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Dienstrecht - DisziplinarrechtNorm
BDG 1979 §59 Abs1 implizitBetreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Kirschner, Dr. Griesmacher, Mag. Meinl und Dr. Germ als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Beschwerde des HV in L, vertreten durch Dr. Hermann Fromherz, Rechtsanwalt in Linz, Graben 9, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 7. Oktober 1980, Zl. 020-5-V, betreffend Verletzung der Dienstpflichten, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Linz Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Amtsrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Linz.
Mit Straferkenntnis des Disziplinarsenates II der Landeshauptstadt Linz vom 7. April 1976 wurde der Beschwerdeführer schuldig befunden, eine Verletzung der Dienstpflichten gemäß § 21 Abs. 1 und 3 sowie § 23 Abs. 1 des Statutargemeinden-Beamtengesetzes, LGBl. für Oberösterreich Nr. 37/1956, (StGBG), dadurch bewirkt zu haben, daß er in einer Reihe von - näher bezeichneten - Fällen unter Mißachtung seiner Pflicht zur Unparteilichkeit Gegenstände entmündigter Personen an nahe Angehörige des Beschwerdeführers oder von seinen nahen Angehörigen an entmündigte Personen habe verkaufen lassen sowie am 13. Juli 1971 eigenmächtig Fahrnisse aus dem aufgelösten Haushalt einer beschränkt entmündigten Person im Freihandverkauf an seine Schwiegermutter veräußert und so gegen die im § 231 ABGB festgelegte Pflicht, Kurandenvermögen im allgemeinen öffentlich feilzubieten, verstoßen habe. Weiters habe er versucht, seine Stellung zu mißbrauchen und am 2. Juni 1973 an eine - näher bezeichnete - Person verschiedene Gegenstände zu einem um mehr als 50 v. H. erhöhten Preis zu verkaufen. Ebenso habe er gegen die im § 288 ABGB angeordnete Pflicht eines Kurators, das Kurandenvermögen mit aller Aufmerksamkeit eines redlichen und fleißigen Hausvaters zu verwalten, verstoßen. Weiters habe der Beschwerdeführer durch den Versuch, dem Ansuchen eines Bediensteten um Zulassung zu einem Seminar nachträglich ein vom Beschwerdeführer selbst verfaßtes Schreiben anzuschließen, gegen die Bestimmungen der §§ 61 ff GOM verstoßen. Darüber hinaus habe er sich von einer Untergebenen eine goldene Halskette, einen mit Brillanten besetzten Weißgoldring, einen Goldring mit synthetischem Aquamarin und ein Trachtenkropfband zuwenden lassen. Gemäß § 70 StGBG wurde über den Beschwerdeführer die Disziplinarstrafe der Minderung der für den Ruhegenuß anrechenbaren Bezüge im Ausmaß von 10 v.H. auf zwei Jahre verhängt.
Mit Bescheid des Disziplinarobersenates II der Landeshauptstadt Linz vom 7. Oktober 1980 wurde der vom Beschwerdeführer gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis wegen Schuld und Strafe erhobenen Berufung hinsichtlich der Schuldfrage keine Folge, hinsichtlich der Strafe teilweise Folge gegeben und die verhängte Disziplinarstrafe der Minderung der für den Ruhegenuß anrechenbaren Bezüge im Ausmaß von 10 v.H. auf zwei Jahre auf ein Ausmaß von 5 v.H. auf zwei Jahre herabgesetzt. Gegen diese Entscheidung richtete der Beschwerdeführer eine Beschwerde nach Art. 144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof und beantragte gleichzeitig die allfällige Abtretung dieser Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Inhaltes.
Der Verfassungsgerichtshof wies die Beschwerde mit Erkenntnis vom 9. Oktober 1984, B 577/80-11, ab und trat die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber ab, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden sei.
Entsprechend dem Eventualantrag in der Beschwerde war vom Verwaltungsgerichtshof die Frage der Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Entscheidung zu prüfen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:
Gemäß § 21 Abs. 1 StGBG hat der Beamte den mit seiner Stellung verbundenen dienstlichen Verrichtungen in ihrem ganzen Inhalt und Umfang nach bestem Wissen und mit anhaltendem Fleiß sowie mit voller Unparteilichkeit zu obliegen. Nach Absatz 3 der genannten Bestimmung hat der Beamte den Weisungen seiner Vorgesetzten Folge zu leisten, den Parteien, den Vorgesetzten und auch den Untergebenen sowie den übrigen Bediensteten mit Anstand und Achtung zu begegnen und in und außer Dienst das Standesansehen zu wahren. Im § 23 StGBG ist festgelegt, daß es dem Beamten verboten ist, sich oder seinen Angehörigen mit Rücksicht auf seine Amtsführung mittelbar oder unmittelbar angebotene Geschenke oder sonstige Vorteile zuwenden oder zusichern zu lassen.
Der Beschwerdeführer anerkennt die Richtigkeit der festgestellten Sachverhalte, vertritt aber, insoweit ihm Parteilichkeit zum Vorwurf gemacht wird, die Auffassung, daß eine solche nur dann vorliegen könne, wenn durch die Bevorzugung einer Person einer anderen Person ein Nachteil, ja sogar ein Schaden, entstanden wäre. Bei den von ihm betriebenen Kauf- bzw. Verkaufsgebarungen sei aber kein Schaden eingetreten, so daß der Vorwurf der Parteilichkeit rechtsirrig angenommen worden sei.
Dem ist entgegenzuhalten, daß der Vorwurf der „Parteilichkeit“ nicht nur nach den Folgen, im besonderen darnach, ob - wie der Beschwerdeführer offenbar meint - ein materieller Schaden eingetreten ist oder nicht, beurteilt werden darf. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Entscheidung aus sachlichen oder aus unsachlichen Gründen erfolgt ist.
Im Hinblick auf das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, daß ein Schätzungsverfahren einen überhöhten Wert der verkauften Gegenstände erbrachte, kann der Gerichtshof in der in freier Beweiswürdigung erfolgten Wertung der Vorgangsweise des Beschwerdeführers bei diesen Kauf- bzw. Verkaufsgeschäften seiner Probanden mit nahen Angehörigen des Beschwerdeführers als nicht rechtmäßig im Sinne des § 21 Abs. 1 StGBG keine Rechtswidrigkeit erkennen.
Die Verwaltung soll vom Vertrauen der Allgemeinheit in die Sachlichkeit bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben getragen werden. Unabhängig davon, ob das Verhalten des Beschwerdeführers nun einem größeren Personenkreis außerhalb der Beteiligten zur Kenntnis gelangt ist oder nicht, erscheint die unter Ausnutzung der dienstlichen Möglichkeiten des Beschwerdeführers gesetzte Vorgangsweise objektiv geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Sachlichkeit der Beamtenschaft zu erschüttern und damit das Ansehen der Beamtenschaft zu verringern. Daran können auch die Beschwerdeausführungen, daß über den Kaufpreis und den Kaufgegenstand zwischen den Vertragspartnern (einer der Vertragspartner war jeweils der vom Beschwerdeführer vertretene Entmündigte) volle Willensübereinstimmung, ja Zufriedenheit, bestanden habe, nichts ändern.
Keinerlei Änderung hinsichtlich der getroffenen Feststellung ergibt sich auch aus der Genehmigung der jeweiligen Rechtsgeschäfte durch das Pflegschaftsgericht, weil dieses Gericht nicht die Erfüllung der Dienstpflichten eines Beamten zu beurteilen hat. Im übrigen konnte die Bedenklichkeit der Rechtsgeschäfte durch das Pflegschaftsgericht nicht erkannt werden, weil die Tatsache, daß der Beschwerdeführer als Vertreter seines Probanden Rechtsgeschäfte mit nahen An-gehörigen durchführte, zunächst nicht erkennbar war und nur nach Erhebungen klargestellt werden konnte.
Hinsichtlich der Frage der Geschenkannahme vermögen die Beschwerdeausführungen, daß es sich um rein freiwillige Schenkungen nicht in Beziehung zur Amtsführung gehandelt habe und daß die vom Geschenkgeber gehegten subjektiven Beweggründe für den Beschwerdeführer nicht erkennbar gewesen wären, nicht zu überzeugen. Da zwischen der Geschenkgeberin, die dem Beschwerdeführer unmittelbar unterstellt war, und dem Beschwerdeführer, ihrem Vorgesetzten, keine außerdienstlichen Kontakte dargetan werden konnten, die solche Geschenke allenfalls gerechtfertigt hätten, sieht der Gerichtshof - so wie die belangte Behörde - den Tatbestand des § 23 StGBG verwirklicht.
Der Gerichtshof konnte keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung der belangten Behörde erkennen; die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden, weil die Beschwerde und die Gegenschrift sowie die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Disziplinarverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ.
Wien, am 11. September 1985
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1985:1984090217.X00Im RIS seit
18.05.2022Zuletzt aktualisiert am
18.05.2022