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GerichtsgebührenNorm
WGG 1979 §30 Abs3Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Großmann, Dr. Pokorny, Dr. Wetzel und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kowalski, über die Beschwerde des 1. GZ und 2. der EF, beide in P, sämtlich vertreten durch Dr. Herbert Pichler‚ Rechtsanwalt in Wien I, Schottengasse 4, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 28. März 1984, Zl. Jv 1283-33a/84, betreffend Gerichtsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer beantragten am 15. Juli 1982 beim Bezirksgericht Purkersdorf die Eintragung ihres Eigentumsrechtes ob den einer gemeinnützigen Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft m.b.H. gehörigen 88/8434 Anteilen samt Wohnungseigentum an der Wohnung top Nr. 8, Haus 6 und Garagenstellplatz Nr. 56 an der Liegenschaft EZ. 383 der KG. Pr. je zur Hälfte, sohin je zu 88/16868 Anteilen. In diesem Antrag nahmen die Beschwerdeführer die Gebührenfreiheit gemäß § 30 Abs. 3 WGG, BGBl. Nr. 139/1979, in Anspruch.
Im Hinblick auf die antragsgemäß vollzogene Eintragung wurde den Beschwerdeführern mit Zahlungsauftrag vom 21. September 1983 neben einer Einhebungsgebühr von S 20,-- die Eintragungsgebühr nach Tarifpost 11 lit. b Z. 1 des einen Bestandteil des Gerichts- und Justizverwaltungsgebührengesetzes 1962, BGBl. Nr. 289, in der geltenden Fassung bildenden Tarifes von S 880,--, ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 88.010,--, zur Zahlung vorgeschrieben.
Dagegen brachten die Beschwerdeführer einen Berichtigungsantrag ein, in dem sie ausführten, Gegenstand des Kaufvertrages sei ein ideller Liegenschaftsanteil, verbunden mit einer Wohnung und einem Garagenabstellplatz gewesen. Dieser Garagenabstellplatz bilde keine eigene selbständige Einheit, sondern sei mit der Eigentumswohnung verbunden. Die Gebühr sei gesondert für den Garagenabstellplatz vorgeschrieben worden, obwohl die Gebührenbefreiung gemäß § 30 Abs. 3 WGG beantragt worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 29. April 1982, Zl. 81/15/0032, zur Frage der Gebührenbefreiung eines Autoabstellplatzes Stellung genommen, wobei es sich bei diesem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt um eine selbständige Einheit, die auch als solche im Grundbuch eingetragen worden sei, gehandelt habe. Im gegenständlichen Fall sei der Garagenabstellplatz Bestandteil der gekauften Eigentumswohnung und könne daher niemals selbständig und losgelöst von der Wohnung verkauft werden. Aus dem angeführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ergebe sich im Wege des Umkehrschlusses zwingend, daß dann, wenn es sich um keine selbständige Eintragung zum Erwerb des Eigentumsrechtes handle, die Befreiung gewährt werden müßte. Im vorliegenden Fall könne auch nicht von einem mangelnden dauernden Wohnbedürfnis hinsichtlich des Autoabstellplatzes gesprochen werden, weil der Begriff „wohnen“ durchaus jene Handlungen umfasse, die der Eigentümer setze, wenn er sein Fahrzeug auf dem eigenen, zur Wohnung gehörigen Platz in der Tiefgarage abstelle. Außerdem habe auf Grund der vorliegenden Baubewilligung jede Wohnung über einen eigenen Autoabstellplatz verfügen müssen.
Die belangte Behörde gab dem Berichtigungsantrag der Beschwerdeführer mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid keine Folge. Nach ausführlicher Darstellung der Rechtslage hielt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid fest, der Kaufpreis für die Liegenschaftsanteile samt Wohnung und Pkw-Abstellplatz habe S 967.844,45 betragen, wovon auf die Wohnung ein Betrag von S 879.835,-- und auf den Pkw-Platz ein Betrag von S 88.009,45 entfalle. Für die Bemessung der Gerichtsgebühren und für die Anwendung von Befreiungsbestimmungen aus Anlaß grundbücherlicher Eintragungen sei der Gegenstand der Eintragung maßgebend, wie sich aus den §§ 28 ff des Gerichts- und Justizverwaltungsgebührengesetzes 1962 und dem dazugehörigen Tarif ergebe. Bei der Eintragung des Eigentumsrechtes in bezug auf den Pkw-Abstellplatz gehe es um eine Liegenschaft (Liegenschaftsanteil), die nicht der Befriedigung eines Wohnbedürfnisses diene und damit nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht der Gerichtsgebührenbefreiung teilhaft werden könne. Es spiele auch keine Rolle, ob der Pkw-Platz von Gesetzes wegen geschaffen hätte werden müssen, ob er nur gemeinsam mit der Eigentumswohnung weiterverkauft oder losgelöst werden könne und ob mit dieser Wohnung ein rechtlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang bestehe. Bei Prüfung der Frage des Wohnbedürfnisses sei es auch belanglos, ob sich der Abstellplatz auf einer Liegenschaft mit einer anderen Einlagezahl als die Eigentumswohnung befinde, oder unter einer gemeinsamen Einlagezahl eingetragen werde.
Die vorliegende Beschwerde, in der die Beschwerdeführer im wesentlichen ihren schon im Berichtigungsantrag vertretenen Standpunkt aufrecht erhalten, macht inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:
Nach § 30 Abs. 3 des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes, BGBl. Nr. 139/1979 (WGG), sind die gerichtlichen Eingaben und die Eintragungen zum Erwerb des Eigentumsrechtes an einer Liegenschaft (Liegenschaftsanteil), die eine im § 23 Abs. 1 Z. 1 des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 angeführte natürliche Person von einer als gemeinnützig anerkannten Bauvereinigung als Ersterwerber zur Befriedigung ihres dauernden Wohnbedürfnisses oder des dauernden Wohnbedürfnisses ihrer nahen Angehörigen im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 1 Wohnbauförderungsgesetz 1968 erworben hat, von den Gerichtsgebühren befreit.
Im gegenständlichen Fall ist zunächst festzuhalten, daß die Beschwerdeführer um die Einverleibung des Eigentumsrechtes ob den 88/8434 Anteilen der Liegenschaft EZ. 383 des Grundbuches der Katastralgemeinde Pr. samt Wohnungseigentum an der Wohnung top. 8 Haus 6 und Garagenstellplatz Nr. 56 je zur Hälfte angesucht und für diese Eintragung die Gebührenfreiheit gemäß § 30 Abs. 3 WGG begehrt haben. Die Behörde hat jedoch dem Gebührenbefreiungsantrag nur für einen Teil der antragsgemäß vollzogenen Eintragung und zwar hinsichtlich des Wohnungseigentums an der Wohnung top. Nr. 8, Haus 6 stattgegeben, hinsichtlich des Garagenstellplatzes Nr. 56 aber die Eintragungsgebühr vorgeschrieben. Ebenso wie im Verwaltungsverfahren geht es auch vor dem Verwaltungsgerichtshof allein darum, ob die Eintragung zum Erwerb des Eigentumsrechtes an dem gegenständlichen Liegenschaftsanteil (88/8434 Anteile an der Liegenschaft EZ. 383 des Grundbuches der KG Pr.) gespalten werden kann, und zwar in einem von der bereits näher bezeichneten Gerichtsgebühr (Eintragungsgebühr) befreiten (Wohnung) und einem nicht befreiten Teil (Garagenstallplatz). Sowohl die Beschwerdeführer als auch offensichtlich die belangte Behörde stützen sich bei ihrer Argumentation für den von ihnen gegenteilig vertretenen Standpunkt auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. April 1982, Zl. 81/15/0032. In dem diesem Erkenntnis zugrundeliegenden Fall hat die begehrte Eintragung ausschließlich Liegenschaftsanteile, mit welchem das Wohnungseigentum an einem Abstellplatz untrennbar verbunden war, betroffen. In diesem Fall hat der Verwaltungsgerichtshof in Übereinstimmung mit der damals belangten Behörde den Standpunkt vertreten, es gehe bei der Eintragung des Eigentumsrechtes in bezug auf einen Pkw-Abstellplatz um eine Liegenschaft (Liegenschaftsanteil), die nicht der Befriedigung eines Wohnbedürfnisses dient und damit nach dem Wortlaut des Gesetzes der Gerichtsgebührenbefreiung nicht teilhaftig werden kann. Den Beschwerdeführern ist nun beizupflichten, daß die Anwendung dieses Rechtssatzes auf den gegenständlichen Fall deshalb nicht möglich ist, weil der hier der Beurteilung zugrunde liegende Sachverhalt erheblich anders gelagert ist und insbesondere aus dem Wortlaut des § 30 Abs. 3 WGG - im Gegensatz zu dem vom Verwaltungsgerichtshof schon entschiedenen Fall - für die Entscheidung dieses Falles nichts gewonnen werden kann. Betont werden muß an dieser Stelle nochmals, daß die Grundbuchseintragung eines Liegenschaftsanteiles begehrt und vollzogen wurde, mit dem Wohnungseigentum an einer Wohnung samt Garagenplatz verbunden war. Es lage also nur eine Grundbuchseintragung über einen Liegenschaftsanteil vor, aus der nicht entnommen werden kann, welche Anteile auf die Wohnung und welche auf den Garagenplatz entfallen. Dem Kaufvertrag, auf den sich die belangte Behörde selbst stützt, kann dagegen aus Punkt II und XX eher entnommen werden, daß die Grundanteile ausschließlich die Wohnung betrafen und der Pkw-Abstellplatz nach dem Willen der Parteien als unselbständiges Zubehör den einzelnen Wohnung zugeschlagen wurde. Angesichts der Fassung des § 30 Abs. 3 WGG erscheint es dem Verwaltungsgerichtshof beim Erwerb von Liegenschaftsanteilen mit denen Wohnungseigentum verbunden ist, unter den Voraussetzungen der zitierten Gesetzesstelle unmöglich, bei Grundbuchseintragungen hinsichtlich der Gebührenbefreiung eine Teilung dann vorzunehmen, wenn zu der Wohnung auch ein Garagenabstellplatz gehört. Gegenstand der grundbücherlichen Eintragung ist nämlich die Einverleibung des Eigentumsrechtes an Liegenschaftsanteilen, die schon mangels einer Unterteilung, inwieweit sie die Wohnung bzw. den Garagenplatz betreffen, nur einer nicht teilbaren Eintragungsgebühr vom Wert der Liegenschaftsanteile unterstellt werden können. Die Wertaufteilung, wie sie von der belangten Behörde anläßlich der Prüfung der Gebührenbefreiung vorgenommen worden ist, ist eine willkürliche, da sie im Widerspruch zu § 29 GJGebGes 1962 und zur Tarifpost 11 Abs. 1 lit. b des Tarifes zum GJGebGes 1962 steht. Aber abgesehen davon, daß eine einheitliche Eintragung nicht in einen gebührenpflichtigen und einen gebührenbefreiten Teil aufgespalten werden kann, ist der Verwaltungsgerichtshof der Ansicht, daß ein zu Recht gemäß § 30 Abs. 3 WGG gebührenbefreiter Erwerbsvorgang und die damit verbundene Grundbuchseintragung nicht deshalb der Gebührenbefreiung verlustig gehen kann, weil diese eine Wohnung betreffen, die mit einem Garagenplatz ausgestattet bzw. verbunden ist. Wäre eine solche Behandlung derartiger Fälle in der Absicht des Gesetzgebers gelegen gewesen, hätte er angesichts der Tatsache, daß er den gemeinnützigen Wohnungs- und Siedlungsgesellschaften die Möglichkeit eingeräumt hat, begünstigte Wohnungen mit Garagenplätzen auszustatten, eine solche Regelung ausdrücklich in das Gesetz aufnehmen müssen.
Da die belangte Behörde die Rechtslage in der bezeichneten Hinsicht verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit den Bestimmungen der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.
Wien, am 18. März 1985
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1985:1984150076.X00Im RIS seit
18.05.2022Zuletzt aktualisiert am
18.05.2022