z. 3 in Verbindung mit § 19 Abs. 3 ZDG die mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. Mai 1995 verfügte Leistung des ordentlichen Zivildienstes vom 2. Oktober 1995 bis 31. August 1996 von Amts wegen mit Wirkung vom 23. Oktober 1995 unterbrochen. In der Begründung des Bescheides führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, daß der Beschwerdeführer der Bundespolizeidirektion X zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zugewiesen worden sei, wo er Hilfsdienste zu leisten hätte. Mit Schreiben vom 20. Oktober 1995 habe sein unmittelbarer Vorgesetzter in der Bundespolizeidirektion X um die Versetzung des Beschwerdeführers zu einer anderen Einrichtung ersucht, was er damit begründet habe, daß er beim Dienstantritt des Beschwerdeführers auf Grund seiner Erfahrung zur Einsicht gelangt sei, daß der Beschwerdeführer sich wegen seiner Erscheinung in die Gemeinschaft, in der er seine Dienstleistung erbringen müsse, nicht einfügen und durch sein Verhalten das friedliche Zusammenleben mit anderen Beschäftigten gefährden würde. Dies habe Anlaß zum Einschreiten von Amts wegen gegeben. "Da auf Grund des oa. angeführten Sachverhaltes" die Nichteignung des Beschwerdeführers für die Tätigkeiten bei der Einrichtung offensichtlich gewesen sei, hätte er einer geeigneten anderen Einrichtung zur weiteren Leistung des ordentlichen Zivildienstes zugewiesen werden müssen. Rechtsträger geeigneter Einrichtungen, denen gemäß § 20 ZDG im Rahmen dieses Verfahrens Parteistellung zukomme, hätten jedoch auf Grund des zitierten Sachverhaltes ihre Zustimmung zur Aufnahme des Beschwerdeführers verweigert. Da eine Versetzung sohin nicht möglich gewesen sei, habe die Unterbrechung des Zivildienstes angeordnet werden müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 19 Abs. 3 ZDG hat der Bundesminister für Inneres, wenn im Falle des § 18 die Voraussetzungen der Z. 1, 2 oder 3 vorliegen, eine geeignete andere Einrichtung aber nicht zu finden ist, den Dienst des Zivildienstleistenden zu unterbrechen. Für die verbleibende Dienstzeit hat sobald wie möglich eine weitere Zuweisung zu erfolgen.

Nach § 18 Z. 3 ZDG hat der Bundesminister für Inneres den Zivildienstpflichtigen einer anderen Einrichtung zuzuweisen, wenn die Eignung des Zivildienstpflichtigen für die Dienstleistungen nicht mehr gegeben ist, sofern eine Verfügung nach § 17 Z. 1 nicht in Betracht kommt.

Gemäß § 17 Z. 1 ZDG hat der Bundesminister für Inneres den Zivildienstpflichtigen zu einer anderen Dienstleistung in derselben Einrichtung zu verpflichten, wenn seine Eignung für die bisherige Dienstleistung nicht mehr gegeben ist.

Gemäß § 19 Abs. 2 ZDG ist in den Fällen des § 17 Z. 1 und § 18 Z. 3 über die gesundheitliche Eignung zur weiteren Dienstleistung im Zweifelsfall ein Gutachten des Amtsarztes der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde einzuholen.

Vorweg ist festzuhalten, daß der Zivildienstpflichtige einen Anspruch darauf hat, den ordentlichen Zivildienst in Form des Grundzivildienstes gemäß § 7 Abs. 1 ZDG - abgesehen von den in dieser Bestimmung genannten Ausnahmen - ohne Unterbrechung zu leisten, und er daher durch eine rechtswidrige Unterbrechung des Grundzivildienstes in seinen Rechten verletzt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1991, Zl. 90/11/0072).

Insoweit der Beschwerdeführer rügt, daß die belangte Behörde eine falsche Bestimmung angewendet habe (§ 18 Z. 5 ZDG), ist ihm zu entgegnen, daß der vorliegende Bescheid nicht in seiner ursprünglichen Fassung zu beurteilen ist, sondern in der mit Bescheid vom 20. Feber 1996 berichtigten Fassung, wonach die belangte Behörde § 18 Z. 3 in Verbindung mit § 19 Abs. 3 ZDG als rechtliche Grundlage für ihre Entscheidung herangezogen hat.

Insoweit der Beschwerdeführer ferner behauptet, daß ihm die belangte Behörde nicht das Parteiengehör eingeräumt habe, ist ihm zu entgegnen, daß er nicht konkret darlegt, welchen konkreten Sachverhalt er andernfalls vorgebracht hätte, um seinen Standpunkt besser zu vertreten.

Zu prüfen bleibt daher die Berechtigung der belangten Behörde zur Annahme, daß der Beschwerdeführer zu weiteren Dienstleistungen in der Einrichtung nicht mehr geeignet ist. Aus der Bestimmung des § 19 Abs. 2 ZDG ist ersichtlich, daß nach § 18 Z. 3 leg. cit. unter anderem die gesundheitliche Eignung des Zivildienstleistenden zu berücksichtigen ist. Ob diese Eignung zur weiteren Dienstleistung (in derselben oder einer anderen Einrichtung) gegeben ist, kann daher auch vom Gesundheitszustand des Zivildienstleistenden abhängen, über den im Zweifelsfall gemäß § 19 Abs. 2 ZDG ein Gutachten des Amtsarztes einzuholen ist. Eine amtsärztlich festgestellte gesundheitliche Nichteignung des Beschwerdeführers wurde jedoch von der belangten Behörde nicht angenommen.

Andererseits sind aber auch Feststellungen darüber erforderlich, welche konkreten Leistungen vom Zivildienstpflichtigen verlangt werden und welche er nicht mehr zu erbringen in der Lage ist.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid nur dargelegt, daß der Beschwerdeführer "Hilfsdienste" zu leisten hatte, und ferner, daß auf Grund der Erfahrung des Dienstvorgesetzten des Beschwerdeführers seine Erscheinung in der Gemeinschaft und sein Verhalten ein friedliches Zusammenleben mit anderen Beschäftigten gefährden würde. Welcher konkrete Sachverhalt die Grundlage dessen bildete, ist aus dem angefochtenen Bescheid nicht ersichtlich und auch aus dem Akteninhalt nicht eindeutig nachvollziehbar. Auf Grund eines Aktenvermerkes vom 20. Oktober 1995 ergibt sich zwar, daß der Beschwerdeführer einen "lilafarbenen oder grünfarbenen Spitzbart trägt" und im Grundlehrgang offen über sein "Drogenproblem" gesprochen habe, und nicht die Absicht habe, während seines Zivildienstes "dieses einzustellen". Inwieweit hiedurch die Eignung des Beschwerdeführers zur weiteren Dienstleistung beeinträchtigt ist, ergibt sich daraus nicht; hierüber wird die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren weitere Ermittlungen anzustellen und Feststellungen zu treffen haben. Allenfalls wird die Behörde (nach entsprechenden Ermittlungen über das konkrete Verhalten des Beschwerdeführers) auch auf die Bestimmung des § 19b ZDG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 187/1994, wonach der Bundesminister für Inneres einen Zivildienstleistenden vorzeitig aus dem Zivildienst entlassen kann, wenn der Betroffene trotz Aufforderung zur ordnungsgemäßen Dienstleistung durch den Vorgesetzten durch sein Verhalten zu erkennen gibt, daß er nicht gewillt ist, den Zivildienst ordnungsgemäß abzuleisten, Bedacht zu nehmen haben.

Da somit der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf und Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995110386.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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