TE Vwgh Erkenntnis 1996/5/21 96/04/0086

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Veröffentlicht am 21.05.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs1;
AVG §63 Abs2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):95/04/0088

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des F in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, 1) gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 12. Februar 1996, Zl. Ge-440697/17-1995/Msch/Pi, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einem Verfahren gemäß § 77 GewO 1994; 2) gegen den Landeshauptmann von Oberösterreich wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einem Verfahren gemäß § 77 GewO 1994,

Spruch

1) zu Recht erkannt:

Die Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 12. Februar 1996 wird als unbegründet abgewiesen.

2) den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde gegen den Landeshauptmann von Oberösterreich wegen Verletzung der Entscheidungspflicht wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des vorgelegten angefochtenen Bescheides suchte der Beschwerdeführer am 25. Mai 1990 "als Vertreter der F Ges.m.b.H." um gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung eines Autohauses mit Reparaturwerkstätte auf einem näher bezeichneten Standort an. Im Zuge des Verfahrens erließ die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen als Erstbehörde die "Verfahrensanordnung" vom 28. August 1995, mit der dem Beschwerdeführer aufgetragen wurde, zum Antrag vom 25. Mai 1990 auf Genehmigung der in Rede stehenden Betriebsanlage einen Lageplan mit Darstellung der Zufahrt einschließlich der Zustimmung der dinglich Berechtigten, sofern Nachbargrundstücke über das Zu- und Abfahren beansprucht würden, bis zum 15. Oktober 1995 beizubringen, widrigenfalls der Antrag auf Genehmigung zurückgewiesen werde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem Bescheid vom 12. Februar 1996 wies der Landeshauptmann von Oberösterreich diese Berufung gemäß § 63 Abs. 2 AVG mit der Begründung zurück, bei einem Auftrag zur Behebung eines Formgebrechens handle es sich um eine Verfahrensanordnung im Sinne des § 63 Abs. 2 AVG, gegen die eine abgesonderte Berufung nicht zulässig sei.

I.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Bescheidbeschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in den Rechten auf 1. Entscheidung in der Sache; 2. Einräumung der Parteistellung; 3. Wahrnehmung der Zuständigkeit durch die belangte Behörde; 4. Nichtvorschreibung von Unterlagen, die nach einem rechtskräftigen Bescheid der Berufungsbehörde nicht mehr erforderlich seien, verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, mit dem erstbehördlichen Bescheid sei ihm etwas aufgetragen worden, was nach der Aktenlage nicht erforderlich sei. Die Erstbehörde habe ihm einen gleichartigen Auftrag bereits mit Bescheid vom 22. März 1993 erteilt, welcher in der Folge mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 19. Juli 1993 deshalb aufgehoben worden sei, weil die geforderten Unterlagen keine Voraussetzung für die Genehmigung einer Betriebsanlage darstellten.

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Formgebrechen schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr dem Einschreiter die Behebung der Formgebrechen mit der Wirkung aufzutragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird das Formgebrechen rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Bei dem dem Beschwerdeführer mit dem erstbehördlichen Bescheid vom 28. August 1995 erteilten Auftrag handelt es sich, wie auch von der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen wird, um einen Auftrag zur Verbesserung eines Formgebrechens im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG.

Gemäß § 63 Abs. 2 AVG ist gegen nur das Verfahren betreffende Anordnung eine abgesonderte Berufung nicht zulässig. Sie können erst in der Berufung gegen den die Angelegenheit erledigenden Bescheid angefochten werden.

Verfahrensanordnungen im Sinne dieser Gesetzesstelle sind Verfügungen, die nur den Gang des Verwaltungsverfahrens regeln, ohne über die sich aus den verfahrensrechtlichen Bestimmungen ergebenden formalrechtlichen Rechtsverhältnisse gestaltend oder feststellend abzusprechen, also ohne die verfahrensrechtliche Rechtsstellung der Parteien zu bestimmen (vgl. das

hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1986, Zl. 86/04/0044, und die dort zitierte Literatur).

Ausgehend von diesem Inhalt des Begriffes der Verfahrensanordnung vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Rechtsansicht der belangten Behörde, bei einem Auftrag zur Verbesserung eines Formgebrechens im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG, wie er dem Beschwerdeführer im erstbehördlichen Bescheid erteilt wurde, handle es sich um eine derartige Verfahrensanordnung, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken. Handelt es sich somit aber bei der im Verfahren vor der belangten Behörde im Wege der Berufung angefochtenen erstbehördlichen Erledigung nicht um einen Bescheid, sondern um eine Verfahrensanordnung im Sinne des § 63 Abs. 2 AVG, so handelte die belangte Behörde auch frei von Rechtsirrtum, wenn sie diese Berufung als nach dieser Gesetzesstelle unzulässig erkannte.

Soweit sich die vorliegende Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 12. Februar 1996 richtet, läßt somit schon ihr Inhalt erkennen, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt. Sie war daher in diesem Umfang gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Beschwerdeführer vertritt die Rechtsansicht, weil die belangte Behörde die Berufung als unzulässig zurückgewiesen habe, habe sie zu Unrecht nicht in der Sache entschieden. Da sie ihrer Entscheidungspflicht nicht nachgekommen sei, werde auch Säumnisbeschwerde erhoben.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 24. Jänner 1995, Zl. 94/04/0258), kann die Säumnisbeschwerde nicht wegen Säumigkeit irgendeiner zu einer Sachentscheidung berufenen Behörde jeder beliebigen Organisationsstufe ergriffen werden, sondern nur wegen der Säumnis der obersten Instanz, die der Beschwerdeführer anzurufen rechtlich in der Lage war (§ 73 Abs. 2 AVG). Es muß also die Behörde, die nach dem organisatorischen Aufbau der Verwaltung an höchster Stufe steht und von der Partei noch angerufen werden kann, durch mehr als sechs Monate untätig gewesen sein. "Sachlich in Betracht kommende Oberbehörde" ist in jedem Fall die Berufungsbehörde, darüber hinaus auch jede sonstige Behörde, die - bei Ausschluß eines ordentlichen Rechtsmittels - durch Ausübung des Weisungs- oder Aufsichtsrechts den Inhalt der unterbliebenen Entscheidung hätte bestimmen können. Derart ist eine Säumnisbeschwerde gegen den Landeshauptmann als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung unzulässig. Die vom Beschwerdeführer gegen den Landeshauptmann von Oberösterreich erhobene Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erweist sich somit schon deshalb als unzulässig, weil der Landeshauptmann im gegenständlichen Verfahren nicht oberste Behörde im Sinne des § 27 VwGG ist. Soweit mit der vorliegenden Beschwerde eine Verletzung der Entscheidungspflicht des Landeshauptmannes von Oberösterreich geltend gemacht wird, war die Beschwerde daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückzuweisen.

Schlagworte

Voraussetzungen des Berufungsrechtes Bescheidcharakter der bekämpften Erledigung Vorhandensein eines bekämpfbaren Bescheides

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996040086.X00

Im RIS seit

03.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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